VwGH 29.04.1954, 3055/52
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | WRG 1959 §63 idF 1969/207; WRG 1959 §64 idF 1969/207; |
RS 1 | Aus den Bestimmungen des §§ 63 und 64 WRG 1959 geht hervor, daß eine Enteignung nur dann Platz zu greifen hat, wenn diese Maßnahme zum Zwecke der Förderung der nutzbringenden Verwendung der Gewässer oder der Begegnung ihrer schädlichen Wirkungen erforderlich ist. Es muß also ein Bedarf nach diesem Eingriff in Rechte Dritter gegeben sein. Unter "Bedarf" ist begrifflich ein Mangelzustand zu verstehen. Ein solcher Zustand ist vernünftigerweise nicht anzunehmen, wenn hinreichende andere Befriedigungsmöglichkeiten bestehen. Grundsätzlich kann daher die Heranziehung eines fremden Gutes in jenen Fällen nicht nicht als erforderlich angesehen werden, in denen das eigene Gut ohne unverhältnismäßigen Kostenaufwand den angestrebten Zweck erfüllen kann. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler und die Räte Dr. Höslinger, Dr. Borotha, Dr. Strau, Dr. Schimetschek als Richter, im Beisein des Ministerialoberkommissärs Dr. Hezina als Schriftführer, über die Beschwerde der Gemeinde Gross-Neusiedl gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. L.A.III/1-657/13-1952, betreffend Errichtung einer Wasserversorgungsanlage, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Gmünd hatte mit einem auf die §§ 47 ff. in Verbindung mit § 95 des Wasserrechtsgesetzes (kurz: WRG) gestützten Bescheide vom dem Landwirt JA - der im vorstehenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei - für die Dauer von 40 Jahren die wasserrechtliche Bewilligung zur motorischen Wasserentnahme aus dem auf der Grundparzelle Nr. n/3, Kat.Gem.Gross-Neusiedl, befindlichen Gemeindebrunnen in dem zur Deckung des Haus- und Wirtschaftsbedarfes erforderlichen Ausmass und gegen Einhaltung bestimmter technischer Bedingungen erteilt, hingegen seinen weiteren Antrag auf Einräumung eines Zwangsrechtes hinsichtlich der Art der Wasserbenutzung abgewiesen. Im Zusammenhange damit wurde bemerkt, dass, um die nutzbringende Verwendung von Privatgewässern zu fördern, auch die Benützung eines solchen einer dritten Person unter der Voraussetzung eingeräumt werden könne, dass dieses für den Nutzungsberechtigten entbehrlich sei und keine gütliche Einigung zu Stande komme. Diese Einigung sei im Jahre 1920 erzielt und durch die Duldung der Einrichtung einer Entnahmestelle im Stall seitens der Gemeinde stillschweigend erweitert worden. Die darüber hinaus verlangte zwangsweise Erweiterung einer vertraglich eingeräumten Benutzungsbefugnis aber sei in den Bestimmungen des IV. Abschnittes des Wasserrechtsgesetzes nicht vorgesehen. Gegen diesen Bescheid hat die Gemeinde Gross-Neusiedl Berufung erhoben und darin im wesentlichen geltend gemacht, dass der Mitbeteiligte ohne weiteres die Möglichkeit habe, für seinen Betrieb auf eigenem Grund einen Brunnen zu errichten, ohne eine längere Rohrleitung, wie sie für die Wasserentnahme aus dem Gemeindebrunnen erforderlich sei, anschaffen zu müssen. Er fordere für seine Privatinteressen auf Kosten der Allgemeinheit eine Leistung, die von jedem anderen Ortsbewohner mit dem gleichen Recht verlangt werden könnte.
Die zur Entscheidung angerufene Landesinstanz hat nach Vornahme einer kommissionellen Verhandlung an Ort und Stelle mit dem heute auf seine Gesetzmäßigkeit überprüften Bescheid vom der Berufung keine Folge gegeben, gleichzeitig aber - in teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides - ausgesprochen, dass dem Mitbeteiligten gemäß den §§ 10 Abs. 2, 11, 12, 13, 93 und 94 Abs. 1 WRG die wasserrechtliche Bewilligung erteilt werde, aus dem Gemeindebrunnen unter ausschließlicher Verwendung einer näher bestimmten Anlage mittels elektromotorisch betriebener Pumpe Trink- und Nutzwasser nach Maßgabe der jeweils im Brunnen vorhandenen Wassermenge im Höchstausmaß von täglich
1.600 l zu entnehmen. Diese wasserrechtliche Bewilligung wurde an die Erfüllung bestimmter technischer Bedingungen gebunden, die der Assanierung des Brunnens und seiner Erhaltung für den Gemeingebrauch dienen sollten. Das Ableitungsrohr des Mitbeteiligten sollte höher gelegt und ein Wasserzähler eingebaut werden. Ferner wurde in dem Bescheide der Gemeinde gemäß den §§ 50 lit. b bzw. 51 Abs. 1 lit. a WRG die Verpflichtung auferlegt, die Entnahme der bewilligten Wassermenge seitens des Mitbeteiligten, ferner die Verwendung der Pumpe und schließlich die Durchführung der dem Mitbeteiligten als Konsensbedingungen aufgetragenen technischen Vorkehrungen zu gestatten. Die Bewilligung selbst wurde auf die Dauer von 15 Jahren erteilt. In der beigegebenen Begründung wurde darauf hingewiesen, dass im Jahre 1920 zwischen der Gemeinde Gross-Neusiedl und dem Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten vertragsmäßig das Recht zur Wasserentnahme aus dem Gemeindebrunnen für die Ausgedingwohnung der Liegenschaft des Mitbeteiligten begründet worden sei.
Seit etwa 20 Jahren sei aus dem Gemeindebrunnen eine größere Wassermenge als vertraglich festgelegt worden sei, zur Deckung des Bedarfes des Mitbeteiligten bezogen worden, ohne dass die übrigen Benützer des Gemeindebrunnens in ihrem Wasserbezug verkürzt worden wären. Auf Grund der Weigerung der Gemeinde, die Wasserentnahme mittels einer Motorpumpe zu genehmigen, habe der Mitbeteiligte die Einräumung eines Zwangsrechtes für die Durchführung der gegenständlichen Wasserversorgungsanlage beantragt, wobei er erklärte, dass sich hinsichtlich der Menge des entnommenen Wassers an dem bisherigen Zustand nichts ändern werde. Er wolle auch die Entnahmestelle im Brunnen um 30 cm höher legen lassen. Das in der streitgegenständlichen Angelegenheit durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die von der Behörde in Gegenwart technischer und ärztlicher Sachverständiger abgeführte mündliche Verhandlung habe ergeben, dass der Gemeindebrunnen ein in sanitärer Hinsicht nicht einwandfreies Wasser liefere, weshalb sich zu seiner Assanierung bestimmte Maßnahmen als notwendig erwiesen, die auch als Konsensbedingungen vorgeschrieben worden seien. Außerdem habe sich ergeben, dass durch die in Aussicht genommene Wasserentnahme weder die erforderliche Löschwassermenge in der Gemeinde, noch der Bedarf der übrigen Mitbenützer des Gemeindebrunnens verkürzt werde. Ebeneso sei die Unklarheit bezüglich der Frage der Berührung fremder Privatrechte behoben worden.
Dadurch, dass die Gemeinde dem Mitbeteiligten hinsichtlich seines Wasserbezuges auf die seinerzeit vertraglich begründeten Rechte verwiesen habe, sei ihm das Recht auf Wasserbezug aus dem Gemeindebrunnen in dem bisher geübten Umfang abgesprochen worden. Die Verweigerung des neuen Wasserbezuges durch die Gemeinde habe auch die Ablehnung der Vornahme irgendwelcher Assanierungsmaßnahmen zum Inhalte gehabt. Der Vorschlag der Gemeinde, der Beschwerdeführer möge einen gegenüber seinem Hause auf der Südseite des Dorfes gelegenen Brunnen, den er schon früher benützt habe, wieder in brauchbaren Zustand versetzen und benützen, sei abzulehnen gewesen, weil das Wasser dieses Brunnens wegen einer in der Nähe gelegenen Düngerstätte und Jauchengrube vollkommen ungeniessbar sei. Zudem könnte aus diesem Brunnen der Wasserbedarf des Beschwerdeführers nicht einmal annähernd gedeckt werden. Das weitere Argument der Gemeinde, dass der Mitbeteiligte auf eigenem Grund und Boden Wasser erschließen möge, versage gleichfalls, zumal nach dem Gutachten des technischen Amtssachverständigen im Gebiete des Dorfes das Vorhandensein eines einheitlichen Grundwasserkörpers nicht anzunehmen sei. Die Möglichkeit der Anlage von Brunnen hänge dort von örtlichen Umständen, insbesondere vom Vorhandensein von Wasseradern ab. Daraus erkläre sich auch, dass mehrere an der Nordseite des Dorfes gelegene Wirtschaftsbetriebe gezwungen seien, ihr Wasser aus Brunnen am gegenüberliegenden Hang des Dorfes zu beziehen. In derselben Zwangslage befänden sich aber offenbar seit jeher auch die Inhaber des nunmehr im Eigentum des Mitbeteiligten stehenden Hauses. Es gebe nämlich keinen einleuchtenden Grund für die Annahme, dass die früheren Inhaber dieses Anwesens nicht auch den nahe liegenden, ja selbstverständlichen Versuch unternommen hätten, auf eigenem Grund und Boden Wasser zu erschließen, und dass sie sich nur wegen der Erfolglosigkeit dieser Versuche entschließen mussten, das Wasser für den Haushalt- und Wirtschaftsbetrieb aus einem auf fremden Grund gelegenen Brunnen durch eine über 100 m lange Rohrleitung mit Unterfahrung der Dorfstrasse heranzubringen.
Aber auch der dritte Einwand der Gemeinde, dass der Mitbeteiligte eine Zuleitung vom Brunnen der Nachbarin herstellen möge, sei hinfällig, da die Eigentümerin dieses Brunnens die Wasserentnahme durch den Mitbeteiligten verweigert habe. Endlich erweise sich auch die Ansicht der Gemeinde als unrichtig, dass eine Enteignung erst dann stattfinden dürfe, wenn alle vom Mitbeteiligten unternommenen Schritte zur anderweitigen Wassergewinnung erfolglos geblieben wären. Allerdings hätten die Bestimmungen der §§ 50 und 51 des WRG vornehmlich den Schutz gegen nichtberechtigte Eingriffe in die Privatrechtssphäre zum Ziele. Die Behörde sei indessen der Meinung, dass bei der Handhabung der erwähnten Bestimmungen auch die Nachteile, die der Mitbeteiligte im Falle der Abweisung seines Antrages erlitte, im Vergleich zur wirtschaftlichen Bedeutung der Enteignungsmaßnahmen für den dadurch Betroffenen zu setzen seien und dass eine bezügliche Entscheidung sich auch auf eine Abwägung der beiderseitigen gegenständlichen Interessen zu stützen habe. Es könne dem Mitbeteiligten nicht zugemutet werden, nach fachmännischer Voraussicht aussichtslose oder nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen (§ 51 Abs.1 lit. b WRG) zum Erfolg führende Versuche zu unternehmen, um auf eigenem Boden Wasser zu erschließen oder einen vollkommen verseuchten und unergiebig gewordenen Brunnen auf einem fremden Grundstück in Stand zu setzen. Die Behörde habe das Recht des Mitbeteiligten auf zwangsweise Einräumung des Wasserbezuges aus dem Gemeindebrunnen grundsätzlich anerkannt, doch sei der Umfang dieses Rechtes durch Vorschreibung der Menge des zu entnehmenden Wassers und durch die Befristung des Rechtes auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken gewesen.
Für die Gemeinde sei es ohne Bedeutung, mit Hilfe welcher technischer Mittel der Mitbeteiligte die ihm bewilligte Wassermenge fördern dürfe. Die Zulassung der motorischen Pumpe entspreche den allgemein anerkannten Rationalisierungsgrundsätzen. Wenn eine vertragliche Einigung über die Art der technischen Benützung nicht zu Stande komme, so könne diese Benützung durch ein Zwangsrecht vorgeschrieben werden. Die gegen die Anwendbarkeit wasserrechtlicher Zwangsbestimmungen auf eine Gemeinde als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft vorgebrachten Bedenken seien unbegründet, eine solche Ausnahmestellung könnte nur in gesetzlichen Vorschriften begründet sein. Solche seien jedoch nicht vorhanden. Der Umstand, dass die Gemeinde ein Übereinkommen mit dem Mitbeteiligten, der die Assanierung des Brunnens auf seine Kosten übernommen und dadurch der Gemeinde nur Vorteile gebracht hätte, nicht zugestimmt habe, sei als eigentliche Ursache dafür anzusehen, dass die Wasserrechtsbehörde keinen Anlass sah, von der Anwendung der Zwangsrechtsbestimmungen auch einer Gemeinde gegenüber Abstand zu nehmen.
Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Sie bemängelt, dass von der Behörde Ermittlungen in der Richtung unterlassen worden seien, ob der Mitbeteiligte nicht Möglichkeiten habe, sich anderwärts Wasser zu beschaffen, vor allem sei nicht festgestellt worden, ob der Mitbeteiligte jemals versucht habe, einen Brunnen in seinem Hofe zu graben. Der Hinweis der Behörde auf die Wahrscheinlichkeit des Wassermangels in dem Anwesen des Beschwerdeführers sei ohne jede Grundlage. Von Bedeutung sei jedenfalls, dass der Mitbeteiligte eine durch privatrechtlichen Vertrag begründete Servitut eigenmächtig erweitert habe. Durch den Vertrag, demzufolge das Wasser im Wege einer Handpumpe zu entnehmen war, sei eine Sicherung gegen übermäßige Entnahme des Wassers gegeben gewesen. Die Gemeinde wolle das bisher bestandene und auch erweiterte Wasserbezugsrecht des Mitbeteiligten in keiner Weise schmälern. Die gegenteilige Behauptung der Behörde im angefochtenen Bescheide sei aktenwidrig. Die Behörde habe nicht beachtet, dass sowohl der linke als auch der rechte Nachbar des Mitbeteiligten auf derselben Hangseite gutes Wasser in ausreichender Menge im eigenen Brunnen gefunden haben. Es sei daher mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass auch die Liegenschaft des Mitbeteiligten Wasser führe. Abschließend wurde noch hervorgehoben, dass die Assanierungsarbeiten am Gemeindebrunnen, die auf Kosten des Mitbeteiligten durchzuführen seien, mindestens das Vier- bis Fünffache des Betrages ausmachen würden, der für die Errichtung eines eigenen Brunnens erforderlich wäre. Daraus sei zu ersehen, dass es dem Mitbeteiligten nur darum ging, seinen Willen gegenüber der Gemeinde durchzusetzen. Es widerspreche dem öffentlichen Interesse, wenn ein Gemeindemitglied derart gegenüber anderen Gemeindemitgliedern bevorrechtet werde. Die belangte Behörde beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde, der jedoch aus nachstehenden Erwägungen ein Erfolg nicht versagt bleiben konnte:
Es ist davon auszugehen, dass das Recht des Mitbeteiligten auf Benützung des Gemeindebrunnens in der Form einer durch eine Handpumpe betriebenen Wasserableitung durch privatrechtlichen Vertrag des Vorgängers des Mitbeteiligten mit der Gemeinde begründet worden ist. Es wäre daher naheliegend gewesen, eine Erweiterung dieses Wasserbenützungsrechtes durch Einbau eines elektrischen Pumpwerkes gleichfalls im Vertragswege vorzunehmen. Ein solcher Weg ist infolge der ablehnenden Haltung der Gemeinde nicht gangbar gewesen. Wenn nun der Mitbeteiligte trotzdem darauf Wert gelegt hat, eine elektromotorisch betriebene Pumpanlage im Hofe zu haben, so hätte er nach Scheitern der angestrebten vertraglichen Neuregelung vor der Inanspruchnahme von Zwangsrechten zunächst den Versuch machen müssen, auf eigenem Grund und Boden einen derartigen Brunnen zu errichten. Er hätte von dieser Aufgabe nur dann befreit werden können, wenn ein derartiger Versuch erwiesenermaßen bereits misslungen war. Die belangte Behörde hat diese, auf dem Grundrecht der Unverletzlichkeit des Eigentums (Art.5 des StGG vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 142) basierenden Gedanken gleichfalls beachtet, indem sie auf das Gutachten des technischen Sachverständigen verwies, wonach die Liegenschaft des Mitbeteiligten wasserarm sein dürfte. Dieses Gutachten wurde nun von der beschwerdeführenden Gemeinde mit Recht als unzulänglich bezeichnet, da es im Grunde nur aus der Tatsache des Nichtvorhandenseins eines Brunnens im Anwesen des Mitbeteiligten auf eine voraussichtliche Erfolglosigkeit einer Wassersuche daselbst schloss. Im Gegensatz dazu ist der Hinweis der beschwerdeführenden Gemeinde auf den Umstand, dass die Nachbarn des Mitbeteiligten ergiebige Brunnen auf derselben Hangseite besitzen, als ein wichtiges Argument für ihren Standpunkt zu werten. Auch die Ansicht der belangten Behörde, wonach der Bestand einer langen Rohrleitung aus dem Gemeindebrunnen zum Anwesen des Mitbeteiligten zeige, dass dort kein Wasser vorhanden sei, kann nicht als überzeugend anerkannt werden, weil auch andere Gründe, so z. B. die seinerzeitige Geringfügigkeit der Kosten der nur für den Ausnehmer bestimmten Anlage (Holzrohre, bzw. das Vorhandensein einer anderen Wasserleitung für das Anwesen selbst) für die Heranziehung des Gemeindebrunnens maßgebend gewesen sein können. Es hätte also, wenn keine konkreten Nachweise über die Erfolglosigkeit von Brunnengrabungen im Gehöfte zur Verfügung stünden (beispielsweise Zeugen über die Erfolglosigkeit einer Brunnengrabung) vor der Inanspruchnahme fremden Gutes eine Grabung oder wenigstens eine fachmännische Untersuchung des Grundstückes des Mitbeteiligten auf ein allfälliges Wasservorkommen erfolgen müssen.
Die Behörde hat sich nun auf den Standpunkt gestellt, dass die Wasserarmut der Liegenschaft des Mitbeteiligten und die Weigerung der Gemeinde zur Erweiterung des bisherigen Wasserbenützungsrechtes die Erlassung einer Enteignungsmaßnahme gemäss dem WRG zulasse. Der Verwaltungsgerichtshof konnte sich diese Auffassung nicht zu Eigen machen, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob die Gemeinde dem Mitbeteiligten das Wasserbenützungsrecht im ursprünglichen oder erweiterten Ausmaße zugestehen wollte. Aus den von der Behörde in ihrem Bescheide herangezogenen Bestimmungen der §§ 50 und 51 des WRG geht hervor, dass eine Enteignung nur dann Platz zu greifen habe, wenn diese Maßnahme zum Zwecke der Förderung der nutzbringenden Verwendung der Gewässer oder der Begegnung ihrer schädlichen Wirkungen erforderlich ist. Es muss also ein Bedarf nach diesem Eingriff in Rechte Dritter gegeben sein. Unter "Bedarf" ist begrifflich ein Mangelzustand zu verstehen. Ein solcher Mangel ist vernünftigerweise nicht anzunehmen, wenn hinreichende andere Befriedigungsmöglichkeiten bestehen. Grundsätzlich kann daher die Heranziehung eines fremden Gutes in den Fällen nicht als erforderlich angesehen werden, in denen das eigene Gut ohne unverhältnismäßigen Kostenaufwand den angestrebten Zweck erfüllen kann. Ob dies vorliegend zutrifft, muss nach den vorangegangenen Ausführungen zweifelhaft sein. Daraus ergibt sich, dass die Voraussetzungen für eine Enteignungsmaßnahme im Sinne der erwähnten Bestimmungen des WRG in einem wesentlichen Punkte klärungsbedürftig geblieben sind. Der Verwaltungsgerichtshof sah sich dadurch außer Stande, die inhaltliche Richtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes, insbesonders auch die von ihr vorgenommene Interessenabwägung zu überprüfen. Der angefochtene Bescheid musste sohin im Hinblick auf die Unzulänglichkeit des Ermittlungsverfahrens wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG aufgehoben werden.
Von der Anberaumung der von der beschwerdeführenden Gemeinde beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäss § 39 Abs. 2 lit. c VwGG Abstand genommen.
Wien, am
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Normen | WRG 1959 §63 idF 1969/207; WRG 1959 §64 idF 1969/207; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1954:1952003055.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-59166