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VwGH 16.05.1951, 2883/50

VwGH 16.05.1951, 2883/50

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Die Steuerpflicht nach Teil III des Kapitalverkehrsteuergesetz begründet keinen Anspruch auf Befreiung von der Gebührenpflicht nach § 33 TP 21 GebG. Auf eine Abtretung eines Anteiles an einer Kapitalgesellschaft an einen Dritten, die nicht die Einbringung dieses Anteils in eine Gesellschaft bedeutet, die keine Kapitalgesellschaft ist, findet Anmerkung 3 zu TP 16 des § 33 GebG keine Anwendung. Die Abtretung eines Geschäftsanteiles an eine GmbH stellt iSd TP 21 des § 33 GebG nicht die Übertretung eines Wertpapieres dar.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Heiterer-Schaller und die Räte Dr. Ondracez, Dr. Wasniczek, Dr. Chamrat und Dr. Hrdlitzka als Richter, im Beisein des Ministerialsekretärs Dr. Eichler als Schriftführer, über die Beschwerde des Dr. LR in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VIII - 1366/1950, betreffend Gebührenfestsetzung, nach durchgeführter öffentlicher Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters, sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Friedrich Grohs und des Vertreters der belangten Behörde, Ministerialsekretär Dr. RH, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Notariatsakt vom hat Ing. OB seinen einer Stammeinlage von 250.000,-- entsprechenden Geschäftsanteil an der D Holzplattenwerk Gesellschaft m.b.H. um den Nominalwert an den Beschwerdeführer abgetreten. Von diesem Vertrag hat das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien gemäss § 33 Tarifpost 21 des Gebührengesetzes 1946 eine Gebühr im Ausmass von 2 % nach dem Werte des Entgeltes (d. s. 5.000,-- S) vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer hat dagegen Berufung ergriffen, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Die daraufhin eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft den angefochtenen Bescheid unter dem Gesichtspunkt der Gesetzwidrigkeit des Inhaltes. Sie macht geltend, dass das genannte Rechtsgeschäft nach den Bestimmungen des Kapitalverkehrsteuergesetzes (Gesetzblatt für das Land Oesterreich Nr. 158/1939) zu beurteilen sei. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer auch bereits Börsenumsatzsteuer aus dem gleichen Titel entrichtet. Die Gebührenbemessung für denselben rechtlichen Vorgang käme einer als unzulässig erachteten Doppelbesteuerung gleich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten ist, dass der Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung einen Tatbestand bildet, der gemäss § 19 des Kapitalverkehrsteuergesetzes Steuerpflicht begründet, dass im vorliegenden Fall ein solches Rechtsgeschäft stattgefunden hat und dass auch tatsächlich (mit Bescheid vom ) Börsenumsatzsteuer (im Betrag von 1.250 S) vorgeschrieben worden ist.

Die belangte Behörde hält diesen Umstand für die Frage der Gebührenfestsetzung unbeachtlich, weil gemäss § 15 Abs. 3 des Gebührengesetzes 1946 Rechtsgeschäfte, die unter das Kapitalverkehrsteuergesetz fallen, nur dann von der Gebührenpflicht ausgenommen seien, wenn der steuerpflichtige Tatbestand im ersten Teil (Gesellschaftssteuer) oder im zweiten Teil (Wertpapiersteuer) des Kapitalverkehrsteuergesetzes seine rechtliche Grundlage finde. Der Erwerb bezw. die Abtretung von Anteilen an einer Gesellschaft m.b. Haftung sei jedoch ein Rechtsgeschäft, das unter die Bestimmungen des dritten Teiles des Kapitalverkehrsteuergesetzes (die Börsenumsatzsteuer betreffend) falle. Auch sei der für die Entstehung der Gebührenschuld massgebende Tatbestand, anders als bei der Begründung der Steuerpflicht nach dem Kapitalverkehrsteuergesetz, in der Beurkundung des abgeschlossenen Rechtsgeschäftes gelegen.

Der Verwaltungsgerichtshof muss der belangten Behörde beipflichten. Es ist zwar richtig, dass bis zum Inkrafttreten des Gebührengesetzes 1946 im Hinblick auf § 7 der Einführungsverordnung zum Kapitalverkehrsteuergesetz, demzufolge Urkunden und Rechtsgeschäfte, die der Kapitalverkehrsteuer unterliegen, gebührenfrei waren, Tarifpost 32 des Allgemeinen Gebührentarifes 1925, die ebenso wie Tarifpost 21 im § 33 Gebührengesetz 1946 die Abtretung von Rechten behandelte, insoweit keine Geltung hatte. Allein mit dem Inkrafttreten des Gebührengesetzes 1946 hat sich die rechtliche Situation geändert. Da im § 15 Abs. 3 dieses Gesetzes nach Teil III des Kapitalverkehrsteuergesetzes steuerpflichtige Tatbestände von der Gebührenpflicht nicht ausdrücklich ausgenommen worden sind, müssen die entgegenstehenden früheren Bestimmungen nach dem Grundsatz:

lex posterior derogat priori als aufgehoben gelten. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, die aus den Bestimmungen des Kapitalverkehrsteuergesetzes die Gebührenfreiheit der Uebertragung von Anteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ableiten wollen, gehen daher ins Leere.

Es versagt auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf Anmerkung 3 zu Tarifpost 16 in § 33 des Gebührengesetzes 1946. Diese Anmerkung ist nämlich - soweit sie hier in Betracht kommt - auf den Sonderfall der Einbringung von Geschäftsanteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine Gesellschaft, die keine Kapitalgesellschaft ist, abgestellt. Der Fall des Erwerbes eines Anteiles an einer Kapitalgesellschaft wird durch diese Gesetzesstelle nicht allgemein erfasst. Sie findet also auf den vorliegenden Fall der Abtretung eines Anteiles an einer Kapitalgesellschaft an einen Dritten nicht Anwendung.

Wenn der Beschwerdeführer schliesslich bestreitet, dass in dem Erwerb eines Geschäftsanteiles an einer Gesellschaft m.b.H. die Abtretung eines Rechtes zu erblicken sei, weil es sich um den Kauf eines Wertpapiers handle, so übersieht er, dass ein und dieselbe Sache eine verschiedene Beurteilung erfahren kann, sofern von einander unabhängige Normen darauf Bezug haben. Der Umstand, dass nach der Terminologie des Kapitalverkehrsteuergesetzes ein Geschäftsanteil einer Gesellschaft m.b.H. als Wertpapier (Dividendenwert) bezeichnet wird, - eine dem österreichischen Rechtssystem vollkommen fremde Zuordnung - schliesst nicht aus, dass in einem davon durchaus verschiedenen Rechtsgebiet, wie es das Gebührenrecht darstellt, die rechtsgeschäftliche Uebertragung eines solchen "Wertpapieres" - eben des Geschäftsanteiles an einer Gesellschaft m.b.H. - nach diesen Normen einer Ueberprüfung unterzogen und damit die Frage der Rechtsnatur eines solchen Geschäftsanteiles aufgeworfen wird. Die belangte Behörde hat in Uebereinstimmung mit dem Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom , Slg. Nr. 14119, den Geschäftsanteil an einer Gesellschaft m.b.H. als eine Summe von Rechten gekennzeichnet, die in der aus dem Besitz eines solchen Geschäftsanteiles sich ergebenden Mitgliedschaft zu einer Gesellschaft m.b.H. begründet sind, und daher die Gebührenpflicht nach der allgemeinen Tarifpost 21 des § 33 des Gebührengesetzes 1946 für den hier vorliegenden Fall der Abtretung eines solchen Geschäftsanteiles festgestellt. Diese Schlussfolgerung ist auch nach der Rechtslage - wie sie sich durch die Erlassung des neuen Gebührengesetzes im Jahre 1946 (Gebührengesetz 1946) ergeben hat - nicht zu beanstanden. Denn die Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften m.b.H. vom , RGBl. Nr. 58, die verdeutlichen, dass es sich bei dem Geschäftsanteil an einer Gesellschaft m.b.H. nicht um ein blosses Wertpapier, d. h. um ein Papier handelt, das ein in einer anerkannten Währung auf einen bestimmten Geldwert lautendes Recht verbrieft und im freien Verkehr ohne Einhaltung besonderer Formvorschriften übertragbar ist, haben auch in der Folgezeit keine Veränderung erfahren. Es sind dies insbesondere die §§ 34, 35 (über die Generalversammlung), §§ 72 ff (über die Nachschusspflicht), § 75 Abs. 3 (Verbot der Indossierung von Urkunden über den Gesellschaftsanteil), § 76 Abs. 2 (über die Beschränkung der Uebertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen) und § 83 Abs. 2 (über die Anteilhaftung der übrigen Gesellschafter).

Die Beschwerde erweist sich somit in allen Punkten als unbegründet; sie war abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 412 F/1951;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1951:1950002883.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAF-59036