VwGH 07.05.1979, 2690/78
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Beachte
Vorgeschichte:
0402/75 E ;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Drexler und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Gaismayer, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom , Zl. 6-2360/14/77, betreffend Umsatzsteuer 1969 bis 1971 der mitbeteiligten Partei Dkfm. WK in W, vertreten durch Dr. Paul Bachmann, Rechtsanwalt in Wien I, Opernring 8, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 2.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Mitbeteiligte ist Alleininhaber der protokollierten Firma K. & Co und betreibt den Handel und die Vermittlung von Gießerei-, Hütten- und Industriebedarf. Im Zuge einer die Streitjahre umfassenden Betriebsprüfung wurde vom Prüfer festgestellt, daß der Mitbeteiligte von den Tschechoslowakischen Staatsbahnen (kurz: CSD) für Transporte von Quarzsand von der Qu.GesmbH in Köln und Stampfmasse von der E.GesmbH, Eisenberg/Pfalz, auf bestimmten Strecken in der CSSR zwischen den Staatsgrenzen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich nach Bahnhöfen in Österreich Vergütungen (Refaktien) erhalte. Grundlage dieser Vergütungen sei eine Vereinbarung zwischen dem Unternehmen des Mitbeteiligten und der Generalvertretung der CSD in Österreich. Die Höhe der Refaktien richte sich nach der in den Verrechnungszeiträumen (1. Februar bis 31. Jänner) transportierten Gesamttonnage an Quarzsand und Stampfmasse. Einen Teil der Vergütungen gebe der Mitbeteiligte an die deutsche Lieferfirma Qu. GesmbH, Köln, weiter. Den ihm verbleibenden Rest unterwerfe er jeweils der Umsatzsteuer. Der Prüfer unterzog auch die an die Qu.GesmbH weitergegebenen Refaktienanteile der Umsatzsteuer, weil seiner Ansicht nach aus den vorgelegten Verträgen hervorgehe, daß nur Rechtsbeziehungen zwischen den CSD und dem Mitbeteiligten bestanden hätten. Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ die entsprechenden Bescheide.
Die gegen diese Bescheide vom Mitbeteiligten fristgerecht erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom , GA 6-2355/3/1973, als unbegründet ab. Diesen Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 402/75, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird hinsichtlich des gesamten bis dahin stattgefundenen Verfahrensablaufes auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen.
Im fortgesetzten Verfahren legte der Mitbeteiligte über Ersuchen der belangten Behörde Photokopien der bezüglich der Refaktiengewährung geführten Korrespondenz mit der Qu.GesmbH, Köln, aus dem Jahre 1966 sowie entsprechende Aktenvermerke des Sachbearbeiters dieser Gesellschaft vor. Im Zuge des Vorhaltsverfahrens teilte die deutsche GesmbH mit, daß die gesamten, aus der Verfrachtung des Quarzsandes stammenden Refaktien vom Mitbeteiligten auf ein auf die Qu.GesmbH, Köln, lautendes Sparbuch eingezahlt würden. Die Errechnung des Anteiles des Mitbeteiligten an den Refaktien sei immer durch die Qu.GesmbH erfolgt und der Mitbeteiligte habe erst nach Weisung derselben seinen Anteil, der ihm für die Beschaffung der Frachtpapiere, die Anfertigung von Zusammenstellungen und die Einreichungen bei den CSD gewährt worden sei, beheben können. Daraus gehe nach Ansicht der Qu.GesmbH eindeutig hervor, daß der Mitbeteiligte hinsichtlich jener Refaktien, die für den Transport des Quarzsandes gegeben würden, nicht im eigenen Namen, sondern im Namen und auf Rechnung der Qu.GesmbH gehandelt habe. Eine Aufstellung der gesamten diesbezüglichen Korrespondenz, der Sparbücher und der Anteile des Mitbeteiligten war diesen Ausführungen der Qu.GesmbH angeschlossen worden.
Hinsichtlich jener Refaktien, welche für den Transport der Stampfmasse über tschechoslowakisches Gebiet gewährt wurden und die der Mitbeteiligte stets der Umsatzsteuer unterworfen hat, teilte dieser mit, daß die Menge der transportierten Stampfmasse nie jenen Umfang erreicht habe, für welchen die CSD Refaktien gegeben hätte, weshalb die E.GesmbH solche auch nicht habe erhalten können. Der Beschwerdeführer selbst hätte daher Refaktien im Hinblick auf das genannte Gut nur erhalten können, wenn dieses in die Vereinbarung über die Quarzsandtransporte einbezogen worden wäre. Dies sei ihm auf Grund von Verhandlungen, die er im eigenen Namen mit den CSD geführt habe, gelungen. Diesen Teil der Refaktien habe er daher im eigenen Namen und auf eigene Rechnung angesprochen und auch erhalten, weshalb er für dieses Entgelt auch stets Umsatzsteuer entrichtet habe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten Folge gegeben. In der Begründung wird nach einer umfangreichen Darstellung des Sachverhaltes im wesentlichen folgendes ausgeführt:
Der Beschwerdeführer habe im fortgesetzten Verfahren durch Vorlage der Korrespondenz mit der Qu.GesmbH, Köln, diversen Aktennotizen und Erklärungen derselben den Nachweis zu erbringen vermocht, daß er nur die Inkassostelle der deutschen GesmbH für die strittigen Refaktien gewesen sei. Weiters habe er nachweisen können, daß er nur deshalb als Vertragspartner der CSD anstelle der Qu.GesmbH fungiert habe, weil aus politischen und devisenrechtlichen Gründen seinerzeit der Abschluß eines Refaktienvertrages zwischen den CSD und der in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Qu. GesmbH nicht möglich gewesen sei. Aus den nunmehr vorliegenden Unterlagen gehe einwandfrei hervor, daß der Mitbeteiligte auf die Art der Verfrachtung der Quarzsande und auf den gewählten Transportweg keinerlei Einfluß habe nehmen können und tatsächlich auch nicht genommen habe.
Daß der Mitbeteiligte gegenüber den CSD Leistungen erbracht hätte, die über die "Mitwirkungen" hinausgingen, die vom Verwaltungsgerichtshof nicht als Leistungen im Sinne des Umsatzsteuerrechtes gewertet worden seien, habe nicht festgestellt werden können. Es liege somit hinsichtlich der strittigen Refaktien kein Leistungsaustausch zwischen dem Mitbeteiligten und den CSD vor.
Zu einem Leistungsaustausch komme es lediglich zwischen dem Mitbeteiligten und der Qu.GesmbH, weil er von dieser beauftragt worden sei, die für die Erlangung der Refaktien nötigen Unterlagen in Österreich zu sammeln, zu sichten und bei den CSD zwecks Auszahlung der Refaktien einzureichen. Hiefür sei ihm im nachhinein, d.h. nach erfolgter Auszahlung der Refaktien und deren Hinterlegung auf Sparbücher der Qu.GesmbH ein zwischen 9 und 30 % schwankender Anteil seitens der GesmbH zugestanden worden.
Refaktien würden seitens der CSD nur dann gewährt, wenn neben der vereinbarten Mindesttonnage den CSD die Frachtbriefe, die auf den Namen des Versenders bzw. auf die Empfänger lauteten und eine Abtretungserklärung des Frachtzahlers - dies seien im vorliegenden Fall die inländischen Frachtempfänger - vorgelegt würden. Das Anrecht auf die Refaktien stünde somit grundsätzlich nicht dem Mitbeteiligten, sondern den Frachtzahlern bzw. dem Versender zu. Damit sei aber für jedermann erkennbar, daß der Mitbeteiligte im fremden Namen und für fremde Rechnung handle. Dazu komme noch, daß den CSD, wie aus der Korrespondenz ersichtlich sei, von Anfang an klar war, daß der Mitbeteiligte hinsichtlich der strittigen Refaktien für Quarzsandtransporte nur als Inkassant (Erfüllungsgehilfe) der Qu. GesmbH in Köln fungiere. Die gesamten auf Grund der Quarzsandtransporte erhaltenen Beträge stellten daher beim Mitbeteiligten durchlaufende Posten gemäß § 5 Abs. 7 UStG 1959 dar und zählten somit nicht zum Entgelt. Lediglich die Beträge, die der Mitbeteiligte von der deutschen GesmbH für seine mit der Sammlung und Einreichung der nötigen Unterlagen erbrachte Leistung erhalten habe, stellten bei ihm Entgelte im Sinne des § 5 Abs. 1 leg. cit. dar und unterlägen daher der Umsatzsteuer. Da diese Entgelte jedoch vom Mitbeteiligten ohnehin stets der Umsatzsteuer unterzogen worden wären, sei der Berufung stattzugeben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gemäß § 292 BAO erhobene Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion, in welcher Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Strittig ist allein die Frage, ob jener Teil der von den CSD in den Streitjahren an den Mitbeteiligten gezahlten Refaktien, welche unbestrittenermaßen von ihm an die Qu.GesmbH weitergegeben wurden, bei dem Mitbeteiligten der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind oder nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem Erkenntnis vom , Zl. 402/75, ausgesprochen, daß für die Beantwortung dieser Frage die Feststellung von entscheidender Bedeutung sei, für welche konkreten Leistungen gegenüber den CSD der Beschwerdeführer von dieser die strittigen Refaktien erhalten habe, da für die Umsatzbesteuerung nur entgeltliche Leistungen in Betracht kämen. Jede steuerbare Leistung setze demnach einen Leistungsaustausch voraus, was bedeute, daß der Leistung des Unternehmers eine mit ihr zusammenhängende Gegenleistung seitens des Leistungsempfängers gegenüberstehen müsse (vgl. Strack "Umsatzsteuer", Seite 45 ff). Der Gerichtshof hat ferner dargelegt, daß die belangte Behörde in der mit dem genannten Erkenntnis aufgehobenen Berufungsentscheidung vom nur ganz allgemein von "gewissen Leistungen" spreche, welche der Mitbeteiligte nach ihrer Meinung zur Erlangung der Refaktien erbringe. Sie sehe diese in einer Mitwirkung bei der "Leitung von Transporten über das Netz der CSD" sowie in der Vorlage von Unterlagen an die CSD zum Zwecke der Auszahlung der gegenständlichen Vergütungen. Daß jedoch in diesen Umständen eine den CSD gegenüber erbrachte Leistung gelegen wäre, sei nicht schlüssig; denn weder habe die belangte Behörde festgestellt, worin die sogenannte "Mitwirkung" an der Leitung der Transporte gelegen wäre, noch könne der Gerichtshof der Meinung der belangten Behörde folgen, daß in der Sammlung und späteren Vorlage der Frachtgutunterlagen an die CSD zum Zwecke der Berechnung der Refaktien eine sonstige Leistung gelegen wäre, zumal die Gewährung der Refaktien in Abhängigkeit zu der transportierten Menge eher gegen die Auffassung der belangten Behörde spreche, daß mit der Refaktiengewährung eine Leistung des Mitbeteiligten gegenüber den CSD entlohnt werden solle.
Wenn nun die belangte Behörde auf Grund der Ergebnisse des fortgesetzten Verfahrens zu der Auffassung gelangte, daß die strittigen Refaktien kein umsatzsteuerbares Entgelt darstellten, weil zwischen den Tschechoslowakischen Staatsbahnen und dem Mitbeteiligten im gegenständlichen Zusammenhang ein Leistungsaustausch nicht vorliege, so ist ihr nach Ansicht des Gerichtshofes beizustimmen; denn wie sich - worauf die belangte Behörde richtig hinweist - aus dem nunmehr in Photokopie vorgelegten Unterlagen eindeutig ergibt, war es allen Beteiligten klar, daß bezüglich der gegenständlichen Refaktien grundsätzlich die Qu.GesmbH "anspruchsberechtigt" war, welche ja bereits 1966 mit den diesbezüglichen Prager Stellen in Verbindung trat, um für ihre Quarzsandtransporte über das Eisenbahnnetz der CSSR solche Vergütungen zu erlangen, und den Mitbeteiligten überhaupt erst dann in die bereits laufenden Verhandlungen einschaltete, als seitens der tschechoslowakischen Behörden dargetan wurde, daß es für sie zwar unmöglich sei, Refaktien aus der CSSR nach Deutschland, daß es aber durchaus im Bereich der Möglichkeit liege, solche nach Österreich zu bezahlen.
Mit Recht vertritt die belangte Behörde auf Grund dieses Sachverhaltes die Ansicht, die Funktion des Mitbeteiligten sei wirtschaftlich gesehen nur die eines Inkassanten der Qu.GesmbH gewesen. Diese Auffassung wird im übrigen auch dadurch bestätigt, daß die strittigen Refaktien vom Mitbeteiligten jeweils nach ihrem Eingang bei ihm auf ein Sparbuch der Qu.GesmbH eingelegt werden mußten und diese sodann bestimmte, welchen Teil der Refaktien der Mitbeteiligte für seine im Interesse der deutschen GesmbH getätigten diesbezüglichen Arbeiten, wie Sammlung der Frachtunterlagen, Einreichung derselben bei den CSD usw., jeweils erhalten sollte. Daß der Mitbeteiligte von diesen ihm für seine Leistungen gegenüber der Qu.GesmbH zugekommenen Beträge stets die Umsatzsteuer entrichtete, ist unbestritten.
Bei diesem Sachverhalt, welchen auch der beschwerdeführende Präsident nicht in schlüssiger Weise in Abrede stellt, ist der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie der Ansicht ist, daß im Zusammenhang mit den strittigen Refaktien zwar ein Leistungsaustausch zwischen dem Mitbeteiligten und der Qu.GesmbH vorliegt, für welche er Arbeiten zum Zwecke der Erlangung der Vergütungen durch die deutsche Gesellschaft, welche bestimmte Mengen Quarzsand über das Bahnnetz der CSD befördern läßt, leistet, daß aber ein Leistungsaustausch zwischen dem Mitbeteiligten, der weder Frachtzahler ist, noch einen erkennbaren Einfluß darauf ausübt, ob die Qu.GesmbH ihre Güter über das Staatsgebiet der CSSR transportieren oder nicht, einerseits und den CSD andererseits nicht gegeben ist. Der beschwerdeführende Präsident stellt zwar die Behauptung auf, daß der Mitbeteiligte "gewisse Aquisitionsleistungen" gegenüber den CSD erbringe, wofür die Refaktien das entsprechende Entgelt - von welchem allerdings der weitaus größte Teil, soweit sich die Vergütungen auf die Quarzsandtransporte beziehen, an die Qu.GesmbH gehen - darstellten, er vermag jedoch offenbar nicht, diese angeblichen Leistungen näher zu umschreiben bzw. auf Grund des festgestellten Sachverhaltes eindeutig darzulegen, worin denn konkret diese Leistungen bestehen sollen.
Da die belangte Behörde nach Ansicht des Gerichtshofes im Hinblick auf den ermittelten Sachverhalt davon ausgehen durfte, daß die strittigen Refaktien kein Entgelt der CSD für irgendwelche von dem Mitbeteiligten gegenüber den Tschechoslowakischen Staatsbahnen erbrachten Leistungen darstellen und im vorliegenden Zusammenhang kein Leistungsaustausch zwischen den CSD und dem Mitbeteiligten besteht, dieser vielmehr hinsichtlich der gegenständlichen Vergütungen nur als Inkassant der Qu.GesmbH fungierte, ist sie zu Recht zu dem Schluß gekommen, daß die strittigen Beträge schon aus diesem Grund beim Mitbeteiligten nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.
Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erwies, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 542/1977. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil die Eingabengebühr für die 1978 eingebrachten Ausfertigungen der Gegenschrift für die Eingabe als solche und nicht pro Bogen mit S 70,-- zu entrichten war.
Wien, am
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Norm | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1979:1978002690.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAF-58879