VwGH 05.12.1951, 2691/50
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | |
RS 1 | Vereinbaren mehrere Miterben bei der Erbteilung, daß eine Nachlaßliegenschaft zwischen einigen Erben geteilt, die anderen Erben mit Geldforderungen gegen die die Liegenschaftsanteile übernehmenden Erben abgefunden und diese Forderungen auf den Liegenschaftsanteilen pfandrechtlich sichergestellt werden, so bleibt die Bestellung des Pfandrechtes als Nebengeschäft zu dem grundsätzlichen der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erbteilungsübereinkommen gebührenfrei. Das gilt auch dann, wenn das Erbteilungsübereinkommen auf Grund einer Sonderbestimmung von der Grunderwerbsteuer befreit ist (Hinweis E , 386/47, VwSlg 29 F/1948; E , 413/47, VwSlg 35 F/1948; E , 1526/49 VwSlg 238 F/1950). * E , 2691/50 #1 VwSlg 503 F/1951 |
Entscheidungstext
Beachte
y27634;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Präsidenten Dr. Heiterer-Schaller als Vorsitzenden und die Räte Dr. Ondraczek, Dr. Wasniczek, Dr. Porias und Dr. Schirmer als Richter, im Beisein des Finanzkommissärs Dr.Hückel als Schriftführer, über die Beschwerde der K S in B und des R S in W gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GA VIII - 1200 - 1950, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr von einer Hypothekarverschreibung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Gesetzwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die am verstorbene K hatte ihre Nichte P S zur Alleinerbin eingesetzt, jedoch durch eine fidelkommissarische Substitution zu Gunsten der Kinder dieser Erbin beschränkt. Am starb die Vorerbin; sie hinterließ zwei Kinder - die beiden Beschwerdeführer - und nach einer verstorbenen Tochter, B P, zwei Enkel, nämlich Dr. H H und den seit dem zweiten Weltkrieg vermissten V Zum. Substitutionsnachlaß nach K gaben die beiden Beschwerdeführer zu je einem Drittel, die beiden Enkel zu je einem Sechstel die Erbserklärung, wobei der vermisste V durch Oberstleutnant R K als Kurator vertreten war. Der Substitutionsnachlaß bestand aus Liegenschaften, deren Wert bei der Inventur des Nachlasses mit 68.856 S festgestellt wurde. Nach Abzug der Zeichenkosten von 1.328 S ergab sich ein reiner Nachlaß von 67.527 S. Auf dieser Grundlage wurde von den erbserklärten Erben der Wert der Erbanteile der Dr. H H und des V mit je 11.254 S ermittelt. In dem gleichen Protokoll, in dem die Abgabe der Erbserklärungen und die Ermittlung des Nachlasses und der Erbteile enthalten sind, wurde auch ein von den Erben bezw. ihren Machthabern und vom Kurator des Vermissten unterschriebenes Erbteilungsübereinkommen beurkundet, demzufolge die beiden Beschwerdeführer den ganzen Nachlaß zu gleichen Teilen in ihr Eigentum übernahmen und sich verpflichteten die Nachlaßschulden zu bezahlen. Sie verpflichteten sich ferner, an die beiden übrigen Miterben zur Berichtigung der Erbteile einen baren Betrag non je 11.255 S zu berichtigen. Zur Sicherstellung der so festgestellten Erbteilsforderung des V verpfändeten die beiden Beschwerdeführer eine Liegenschaft und erteilten sie die Einwilligung zur grundbücherlichen Einverleibung des Pfandrechtes. Das Bezirksgericht Baden genehmigte als Abhandlungsgericht mit Beschluss vom u.a. das Erbteilungsübereinkommen in Ansehung des verschollenen V pflegschaftsbehördlich und erließ am gleichen Tage die Einantwortungsurkunde, in der den beiden Beschwerdeführern je zu einem Drittel und der Dr. H und dem V zu je einem Sechstel der Substitutionsnachlaß eingeantwortet wurde. In dieser Urkunde wurde auch ausgesprochen, daß auf Grund des Abhandlungsergebnisses und des Erbteilungsübereinkommens die grundbücherliche Einverleibung des gleichteiligen Eigentumsrechtes für die beiden Beschwerdeführer und des Pfandrechtes für die Erbteilsforderung des V samt Nebengebühren vorzunehmen sein werde.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien hat mit Bescheid vom den Beschwerdeführern neben der Erbschaftsteuer und der Grunderwerbsteuer - wobei es für die Veranlagung zur Grunderwerbsteuer nur eine einfache Übertragung der Nachlaßliegenschaften je zur Hälfte an die beiden Beschwerdeführer annahm - unter Berufung auf § 33 Tarifpost 18 des Gebührengesetzes 1946, BGBl.Nr. 184/1946, (GG.) für die „Einverleibung des Pfandrechtes für die Erbteilsforderung des V“ eine 1%ige Gebühr aus der Bemessungsgrundlage von 12.555 S (Erbteilsforderung samt der Nebengebührensicherstellung von 1300 S) vorgeschrieben.
Gegen die Vorschreibung dieser Gebühr legten die Beschwerdeführer Berufung ein, in der sie ausführten, es handle sich bei der Verpfändung der Liegenschaft um ein gebührenfreies Nebengeschäft gemäß § 19 Abs. 2 GG. Die Erben hätten nicht Geldforderungen geerbt, sondern sie seien auf Grund des Erbrechtes zu Miteigentümern der Nachlaßliegenschaft geworden. Im Erbteilungsübereinkommen hätten nun die Beschwerdeführer den Liegenschaftsanteil, der dem Vermissten zugefallen war, erworben und sich dafür zur Auszahlung eines Betrages von 11.255 S verpflichtet und für diese Schuld die Liegenschaft verpfändet. Die Verpfändung sei in derselben Urkunde niedergelegt worden wie das Rechtsgeschäft über die Erwerbung des Liegenschaftsanteiles; das Verpfändungsgeschäft sei zwischen denselben Personen abgeschlossen worden wie das Hauptgeschäft. Nachdem zunächst das Finanzamt die Berufung mit Einspruchsbescheid abgewiesen hatte und die Beschwerdeführer daraufhin die Entscheidung der Finanzlandesdirektion begehrt hatten, wies die Finanzlandesdirektion mit Berufungsentscheidung vom die Berufung gleichfalls als unbegründet ab. In der Begründung führte sie aus, daß die Verlassenschaft als eine besondere Vermögenseinheit aufzufassen sei, die von der Summe der Bestandteile zu unterscheiden sei. Das Erbrecht als Recht, die Verlassenschaft in Besitz zu nehmen, könne nicht als Eigentum an den einzelnen Nachlaßgegenständen angesehen werden. Mit der Abgabe der Erbserklärung erwerbe der Erbe nicht Miteigentumsanteile am Nachlaßvermögen; sonst würde es der Einantwortung nicht bedürfen. Vor der Einantwortung habe der Erbe gemäß § 810 ABGB. nur ein Verwaltungsrecht. Die Erben hätten daher zur Zeit des Erbteilungsübereinkommens keine Miteigentumsanteile übereignen können. Auch mehrere Erben könnten vor der Einantwortung nur als eine einheitliche Person auftreten und nur eine gemeinsame Willensbetätigung hinsichtlich der Verwaltung des Nachlaßvermögens entfalten. Die im Übereinkommen getroffene Aufteilung des Nachlaßvermögens könne daher keine neuen Rechtsverhältnisse schaffen, sondern diene lediglich zur Vorbereitung der Einantwortung. Was ein Erbe aus dem Erbübereinkommen erhalte, entspringe und entspreche seinem anteilsmäßigen Erbrecht. Wenn ein Erbe in Erfüllung seines Erbrechtes eine Forderung gegen die anderen Miterben erlange, dann gründe sich die Forderung ebenfalls auf das Erbrecht. Die Pfandrechtsbestellung könne daher nicht als Nebenverabredung zur Sicherung des Hauptgeschäftes angesehen werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die streitige Gebühr ist - woran auch die unrichtige Bezeichnung ihres Gegenstandes als „Einverleibung des Pfandrechtes“ im Steuerbescheid nichts ändern kann - eine Rechtsgeschäftsgebühr von einer „Hypothekarverschreibung“, „wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wird“. Gemäß § 33 Tarifpost 18 GG beträgt die Gebühr 1% vom Werte Verbindlichkeit, für die die Hypothek eingeräumt wird. Daß eine solche Hypothekarverschreibung vorliegt, wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Sie behaupten jedoch, die Hypothekarvorschreibung sei gemäß § 19 Abs. 2 GG. gebührenfrei. Nach der genannten Gesetzesstelle ist dann, wenn in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, „abgeschlossen“ werden, die Gebühr für jedes einzelne Rechtsgeschäft gesondert zu entrichten. Dies gilt aber nicht für die in der Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung und Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte und Nebenverabredungen, „gleichgültig, ob das Hauptgeschäft nach diesem Gesetze oder einem Verkehrsteuergesetz einer Gebühr oder Verkehrsteuer unterliegt“. Grundsätzlich sind nach dieser Gesetzesstelle mehrere in einer Urkunde niedergelegte Rechtsgeschäfte selbständig gebührenpflichtig, sofern sie an sich nach den Tarifvorschriften des § 33 GG. überhaupt einer Gebühr unterliegen. Eine Ausnahme besteht aber für die Sicherungs- oder Erfüllungshilfsgeschäfte, wenn sie in der Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen den Vertragsteilen des Hauptgeschäftes abgeschlossen werden. Dabei soll es gleichgültig sein, ob das Hauptgeschäft einer Gebühr nach dem GG. oder einer Verkehrsteuer nach einem Verkehrsteuergesetz unterliegt. Die grundsätzliche Regelung (gebührenrechtliche Selbständigkeit der mehreren Geschäfte) und die Ausnahmebestimmung zu Gunsten der Sicherungs- und Erfüllungshilfsgeschäfte müssen in ihrem Zusammenhang betrachtet werden. Diese Betrachtung das genannten Absatzes 2 in seinem inneren Zusammenhang führt zu dem Ergebnis, das der Verwaltungsgerichtshof auch in seinen Erkenntnissen Slg.N.F.Nr. 29 (F) und 35 (F)/1947 niedergelegt hat, da Gebührenfreiheit von Hypothekarverschreibungen dann begründet ist, wenn das Hauptgeschäft, zu dessen Sicherung die Hypothekarverschreibung dienen soll, zu den Rechtsgeschäften gehört, die im Tarif des § 33 GG. ausdrücklich für gebührenpflichtig erklärt werden, oder wem es zwar nicht einer Gebühr nach dem GG., wohl aber einer Verkehrsteuer nach einem Verkehrsteuergesetz unterliegt.
Das Vorliegen eines solchen gebühren- oder verkehrsteuerpflichtigen Hauptgeschäftes - nämlich des Erbteilungsübereinkommens - wird von den Beschwerdeführern behauptet, von der belangten Behörde damit bestritten, daß Liegenschaftsanteile den einzelnen Erben unmittelbar auf Grund Erbganges zugefallen seien. Dieser Auffassung der belangten Behörde kann der Verwaltungsgerichtshof nicht folgen. Wenn es auch richtig ist, daß die Erben bis zur Einantwortung eine Gemeinschaft zur ungeteilten Hand bilden, so daß ohne Einwilligung des Abhandlungsgerichtes keiner der Miterben eine zum Nachlaß gehörige Sache in sein Alleineigentum überführen kann, so ist doch dem österreichischen Recht die Einrichtung einer ungeteilten Erbengemeinschaft nach der Einantwortung fremd. Auf Grund der Einantwortung allein könnten daher die Erben an den Nachlaßgegenständen nur quotenmässiges Miteigentum nach Verhältnis ihrer Erbteile erlangen. Soll von dieser Verteilung des Nachlasses an die Eben zu anteilsmässigen Miteigentum abgewichen werden, dann bedarf es dazu einer besonderen Vereinbarung zwischen den Erben, also eines Rechtsgeschäftes. Eine solche Vereinbarung kann mit abhandlungsbehördlicher Genehmigung auch schon vor der Einantwortung, sie kann aber auch nach der Einantwortung getroffen werden. Ebenso können die Erben vereinbaren, daß mit Wirksamkeit von der Einantwortung an eine andere Verteilung des Nachlaßvermögens einzutreten hat, als sich nach dem Verhältnis der Erbteile ergibt. Eine solche Vereinbarung, deren Wirksamkeit erst auf den Zeitpunkt der Einantwortung abgestellt ist, bedarf keiner abhandlungsbehördlichen Genehmigung.
Im vorliegenden Fall wäre auf Grund Erbrechtes ein Sechstel der Nachlaßliegenschaften dem V ins Eigentum zugefallen. Wenn dieser Miterbe durch seinen Kurator sich mit der Überlassung dieses Liegenschaftsanteiles an die beiden Beschwerdeführer einverstanden erklärt und sich dafür die Bezahlung eines Barbetrages ausbedungen hat, so liegt darin ein selbständiges Rechtsgeschäft, durch das die auf Grund der Erbfolge sich ergebende Eigentumsverteilung am Grundbesitz geändert werden soll. Wenn in der Niederschrift über dieses Übereinkommen auch die für die Überlassung des Liegenschaftsanteiles ausbedungene Gegenleistung sichergestellt wird, so liegt darin ein Hilfsgeschäft zur Sicherung des Hauptgeschäftes, das dann keinen Gegenstand einer besonderen Gebühr bildet, wenn das Hauptgeschäft als solches grundsätzlich einer Gebühr oder einer Verkehrsteuer unterliegt.
Da mit dem Hauptgeschäft die Beschwerdeführer einen Liegenschaftsanteil erworben haben, der ihnen nicht schon auf Grund ihrer Stellung als Erben gebührte, fällt dieses Hauptgeschäft unter die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (vom , DRGBl. I S. 585) in der Fassung des § 21 Abs. 1 Z. 1 dieses Gesetzes. Denn nach dieser Gesetzesstelle unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet. Daß auch Rechtsgeschäfte im Zuge der Auseinandersetzung einer Verlassenschaft oder im Zuge der Entfertigung von Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich der Grunderwerbsteuer unterliegen, hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis Slg.N.F.Nr.238 (F)/1950 ausgesprochen, gemäß Art. 19 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl.Nr. 77/1946 wird auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen. Ist aber das genannte Erbteilungsübereinkommen ein Rechtsgeschäft, das grundsätzlich der Grunderwerbsteuer unterliegt, dann entfällt damit auch die Gebührenpflicht der vorliegenden Hypothekarverschreibung, weil diese sich nur als ein Hilfsgeschäft zur Sicherung einer im Hauptgeschäft übernommenen Verpflichtung darstellt und die Grunderwerbsteuer eine Verkehrsteuer ist. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob im vorliegenden Falle von dem Erbteilungsübereinkommen eine Grunderwerbsteuer vorzuschreiben ist oder ob dieses allenfalls auf Grund einer Sonderbestimmung von der Grunderwerbsteuer befreit ist.
Die Ausführungen der Gegenschrift, daß das Erbteilungsübereinkommen ein Rechtsgeschäft der Erben sei, weil es nicht abhandlungsbehördlich, sondern bloß pflegschaftsbehördlich genehmigt wurde, können demgegenüber nicht durchdringen. Das vorliegende Übereinkommen kann nur unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden. Entweder sollte das Übereinkommen sofort, also noch vor der Einantwortung wirksam sein, dann bedurfte es der abhandlungsbehördlichen Genehmigung. Nach der Aktenlage deutet aber nichts darauf hin, eine solche Vorwirkung beabsichtigt war. Oder das Übereinkommen sollte erst gleichzeitig mit der Einantwortung wirksam werden: dann bedurfte es einer solchen Genehmigung des Abhandlungsgerichtes nicht. Eine dritte Möglichkeit, daß nämlich das Erbteilungsübereinkommen erst nach der Einantwortung geschlossen wurde, scheidet nach der Aktenlage aus.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit seinem Inhalte nach als gesetzwidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs.2 lit. a des VwGG., StGBl.Nr.208/1945, aufzuheben war.
Wien,
Zusatzinformationen
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Norm | |
Sammlungsnummer | VwSlg 503 F/1951 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1951:1950002691.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-58880