VwGH 22.05.1978, 2740/77
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | AbgRallg GrStBefrG Tir 1968 §7 idF 1970/019 1973/103 1977/012 |
RS 1 | Im Abgabenrecht gilt der Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgabe. Die Wirkung einer Gesetzesänderung vermag Sachverhalte, die VOR dem Inkrafttreten eines neuen Gesetzes verwirklicht worden sind, nicht zu ergreifen, es sei denn, der Gesetzgeber ordnet die (retroaktive) Rückwirkung auf rechtskräftig abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Fälle ausdrücklich an. Aus dem Wortlaut des § 7 Abs 4 Tir GrStBefrG 1968 kann eine Rückwirkung der Befreiungsbestimmung des § 1 Abs 2 Tir GrStBefrG 1968 herausgelesen werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Kobzina, Öhler, Meinl und Dr. Würth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hailzl, über die Beschwerde des Dr. HR und der MD, beide in K, letztere vertreten durch Dr. Hellmut Rohn, Rechtsanwalt in Kitzbühel, Josef-Pirchlstraße 4, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-136/5 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Kitzbühel, vertreten durch den Bürgermeister), betreffend zeitliche Befreiung von der Grundsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben je zur Hälfte dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte das Finanzamt Kitzbühel dem Erstbeschwerdeführer für den von ihm errichteten Neubau in Kitzbühel, X-weg Nr. nn1, mit rechtskräftigem Bescheid vom die zeitliche Befreiung von der Grundsteuer nach den Bestimmungen des Gesetzes vom über eine zeitliche Befreiung von der Grundsteuer für Neu-, Zu-, Auf-, Um- und Einbauten, LGBl. für Tirol Nr. 13/1952, in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 5 und Nr. 19/1955, auf die Dauer von 15 Jahren, das ist vom bis , gewährt.
Mit Eingabe vom stellte der Erstbeschwerdeführer an die Stadtgemeinde Kitzbühel den Antrag auf Befreiung von der Grundsteuer bis .
Da über diesen Antrag der Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel mit Berufungsvorentscheidung und nicht mittels Abgabenbescheides abgesprochen hatte, gab die Tiroler Landesregierung der gegen die auf Grund des Vorlageantrages des Beschwerdeführers und der inzwischen "bücherliche Miteigentümerin" gewordenen Zweitbeschwerdeführerin ergangenen Berufungsentscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde Kitzbühel vom erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom gemäß § 112 der Tiroler Gemeindeordnung 1966, LGBl. Nr. 4, in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung (TGO 1966), Folge, hob den bekämpften Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Bürgermeister. In der Begründung dieses aufsichtsbehördlichen Bescheides wurde unter anderem ausgeführt, der Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel werde nunmehr mit größtmöglicher Beschleunigung über den Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Befreiung von der Grundsteuer vom zu entscheiden haben. Die Bestimmungen der §§ 4 und 5 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes und der Tiroler Landesabgabenordnung seien in diesem Verfahren genau zu beobachten.
Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel wies in der Folge den Antrag der Beschwerdeführer auf Verlängerung der Grundsteuerbefreiung von 15 auf 20 Jahre mit Bescheid vom mit der Begründung ab, aus den §§ 4 und 5 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1968 gehe nicht hervor, daß eine bereits bescheidmäßig gewährte 15-jährige Grundsteuerbefreiung um 5 Jahre verlängert werden könne.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Berufung, weil die Befreiung nicht auf die Dauer von 20 Jahren, das ist bis zum ausgesprochen worden sei. Sie brachten dazu im wesentlichen vor, die Abweisung stehe im Widerspruch nicht nur zum Sinn, sondern auch zum Wortlaut sämtlicher Grundsteuer-Befreiungs-Bundes- und Landesgesetze; so habe es bereits im Landesgesetzblatt (für Tirol), LGBl. Nr. 5/1955, betreffend die Abänderung des Grundsteuer-Befreiungsgesetzes, LGBl. Nr. 13/1952, geheißen, daß sich die gesetzlich festgelegte Dauer der Befreiung von 15 auf 20 Jahre erhöhe. Laut Landesgesetz LGBl. Nr. 7/1969 sei für Neubauten der vorliegenden Art die Grundsteuerbefreiung auf die Dauer von 20 Jahren gewährt worden. In § 7 Abs. 4 dieses Gesetzes, der sich auf die Weitergeltung bisheriger Befreiungen ausdrücklich beziehe, sei festgelegt, daß Befreiungen von der Grundsteuer, die nach den bisher geltenden Bestimmungen gewährt wurden, als auf Grund dieses Gesetzes gewährt gelten. Damit erscheine ausdrücklich und wörtlich angeordnet, daß die 15-jährige Grundsteuerbefreiungsfrist auf 20 Jahre erstreckt worden sei.
Diese Berufung wies der Bürgermeister der Stadtgemeinde Kitzbühel mit Berufungsvorentscheidung vom ab, die jedoch durch den Antrag der Beschwerdeführer auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß dem § 206 Abs. 1 TLAO ihre Wirkung verlor.
Mit Bescheid vom wies der Stadtrat der Stadtgemeinde Kitzbühel als Abgabenbehörde zweiter und zugleich letzter Instanz die Berufung der Beschwerdeführer gleichfalls ab und führte dazu begründend aus, daß der Stadtrat der Interpretation der Beschwerdeführer betreffend den Satz "Befreiungen von der Grundsteuer, die nach den bisher geltenden Bestimmungen gewährt wurden, gelten als auf Grund dieses Gesetzes gewährt", nicht folgen könne.
Die gegen diese Berufungsentscheidung erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wies die belangte Behörde mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom gemäß § 112 TGO 1966 als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides wurde nach einer Darstellung des Sachverhaltes und Verfahrensverlaufes im wesentlichen ausgeführt:
es könne festgestellt werden, daß das in Rede stehende Wohnhaus im Jahre 1960 fertiggestellt und seit für private Wohnzwecke benützt worden sei. Die Wohnungs-Nutzfläche liege unter 150 m2. Eine Wohnbauförderung sei tatsächlich nicht erfolgt. Der Neubau sei durch das damals zuständige Finanzamt Kitzbühel auf die Dauer von 15 Jahren, das war vom bis einschließlich , von der Grundsteuer befreit worden. Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes sei von § 7 Abs. 3 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1968, LGBl. Nr. 7/1969, in der Fassung LGBl. Nr. 19/1970, 103/1973 und 12/1977, auszugehen. Danach sei das Gesetz vom , LGBl. Nr. 13/1952, in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 5/1955 und 19/1955, mit Ablauf des außer Kraft getreten; die Bestimmungen des angeführten Gesetzes seien jedoch noch auf alle Bauten anzuwenden, bei denen die Bauführung vor dem beendet worden sei. Auf das in Rede stehende Wohnhaus seien somit die Bestimmungen des angeführten Gesetzes anzuwenden. Nach § 1 Abs. 1 des angeführten Gesetzes seien Neubauten, welche ständig oder überwiegend Wohnzwecken dienen, mit Beginn des auf die Beendigung der Bauführung folgenden Kalenderjahres auf die Dauer von 15 Jahren von der Grundsteuer befreit gewesen. Nach § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes habe sich bei Bauführungen, die nach den Vorschriften des Wohnbauförderungsgesetzes 1954 gefördert worden sind, die Dauer der Befreiung von 15 auf 20 Jahre erhöht. Mangels erfolgter Wohnbauförderung sei nach Abs. 1 nur eine Befreiung von der Grundsteuer auf die Dauer von 15 Jahren möglich gewesen. Gemäß § 7 Abs. 4 des geltenden Grundsteuerbefreiungsgesetzes gelten Befreiungen von der Grundsteuer, die nach den bisher geltenden Bestimmungen gewährt worden sind, als auf Grund dieses Gesetzes gewährt. Bei der Neufestsetzung des Ausmaßes dieser Befreiung im Sinne des § 5 Abs. 2 - danach sei bei Änderung der Berechnungsgrundlage während des Befreiungszeitraumes das Ausmaß der Befreiung neu festzusetzen - seien die Bestimmungen des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1968 anzuwenden, soweit sie für den Steuerpflichtigen gegenüber der bisherigen Rechtslage günstigere Regelungen enthalten. § 7 Abs. 3 und 4 leg. cit. müßten zusammen gelesen und verstanden werden. In diesem Falle könne, wolle man nicht einen vom Landesgesetzgeber keinesfalls beabsichtigten Widerspruch konstruieren, § 7 Abs. 4 erster Satz nur damit erklärt werden, daß durch ihn den weitergeltenden Grundsteuerbefreiungsbesc heiden eine gesetzliche Grundlage gegeben werden solle. Die früheren gesetzlichen Grundlagen seien ja mit Ablauf des außer Kraft gesetzt worden. Gleichzeitig habe aber der Landesgesetzgeber eindeutig normiert, daß die Bestimmungen der früheren einschlägigen Rechtsvorschriften noch auf alle Bauten anzuwenden seien, bei denen die Bauführung vor dem beendet worden sei. Diese Bestimmungen, die insbesondere hinsichtlich der Dauer der Grundsteuerbefreiung eine abweichende Regelung enthalten, gelten daher als Bestimmungen des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1968 weiter. Die früheren Grundsteuerbefreiungsbescheide seien daher auch inhaltlich gesetzlich gedeckt. Eine weitergehende Bedeutung könne dem § 7 Abs. 4 erster Satz nicht entnommen werden, somit - anders als die beiden Beschwerdeführer vermeinen - eine Erstreckung der Grundsteuerbefreiungsdauer von 15 auf 20 Jahre kraft Gesetzes nicht abgeleitet werden. Dafür biete im vorliegenden Fall auch § 7 Abs. 4 zweiter Satz keine Grundlage. Der Sinn dieser Bestimmung sei, im Falle von Neufestsetzungen des Ausmaßes der Grundsteuerbefreiung während des Befreiungszeitraumes von für den ganzen Gegenstand einheitlichen gesetzlichen Regelungen ausgehen zu können.
Gegen diesen Vorstellungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bezeichnen die Beschwerdeführer als Beschwerdepunkt Verletzung des Eigentumsrechtes und des Rechtes der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge eines "mangelhaften und geradezu irreführend unübersichtlichen" Verfahrens. Die Beschwerdeführer verkennen damit die Rechtslage schon insoweit, als gemäß dem § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG 1965 unter Beschwerdepunkt die bestimmte Bezeichnung des Rechtes zu verstehen ist, in dem die Beschwerdeführer verletzt zu sein behaupten. Als solches ist nach den übrigen Beschwerdeausführungen das Recht auf zeitliche Befreiung von der Grundsteuer zu verstehen. In Ausführung des so aufzufassenden Beschwerdepunktes wenden sich die Beschwerdeführer - in Übereinstimmung mit ihren Ausführungen im Abgaben- und Vorstellungsverfahren - gegen die Meinung der belangten Behörde, trotz Änderung der maßgeblichen Rechtslage könne die zeitliche Befreiung von der Grundsteuer für das streitgegenständliche Einfamilienhaus auf die Dauer von 20 Jahren nicht gewährt werden. Gemäß dem § 7 Abs. 4 des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1968, LGBl. für Tirol Nr. 7/1969, würde, so führen die Beschwerdeführer im Zusammenhang aus, Befreiung von der Grundsteuer, die nach den bisher geltenden Bestimmungen gewährt wurde, als auf Grund dieses Gesetzes gewährt gelten. Wenn das Grundsteuerbefreiungsgesetz 1968 die Grundbefreiungsbestimmungen neu regle und dieser Neuregelung die Frist für die Steuerbefreiung bestimmter Wohnbauten ganz allgemein auf 20 Jahre erstrecke und in einer eigenen Anordnung über die Weitergeltungen von Befreiungen sage, daß die nach den bisher geltenden Bestimmungen gewährten Befreiungen als auf Grund dieses Gesetzes gewährt gelten, dann sei damit doch klar genug zum Ausdruck gebracht, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Befreiung (was im Beschwerdefalle zutreffe und von der Gemeinde Kitzbühel und dem Land Tirol nicht bestritten, sondern ausdrücklich anerkannt werde !) diese auf 20 Jahre seit dem Bezug des Neubaues ausgedehnt und gewährt werde. Dabei bilde es keine rechtliche Voraussetzung für die Gewährung und Weitergeltung der Grundsteuerbefreiung eines Wohnhaus-Neubaues, daß eine Wohnbauförderung stattgefunden habe. Die Wohnbauförderung möge der Abgabenbehörde es erspart haben, die sonstigen Voraussetzungen einer Befreiung zu überprüfen. Aber auch die auf Wohnbauförderungsgesetze zurückzuführenden Grundsteuerbefreiungen seien inzwischen von 15 auf 20 Jahre verlängert worden, woraus sich die deutliche Absicht des Gesetzgebers erschließen lasse, daß er diese Befreiungsvorschriften ganz allgemein von 15 auf 20 Jahre verlängert habe. Die einschränkende Auslegung der Tiroler Landesregierung sei also im Gesetz nicht gedeckt; es sei keineswegs erforderlich, daß für die Weitergeltung der Grundsteuerbefreiung auf 20 Jahre außer der 15-jährigen Befreiung nach früheren Grundsteuerbefreiungs- und Wohnbauförderungs-Landesgesetzen auch tatsächlich eine Wohnbauförderung stattgefunden habe. § 7 Abs. 4 ordne ganz allgemein im "Grundsteuerbefreiungsgesetz 1968" an, daß Befreiungen von der Grundsteuer (die in Wirklichkeit eine Gebäudesteuer sei), die nach den (also allen) bisher geltenden Bestimmungen gewährt worden seien, als auf Grund dieses Gesetzes gewährt gelten. Das Gesetz stelle also kein Erfordernis auf, daß etwa beide Begünstigungen, Grundsteuerbefreiung und Wohnbauförderung auf Grund früherer Gesetze, vorliegen müßten, damit die Weitergeltung der Befreiung auf die verlängerte Frist von 20 Jahren anerkannt werden könne.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.
Das mit in Kraft getretene Gesetz vom über die zeitliche Befreiung von der Grundsteuer für Neu-, Zu-, Auf-, Um- und Einbauten (Grundsteuerbefreiungsgesetz 1968), LGBl. für Tirol Nr. 7/1969, in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 19/1970, 103/1973 und 12/1977 (im folgenden mit TGrStBG 1968 bezeichnet), ist ebenso wie das vorher in Geltung gestandene Gesetz vom über eine zeitliche Befreiung von der Grundsteuer für Neu-, Zu-, Auf-, Um- und Einbauten, LGBl. für Tirol Nr. 13/1952, in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 5/1955 und LGBl. Nr. 19/1955 (im folgenden mit TGrStBG 1952 bezeichnet), als Ausführungsgesetz zu dem Bundesgesetz vom , BGBl. Nr. 157, betreffend Grundsätze über eine zeitliche Befreiung von der Grundsteuer für Neu-, Zu-, Auf-, Um- und Einbauten, erlassen worden.
Gemäß § 4 TGrStBG 1968 ist der Antrag auf Befreiung von der Grundsteuer vom Steuerpflichtigen schriftlich innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung des jeweils letzten Einheitswert- und Grundsteuermeßbescheides bei dem nach der Lage des Baugrundstückes zuständigen Gemeindeamt einzubringen. Diese Regelung entspricht dem § 15 Abs. 1 FAG 1973. Aus dieser Bestimmung folgt, daß die Abgabenbehörden zu einer Entscheidung über die zeitliche Befreiung von der Grundsteuer bis an die Zweitbeschwerdeführerin nur verhalten waren, wenn sie im Abgabenverfahren unzweideutig einen darauf zielenden Antrag gestellt hat.
Nach der Lage der Verwaltungsakten hat die Zweitbeschwerdeführerin - worauf bereits hingewiesen wurde - die Befreiung von der Grundsteuer der Abgabenbehörde erster Rechtsstufe gegenüber erstmals in dem gemeinsam mit dem Erstbeschwerdeführer gestellten Antrag vom , die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen, geltend gemacht. Da dieser Schriftsatz - zufolge der kassatorischen Entscheidung der Vorstellungsbehörde - zeitlich vor dem das Ansuchen der beiden Beschwerdeführer abweisenden Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Kitzbühel vom eingebracht worden war, erachtet der Verwaltungsgerichtshof den gesetzlich geforderten Antrag der Zweitbeschwerdeführerin als rechtswirksam gestellt.
Gemäß § 1 Abs. 1 TGrStBG 1952 waren Neu-, Zu-, Auf-, Um- und Einbauten, welche ständig und überwiegend Wohnzwecken oder gewerblichen Zwecken dienen, mit Beginn des auf die Beendigung der Bauführung folgenden Kalenderjahres auf die Dauer von 15 Jahren von der Grundsteuer sowie von anderen Abgaben, die vom Land und von den Gemeinden vom Gebäudebesitz oder vom Aufwand für Wohnzwecken und gewerblichen Zwecken dienenden Räume zukünftig eingehoben werden, befreit. Bei Bauführungen, die nach den Vorschriften des Bundesgesetzes vom , womit Bestimmungen über die Förderung der Errichtung von Klein- und Mittelwohnungen getroffen und Grundsätze über die Schaffung von Wohnbauförderungsbeiräten aufgestellt werden (Wohnbauförderungsgesetz 1954), BGBl. Nr. 153, gefördert werden, erhöhte sich die in Abs. 1 festgesetzte Dauer der Befreiung von 15 auf 20 Jahre (§ 1 Abs. 2 TGrStBG 1952).
Gemäß § 1 Abs. 1 TGrStBG 1968, das am in Kraft getreten ist, wird für Neu-, Zu-, Auf-, Um- und Einbauten, die nicht nach dem Kriegsschäden-Steuerbefreiungsgesetz, LGBl. Nr. 30/1948, von der Grundsteuer befreit sind, sowie für Verbesserungsmaßnahmen in Bauten nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Befreiung von der Grundsteuer gewährt. Nach dem Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle wird die Befreiung auf die Dauer von 20 Jahren für Bauten gewährt, durch die Wohnungen mit höchstens 150 Quadratmeter Nutzfläche geschaffen werden, die zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnungsbedarfes bestimmt sind. Dem Abs. 3 des § 1 leg. cit. zufolge wird die Befreiung auf die Dauer von 20 Jahren jedenfalls gewährt
a) für Bauten, deren Errichtung durch Maßnahmen nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1954, BGBl. Nr. 153, dem Wohnbauförderungsgesetz 1968, BGBl. Nr. 280/1967, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. Nr. 386/1976, aus Mitteln des Landeswohnbaufonds oder des Bundes-Wohn-und-Siedlungsfonds gefördert wurde,
b) für Verbesserungsmaßnahmen, deren Ausführung durch Maßnahmen nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 gefördert wurde.
Das Ausmaß der Befreiung von der Grundsteuer ist zu ermitteln, indem der aus dem Einheitswert des gesamten Steuergegenstandes abgeleitete Grundsteuermeßbetrag um das Ausmaß gekürzt wird, das dem auf die begünstigte Bauführung entfallenden Anteil des Einheitswertes entspricht. Der so verkürzte Grundsteuermeßbetrag ist der Vorschreibung der Grundsteuer zugrunde zulegen (§ 3 TGrStBG 1968). Ob und in welchem Ausmaß die Befreiung von der Grundsteuer gewährt wird, ist mit Bescheid auszusprechen. Das Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen der Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 7/1963, in der jeweils geltenden Fassung (§ 5 Abs. 1 leg. cit.). Gemäß § 5 Abs. 2 TGrStBG 1968 ist bei Änderung der Berechnungsgrundlage nach § 3 während des Befreiungszeitraumes (§ 2 Abs. 2) das Ausmaß der Befreiung neu festzusetzen. Nach § 7 Abs. 3 TGrStBG 1968 tritt das Gesetz vom , LGBl. Nr.. 13/1952, in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 5/1955 und LGB1. Nr. 19/1955 mit Ablauf des außer Kraft; die Bestimmungen des angeführten Gesetzes sind jedoch noch auf alle Bauten anzuwenden, bei denen die Bauführung vor dem beendet wurde. Dem von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten § 7 Abs. 4 TGrStBG 1968 zufolge gelten Befreiungen von der Grundsteuer, die nach den bisher geltenden Bestimmungen gewährt wurden, als auf Grund dieses Gesetzes gewährt. Bei der Neufestsetzung des Ausmaßes dieser Befreiung im Sinne des § 5 Abs. 2 sind die Bestimmungen des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1968 anzuwenden, soweit sie für den Steuerpflichtigen gegenüber der bisherigen Rechtslage günstigere Regelungen enthalten.
Vom Wortlaut der von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Übergangsbestimmung des § 7 Abs. 4 TGrStBG 1968 ausgehend kann nicht zweifelhaft sein, daß der Landesgesetzgeber vermöge der Worte "Befreiungen von der Grundsteuer, die nach den bisher geltenden Bestimmungen gewährt wurden, gelten als auf Grund dieses Gesetzes gewährt" für alle rechtskräftig entschiedenen Anträge nicht die in § 1 Abs. 2 TGrStBG 1968 normierte Befreiungsdauer von 20 Jahren zum Tragen lassen kommen wollte. Die Beendigung des Baues des gegenständlichen Einfamilienhauses der Beschwerdeführer erfolgte unter dem zeitlichen Geltungsbereich des TGrStBG 1952. Im Abgabenrecht gilt der Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben. Die Wirkung einer Gesetzesänderung vermag Sachverhalte, die vor dem Inkrafttreten eines neuen Gesetzes verwirklicht worden sind, nicht zu ergreifen, es sei denn, der Gesetzgeber ordnet die (retroaktive) Rückwirkung auf rechtskräftig abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Fälle ausdrücklich an. Da aber aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 4 TGrStBG 1968 nicht hervorgeht, daß die Bestimmungen des § 1 Abs. 2 leg. cit. rückwirkend gelten sollen, konnten sich die Beschwerdeführer auch nicht mit Recht auf die in dieser Gesetzesstelle normierte Frist von 20 Jahren berufen. Eine solche Rückwirkung ist niemals zu vermuten, da sie eine Ausnahme darstellt. Die Absicht des Gesetzgebers, nicht ohne weiteres die Bestimmungen des TGrStBG 1968 auf Bauten anzuwenden, die während der Geltung des TGrStBG 1952 errichtet worden waren, ergibt sich auch aus dem durch die Novelle 1969 (LGBl. Nr. 19/1970) angefügten zweiten Satz des erwähnten § 7 Abs. 4, der unter bestimmten Voraussetzungen die Anwendung normiert. Im Falle einer allgemein gültigen Rückwirkung wäre der Satz nur als Ausnahme sinnvoll, ein Umstand, der vom Gesetzgeber wohl durch ein "nur" etc. hätte zum Ausdruck gebracht werden müssen.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt.
Der Gerichtshof konnte jedoch auch nicht finden, daß der belangten Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Last gefallen wäre.
Da sich somit die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet erweist, war sie gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung der Novelle, BGBl. Nr. 316/1976, abzuweisen.
Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AbgRallg GrStBefrG Tir 1968 §7 idF 1970/019 1973/103 1977/012 |
Sammlungsnummer | VwSlg 5260 F/1978; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1978:1977002740.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
EAAAF-58919