VwGH 18.03.1980, 2746/79
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | WRG 1959 §31 Abs3; |
RS 1 | Nach einem Vorfall, der eine Gefahr einer Gewässerverunreinigung in sich barg und Vorschreibungen von Maßnahmen nach § 31 Abs 3 WRG 1959 rechtfertigte, können auch bei Gefahr in Verzug Wasseruntersuchungen zur Vermeidung einer größeren Gewässerverunreinigung angeordnet werden. Auf fachkundiger Grundlage ist die Erforderlichkeit solcher Unternehmungen in zeitlicher und örtlicher Hinsicht festzustellen. |
Entscheidungstext
Beachte
Vorgeschichte:
0075/79 E ;
Fortgesetztes Verfahren:
84/07/0094 E ;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungskommissär Dr. Dobner, über die Beschwerde der Firma S-AG in G, vertreten durch Dr. Manfred Thorineg, Rechtsanwalt in Graz, Kalchberggasse 8/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 3-345 St 53/12-1979, betreffend Kostenvorschreibung nach einem Ölunfall, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, insoweit als mit ihm die Vorschreibung von Kosten in der Höhe von S 264.172,50 im Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom bestätigt worden ist, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 3.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 75/79, verwiesen, mit dem der Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom betreffend Kostenvorschreibung nach einem Ölunfall wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufgehoben worden ist, weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkte einer Ergänzung bedurfte. In der Begründung dieses Erkenntnisses wurde ausgeführt, es sei nicht zu erkennen, welche Maßnahmen im einzelnen wegen Gefahr im Verzug unmittelbar im Sinne des § 31 WRG 1959 angeordnet wurden, für die allein Kosten nach der zuletzt genannten Bestimmung vorgeschrieben werden können. Im angefochtenen Bescheid fehlen insbesondere entsprechende Feststellungen hinsichtlich der aus § 31 Abs. 3 WRG 1959 sich ergebenden Verpflichtung der Beschwerdeführerin und überhaupt Feststellungen jenes Sachverhaltes, den die belangte Behörde als erwiesen angenommen hat.
Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG 1965 sind, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Der Landeshauptmann von Steiermark wies ohne Ergänzung des Ermittlungsverfahrens mit dem nun angefochtenen Bescheid vom die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Magistrates Graz vom gemäß § 66 AVG 1950 als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides wurde nach Wiedergabe des Sachverhaltes ausgeführt, die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie sei nicht Verursacherin der Gewässerverunreinigung, sei von ihr erst im späteren Verfahren vorgebracht worden, obwohl ein Vertreter der Beschwerdeführerin selbst nach Abladen einer unbekannten Menge eines chemischen Abfalles die Wasserrechtsbehörde bzw. die Feuerwehr verständigt und sich bei der ersten Erhebung auch einverstanden erklärt habe, für die Kosten der Behebung dieses Unfalles aufzukommen. Die Beschwerdeführerin sei daher als Verursacherin des Unfalles und somit als Verpflichtete gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 anzusehen. Bezüglich der Untersuchungskosten sei insofern eine Teilung derselben vorzunehmen gewesen, als praktisch an derselben Stelle zirka ein Monat später eine neuerliche Ablagerung wassergefährdender Stoffe durch die Firma WN erfolgt sei. Aus diesem Grunde seien die Untersuchungen im selben Gebiet durchgeführt worden; eine Kostenaufteilung von 50/50 sei daher gerechtfertigt. Aus der Sachverhaltsdarstellung im Bescheid des Magistrates Graz vom gehe hervor, daß bei Eintreffen des Amtssachverständigen ein Teil der Schottergrube 1,50 m hoch überflutet gewesen und daß auf der Wasseroberfläche ein Öl- und Chemikaliengemisch aufgefunden worden sei. Inwieweit diese ölgefährdende Substanzen bereits in den Untergrund bzw. in das Grundwasser eingedrungen seien, habe vom Sachverständigen nicht sofort festgestellt werden können. Um eine Gefährdung des Grundwassers hintanzuhalten, sei daher veranlaßt worden, daß das auf der Wasseroberfläche schwimmende Öl- und Chemikaliengemisch mit Ölbindepulver bestreut und die Rückstände eingesammelt werden. Wegen Gefahr im Verzug sei mit dieser Maßnahme eine konzessionierte Firma beauftragt worden; die Kosten hätten S 2.862,30 betragen, welche im nunmehr bekämpften Bescheid vorgeschrieben worden seien. Hätte sich das Öl- und Chemikaliengemisch auf einer Wasseroberfläche mit dichtem Untergrund befunden, sodaß ein Versickern und Eindringen dieser wassergefährdenden Substanz in das Grundwasser auszuschließen gewesen wäre, so hätte sich die vorgeschriebene Maßnahme auf § 138 WRG 1959 stützen müssen. Im Beschwerdefall sei der Schwerpunkt in der Gefährdung des Grundwassers und somit der Wasserversorgung unzähliger Hausbrunnen und schließlich des Wasserwerkes Graz-Feldkirchen gelegen, sodaß sich die Maßnahme auf § 31 Abs. 3 zu stützen gehabt habe. Die bereits eingetretene Gewässerverunreinigung an der Wasseroberfläche habe hiebei als unbedeutend im Vergleich zu den Folgen einer etwaigen Verunreinigung des Grundwassers angesehen werden können. Die Vorschreibung dieser oben angeführten Kosten sei daher zu Recht erfolgt. Bezüglich der Vorschreibung der Wasseruntersuchungen sei festzustellen, daß auch diese Maßnahme der Bestimmung des § 31 Abs. 3 WRG 1959 zu unterstellen sei. Wie bereits oben ausgeführt, sei es unmöglich zu erkennen, wie groß der Kontaminationsbereich im Grundwasser sei. Um einerseits auszuschließen, daß den Verpflichteten Maßnahmen aufgetragen würden, die insbesondere wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen seien, andererseits jedoch eine Gewässerverunreinigung sofort feststellen und deren Ausbreitung wirkungsvoll verhindern zu können, seien Untersuchungen des Grundwassers im gefährdeten Bereich erforderlich gewesen. Diese Untersuchungen müßten selbstverständlich sofort beginnen und sich über eine gewisse Zeit erstrecken. Zumindest bei den Erstuntersuchungen handle es sich um Maßnahmen, welche von der Behörde wegen Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen seien. Ab welchem Zeitpunkt man bei diesen Untersuchungen nicht mehr von Gefahr im Verzug sprechen könne, sei insbesondere aus dem Gesichtspunkt der Kontinuität dieser Untersuchungsreihe nur sehr schwer feststellbar, zumal von der Beschwerdeführerin in keiner Phase der Versuch gemacht worden sei, etwa eine andere anerkannte Untersuchungsanstalt mit der Untersuchung des Grundwassers zu beauftragen. Dazu komme noch, daß auf Grund eines neuerlichen Ölunfalles wiederum die Anordnung von Sofortmaßnahmen gerechtfertigt gewesen seien. Aus diesen Gründen sei daher auch diese Maßnahme dem § 31 Abs. 3 WRG 1959 zu unterstellen; die für diese Untersuchungen aufgelaufenen Kosten seien zu Recht im angefochtenen Bescheid zur Zahlung vorgeschrieben worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht dadurch verletzt, daß ihr Kosten für die Tätigkeit der Behörde auferlegt wurden; die Beschwerdeführerin treffe kein Verschulden am Zustandekommen des Ölunfalles. Aktenwidrig sei die Feststellung im bekämpften Bescheid, daß zirka ein Monat später an derselben Stelle eine neuerliche Ablagerung wassergefährdender Stoffe durch die Firma WN erfolgt sei. Es sei zwar richtig gewesen, das Öl- Chemikaliengemisch mit Ölbindepulver zu bestreuen, das Erdreich abzuheben und in der Folge auszuglühen, doch sei es den Sachverständigen möglich festzustellen, wie tief ölgefährdende Substanz eingedrungen sei bzw. ob überhaupt solche eingedrungen sei. Nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 könnten nur Kosten, die ein unaufschiebbares, sofortiges und rasches Eingreifen der Behörde erforderlich mache, vorgeschrieben werden. Die Kosten der Beseitigung der wassergefährdenden Substanz sowie der Abhub von Erdmaterial und Ausglühen desselben wären noch Kosten einer sofortigen Gefahrenabwendung, nicht jedoch die Beobachtung des Grundwassers. Selbst wenn die Beschwerdeführerin die 200 l abgelagert hätte, was von ihr bestritten werde, so hätte sie nur der Kostenersatz hinsichtlich dieser 200 l treffen können. Der Beschwerdeführerin hätte die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, anhand einer detaillierten Rechnung die Höhe der erforderlichen Maßnahmen zu überprüfen. Selbst wenn man von der Voraussetzung ausgehe, daß die Beschwerdeführerin als Verursacherin angesehen werde, so sei die Verursachung einer so umfangreichen Sanierung nicht gegeben gewesen. Die Kostenvorschreibung hätte im übrigen nach den Bestimmungen der §§ 74 bis 79 AVG 1950 erfolgen müssen. Es sei nicht Sache der Beschwerdeführerin, die Richtigkeit der Kosten zu überprüfen, sondern Sache der Behörde, die in Rechnung gestellten Kosten auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen und diese detailliert vorzuschreiben. Der dem nunmehr angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Bescheid des Magistrates Graz vom sei insofern nichtig, als in diesem Bescheid der Ersatz der Kosten für die Behebung des auf dem Grundstück Nr. 492 KG X im Herbst 1975 erfolgten Austrittes von Mineralöl- und Teerprodukten vorgeschrieben werde, obwohl diesem Bescheid entgegengesetzt vom Magistrat Graz mit Bescheid vom ausdrücklich festgestellt worden sei, daß es sich um 200 l eines chemischen Abfalles, bestehend aus einem Gemisch aus Hydrauliköl, Lackbestandteilen und anderen Inhaltsstoffen handle. Der nunmehrige Bescheid behandle daher einen völlig anderen Ölunfall, weshalb die Kosten der Sanierung, bestreffend Mineralöl- und Teerprodukte, die Beschwerdeführerin gar nicht treffen könnten.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen rechtskräftigen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom wurde auf Grund einer Einbringung eines chemischen Abfalles im Ausmaß von zirka 200 l, bestehend aus einem Gemisch aus Hydrauliköl, Lackbestandteilen und anderen Inhaltsstoffen in eine mit Grundwasser gefüllte Schottergrube durch die Beschwerdeführerin Maßnahmen wegen Gefahr im Verzug nämlich einer drohenden Gewässerverunreinigung gemäß §§ 31 Abs. 3 und 138 WRG 1959 unmittelbar angeordnet. Die Beschwerdeführerin bestreitet zunächst ein Verschulden am Zustandekommen des Ölunfalles und sohin ein Verhalten gesetzt zu haben, das eine Gefahr für eine Gewässerverunreinigung bedeute. Damit bestreitet sie die Rechtmäßigkeit der Anlastung der angeordneten Maßnahmen.
In Anbetracht dieses rechtskräftigen Bescheides, an den die belangte Behörde gebunden war, und des den Kostenbescheid betreffenden aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , war im fortgesetzten Verfahren nur zu prüfen, ob die aufgetragene Maßnahme dem § 31 Abs. 3 oder dem § 138 WRG 1959 zuzuordnen sind. Aus dem bekämpften Bescheid ergeben sich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keinerlei Anhaltspunkte, daß der bekämpfte Bescheid einen anderen Ölunfall behandelt als den, mit dem zirka 200 l eines chemischen Abfalles in ein Gewässer eingebracht worden ist. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß die Kosten der Beseitigung der wassergefährdenden Substanz sowie der Abhub von Erdmaterial und Ausglühen desselben Kosten einer sofortigen Gefahrenabwendung wären. Die belangte Behörde hat ausreichend und schlüssig im bekämpften Bescheid auch dargelegt, daß diese Maßnahmen zur Beseitigung einer drohenden Gewässerverunreinigung erforderlich waren. Insoweit erfolgte daher die Kostenvorschreibung in der Höhe von S 2.862,30 zu Recht. Die Beschwerde war daher insoweit als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der Vorschreibung für Barauslagen in der Höhe von S 264.172,50 für die Entnahme von Wasserproben aus Hausbrunnen und Wasserversorgungsanlagen grundwasserstromabwärts der Unfallstelle. Der belangten Behörde ist zwar beizupflichten, daß nach einem Vorfall, der bereits eine Gefahr einer Gewässerverunreinigung in sich barg und Vorschreibungen von Maßnahmen nach § 31 Abs. 3 WRG 1959 rechtfertigte, nicht gleich erkannt werden konnte, wie groß der Kontaminationsbereich sein wird, und es sich bei den "Erstuntersuchungen" um Maßnahmen handelte, welche wegen Gefahr im Verzug vorgenommen worden waren. Allein der Umstand, daß schwer feststellbar gewesen sei, ab welchem Zeitpunkt nicht mehr von Gefahr im Verzug aus dem Gesichtspunkt einer erforderlichen Kontinuität einer Untersuchungsreihe gesprochen werden könne, berechtigte die belangte Behörde aber nicht, die Hälfte der Untersuchungskosten der Beschwerdeführerin vorzuschreiben. Abgesehen davon, daß nicht feststeht, ob solche Wasseruntersuchungen zur Vermeidung einer größeren Gewässerverunreinigung erforderlich waren, kann auch nur auf sachverständiger Basis eine einwandfreie Beurteilung darüber abgegeben werden, inwieweit, nämlich in zeitlicher und örtlicher Hinsicht, solche Untersuchungen als "Erstuntersuchungen" zur Vermeidung einer größeren Gewässerverunreinigung erforderlich waren. Eine Sachverhaltsergänzung in diesem Umfange wäre insoweit auch geboten gewesen, weil mit dem im Instanzenzug bestätigten Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom in Punkt 2 der vorgeschriebenen Untersuchungsmaßnahmen keine zeitliche Befristung getroffen worden ist, von dem darin vorgesehenen Widerruf der Untersuchungen bescheidmäßig bisher nicht Gebrauch gemacht wurde und die Untersuchungskosten nach einem im Akt der Behörde erster Instanz befindlichen Schreiben des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung III c, vom sich nicht nur auf den im Instanzenzug bestätigten Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom beziehen, sondern auch auf eine einstweilige Verfügung vom , die offenbar nicht an die Beschwerdeführerin gerichtet war.
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit die Beschwerde nicht als unbegründet abzuweisen war, gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Der Spruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Beschwerde nur in dreifacher Ausfertigung samt Beilagen vorzulegen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | WRG 1959 §31 Abs3; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1980:1979002746.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-58928