VwGH 18.03.1959, 2954/58
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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RS 1 | Käufer und Verkäufer stehen in keiner Rechtsgemeinschaft. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Ondraczek als Vorsitzenden und die Räte Dr. Porias, Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des Dr. Franz D. in Graz gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. Gv 21 - 686 - III - 1957, betreffend Vollmachtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit einem unter Mitwirkung des Beschwerdeführers verfaßten schriftlichen Vertrag vom haben die Eheleute Ludwig und Gerfriede F., in G. von Walter K., "zu gleichteiligem Eigentum" eine bestimmte Liegenschaft gekauft. Punkt 8 des Vertrages lautet: "Zur Einholung der erforderlichen Genehmigung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages wird Herr Dr. Franz D., öffentlicher Notar in G. (d.i. der Beschwerdeführer) ermächtigt und beauftragt." Die Urschrift des Vertrages war unbestrittenermaßen mit S 12,-- Urkundenstempel, S 6,-- Vollmachtsstempel und S 6,-- Beglaubigungsstempel versehen. Das zuständige Finanzamt forderte vom Beschwerdeführer für die in der Urkunde enthaltene Vollmacht eine weitere Stempelgebühr von S 6.-- zuzüglich einer Gebührensteigerung in gleicher Höhe ein. Der Beschwerdeführer berief und machte geltend, die strittige Bevollmächtigung sei eine Spezialvollmacht, die nur zur Vertretung in einer ganz bestimmten Angelegenheit berechtige und deshalb ohne Rücksicht auf die Zahl der Vollmachtgeber nur einfach zu stempeln gewesen sei. Die Finanzlandesdirektion wies die Berufung ab und führte aus, eine Rechtsgemeinschaft im Sinne des § 7 des Gebührengesetzes (BGBl. Nr. 184/1946, GG.) bestehe zwischen den Käufern und den Verkäufern nicht, da die einzelnen Käufer und Verkäufer selbständig auftreten. Wenn mehrere Käufer bzw. Verkäufer zur leichteren Durchsetzung ihres Anspruches aus dem abgeschlossenen Rechtsgeschäft einen gemeinsamen Bevollmächtigten bestellen, könne hinsichtlich der Bevollmächtigung keine zwischen diesen Personen bestehende Rechtsgemeinschaft angenommen werden. Im Streitfall seien zwei Vollmachten beurkundet worden, daher sei der Vollmachtsstempel im zweifachen Betrage zu entrichten gewesen. Da er aber nur im einfachen Betrage entrichtet worden sei, bedeute die Nachforderung der Gebühr von S 6,-- samt einer gleichhohen Gebührensteigerung keine Rechtswidrigkeit.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Sie führt aus, daß es sich im vorliegenden Fall um eine Spezialvollmacht handle und daß für solche Vollmachten nur die einfache Stempelgebühr zu entrichten sei. Eine solche Vollmacht sei im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine inhaltlich auf einen bestimmten Rechtsgegenstand tatsächlich eingeschränkte Vollmacht, die im Sinne des § 7 GG. auf einen gemeinschaftlichen Rechtsgrund, nämlich auf den Liegenschaftskauf und somit auf den gemeinsamen Rechtstitel eines Kaufvertrages zurückgeht. In einem Aufsatz von Dr. Karl Fellner in der Österreichischen Steuerzeitung vom komme sogar die weitergehende Rechtsansicht zum Ausdruck, die Vollmacht sei eine Schrift, die auch ohne das Bestehen einer Rechtsgemeinschaft im Sinne des § 7 GG. nur einmal mit S 6,-- zu stempeln sei, da nur die Schrift für sich allein, nicht aber der in ihr enthaltene Bevollmächtigungsvertrag "pro Kontrahenten" gebührenpflichtig sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Der Einwand des Beschwerdeführers, daß Spezialvollmachten ohne Rücksicht auf die Zahl der Vollmachtgeber oder Vollmachtnehmer grundsätzlich nur der einfachen Gebühr unterliegen, findet im Gesetz überhaupt keine Stütze. Wie ein Umkehrschluß aus § 7 GG. ergibt, ist bei einer Personenmehrheit, die einen gebührenpflichtigen Tatbestand setzt, die Gebühr grundsätzlich so oft zu entrichten, als Personen an der Verwirklichung dieses Tatbestandes beteiligt sind. Gemäß § 7 GG. ist aber die Gebühr dann nur im einfachen Ausmaß zu entrichten, wenn zwischen zwei oder mehreren Personen eine solche Rechtsgemeinschaft besteht, daß sie in bezug auf den Gegenstand der Gebühr als eine Person anzusehen sind oder wenn sie ihren Anspruch oder ihre Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ableiten. Diese Bestimmung ist gerade auch auf Schriften, deren gebührenrechtliche Behandlung durch den zweiten Abschnitt des Gebührengesetzes geregelt ist, anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 724/F). Dementsprechend hätte auch die Gebühr für die strittige Vollmacht dann nur im einfachen Ausmaß eingehoben werden dürfen, wenn die Aussteller in bezug auf die Gebühr bzw. deren Gegenstand in einer Rechtsgemeinschaft gestanden wären oder wenn sie ihren Anspruch oder ihre Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund abgeleitet hätten. Weder die eine noch die andere dieser beiden Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall erfüllt. Käufer und Verkäufer stehen schon der Natur der Sache nach in keiner Rechtsgemeinschaft, weil sie beide verschiedenes wollen. Der eine will kaufen und der andere verkaufen. Das allein schließt schon die Annahme einer Rechtsgemeinschaft im Sinne des § 7 GG. aus. Sie leiten aus dem gleichen Grunde auch ihre Ansprüche oder ihre Verpflichtungen, auch soweit es sich um die grundverkehrsbehördliche Genehmigung und um die grundbücherliche Durchführung des Vertrages handelt, nicht aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ab, weil das, was für den einen Vertragsteil Anspruch ist, für den anderen Vertragsteil Verpflichtung bedeutet und der gemeinsame Rechtsgrund im Sinne der genannten Rechtsvorschrift - wie dies die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift mit Recht hervorhebt - nur entweder das eine oder das andere sein kann. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf einen Aufsatz von Dr. Karl Fellner - und dadurch mittelbar auf das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 421/F - geht fehl. Denn im Falle dieses Erkenntnisses, auf dessen Begründung offenbar Dr. Fellner seine weitergehenden Ausführungen stützt, handelte es sich nicht um den Fall einer Rechtsgemeinschaft mehrerer Personen, sondern um eine Schrift, in der mehrere der Grunderwerbsteuer unterliegende Rechtsgeschäfte (§ 14 Tarifpost 11 GG.) beurkundet waren.
Im vorliegenden Fall, steht also die Einhebung des doppelten Vollmachtsstempels nicht im Gegensatz zu den gebührenrechtlichen Bestimmungen und die Vorschreibung einer Gebührensteigerung findet, da die Gebühr unbestrittenermaßen nur im einfachen Ausmaß entrichtet worden ist, im § 9 GG. ihre ausreichende Deckung. Durch den angefochtenen Bescheid ist der Beschwerdeführer somit in keinem Recht verletzt worden, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1959:1958002954.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-59085