VwGH 18.03.1980, 2841/79
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | BauO Wr §76 Abs10 BauO Wr §80 Abs1 BauO Wr §80 Abs2 BauO Wr §84 Abs2 BauO Wr §84 Abs3 BauRallg |
RS 1 | Ausführungen über die Größe des Bauplatzes, das höchstzulässige Ausmaß bebaubarer Flächen, sowie den Begriff ERKER. |
Normen | AVG §66 Abs4 BauRallg |
RS 2 | Die Abänderung des Antrages auf Baubewilligung im Berufungsverfahren seitens des Antragstellers, wenn bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nur durch eine Modifikation des Bauansuchens dieser Versagungsgrund beseitigt werden kann, bedeutet kein aliud. Hinweis auf E vom , 2216/63, VwSlg 6449 A/1964. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Draxler, DDr. Hauer, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Dworak, über die Beschwerde der IF in W, vertreten durch Dr. Hans Frieders und Dr. Haimo Puschner, Rechtsanwälte in Wien I, Stadiongasse 6 - 8, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MDR-B XVIII- 14/79, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: EW und MW, beide in W, beide vertreten durch Dr. Karl Hempel, Rechtsanwalt in Wien I, Reichsratsstraße 9), nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Haimo Puschner, des Vertreters der belangten Behörde, Senatsrat Dr. HH und des Vertreters der mitbeteiligten Parteien, Rechtsanwalt Dr. Benedikt Spiegelfeld für Rechtsanwalt Dr. Karl Hempel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 1.900,-- und den mitbeteiligten Parteien zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 6.960,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der Mitbeteiligten wird abgewiesen
Begründung
Mit Eingabe vom ersuchten die Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beim Wiener Magistrat um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf der Liegenschaft W, W-straße 74, Grundstücke 1275 und 1262, inneliegend in EZ 2238 der KG X. Zu der für anberaumten mündlichen Verhandlung wurde die Beschwerdeführerin als Nachbarin geladen und sie erhob bei dieser Verhandlung eine Reihe von Einwendungen. In einem Schriftsatz vom selben Tage hatte sie bereits "Einspruch" gegen das Bauvorhaben der Mitbeteiligten erhoben. Bei der durchgeführten Verhandlung erhoben auch andere Nachbarn Einwendungen, der Erstmitbeteiligte erklärte daraufhin, das Projekt im Sinne "der Einsprüche" der Nachbarn abzuändern und die Pläne überarbeiten zu lassen. Der Verhandlungsleiter vertagte die Verhandlung.
Nach Vornahme einer Reihe von Planänderungen wurde am eine neuerliche Bauverhandlung, verbunden mit einem Lokalaugenschein, durchgeführt, bei welcher der Vertreter der Beschwerdeführerin die erhobenen Einwendungen aufrecht erhielt.
Mit Bescheid vom erteilte der Wiener Magistrat den Mitbeteiligten die Baubewilligung für die Errichtung des voll unterkellerten Wohnhauses mit drei Hauptgeschossen und einem Terrassengeschoß entsprechend den von ihnen vorgelegten Plänen. Diese Pläne sehen unter anderem entlang der Grundgrenze der Beschwerdeführerin eine Zu- und Abfahrt zu einer unterirdischen Garage mittels Rampe und die Errichtung einer Kleingarage (ein Stellplatz) unterirdisch unmittelbar an der Grundgrenze vor. Die Erteilung der Baubewilligung wurde an eine Reihe von Vorschreibungen geknüpft. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin, die äußere Gestaltung des Bauvorhabens verstoße gegen das örtliche Stadtbild, das Projekt sei nicht bauklassengemäß eingereicht, die Bestimmungen über die Ausnützbarkeit des Bauplatzes würden nicht eingehalten und die Ausbildung der Erker in den vorliegenden Dimensionen sei unzulässig, der Lichteinfall für das Bibliotheksfenster im Seitenabstand des Hauses der Beschwerdeführerin sei nicht mehr gewährleistet, für das Cottagegebiet sei eine Schutzzone vorgesehen, durch die geplante Garagenabfahrt werde der Seitenabstand nicht eingehalten, das ursprüngliche Niveau solle wesentlich verändert werden und die Bewohner des Hauses der Beschwerdeführerin würden belästigt werden, wurden als im Gesetz nicht begründet abgewiesen. Die Einwendungen, die Bauführung auf der gegenständlichen Liegenschaft sei auf Grund der eingetragenen Servitutsrechte unzulässig und durch die Bauführung würde das Grundstück der Beschwerdeführerin eine wesentliche Wertverminderung erfahren, wurden als privatrechtlich erklärt und die Streitteile auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Weitere Einwendungen, insbesondere die Einwendung, das Fehlen einer Abbruchsbewilligung stelle einen Verfahrensmangel dar, wurden als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die Baubehörde erster Instanz im wesentlichen aus, nach den eingeholten gutächtlichen Stellungnahmen entspreche das Bauvorhaben den gesetzlichen Bestimmungen. Im einzelnen wurde sodann auf die erhobenen Einwendungen näher eingegangen.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, die Bestimmungen über die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes seien nicht eingehalten, die beiden vorgesehenen Erker würden das Ausmaß einer üblichen Erkerausbildung weit überschreiten, das örtliche Stadtbild werde durch das Äußere der baulichen Anlage empfindlich gestört, die Errichtung der Garage im linken Seitenabstand sei nach den Bestimmungen des Wiener Garagengesetzes unzulässig, eine rechtskräftige Abbruchsbewilligung für den bestehenden Trakt liege nicht vor und es seien Zubauten am bestehenden Villengebäude vorgenommen worden. Die Beschwerdeführerin beantragte, den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, daß die Baubewilligung für die Errichtung des Neubaues versagt werde.
Auf Grund dieser Berufung sowie weiterer Berufungen wurde im Zuge des Berufungsverfahrens am eine Verhandlung durchgeführt, die der Erörterung der Einhaltung der verbaubaren Fläche, insbesondere der Zulässigkeit der vorgesehenen Erker, der Einhaltung der zulässigen Gebäudehöhe sowie der durch die Heizanlage und Garage zu erwartenden Immissionen diente. Bei dieser Verhandlung wurde unter anderem festgestellt, daß die beiden vorgesehenen Rauchfänge nicht wenigstens drei Meter über dem oberen Fenstersturz von Aufenthaltsräumen des eigenen Hauses den Plänen nach zu liegen kommen, ein eigener Schacht für die Abführung der Garagenabluft im Plan nicht ausgewiesen sei und entsprechend einer Erklärung der Mitbeteiligten das Vorhaben so abzuändern sei, daß die Erker § 84 Abs. 2 der Bauordnung zweifelsfrei entsprechen.
Im Hinblick auf das Ersuchen des Vertreters der Beschwerdeführerin, die Verhandlung infolge anderweitiger Verpflichtungen vorzeitig verlassen zu dürfen, wurde festgestellt, daß im Hinblick auf die notwendigen Planänderungen eine Vertagung der Verhandlung unvermeidlich erscheint und einvernehmlich wurde als neuer Termin der festgelegt. Bei der Verhandlung am erklärte der Verhandlungsleiter eingangs, daß geänderte Pläne vorgelegt wurden. Die der Verhandlung beigezogenen Amtssachverständigen gaben die Stellungnahme ab, daß die nunmehr vorliegenden geänderten Pläne in technischer Hinsicht und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom entsprächen. Der Vertreter der Beschwerdeführerin sprach sich dagegen aus, daß geänderte Pläne einer allfälligen Baubewilligung in zweiter Instanz zugrunde gelegt würden. Die Beschwerdeführerin habe keine Möglichkeit besessen, in die Pläne sowie die Projekte vorher und rechtzeitig, allenfalls unter Beiziehung von Bausachverständigen, Einsicht zu nehmen und die Pläne sohin auf ihre Gesetzmäßigkeit zu überprüfen; darüber hinaus verstoße eine Baubewilligung auf Grund der geänderten Pläne gegen die verfassungsrechtliche Vorschrift des Instanzenzuges, weil nicht zwei Instanzen mit den geänderten Plänen befaßt worden seien. Die bereits erhobenen Einwendungen würden "vorsorglich" auch gegen das geänderte Projekt aufrecht erhalten. Hiezu erklärte der Verhandlungsleiter, daß bereits anläßlich der Vertagung der Verhandlung der neue Verhandlungstermin zwecks Erörterung der geänderten Pläne ausdrücklich zur Kenntnis genommen worden sei. Es handle sich lediglich um eine geringfügige Modifikation des Projektes durch Verkleinerung der Erker, Höherführung von Rauchfängen und Darstellung eines Garagenabluftschachtes - alles Verbesserungen des Projektes, die lediglich den Interessen der Anrainer zugute kommen könnten - und es wäre Sache des Parteienvertreters gewesen, allenfalls benötigte Bausachverständige zur Verhandlung mitzubringen. Abgesehen davon sei eine Akteneinsicht und ein ergänzendes Vorbringen bis zur Entscheidung über die Berufung, die voraussichtlich erst in einigen Wochen erfolgen werde, weiterhin möglich. Der Vertreter der Beschwerdeführerin brachte daraufhin ergänzend lediglich noch vor, daß das nunmehr geänderte Projekt auf Grund des laufenden Verfahrens zur Festlegung einer Schutzzone nicht bewilligt werden könne und seit der Erwirkung einer Abbruchsbewilligung weitere Zubauten errichtet worden seien, die von der Abbruchsbewilligung nicht erfaßt worden seien. In der Folge wurde eine weitere Stellungnahme nicht abgegeben.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom wies die Bauoberbehörde für Wien die Berufung der Beschwerdeführerin unter Darstellung der durchgeführten Projektsänderung als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid mit der Abänderung, daß die Einwendung betreffend die äußere Gestaltung des Bauvorhabens als unzulässig zurückgewiesen wurde (der weitere Spruch des Bescheides ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren rechtlich unerheblich). In der Begründung dieses Bescheides wurde nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens im wesentlichen ausgeführt, daß die im von der Baubehörde erster Instanz bewilligten Projekt vorgesehenen Erker der Bestimmung des § 84 Abs. 2 der Bauordnung nicht entsprochen hätten, nach den nunmehr vorliegenden Projektsplänen jedoch die Erker so reduziert worden seien, daß die erwähnte Vorschrift eingehalten werde und ihre Ausmaße bei der Ermittlung der bebauten Fläche gemäß § 80 Abs. 2 der Bauordnung außer Betracht blieben. Nach den Projektsplänen sei aber nunmehr das Ausmaß der höchstzulässigen bebaubaren Fläche (Drittelbebauung) eingehalten. Die Einwendungen betreffend Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes seien zurückzuweisen gewesen, weil Fragen der Stadtbildpflege nicht geeignet seien, subjektiv öffentliche Rechte der Nachbarn zu berühren. Soweit die Genehmigung der Errichtung einer Garage im Bereich des Seitenabstandes gerügt worden wäre, sei diesem Vorbringen entgegenzuhalten, daß die Garage zur Gänze unterhalb des anschließenden Niveaus ausgeführt werde. Nach § 84 Abs. 3 der Bauordnung dürften aber unterirdische Gebäude und Gebäudeteile über Baufluchtlinien in die Abstandsflächen vorragen. § 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes sei hier demnach überhaupt nicht anzuwenden. Die Frage, ob für das gegenwärtig auf der Liegenschaft bestehende Gebäude eine Abbruchsbewilligung erteilt worden sei oder nicht, sei schließlich im Rahmen des vorliegenden Verfahrens rechtlich bedeutungslos.
In der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und den mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:
Die Beschwerdeführerin behauptet zunächst, das durchgeführte Ermittlungsverfahren sei deshalb mangelhaft geblieben, weil die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob tatsächlich nur ein Drittel der Bauplatzfläche verbaut werde, unterblieben sei. Die im Zuge der mündlichen Verhandlung modifizierten Baupläne betreffend die projektierten Erkerausbildungen seien von der belangten Behörde der nunmehr erteilten Baubewilligung zugrunde gelegt worden, wodurch der Beschwerdeführerin die Möglichkeit genommen worden sei, rechtzeitig in die Pläne Einsicht zu nehmen und sie auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu überprüfen. Durch diese Maßnahme werde die verfassungsrechtliche Bestimmung des Instanzenzuges insoweit verletzt, weil nur eine Instanz mit den geänderten Plänen befaßt worden sei. Die belangte Behörde hätte nach Einreichung geänderter Baupläne den erstinstanzlichen Bescheid aufheben müssen, weshalb sich der Berufungsbescheid als rechtswidrig erweise. Die belangte Behörde habe es auch verabsäumt, Feststellungen zu treffen, inwieweit die nunmehr auf Grund der vorgelegten Projektspläne vorgesehenen Erker den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Das Bauvorhaben beeinträchtige schließlich das örtliche Stadtbild gröblich und für das bestehende Gebäude liege eine rechtskräftige Abbruchsbewilligung nicht vor. Schließlich seien nach Durchführung der Abbruchsverhandlungen Zubauten am bestehenden Villengebäude vorgenommen worden, welche vom bereits rechtskräftigen Abbruchsbewilligungsbescheid nicht umfaßt seien. Die Errichtung der Garage im Bereich des linken Seitenabstandes verstoße sowohl gegen die Bestimmungen des § 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes als auch gegen § 84 der Bauordnung für Wien.
Diesem Beschwerdevorbringen kommt keine Berechtigung zu. Übereinstimmend gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, daß für die Liegenschaft der Mitbeteiligten die Widmung Wohngebiet, die Bauklasse II mit einer maximal zulässigen Gebäudehöhe von 10,50 m, die offene und gekuppelte Bauweise sowie ein durch vordere Baufluchtlinien 4 m breiter Vorgarten festgesetzt sind. Gemäß § 76 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (Fassung Novelle LGBl. Nr. 18/1976) - im folgenden abgekürzt BO - darf im Wohngebiet bei offener oder gekuppelter Bauweise das Ausmaß der bebauten Fläche nicht mehr als ein Drittel der Bauplatzfläche betragen. Als bebaute Fläche gilt gemäß § 80 Abs. 1 BO die senkrechte Projektion des Gebäudes einschließlich aller raumbildenden oder raumergänzenden Vorbauten auf eine waagrechte Ebene; als raumbildend oder raumergänzend sind jene Bauteile anzusehen, die allseits baulich umschlossen sind oder bei denen die bauliche Umschließung an nur einer Seite fehlt. Unterirdische Gebäude oder Gebäudeteile bleiben bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht. Abs. 2 dieses Paragraphen bestimmt, daß vor die Gebäudefront tragende Gebäudeteile der in § 84 Abs. 1 und 2 genannten Art und in dem dort bezeichneten Ausmaß bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht bleiben, gleichgültig, ob sie über Baufluchtlinien ragen oder nicht; überschreiten solche Gebäudeteile das genannte Ausmaß, sind sie zur Gänze nach Abs. 1 zu beurteilen. Gemäß § 84 Abs. 2 BO dürfen über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen und in die Vorgärten auf eine Breite von höchstens einem Drittel der betreffenden Gebäudefront unter anderem Erker vorragen, durch die nur ein Raum und auch dieser nur mit einem Teil seiner Breite vor die Gebäudefront ragt (lit. a). Nach § 84 Abs. 3 BO dürfen über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen und in die Vorgärten ferner unterirdische Gebäude und Gebäudeteile vorragen, doch darf die allenfalls festgesetzte gärtnerische Ausgestaltung der Grundfläche nicht behindert werden. Der Beurteilung einer Baulichkeit als unterirdischer Gebäudeteil steht nicht entgegen, wenn den oberen Abschluß eine andere nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zulässige bauliche Anlage (Terrasse, Stützmauer, Weg u. a.) bildet.
Nach den erwähnten gesetzlichen Bestimmungen ist die Frage der Zulässigkeit des Bauvorhabens der Mitbeteiligten zu überprüfen. Bei einer Bauplatzgröße (siehe Lageplan) von 996 m2 bedeutet dies, daß maximal eine Fläche von 332 m2 verbaut werden darf. Wie die im Akt erliegende Berechnung der bebauten Fläche durch den technischen Amtssachverständigen der Behörde erster Instanz ergibt, umfaßt die durch die Umrisse des Gebäudes gegebene Baufläche ein Ausmaß von 331,86 m2, welches auch im Bauplan (Lageplan) ausgewiesen ist und von der Berufungsbehörde dem in Beschwerde gezogenen Bescheid zugrunde gelegt wurde.
Wenn die Beschwerdeführerin meint, die belangte Behörde hätte ein Sachverständigengutachten über die Naturmaße der Liegenschaft einholen lassen müssen, dann übersieht sie, daß die Behörde erster Instanz ohnehin die Bauplatzgröße überprüft hat und eine Reduzierung des Ausmaßes vornahm, wie den im Akt erliegenden Plänen entnommen werden kann. Auch wurden, wie erwähnt, Feststellungen in der Richtung getroffen, "inwieweit sich die beabsichtigte Bauführung innerhalb der daraus errechneten Grenzen hält". Der gerügte Verfahrensmangel liegt daher nicht vor. Bemerkt sei noch, daß die Beschwerdeführerin weder in der Beschwerde, noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konkrete Behauptungen dahin gehend aufgestellt hat, das Flächenausmaß des Bauplatzes sei auch mit 996 m2 (also nicht nur das ursprünglich angegebene von angeblich 1.012 m2) noch zu groß angenommen worden. Im übrigen erliegt im Akt ein Plan eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen, demzufolge die Bauplatzgröße 1.011 m2 beträgt.
Zu prüfen war welter, ob das Ausmaß der höchstzulässig bebaubaren Fläche von der belangten Behörde dem Gesetz entsprechend beurteilt wurde. In diese Flächenberechnung sind die unterirdische Garage und die an der W-straße bzw. C-gasse die vordere Baufluchtlinie überragenden Erker nicht einbezogen. Hinsichtlich der unterirdischen Garage entspricht dies der Vorschrift des § 80 Abs. 1 letzter Satz BO. Hinsichtlich der beiden Erker entsprach diese Beurteilung der Behörde erster Instanz im Hinblick auf das ihr vorgelegene Projekt nicht dem Gesetz. Dies hat die Baubehörde zweiter Instanz erkannt und im Zuge des Berufungsverfahrens den mitbeteiligten Parteien eine Modifizierung ihres Projektes dahin gehend nahegelegt, daß es der Vorschrift des § 84 Abs. 2 BO Rechnung trägt. In der erwähnten Verhandlung am erklärten sich die mitbeteiligten Parteien bereit, die Erker so abzuändern, daß sie der Bestimmung des § 84 Abs. 2 BO "zweifelsfrei entsprechen". Die daraufhin erfolgte Verkleinerung dieser Erker läßt einen Widerspruch zu § 84 Abs. 2 BO nicht mehr erkennen, wie dem abgeänderten Bauplan entnommen werden kann. Dieser Bauplan wurde dem Vertreter der Beschwerdeführerin anläßlich der Verhandlung am zur Kenntnis gebracht und dieser hat weder während dieser Verhandlung noch in einer späteren Stellungnahme die Plandarstellung in Zweifel gezogen. Die Frage, ob ein Erker im Sinne des § 84 Abs. 2 (lit. a) BO vorliegt, stellt eine Rechtsfrage dar und zur Beantwortung dieser Frage ist an sich die Beiziehung eines Sachverständigen, wie die Beschwerdeführerin vermeint, gar nicht erforderlich. Tatsächlich wäre aber der Beschwerdeführerin die Möglichkeit offen gestanden, einen Sachverständigen dem Verfahren beizuziehen und von diesem die abgeänderten Baupläne überprüfen zu lassen. Im übrigen erklärte der der Verhandlung beigezogene Amtssachverständige, daß der geänderte Plan dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom entspreche. Ist nun davon auszugehen, daß im Hinblick auf das geänderte Bauvorhaben Erker im Sinne der erwähnten Gesetzesstelle vorliegen, also solche Bauteile, durch die nur ein Raum und auch dieser nur mit einem Teil seiner Breite vor die Gebäudefront ragt und die Ausladung höchstens 1,50 m beträgt, dann sind diese Erker auf die höchstzulässige bebaute Fläche gemäß § 80 Abs. 2 BO nicht anzurechnen. Das bedeutet aber im Beschwerdefall, daß die höchstzulässige bebaubare Fläche nicht überschritten wurde.
Soweit die Beschwerdeführerin die Errichtung der unterirdischen Garage im Seitenabstand als gesetzwidrig erachtet, verkennt sie, daß § 84 Abs. 3 BO (vgl. § 1 Abs. 2 des Wiener Garagengesetzes) für unterirdische Gebäude und Gebäudeteile ausdrücklich die Einhaltung einer Abstandsfläche nicht vorsieht, ein freizuhaltender Seitenabstand, in welchem ansonsten ausnahmsweise Kleingaragen im Sinne des § 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes errichtet werden dürfen, also gar nicht in Betracht kommt. Hinsichtlich unterirdischer Bauwerke konnte aber der Nachbar auch nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Verletzung von Abstandsvorschriften gar nicht geltend machen (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 7030/A). Die Frage der Zulässigkeit der Garage im Seitenabstand nach § 4 Abs. 4 des Wiener Garagengesetzes wäre daher nur dann zu prüfen gewesen, wenn die Garage nicht als unterirdisches Gebäude oder unterirdischer Gebäudeteil im Sinne des § 84 Abs. 3 BO zu beurteilen gewesen wäre.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen erweist sich der angefochtene Bescheid auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil eine - geringfügige - Abänderung des Bauvorhabens im Zuge des Rechtsmittelverfahrens vorgenommen wurde. Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war der Wille der Bauwerber, ein Wohngebäude mit einer bestimmten Bausubstanz errichten zu wollen. Das in den Bauplänen dargestellte konkrete Projekt kann nicht als ein anderes (aliud) beurteilt werden, wenn im Zuge des Berufungsverfahrens Modifikationen erfolgen, welche - nach Art und Ausmaß geringfügig - dem Zweck dienen, das Projekt (zur Gänze) dem Gesetz anzupassen. Der Vertreter der belangten Behörde hat schließlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof zu Recht darauf hingewiesen, daß die im Beschwerdefall vorgenommenen Modifikationen des Projektes bloß eine Einschränkung des Antrages (Reduktion) bedeuten, die dem Interesse der Nachbarschaft dient. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N. F. Nr. 6449/A, ist die Berufungsbehörde sogar verpflichtet, den Bauwerber zu einer Abänderung seines Bauvorhabens aufzufordern, wenn ein gegebener Versagungsgrund durch eine Modifikation des Bauansuchens beseitigt werden kann und die Berufungsbehörde darf nur dann das ganze Bauvorhaben ablehnen, wenn sich der Bauwerber weigert, eine entsprechende Änderung seines Projektes vorzunehmen (vgl. auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 3349/54, vom , Zl. 1318/66, vom , Zlen. 1987 und 1988/76 u. a.).
Zu dem weiteren Beschwerdevorbringen ist zu bemerken, daß im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens für die Errichtung eines Neubaues nur die Rechtmäßigkeit dieses Vorhabens zu prüfen ist, nicht aber die Frage, ob für ein bestehendes Gebäude, welches im Falle der Realisierung des Neubaues abgetragen werden muß, eine Abbruchsbewilligung vorliegt oder nicht, und ob vorgenommene tatsächliche Bauführungen vorgenommen werden dürfen oder nicht. In diesem Sinne normiert § 67 Abs. 1 BO, daß das Bauvorhaben dahin zu überprüfen ist, ob es den Bestimmungen dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen entspricht. Das Mitspracherecht der Nachbarn im baubehördlichen Bewilligungsverfahren ist darüber hinaus darauf beschränkt, daß sie nur eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen können, also einen Verstoß gegen jene Bestimmungen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen, sondern auch dem Schutz der Nachbarn (§ 134 Abs. 3 BO). Zu Recht hat daher die belangte Behörde die Auffassung vertreten, daß den Nachbarn in der Frage der Beeinträchtigung des Stadtbildes ein subjektivöffentliches Recht nicht zusteht und daher die diesbezügliche Einwendung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückzuweisen war. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehören Vorschriften, die auf die Wahrung des Stadtbildes und der schönheitlichen Rücksichten abzielen, nicht zu jenen Bestimmungen, die außer dem öffentlichen Interesse auch noch dem Interesse der Nachbarschaft dienen (vgl. Erkenntnisse vom , Slg. N. F. Nr. 3600/A, vom , Slg. N. F. Nr. 6246/A u. a.). Auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen war daher nicht näher einzugehen.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 542/1977. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Antrag auf Zuerkennung einer den pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Umsatzsteuer.
Wien, am
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Normen | AVG §66 Abs4 BauO Wr §76 Abs10 BauO Wr §80 Abs1 BauO Wr §80 Abs2 BauO Wr §84 Abs2 BauO Wr §84 Abs3 BauRallg |
Schlagworte | Baubewilligung BauRallg6 Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Berufungsverfahren BauRallg11/2 Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1980:1979002841.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-59010