Suchen Hilfe
VwGH 10.03.1952, 2690/51

VwGH 10.03.1952, 2690/51

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
VStG §51 Abs4;
RS 1
Durch den Verzicht auf die Berufung gegen ein Straferkenntnis wird dieses rechtskräftig. Eine gnadenweise Nachsicht, Umwandlung oder Milderung der Strafe gemäß § 51 Abs. 4 VStG ist in diesem Fall nicht mehr möglich.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsidenten Ehrhart und die Räte Dr. Höslinger, Dr. Borotha, Dr. Vejborny und Dr. Hrdlitzka als Richter, im Beisein des Landesregierungsrates Dr. Riemer als Schriftführer, über die Beschwerde des KA in W gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, mittelbare Bundesverwaltung, vom , Zl. M.Abt. 70 - XII/771/51, betreffend Übertretung der Kraftfahrverordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem Straferkenntnis des Bezirkspolizeikommissariates Schmelz der Bundespolizeidirektion Wien vom , Pst 3041/51, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 17 KVG eine Arreststrafe von 7 Tagen und außerdem eine Geldstrafe von 50,-- S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe von 3 Tagen verhängt, weil er am um 23 Uhr 30 Min. in Wien XV., Pelzgasse 20, in einem durch geistige Getränke beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug in Betrieb genommen hatte und mit dem Kraftfahrzeug bis Wien XV., Vogelweidplatz gefahren sei; ferner sei zur selben Zeit das Kraftfahrzeug gänzlich unbeleuchtet gewesen. Beschwerdeführer habe dadurch zwei Übertretungen nach §§ 99/5 und 94/1 Kraftfahrverordnung begangen. Dieses Straferkenntnis wurde im Anschluss an eine mündliche Verhandlung gefällt und sofort mündlich verkündet. Wie aus Punkt 10 der Strafverhandlungsschrift hervorgeht, verzichtete der Beschwerdeführer nach der Verkündung des Erkenntnisses ausdrücklich auf die Berufung. Trotzdem brachte der Beschwerdeführer noch binnen einer Woche nach Verkündung eine schriftliche Berufung ein. Außer den meritorischen Berufungsausführungen enthielt diese Berufung noch ein Ansuchen gemäß § 51 Abs. 4 VStG um Nachsicht oder Minderung der Strafe sowie ein Gesuch um Strafaufschub.

Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung sowie das mit ihr verbundene Ansuchen um Strafnachsicht und Milderung der Strafe gemäß § 64 Abs. 4 AVG bzw. § 51 Abs. 4 VStG als unzulässig zurück. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer wegen Gesetzwidrigkeit des Inhaltes und wegen Gesetzwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erhoben.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hat bereits in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt, dass er den Verzicht auf das Rechtsmittel nur deshalb und zögernd abgegeben habe, weil der Polizeirichter ihm den sofortigen Vollzug der Arreststrafe in Aussicht gestellt habe. Im Interesse seines Geschäftsbetriebes hätte er, nur um einen Strafaufschub zu bekommen, seine Bedenken gegen die allzu harte Bestrafung fallen lassen müssen. Tatsächlich geht aus Punkt 10 der Strafverhandlungsvorschrift hervor, dass dem Beschwerdeführer ein Zeitraum von 3 Wochen zum Antritt der Arreststrafe sowie zur Bezahlung der Geldstrafe gewährt wurde. Der Beschwerdeführer beruft sich also darauf, dass er im Interesse eines Strafaufschubes auf die Berufung verzichtet habe. Dieser Tatbestand kann aber nicht dahin gedeutet werden, dass der Beschwerdeführer bei Abgabe seines Rechtsmittelverzichtes seiner freien Entschlusskraft beraubt gewesen wäre. Das Motiv des Beschwerdeführers, dass er nämlich im Zeitpunkt der Verkündung des Erkenntnisses die sofortige Erteilung eines Strafaufschubes einer ihm damals vermutlich wenig aussichtsreich erscheinenden Berufung vorgezogen hat, vermag den Rechtsmittelverzicht noch nicht rechtsunwirksam zu machen. Dass aber der Beschwerdeführer seines freien Willens beraubt gewesen wäre, hat er selbst nicht behauptet. Der Beschwerdeführer behauptet nun weiters, dass ein Verzicht auf die Berufung nicht auch einen Verzicht auf das Recht des Ansuchens um gnadenweise Strafumwandlung im Sinne des § 51 Abs. 4 VStG beinhalte. Auch in diesem Punkt vermag der Gerichtshof dem Beschwerdeführer nicht recht zu geben. Es steht außer Zweifel, dass durch den Rechtsmittelverzicht das Straferkenntnis als Ganzes, also auch einschließlich der Höhe der verhängten Strafe in Rechtskraft erwachsen ist. Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers würde nun dahin führen, dass es der Behörde im Verwaltungsstrafverfahren möglich wäre, auch rechtskräftig verhängte Strafen nachzusehen, umzuwandeln oder zu mildern. Gerade diese Möglichkeit ist aber im Verwaltungsstrafverfahren mit Ausnahme der Sonderbestimmung des § 56 Abs. 4 VStG deshalb ausgeschlossen, weil § 68 Abs. 2 AVG gemäß § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren nicht anwendbar ist. Ein Gnadenrecht ist also der Verwaltungsbehörde im Verwaltungsstrafverfahren, ausgenommen den bereits erwähnten Fall des § 56 Abs. 4 VStG, nur im Zuge eines Berufungsverfahrens eingeräumt (vgl. die bei Mannlicher "Das Verwaltungsverfahren" 1951 S. 664, Z.51, 18 a und b erwähnte hg. Judikatur). Überdies behandelt auch das VStG an anderer Stelle (§ 49 Abs. 2 VStG) einen Einspruch gegen eine Strafverfügung, welcher sich ausdrücklich nur gegen das Ausmaß der auferlegten Strafe oder die Kostenentscheidung richtet, als Berufung. Auch die Behauptung des Beschwerdeführers, dass sein Ansuchen innerhalb der Berufungsfrist erfolgt sei, kann nicht richtig sein, weil ja, wie erwähnt, das Straferkenntnis erster Instanz bereits im vollen Umfang in Rechtskraft erwachsen war und der Eintritt der Rechtskraft eines Bescheides die Möglichkeit einer noch offenen Berufungsfrist ausschließt.

Da sich also die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
VStG §51 Abs4;
Sammlungsnummer
VwSlg 2471 A/1952
Schlagworte
Strafmilderungsrecht
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1952:1951002690.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAF-58878