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VwGH 23.06.1983, 2749/80

VwGH 23.06.1983, 2749/80

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Höchstzeitrenten und/oder Mindestzeitrenten sind Renten im steuerrechtlichen Sinn, deren Wert als Gegenleistung iSd GrEStG nach den § 15 BewG und § 16 BewG zu berechnen ist (Hinweis E , 82/14/0109 und auf Stoll, Rentenbesteuerung/3, S 13, 19 ff, 63 f und 675).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Närr, Mag. Meinl und Dr. Kramer als Richter, im Beisein des Schriftührers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde der MW in P, vertreten durch Dr. Werner Stauder, Rechtsanwalt in Graz, Murgasse 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 90-6/80, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom erwarb die Beschwerdeführerin von Ing. HK die Liegenschaft EZ. 344 KG. X mit Wohnhaus und Werkstättengebäude im Gesamtausmaß von 3.744 m2 um einen Betrag von S 2,541.000,--, wovon bereits eine Baranzahlung von S 185.000,-- geleistet worden war, der weitere Teilkaufpreis von S 2,314.000,-- in insgesamt "178 Raten a S 13.000,--" monatlich, beginnend mit , gezahlt werden und der "Restkaufpreis von S 42.000,--" auf kapitalisierte Sachleistungen und Benützungsrechte des Verkäufers entfallen sollte (Punkt 6.).

Der Punkt 7 des Vertrages hat nachstehenden Wortlaut:

"Im Falle des vorherigen Ablebens des Herrn Ing. HK vor Tilgung der vereinbarten insgesamt 178 Kaufpreisraten sind diese Leistungen an dessen Erben zu erbringen.

Sollte Herr KR. Ing HK vor dem versterben, so sind an dessen Erben nur jene Zahlungen zuleisten, die bis zu diesem Zeitpunkte fällig sind. Zahlungen, die nach dem fällig sind, erlöschen in diesem Falle. Erfolgt das Ableben des Herrn KR. Ing. HK nach dem , aber vor dem , so erlöschen sämtliche nach dem Todestag fällige Beträge."

Mit Bescheid vom unterzog das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Graz den Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuer und setzte, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 2,541.000,--, der Beschwerdeführerin gegenüber die Steuer in der Höhe von S 203.280,-- fest. Diese berief und machte geltend, nach dem ganzen Inhalt des Vertrages und dem Willen der Vertragspartner liege eine Leibrentenvereinbarung vor; zu den Teilbeträgen von S 185.000,-- und S 42.000,-- hätte richtigerweise ein Betrag von S 1,240.512,-- zu treten gehabt, der sich aus dem gemäß dem "§ 15" des Bewertungsgesetzes 7,952fachen Jahreswert (S 13.000,-- x 12) ergebe, so daß die Bemessungsgrundlage mit S 1,467.512,-- (S 185.000,-- + S 1,240.512,-- + S 42.000,--) anzusetzen gewesen wäre.

Die Finanzlandesdirektion für Steiermark wies die Berufung mit Bescheid vom ab. In der Begründung wurde auf die §§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 GrEStG sowie Punkt 7 des Vertrages verwiesen und ausgeführt, abgesehen von der Textierung "Kaufpreisraten" biete der Gesamtinhalt der Vereinbarung keinen Anhaltspunkt dafür, daß den vereinbarten Leistungen, was den Zeitraum anlange, für die sie zu entrichten seien, aleatorische Momente anhafteten, die grunderwerbsteuerrechtlich als "Renten" gelten könnten. Die Beschwerdeführerin habe auf jeden Fall 178 Kaufpreisraten und über den hinaus überhaupt keine Zahlungen mehr zu entrichten. Ein mit der Lebenszeit verbundener Versorgungsgedanke und damit zumindest auf seiten des Verkäufers ein für Renten typisches Wagnis fehle. Die 178 monatlichen Raten seien nicht mit dem Leben oder mit ungewissen Ereignissen im Leben von Menschen verbunden. Die zeitliche Begrenzung möge von der Beschwerdeführerin aus gesehen einen unbestimmten Charakter haben, dies genüge jedoch für die Zuerkennung der Renteneigenschaft nicht. Der Punkt 7 des Vertrages regle nur die Zahlungsmodalitäten, die im Fall eines bestimmten Todeszeitpunktes eine tatsächliche Kaufpreisherabsetzung für die Beschwerdeführerin bedeuteten. Bei dem klaren Wortlaut des Vertrages, an dessen Abfassung ein Notar und Wirtschaftstreuhänder beteiligt gewesen seien, habe die beantragte Vernehmung von Zeugen unterbleiben können.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf richtige Bemessung der Grunderwerbsteuer für das bezeichnete Rechtsgeschäft - die Bemessungsgrundlage habe ihrer Meinung nach S 1,467.512,--, die Steuer S 117.401,--, also um S 85.879,-- weniger zu betragen - verletzt erachtet. Wären die von ihr beantragten Beweise aufgenommen worden, so führt die Beschwerdeführerin die Verfahrensrüge aus, hätte man also die Vertragsparteien, dazu ihren Ehegatten und die beiden Steuerberater sowie den Notar, der den Vertrag verfaßt habe, einvernommen, wäre klar geworden, unter welchen Voraussetzungen Übergeber und Übernehmer in die Verhandlungen eingetreten seien, und insbesondere hervorgekommen, daß es dem Übergeber sehr wohl darum gegangen sei, bis zu seinem Ableben versorgt zu sein, andererseits aber auch darum, die Liegenschaft nicht gerade zu verschleudern, weshalb die Zahlungspflicht auf jeden Fall bis laufen sollte. Da der Übergeber bei Vertragsabschluß nicht ganz 69 Jahre alt gewesen sei und seine Lebenserwartung nur knapp mehr als zehn Jahre betragen habe, hätten sich daraus in weiterer Folge aleatorische Momente, durchaus auch für den Übergeber in der Hinsicht ergeben, daß dieser habe hoffen können, über die statistische Lebenserwartung hinaus noch Leistungen zu empfangen. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerdeführerin, die auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hinweist, vor, nach zivilem Recht stelle die Überlassung einer Liegenschaft gegen eine Leibrente einen Kaufvertrag dar, bei dem die Liegenschaft den Kaufgegenstand, die Rente den Preis bilde; daß dieser nicht im voraus fesstehe, weil er von der Lebensdauer des Rentenbeziehers abhänge, mache den Preis nicht unbestimmt, den Vertrag aber zum Glücksvertrag. Nun zeige Punkt 7 des vorliegenden Vertrages für ein Glücksgeschäft sprechende wesentliche aleatorische Momente. Da in dem für die Beschwerdeführerin günstigsten Fall - wenn der Übergeber vor dem sterbe - nur 118 Rentenbeträge, im für sie ungünstigsten (für den Übergeber günstigsten) Fall - wenn er bis mindestens Dezember 1993 lebe - jedoch 178 Rentenbeträge zu bezahlen seien, ergebe sich ein vom "Glück" abhängiger Unterschied von 60 Rentenbeträgen oder (ohne Berücksichtigung der vertraglichen Wertsicherung) von S 780.000,--. Wenn Renten alternativ auf die Lebensdauer einer Person und den Ablauf einer bestimmten Zeit abstellten wie im vorliegenden Fall, handle es sich um Zeitrenten, die steuerrechtlich noch als Renten behandelt würden (Hinweis auf Stoll, Rentenbesteuerung3, S. 19). Höchstzeitrenten seien dabei von vornherein auf eine bestimmte Höchstzeit - so im Beschwerdefall auf den - beschränkt, kämen aber schon dann zum Erlöschen, wenn die Personen, von deren Lebenszeit sie abhingen, vor Ablauf der vereinbarten Zeit stürben - ein derartiger Termin sei nach dem Vertrag vom der . Im Beschwerdefall liege zugleich eine Mindestrente vor, da sie im Fall des Todes der Bezugsperson nicht erlösche, wenn der Tod innerhalb einer Mindestzeit eintrete - nämlich hier vor dem . Sowohl bei Höchst- wie bei Mindeszeitrenten gebe es das den Rentencharakter prägende Wagnis (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2722/76, sowie auf ein bei Stoll, a.a.O. S. 22, angeführtes Beispiel). Der Vertrag enthalte somit bedeutende aleatorische Komponenten, die ihn als Rentenvereinbarung qualifizierten. Dementsprechend-wäre die-Steuer, wie schon gezeigt, um S 85.879,-- niedriger festzusetzen gewesen.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall steht nicht in Streit, daß mit dem Vertrag vom ein grunderwerbsteuerpflichtiger Erwerbsvorgang zustande kam, nämlich ein sich auf inländische Grundstücke beziehendes Rechtsgeschäft abgeschlossen wurde, das gemäß dem § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG den Anspruch auf Übereignung begründet. Da sachverhaltsbezogen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 oder 3 GrEStG nicht vorlagen, war gemäß Absatz 1 dieses Paragraphen die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Im Beschwerdefall herrscht Streit darüber, ob für jenen Teil der Gegenleistung, der nach dem Vertrag in monatlichen Teilzahlungen zu erbringen und gemäß dessen Punkt 6 ohne Berücksichtigung der Regelung in Punkt 7 - wonach sich unter bestimmten Voraussetzungen diese Teilzahlungsleistung in ihrer Höhe nach unten zu verändern hatte - mit insgesamt S 2,314.000,-- angegeben worden war, von einem festen, wenn auch in Raten zu erbringenden Kaufpreis ausgegangen werden muß oder ob die Vereinbarung insoweit unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des Punktes 7 in Wahrheit als Rentenvertrag zu gelten habe. Zu diesem Zweck ist das Verhältnis der Vertragspunkte 6 und 7 zueinander zu untersuchen. Deren Regelung aber ist nichts weniger als unvereinbar und ergibt, ohne daß es dazu weiterer Beweisaufnahmen bedurfte, den in der Beschwerde aufgezeigten Modus: Die Beschwerdeführerin traf die Pflicht, bis zum dem K. oder im Falle dessen Ablebens seinen Erben monatlich im voraus S 13.000,--, somit zusammen 118 Teilbeträge in der Gesamthöhe von S 1,534.000,-- zu leisten, über diesen Zeitpunkt hinaus monatliche Teilbeträge in derselben Höhe nur an K. selbst, somit nur zu seinen Lebzeiten, und absolut begrenzt durch den Endtermin , zu erbringen. Durch Punkt 7 der Vereinbarung erfährt somit Punkt 6 des Vertrages eine nähere Bestimmung dahingehend, daß 178 Teilbeträge nicht in jedem Fall, sonden nur höchstens, nämlich nur unter der eben angegebenen Voraussetzung zu bezahlen waren, daß K. den erleben sollte. Die Höhe der von der Beschwerdeführerin nach dem Vertrag in Teilzahlungen zu erbringenden Geldleistung lag daher zwischen mindestens S 1,534.000,-- und höchstens S 2,314.000,-- und der Unterschied von höchstens 60 Teilbeträgen in der Höhe von zusammen S 780.000,-- war allein in der für beide Vertragspartner unvorhersehbaren Lebensdauer des K. begründet. Die Beschwerdeführerin ist nun im Recht, wenn sie darauf hinweist, daß derartige Höchst- oder/und Mindestzeitrenten wegen des ihnen eigenen aleatorischen Elementes noch als Renten im steuerrechtlichen Sinn gelten (siehe Stoll, Rentenbesteuerung3, S. 13 und 19 ff, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 82/14/0109, und die dort angeführte Vorjudikatur, wobei an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung BGBl. Nr. 45/1965, erinnert wird). Traf dies aber zu, durfte bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer nicht schon von dem unter Punkt 6 des Vertrages angegebenen Höchstbetrag der in Teilzahlungen zu erbringenden Gegenleistung ausgegangen werden. Auch eine Aufspaltung des einheitlichen Vorganges in einen Raten- und in einen Rententeil käme nicht in Betracht (vgl. Stoll, a.a.O., S. 20). Vielmehr wäre zur Ermittlung der Gegenleistung insoweit zur Bewertung der wiederkehrenden Leistungen nach den §§ 15 und 16 des gemäß des § 1 anzuwendenden Bewertungsgesetzes 1955 in der geltenden Fassung vorzugehen gewesen (zu den Grundsätzen einer Bewertung von Mindest- und Höchstzeitrenten, vgl. Stoll, a.a.O. S 63 f, 675).

Da die belangte Behörde dies verkannte, wurde die Beschwerdeführerin im Beschwerdepunkt in ihren Rechten verletzt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte genäß dem § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 203/1982, abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 221/1981, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.

Wien, am

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Fundstelle(n):
OAAAF-58933