VwGH 11.09.1980, 2909/79
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Läßt der angefochtene Bescheid nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, aus welcher Urkunde die Behörde den strittigen Gebührenanspruch ableitet, so bedeutet dies einen Verfahrensmangel. |
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RS 2 | Jede Urkunde, die eine Rechtsgebühr auslöst, ist für sich nach Maßgabe ihres Inhaltes zu vergebühren. Auf andere Urkunden ist nur Bedacht zu nehmen, wenn dem Gebührenschuldner ein Gegenbeweis zusteht (Fall des § 17 Abs 2 GebG bei undeutlichem Urkundeninhalt und des trotz Beurkundung nicht zustande gekommenen Rechtsgeschäftes) oder wenn ein Schriftstück über einzelne gebührenrechtlich bedeutsame Umstände keinerlei Angaben enthält, ohne damit den Urkundencharakter zu verlieren. Als Prinzip (URKUNDENPRINZIP) gilt jedenfalls, daß das Rechtsgeschäft der Gebühr unterliegt, so wie es beurkundet ist. |
Norm | GebG 1957 §33 idF vor 1976/668 |
RS 3 | Bei den nach den einzelnen Tatbeständen des § 33 GebG vorgesehenen Gebühren handelt es sich nicht um eine einzige, einheitliche Abgabe, sondern um jeweils verschiedene Abgaben entsprechend den einzelnen Tatbeständen. Der Abspruch über eine Gebühr (zB Bestandvertragsgebühr) bedeutet keine entschiedene Sache für eine andere Gebühr (zB ZESSIONSGEBÜHR). |
Entscheidungstext
Beachte
Besprechung in:
AnwBl 1981/7, S 317;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schubert und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat im Verwaltungsgerichtshof Dr. Feitzinger, über die Beschwerde der B Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. Konrad Landau, Rechtsanwalt in Wien I, Rosenbursenstraße 8, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 134-6/79, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 3.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
HP schloß am mit der Stadtgemeinde Graz (Gebrauchsgeberin) einen Gestattungsvertrag, wonach HP berechtigt und verpflichtet wurde, auf öffentlichem Gut eine Tankstelle zu errichten und eine Verzögerungsspur als Zufahrt zur Tankstelle anzulegen. § 13 des Gestattungsvertrages bestimmt, daß die Weitergabe des Gebrauchsgegenstandes wie überhaupt die Abtretung von Rechten aus diesem Vertrag an Dritte nur nach erfolgter vorheriger schriftlicher Zustimmung der Gebrauchsgeberin zulässig sei.
Mit Datum 20./ traf HP mit der Beschwerdeführerin eine Vereinbarung, wonach HP für sich und seine Rechtsnachfolger unter anderem die Verpflichtungen übernahm, aus dem eingangs erwähnten Gestattungsvertrag auszuscheiden, und den Abschluß eines Gestattungsvertrages zwischen der Stadtgemeinde Graz und der Beschwerdeführerin unter denselben Bedingungen herbeizuführen, die ihm für die Errichtung und den Betrieb der Tankstelle und der Anlegung einer Verzögerungsspur erteilten behördlichen Genehmigungen und privatrechtlichen Bewilligungen der Beschwerdeführerin über deren jederzeit zulässiges Verlangen zu übertragen, sowie die Erteilung etwa noch nicht vorliegender Bescheide nach besten Kräften zu betreiben und der Beschwerdeführerin über deren Verlangen zu übertragen, und weiters dafür zu sorgen, daß die Beschwerdeführerin unverzüglich mit den Bauarbeiten für die Errichtung der Tankstelle beginnen und sie ungehindert vollenden sowie die fertiggestellte Anlage uneingeschränkt benützen kann. Dies gelte insbesondere solange, bis zwischen der Stadt Graz und der Beschwerdeführerin ein entsprechender Gestattungsvertrag abgeschlossen sei. Für die Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistungen, insbesondere aber für die Beschaffung eines zwischen der Stadt Graz und der Beschwerdeführerin abzuschließenden Gestattungsvertrages, hatte die Beschwerdeführerin dem HP einen Betrag von 3,5 Mio Schilling zu bezahlen.
Für die Vereinbarung vom 20./ schrieb zunächst das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der Beschwerdeführerin eine Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267, in der Fassung vor der Gebührengesetznovelle 1976, BGBl. Nr. 668 (GebG), in Höhe von S 35.000,-- (Bemessungsgrundlage 3,5 Mio Schilling) bescheidmäßig vor. Der dagegen eingebrachten Berufung gab das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien mit Berufungsvorentscheidung vom statt. Diese Berufungsvorentscheidung erwuchs in Rechtskraft. Sodann wurde der Akt zuständigkeitshalber an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz abgetreten.
Dieses Finanzamt setzte nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens für die „Abtretung von Rechten aus dem Gestattungsvertrag vom von HP an die B“ nach dem Werte des Entgeltes (3,5 Mio. Schilling) gemäß § 33 TP 21 GebG eine 2%ige Rechtsgebühr (S 70.000,--) am durch Bescheid fest. In der Bescheidbegründung ist ausgeführt, die Übernahme der Verpflichtungen des Gestattungsvertrages seitens der Beschwerdeführerin von HP stelle eine Zession im Sinne des § 33 TP 21 GebG dar.
Die Beschwerdeführerin erhob auch gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz Berufung. Sie wendete ein, daß die Vereinbarung vom 20./ bereits beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien Gegenstand eines Gebührenfestsetzungsverfahrens gewesen sei. Die Voraussetzungen zur Abänderung der damaligen rechtskräftigen Berufungsvorentscheidung lägen nicht vor. Zudem habe sich HP mit der Vereinbarung vom 20./ lediglich verpflichtet, sich um den Abschluß eines Gestattungsvertrages zwischen der Stadt Graz und der Beschwerdeführerin mit gleichen Rechten und Pflichten, wie sie im Gestattungsvertrag vom festgehalten worden seien, zu bemühen. Für diese im übrigen ohne Erfolgsgarantie übernommene Verwendungszusage hätte die Beschwerdeführerin dem HP das Entgelt von 3,5.Mio Schilling zugesichert. Es handle sich um keine Zession, sondern um eine Verwendungszusage im Sinne des § 880 a ABGB. Diese wäre keinem der im Gebührengesetz erschöpfend angeführten Tatbestände zuzuordnen.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung. Ihrer Begründung zufolge habe HP mit der Vereinbarung vom 20./ seine sämtlichen Reche und Pflichten aus dem Gestattungsvertrag vom der Beschwerdeführerin gegen einen Betrag von 3,5 Mio Schilling abgetreten. Mit Schreiben vom habe die Stadt Graz zur Übertragung des Gebrauchsverhältnisses an die Beschwerdeführerin ihr Einverständnis im Sinne des § 13 des Vertrages vom (Gestattungsvertrag) erteilt. Am schließlich habe die Beschwerdeführerin bestätigte alle Verpflichtungen aus dem Gestattungsvertrag zu übernehmen. Mit der Vereinbarung vom sei der Tatbestand des Überganges sämtlicher Verpflichtungen des Vertrages vom. von P an die Beschwerdeführerin beurkundet, d.h. von beiden Vertragsparteien unterschrieben worden. Gegenleistung für die Übertragung der Rechte bilde der Betrag von 3,5 Mio Schilling. Die an diese Vereinbarung geknüpfte Bedingung der Zustimmung der Stadt Graz sei dann am 2. August (24. September?) 1971 erfüllt worden. Auf Grund des unbestrittenen Sachverhaltes sei mit der Vereinbarung vom eine gebührenpflichtige Urkunde entstanden. Für die Festsetzung der Gebühr sei nun der Inhalt dieser Urkunde maßgebend. Zwar sei richtig, daß in dieser Sache eine Bestandsgebühr mit Bescheid vom vorgeschrieben, dieser Bescheid aber in der Folge mit Berufungsvorentscheidung aufgehoben worden sei. Somit sei rechtskräftig nur über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Bestandvertrages entschieden, nicht aber über das Vorliegen eines Zessionsvertrages. Es liege keine entschiedene Sache vor, denn der Sachverhalt liege in der Beurkundung eines Zessionsvertrages und nicht in der Beurkundung eines Bestandvertrages. Die Vereinbarung vom könne auch nicht als Verwendungszusage angesehen werden. Es handle sich um ein Rechtsgeschäft, welches die Übertragung von Rechten und Pflichten gegen Entgelt beurkunde. Es liege eine Zession vor, die für alle Rechte, die ihrer Natur nach abtretbar und veräußerbar seien, möglich wäre.
Durch den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz verlor die Berufungsvorentscheidung ihre Wirkung. In diesem Antrag legte die Beschwerdeführerin dar, daß die Vereinbarung vom. keine Zession, sondern lediglich die Verpflichtung des HP zum Inhalt habe, den Abschluß eines Gestattungsvertrages zwischen der Stadt Graz und der Beschwerdeführerin herbeizuführen. Nach dem im Sinne des für das Gebührengesetz geltenden Urkundenprinzipes allein maßgebenden schriftlichen Inhalt der Vereinbarung vom seien der Beschwerdeführerin von HP nicht Rechte und Pflichten übertragen worden, wie dies die Abgabenbehörde annehme, sondern von dieser nur die Verschaffung solcher Rechte und Pflichten in Aussicht gestellt worden, wie sie der Beschwerdeführerin auf Grund der von HP vertraglich übernommenen Verwendungszusage von seiten der Stadt Graz direkt und somit originär eingeräumt werden sollten. Es sei keine Zession, sondern eine ohne Erfolgsgarantie übernommene Verwendungszusage des HP gegeben.
Eine solche erfülle keinen gebührenpflichtigen Tatbestand. Zudem habe die beurkundete Vereinbarung vom bereits den Gegenstand eines Gebührenbescheides gebildet. Die gleiche Urkunde bilde den Sachverhalt des nunmehr angefochtenen Bescheides. Es liege Identität der Sachverhaltsmerkmale vor. Auf Grund der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom sei entschiedene Sache anzunehmen.
Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid keine Folge. Die belangte Behörde führte in der Sachverhaltswiedergabe des angefochtenen Bescheides aus, das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz habe bei Erhebungen beim Bauamt der Stadt Graz ein Schreiben des HP vom an den Magistrat der Stadt Graz folgenden Inhaltes festgestellt:
„Ich nehme Bezug auf den Gestattungsvertrag vom , betreffend das Grundstück in der G-straße ........zur Errichtung einer Tankstelle.
Im Sinne des Punktes 13, Abs. 1, bitte ich um Übertragung des Gebrauchsverhältnisses an die B ..... . Es ist sicher anzunehmen, daß das genannte Unternehmen den Bestimmungen des Punktes 13 Abs. 2 entspricht und daher kein Widerspruch zu erwarten ist.
Die B bestätigt durch Unterfertigung dieses Schreibens, daß sie den Inhalt des Gestattungsvertrages zur Kenntnis genommen hat und alle darin enthaltenen Verpflichtungen zu übernehmen bereit ist.“
Auch die Beschwerdeführerin habe dieses Schreiben am mitgefertigt, mit dem Zusatz:
„Wir erklären uns mit obigem Schreiben vollinhaltlich einverstanden.“
Im Rahmen ihrer rechtlichen Erwägungen hält die belangte Behörde dem Einwand der entschiedenen Sache entgegen, daß das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien allein über die Vereinbarung vom abgesprochen habe. Das Berufungsvorbringen treffe nicht den Kern der gegenständlichen Sache, denn hier sei vor allem das „Anbot-Annahme-Schreiben vom 28. 7./“ die Basis für die Vergebührung. Die Berufung irre, wenn sie vermeine, es bilde „die gleiche Urkunde“ den Sachverhalt des nunmehr angefochtenen Bescheides. Identität des Sachverhaltes liege somit nicht vor. Das Schreiben vom 28. 7./ sei bis jetzt dem Finanzamt nicht angezeigt worden. Erst durch Einsicht in den Bauakt des Magistrates der Stadt Graz sei der Inhalt dieser Urkunde dem Finanzamt bekannt geworden. Entschiedene Sache liege daher nicht vor. Das gehe auch aus dem bekämpften Bescheid hervor, der nicht - wie die Berufung vermeine - allein die Vereinbarung vom , sondern „die Abtretung von Rechten aus dem Gestattungsvertrag vom “ betreffe.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin liege auch nicht bloß eine Verwendungszusage gemäß § 880 a ABGB vor; denn der laut Gestattungsvertrag vom Berechtigte, HP, hätte über den Vertragsgegenstand (Berechtigung zur Errichtung einer Tankstelle) nur mit Zustimmung der Gebrauchsgeberin verfügen können, wobei sowohl eine Weitergabe des zu schaffenden Gegenstandes (Tankstelle), als auch eine Abtretung der Rechte vor Schaffung einer solchen in Erwägung gezogen worden sei. Daraus gehe hervor, daß grundsätzlich eine Berechtigungsweitergabe nur von HP an einen Dritten hätte erfolgen können. § 880 a ABGB, der von dem Versprechen einer Leistung eines Dritten an einen anderen handle, treffe auf den gegenständlichen Fall nicht zu. Aus dem vorliegenden Sachverhalt, insbesondere aus dem Schreiben des HP an den Magistrat der Stadt Graz vom , ergebe sich, daß HP im Sinne des Gestattungsvertrages vom (§ 13) die Übertragung des Gebrauchsverhältnisses an die Beschwerdeführerin vorgenommen habe. Es handle sich um eine Abtretung von Rechten, die unter § 33 TP 21 GebG falle. Diese Rechtsansicht finde auch in der Vereinbarung vom zwischen HP und der Beschwerdeführerin ihre Bestätigung; denn der für die Abtretung der angeführten Berechtigung von der Beschwerdeführerin an HP entrichtete Betrag von 3,5 Mio Schilling sei dann wieder zurückzuzahlen, wenn bis HP nicht den Abschluß eines Gestattungsvertrages zwischen der Stadt Graz und der Beschwerdeführerin zustande bringe, oder wenn dieser in der Folge zustandegekommene Vertrag vor Ablauf von 35 Jahren aus einem in der Person des HP oder seiner Rechtsnachfolger gelegenen Grunde aufgelöst werden sollte. HP bleibe also aus dem Titel seiner Abtretung grundsätzlich haftbar, was für den Fall einer Verpflichtungsauflösung zugunsten der Beschwerdeführerin nicht der Fall wäre. Gleichzeitig mit der Weitergabe der Berechtigung seitens HP habe kein neuer Vertragsabschluß zwischen der Beschwerdeführerin und der Stadt Graz stattgefunden, wie es das hg. Erkenntnis vom , Zl. 644/55 (Slg. Nr. 1663/F), fordere, um einen Rechtszustand des § 33 TP 21 GebG nicht entstehen zu lassen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die HP zustehenden Rechte originär von der Stadt Graz erworben zu haben, treffe nicht zu.
Abschließend legte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dar, warum sie in den erwähnten schriftlichen Erklärungen vom 28. Juli bzw. eine rechtsbezeugende Urkunde erblickt.
In der gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde werden sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat zur Beschwerde eine Gegenschrift erstattet und darin deren kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
a) Der angefochtene Bescheid läßt nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, aus welcher Urkunde die belangte Behörde den strittigen Gebührenanspruch ableitet. Einerseits wird „vor allem“ das „Anbot-Annahme-Schreiben vom 28. 7./“ als Basis für die Vergebührung bezeichnet und der Charakter dieses Schreibens als rechtsbezeugende Urkunde festgehalten, andererseits aber auch die Vereinbarung vom (20./) als Begründungselement für die Gebührenpflicht herangezogen und an anderer Stelle ausgeführt, der Gebührenfestsetzungsbescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz betreffe „nicht allein“ (aber auch?) die Vereinbarung vom . Die Gegenschrift verstärkt die Zweifel, woran die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Gebührenpflicht knüpfen wollte. Als Inhalt des angefochtenen Bescheides wird dort unter anderem angeführt, die Vereinbarung des P. mit der Beschwerdeführerin vom sei gemäß § 33 TP 21 GebG als Abtretung von Rechten erfaßt und vergebührt worden. Die Beurkundung sei durch die Vereinbarung vom gegeben, die durch die beiden (?) Schriftstücke vom und klargestellt werde. Von einer vor allem im „Anbot-Annahme-Schreiben vom 28. 7./“ bestehenden Basis für die Vergebührung ist nicht die Rede.
Der aufgezeigte Begründungsmangel hindert den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit. Daß es sich hiebei um eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften im Sinne des § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 handelt, zeigen die späteren Hinweise für das fortzusetzende Verwaltungsverfahren (c).
b) Weiters trifft die Rüge der Beschwerdeführerin. zu, daß den schriftlichen Erklärungen vom 28. Juli/ erstmals im angefochtenen Bescheid gebührenrechtliche Bedeutung beigemessen wurde, sodaß die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren hiezu nicht Stellung nehmen konnte (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 5029/F).
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz hatte im Gebührenbescheid gemäß § 33 TP 21 GebG weder auf die Erklärungen vom 28. Juli/ noch auf die Vereinbarung vom 20./ Bezug genommen. In dem dem Bescheid vorangegangenen Ermittlungsverfahren hatte das Finanzamt jedoch in jedem Vorhalt (vom , und ) die Vereinbarung vom (20./) als Gegenstand angegeben und in keinem die schriftlichen Erklärungen vom 28. Juli/ auch nur erwähnt. Dementsprechend war die Beschwerdeführerin in der Berufung ausdrücklich davon ausgegangen, daß mit dem Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz die Vereinbarung vom gemäß § 33 TP 21 GebG vergebührt worden sei, und hatte lediglich Einwendungen in dieser Richtung erhoben. Die Berufungsvorentscheidung dieses Finanzamtes hielt ausdrücklich fest, mit der Vereinbarung vom sei eine gebührenpflichtige Urkunde entstanden, für die Festsetzung der Gebühr sei der Inhalt dieser Urkunde maßgebend. Auch die übrigen Ausführungen der Berufungsvorentscheidung leiten die Gebührenpflicht lediglich von der Vereinbarung vom ab. So hat sich denn auch die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag allein mit der gebührenrechtlichen Qualifizierung dieser Vereinbarung auseinandergesetzt. Daß (auch?) die schriftlichen Erklärungen vom 28. Juli/ die „Basis für die Vergebührung“ sein könnten, war für die Beschwerdeführerin bis zur Berufungsentscheidung nicht erkennbar.
c) Für das fortzusetzende Verwaltungsverfahren sei auf folgendes hingewiesen:
Aus dem III. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, insbesondere aus den §§ 15 bis 17 und aus § 25, geht hervor, daß zwar die im Tarif des § 33 angeführten Rechtsgeschäfte Gegenstand der Rechtsgebühren sind, allerdings - von hier unbeachtlichen Ausnahmen abgesehen - nur dann, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird. Trifft dies aber zu, dann unterliegen sie, kommt nicht eine Milderungsregel wie etwa § 25 Abs. 2 GebG zum Zug, so oft der für sie vorgesehenen Rechtsgebühr, als Urkunden über sie errichtet werden (siehe z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 4206/F, und vom , Zl. 1780/73).
Für die Festsetzung der Gebühren ist gemäß § 17 Abs. 1 GebG der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Im eben aufgezeigten Zusammenhang bedeutet dies, daß grundsätzlich jede Urkunde, die eine Rechtsgebühr auslöst, für sich nach Maßgabe ihres Inhaltes zu vergebühren ist. Auf den Beschwerdefall übertragen folgt daraus, daß die schriftliche Vereinbarung vom 20./, an die offenbar das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz nach dem unter Abschnitt b) dargestellten Sachverhalt die Gebührenpflicht knüpfte und an die - danach zutreffend - laut Gegenschrift auch die belangte Behörde die Gebührenpflicht knüpfen wollte, grundsätzlich allein nach ihrem Inhalt und ohne Bedachtnahme auf andere Urkunden (wie die schriftlichen Erklärungen vom 28. Juli/) auf die Gebührenpflicht zu prüfen ist (siehe auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 81/61). Auf andere Urkunden wäre nur Bedacht zu nehmen, wenn dem Gebührenschuldner ein Gegenbeweis zusteht (Fall des § 17 Abs. 2 GebG bei undeutlichem Urkundeninhalt und des trotz Beurkundung nicht zustande gekommenen Rechtsgeschäftes) oder wenn ein Schriftstück über einzelne gebührenrechtlich bedeutsame Umstände keinerlei Angaben enthält, ohne damit den Urkundencharakter zu verlieren. In diesem Fall hat die Abgabenbehörde die fehlenden Umstände in einem Ermittlungsverfahren festzustellen, und zwar erforderlichenfalls auch an Hand anderer Urkunden. Eine Bezugnahme der Vereinbarung vom 20./22, April 1970 auf die Erklärungen vom 28. Juli/ liegt, wie der Vollständigkeit halber bemerkt sei, (naturgemäß) nicht vor, sodaß Erörterungen in dieser Richtung unterbleiben können. Als Prinzip („Urkundenprinzip“) gilt jedenfalls, daß das Rechtsgeschäft der Gebühr unterliegt, so wie es beurkundet ist. Die Behörde ist darnach nicht berechtigt, der Gebührenfestsetzung andere als die in der Urkunde festgehaltenen Umstände zugrunde zu legen, mögen auch die anderen Umstände den tatsächlichen (z.B. aus anderen Urkunden erkennbaren) Vereinbarungen der Parteien entsprechen (siehe Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, §§ 15-18, Abschnitt B V). Es darf nicht übersehen werden, daß eine Urkunde auch nur Beweis über das schafft, was in ihr beurkundet ist (siehe Warnung-Dorazil, Die Stempel- und Rechtsgebühren, Anmerkung 2 zu § 17, und Gaier, Kommentar zum Gebührengesetz, § 17, Rz 2 und 4).
d) Ebenso wie im Verwaltungsverfahren wendet die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde im Hinblick auf die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom entschiedene Sache ein. Darin vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Hatte sich doch die seinerzeitige Gebührenfestsetzung auf § 33 TP 5 GebG gegründet, während die nunmehrige Vorschreibung auf der TP 21 beruht. Das Gebührengesetz läßt erkennen, daß es sich bei den nach den einzelnen Tatbeständen des § 33 GebG vorgesehenen Gebühren nicht um eine einzige, einheitliche Abgabe, sondern um jeweils verschiedene Abgaben entsprechend den einzelnen Tatbeständen handelt. Dafür spricht insbesondere, daß im Gebührengesetz im allgemeinen von „Gebühren für Rechtsgeschäfte“ die Rede ist (siehe etwa die Überschriften zum III. Abschnitt und zu § 33), in den Tarifposten jedoch je Tatbestand eine Gebühr vorgesehen ist. Entschiedene Sache liegt durch die Berufungsvorentscheidung vom nur in bezug auf die Bestandvertragsgebühr im Sinne des § 33 TP 5 (Abs. 1 Z. 1) GebG vor. Die Identität des Sachverhaltes hinderte die Abgabenbehörde jedoch nicht, eine andere Abgabe (eine Gebühr nach TP 21) vorzuschreiben. Das hg. Erkenntnis vom , Zl. 635/77, ist in diesem Zusammenhang in der Gegenschrift zutreffend zitiert.
e) Zusammenfassend erweist sich aber der angefochtene Bescheid infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 aufzuheben. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 absehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 5504 F/1980; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1980:1979002909.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-59052