VwGH 14.09.1978, 2938/76
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | WRG 1959 §32 Abs4; WRG 1959 §63 litb; |
RS 1 | Ausführungen dazu, dass zur Einleitung weiterer Abwässer in eine bestehende öffentliche Kanalanlage außer für das Anschlussstück keine weiteren Zwangsrechte zu Lasten des Grundeigentums einzuräumen sind, wenn der Eigentümer der Anlage zustimmt. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Schima, Dr. Salcher, Dr. Hoffmann und DDr. Hauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Gerhard über die Beschwerde des J und der MB in S, vertreten durch Dr. Joachim Hörlsberger, Rechtsanwalt in Salzburg, Imbergstraße 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 510.263/02- I 5/76, betreffend die Einräumung von Zwangsrechten im Zusammenhang mit der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung (mitbeteiligte Partei: B, S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit in seinem Punkte I in der lit. a und b eine Änderung des erstinstanzlichen Bescheides herbeigeführt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.067,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Landeshauptmann von Salzburg erteilte mit Bescheid vom dem A-Gesellschaft m.b.H. in S (im folgenden kurz: Siedlungswerk), der Rechtsvorgängerin der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei, unter verschiedenen Auflagen gemäß §§ 99 Abs. 1 lit. a und c, 11 bis 13, 21, 22, 32 Abs. 2 lit. a, 55 Abs. 3, 60, 63 lit. b, 111 und 112 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur Sammlung, Reinigung und Ableitung der auf Gp. 929/52 KG X aus der dort geplanten Wohnanlage anfallenden häuslichen Abwässer im Höchstausmaß von 45,2 m3/Tag nach vorangehender Reinigung in einer auf demselben Grundstück zu errichtenden mechanischen Kläranlage unter Verwendung des Sammlers A/2 und A des städtischen Kanalisationsnetzes in der Alpensiedlung in die Salzach sowie zur Errichtung, Benützung und Erhaltung der diesen Zwecken dienenden Kläranlage mit 46,24 m3 Nutzinhalt. Zugunsten des Siedlungswerkes wurde dabei hinsichtlich der 2/70 Anteile an der Gp. 929/33 EZ. 1542 KG X, deren Eigentümer die Beschwerdeführer zu je 1/70 sind - aus diesem Rechtsgrund waren sie als Nachbarn dem Verfahren beigezogen worden -, die Dienstbarkeit der Kanalverlegung mit dem Recht eingeräumt, den Kanalanschluß von der Gp. 929/52 mit Einlaufschacht nach Maßgabe der eingereichten Pläne zu errichten, zu erhalten, zu betreiben und die notwendigen Erneuerungsarbeiten durchzuführen sowie die anfallenden Abwässer durchzuleiten. Eine Entschädigung wurde mit der Begründung nicht bestimmt, daß es sich bei der beanspruchten Parzelle um einen dem öffentlichen Verkehr dienenden Privatweg handle und daher ein zu entschädigender Vermögensnachteil nicht eintrete. Die Einwendungen der Beschwerdeführer - deren Haus auf der Gp. 929/59 KG X auf der anderen Seite dieser Straße steht - wurden, soweit sie behauptet hatten, die vorhandenen Kanalbruchstücke seien nie wasserrechtlich bewilligt worden und sie selbst hätten bisher noch keinen Bescheid über die Verlegung des Kanalstückes in ihrem Grund erhalten, unter Hinweis auf den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom als unbegründet ab-, ihre übrigen Einwendungen als unzulässig zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beschwerdeführer hin änderte bzw. ergänzte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle mit Bescheid vom den Bescheid des Landeshauptmannes dahin gehend, daß zugunsten des Siedlungswerkes und zu Lasten der Beschwerdeführer hinsichtlich deren Parzelle 929/59 KG X das Zwangsrecht der Kanaldurchleitung zur Ein- und Weiterbringung der vorgereinigten Abwässer der neuen Siedlung eingeräumt und die wasserrechtliche Bewilligung auch diese Kanalverlegung im Zuge der - jetzt städtischen - Kanalisation mitzuerfassen habe, ferner daß der Abspruch über die Frage, ob und bejahendenfalls von wem und wann sowie in welcher Art und Höhe den Beschwerdeführern hiefür angemessene Entschädigung zu leisten sei, gemäß § 117 Abs. 2 WRG 1959 einem eigenen Verfahren der Wasserrechtsbehörde erster Instanz vorbehalten bleiben solle; im übrigen wurde der Berufung nicht stattgegeben. Die Rechtsmittelbehörde ließ sich dabei von folgenden rechtlichen Erwägungen leiten: Eine wasserrechtliche Bewilligung dürfe, wenn ihr ein wasserrechtlich geschütztes fremdes Recht - hier das Grundeigentum - entgegenstehe, nur dann erteilt werden, wenn sich die Parteien gütlich einigten oder aber ein Zwangsrecht eingeräumt werde. Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, insbesondere des bei der Berufungsverhandlung erstatteten wasserbautechnischen Amtsgutachtens, könne kein Zweifel mehr daran bestehen, daß die Errichtung der Abwasserbeseitigungsanlage im Vergleich zu den Nachteilen des Zwangsrechtes überwiegend Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten lasse und das Zwangsrecht im umstrittenen und übrigens schon tatsächlich bestehenden Umfang sachlich notwendig sei. Dem Vorbringen der Beschwerdeführer, daß es durch unbefugte Einleitung anderer Siedler zu Ablagerungen im Kanalnetz und zu Geruchsbelästigungen komme und der Amtssachverständige vor dem Lokalaugenschein eine Verlegung des Kanals in entsprechender Ausführung zum Schacht 4 des Nebensammlers als zweckmäßigere Lösung angeregt habe, sei zu erwidern, die Beschwerdeführer hätten keinen Anspruch auf die Vermeidung jeder Geruchsbelästigung und es sei eine etwaige konsenslose Abwasserbeseitigung Dritter nicht in diesem, sondern in einem eigenen Verfahren nach § 138 WRG 1959 zu beurteilen. Im übrigen sollten die Schwierigkeiten der Sanierung eines alten Kanalsystems bei gleichzeitigen Neuanschlüssen nicht verkannt werden. Dies sei der Grund, warum sich der Amtssachverständige seinerzeit bemüht habe, im Zusammenhang mit dem Wohnungsneubau ein weiteres Stück Straße aufzuschließen. Nach den derzeitigen Planungen und Arbeiten der Stadt Salzburg habe sich diese Anregung aber leider als fachlich nicht mehr zweckmäßig erwiesen. Auch hätte das Siedlungswerk die entstehenden Mehrkosten auf sich genommen. Eine erhöhte Gefährdung durch Ablagerungen im Kanal sei nicht zu erwarten, da die Abwässer aus dem geplanten Wohnblock mechanisch vorgeklärt würden. Den Beschwerdeführern gebühre für die ihnen aus dem Zwangsrecht allenfalls erwachsenden vermögensrechtlichen Nachteile eine Vergütung wenigstens dem Grunde nach; über deren Angemessenheit könne aber derzeit noch nicht abgesprochen werden.
Diesen Bescheid bekämpfen die Beschwerdeführer nun vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, wobei sie sich in dem Recht verletzt erachten, Abwasseranlagen, die ihr Grundeigentum berühren, ohne Vorliegen der Voraussetzungen, die das Wasserrechtsgesetz 1959 bestimme, nicht dulden zu müssen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Die Beschwerdeführer stellen zunächst in Abrede, daß die mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom erteilte wasserrechtliche Bewilligung auch für den im Grundstück 929/59 KG X verlegten Kanal gelte. Dieser Bescheid lautete auf "die Kanalisation der ehemaligen Pionierkaserne in der Alpenstraße" sowie "die Einleitung der Abwässer der dort entstandenen Siedlung in die Salzach nach Maßgabe der eingereichten Pläne und Beschreibungen", dies im Sinne der Begründung der dort wiedergegebenen Amtssachverständigengutachten. Die dabei vorgeschriebenen Auflagen, unter denen sich jene befindet, wonach bis der Lageplan und der Höhenplan durch Einmessung und Einzeichnung der freigelegten Schächte zu ergänzen sei, sind nicht von der Art, daß die Nichteinhaltung des vorgeschriebenen Termines, wie die Beschwerdeführer meinen, die Gültigkeit der Bewilligung selbst berührt. Die nicht fristgerechte Durchführung der in den Auflagen vorgeschriebenen Maßnahmen war daher auf die Wirksamkeit der Bewilligung ohne Einfluß. Es trifft allerdings zu, daß nach dem damals vorliegenden Lageplan der fragliche, über den Grund der Beschwerdeführer führende Kanal der Zeichenerklärung nach zu den bloß "mutmaßlichen Kanälen (lt. Projekt)" gezählt wurde. Ob damit der nach § 111 Abs. 2 WRG 1959 geforderten "genauen Beschreibung" Genüge getan war, bleibe dahingestellt, daß aber der Bescheid rechtskräftig ist, steht außer Streit, und daß sich die damalige Bewilligung auf die gesamte Kanalisation und somit auch auf die in der angegebenen Weise bezeichneten Strecken bezog, muß mangels irgendeiner ausdrücklichen Einschränkung der so erteilten Berechtigung als erwiesen angenommen werden. Damit ist aber entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer davon auszugehen, daß damals auch jener Kanal bewilligt wurde, der sich im Grundstück 929/59 befindet und dessen genaue Lage erst nach dem festgestellt wurde.
Die Beschwerdeführer werfen der belangten Behörde weiters vor, die durch § 63 lit. b WRG 1959 geforderte Interessenabwägung nicht klar genug vorgenommen zu haben, obwohl diese eindeutig zu ihren Gunsten hätte ausfallen müssen. Nach der angeführten Gesetzesstelle kann die Wasserrechtsbehörde unter anderem, um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern oder ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen, für Wasseranlagen, deren Erhaltung im Vergleich zu den Nachteilen der Zwangsrechte überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten läßt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen, damit die genehmigte Anlage betrieben werden kann. Die Beschwerdeführer als Zwangsverpflichtete besitzen damit nun zwar keinen Anspruch und unmittelbar daher auch keinen Einfluß darauf, daß bei einem zu bewilligenden Vorhaben bestimmte, ihnen zweckmäßig scheinende Varianten - sie geben Ausführungen darüber in der Beschwerde breiten Raum - realisiert werden. Sie haben allerdings ein Recht darauf, daß ein Zwangsrecht zu ihren Lasten nicht ohne die bezeichnete, die Maßnahme rechtfertigende Interessenabwägung im Sinne des Gesetzes begründet wird.
Dazu ist zunächst zu bemerken, daß die Antragstellerin weder um die Verleihung einer wasserrechtlichen Bewilligung für eine Kanalverlegung in der Parzelle 929/59 KG X angesucht hat noch darum anzusuchen brauchte und daher bei der gegebenen Sachlage unter Bedachtnahme auf § 32 Abs. 4 WRG 1959 aus Anlaß der Erteilung der Bewilligung für den Kanalanschluß von der Grundparzelle 929/52 KG X an die städtische Kanalisationsanlage zu Lasten der Beschwerdeführer in bezug auf kein anderes Grundstück als die Nr. 929/33 KG X ein Zwangsrecht eingeräumt werden mußte und durfte.
In diesem Umfang war der angefochtene Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
Das Vorbringen der Beschwerdeführer konnte daher lediglich auf das in ihrem ideellen Miteigentum zu je 1/70 stehende Straßengrundstück 929/33 KG X insoweit bezogen werden, als der Antragstellerin der Bau und die Inanspruchnahme eines Anschlußstückes zu dem in dieser Parzelle verlegten Teil des öffentlichen Kanalnetzes bewilligt und zu Lasten der Beschwerdeführer diesbezüglich die eingangs erwähnte Dienstbarkeit begründet wurde.
In dieser Hinsicht erachtet der Verwaltungsgerichtshof jedoch das Ergebnis des von der belangten Behörde abgeführten Ermittlungsverfahrens, dem die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren auf gleicher fachlicher Ebene nicht mehr entgegengetreten sind, für ausreichend, um gemäß § 63 lit. b WRG 1959 das Überwiegen der Vorteile im allgemeinen Interesse gegenüber den Nachteilen des eingeräumten Zwangsrechtes, dies zugleich mit Rücksicht auf die dem Kanalisationsunternehmen gemäß § 32 Abs. 4 zweiter Satz WRG 1959 obliegende Verantwortung, erkennen zu lassen.
Gestützt auf das bei der mündlichen Berufungsverhandlung abgegebene Sachverständigengutachten wurde insbesondere von der belangten Behörde die Unschädlichkeit der Abwässerabfuhr, was die Wassermenge betrifft, mit Hilfe entsprechender Berechnungen festgestellt und es wurden die Bedenken auf eine erhöhte Gefährdung durch Ablagerungen im Kanal durch den Hinweis auf die vorgesehene Vorklärung zerstreut. Auf der anderen Seite sind bedeutsame, im allgemeinen Interesse gelegene wirtschaftliche Vorteile der bewilligten Ausführungsart, bei der ein verlorener finanzieller Aufwand vermieden werden soll, einsichtig gemacht worden.
Die behauptete Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführer hat daher insoweit nicht stattgefunden, weshalb die Beschwerde im selben Ausmaß gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 als unbegründet abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b, 49 Abs. 1, 50, 53 Abs. 1 und 59 VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 542/1977, im Rahmen des gestellten Antrages.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | WRG 1959 §32 Abs4; WRG 1959 §63 litb; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1978:1976002938.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAF-59071