VwGH 29.10.1980, 2678/79
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Unter Formgebrechen iSd § 85 Abs 2 BAO können nur solche verstanden werden, die aus der Eingabe als solche erkennbar sind. Die unrichtige Bezeichnung des Einschreiters ist kein derartiges Formgebrechen und kann daher auch nicht gem § 85 Abs 2 BAO behoben werden (Hinweis E , 1429/72). Ein Vertreter kann immer nur als Vertreter jener Person angesehen werden, für die er nach außenhin auftritt. Vertritt er dabei irrtümlich eine Person, der im Abgabenverfahren keine Parteistellung zukommt, so wird dieser Legitimationsmangel nicht dadurch zu einem sanierbaren Formgebrechen, daß der Vertreter auch zur Vertretung der Partei befugt gewesen wäre. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Iro, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. König, über die Beschwerde des FM in W, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien XVI, Schuhmeierplatz 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA 7-1672/18/79, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Vorlage einer Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom , StrNr 150/0215 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 9 BAO im Zusammenhalt mit § 80 leg. cit. zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der FM GesmbH herangezogen. Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Berufungsvorentscheidung vom , StrNr 150/0215 HB teilweise stattgegeben. Am langte beim Finanzamt ein mit datierter Antrag ein, der folgenden Wortlaut hat:
"In außen bezeichneter Abgabensache stelle ich den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.
Ingeborg M"
Die Bezeichnung der Rechtssache auf der ersten Seite dieses Antrages lautete:
"Steuernr.-Zahl: 150/0215 HB
Berufungswerber: Ingeborg M
Geschäftsfrau
K-straße 22
1140 Wien
vertreten durch:
(Vollmacht ausgewiesen)
Rechtsanwälte
.........................."
Das Finanzamt wies den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz mit der Begründung ab, Frau Ingeborg M habe keine Berufung zu StrNr. 150/0215 HB eingebracht, sodass eine solche auch nicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgelegt werden könne. Der Bescheid erging an Ingeborg M.
Gegen diesen Bescheid erhob Ingeborg M Berufung und beantragte unter Anschluss einer Ablichtung der an den Beschwerdeführer ergangenen Berufungsvorentscheidung vom "den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen."
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab, und wies in der Begründung nochmals darauf hin, dass gegen Ingeborg M kein Haftungsbescheid erlassen worden sei und diese daher auch keine Berufung erhoben habe, die der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgelegt werden könnte. Ein Haftungsbescheid sei vielmehr nur an den Beschwerdeführer ergangen. Dieser habe auch Berufung erhoben, über die mit Berufungsvorentscheidung vom entschieden worden sei.
Mit Schreiben vom gab der Beschwerdeführer dem Finanzamt bekannt, im seinerzeitigen Vorlageantrag vom sei irrtümlicherweise nicht er, sondern Ingeborg M als Berufungswerber bezeichnet worden. Dieser Irrtum sei dadurch entstanden, dass mit Datum vom zur StrNr 390/0637 mehrere Bescheide ergangen seien, und zwar einer gegen den Beschwerdeführer und der andere gegen Ingeborg M. Gegen beide Bescheide sei Berufung erhoben worden. In der Folge sei die Berufungsvorentscheidung vom unter der Zl. 150/0215 (HB) ergangen. Bei dem daraufhin gestellten Vorlageantrag sei der Berufungswerber verwechselt worden. Sämtliche anderen Angaben im Vorlageantrag seien aber richtig gewesen, insbesondere die Steuernummer und die Unterschrift des ausgewiesenen Vertreters. Es handle sich sohin um einen offenbaren Schreibfehler, der als Formgebrechen im Sinne des § 85 Abs. 2 BAO anzusehen sei. Die Abgabenbehörde hätte ihm daher die Behebung dieses Mangels auftragen müssen. Es werde der Antrag gestellt, die Berufung des Beschwerdeführers (gemeint ist wohl die vom ) der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.
Das Finanzamt wies den Vorlageantrag als verspätet zurück.
Der Antrag wäre gemäß § 276 Abs. 1 BAO innerhalb eines Monates ab Ergehen der Berufungsvorentscheidung zu stellen gewesen. Das Argument, das Finanzamt hätte bezüglich des Vorlageantrages der Gattin des Beschwerdeführers einen Mängelbehebungsauftrag gemäß § 85 Abs. 2 BAO erlassen müssen, sei verfehlt, da als Formgebrechen im Sinne dieser Bestimmung nur solche anzusehen seien, "die gesetzlich normierten Vorschriften widerstreiten, wenn diese Vorschriften die formelle Behandlung eines Anbringens sicherstellen oder die Erledigung für die Behörde erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen sollen, also Mängel, die einer sachlichen Erledigung im Wege stehen, die aber durch nachträgliche Beseitigung ausgeräumt werden können." Die Einbringung eines Antrages durch einen hiezu nicht Legitimierten stelle daher kein Formgebrechen im Sinne des § 85 Abs. 2 BAO dar.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Aus dem Akteninhalt hätte die Abgabenbehörde ohne weiteres entnehmen können, dass die Anführung eines falschen Vornamens im seinerzeitigen Vorlageantrag auf einem Irrtum beruht haben müsse, da gegen Ingeborg M gar keine Berufungsvorentscheidung erlassen worden sei.
Bei diesem Irrtum handle es sich daher um ein Formgebrechen im Sinne des § 85 Abs. 2 BAO.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab und bezog sich dabei auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1429/72, wonach die Einbringung eines Antrages durch einen hiezu nicht Legitimierten kein gemäß § 85 Abs. 2 BAO sanierbares Formgebrechen darstelle. Dazu komme noch, dass dem Finanzamt der Grund des Einschreitens der Ingeborg M aus der Aktenlage nicht ersichtlich gewesen sei, weil der Antrag vom mit Ausnahme der Steuernummer keine Angaben zum Sachverhalt enthalten habe. Dagegen sei sowohl auf der ersten wie auch auf der zweiten Seite des Vorlageantrages Ingeborg M als Berufungswerberin aufgeschienen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Gegen Ingeborg M und den Beschwerdeführer seien zwei Bescheide ergangen, die die gleiche Geschäftszahl und das gleiche Datum getragen hätten. Gegen beide Bescheide sei Berufung erhoben worden. "Über den Bescheid" des Beschwerdeführers sei am eine Berufungsvorentscheidung ergangen. "Gegen diese Berufungsvorentscheidung" sei am der Antrag auf Vorlage an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt worden. Der Antrag habe "alle wesentlichen Merkmale, die Unterschrift des Berufungswerbers und die Geschäftszahl enthalten". Lediglich der Vorname sei unrichtig angeführt worden. Die Unterschrift des ausgewiesenen Vertreters sei als die Unterschrift des Beschwerdeführers zu werten gewesen, da die Vollmacht in den Verwaltungsakten lag.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Strittig ist allein, ob ein gemäß § 85 Abs. 2 BAO sanierbarer Formmangel vorliegt, wenn ein berufsmäßiger Parteienvertreter, der einen Antrag auf Vorlage einer Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz irrtümlich nicht im Namen des von ihm vertretenen Berufungswerbers, sondern im Namen einer anderen Person (im Beschwerdefall im Namen der Ehegattin des Berufungswerbers) stellt. Die belangte Behörde ist im Recht, wenn sie dies verneint.
§ 85 Abs. 2 BAO bestimmt, dass Formgebrechen von Eingaben, wie auch das Fehlen einer Unterschrift an sich die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung berechtigen. Sie hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
Aus dieser Bestimmung geht eindeutig hervor, dass mit Formgebrechen nur formelle Mängel gemeint sein können, die allein aus der Eingabe als solcher erkennbar sind. Die falsche Bezeichnung des Einschreiters stellt keinesfalls ein derartiges Formgebrechen dar. Vielmehr sind Anbringen einer hiezu nicht legitimierten Person von der Abgabenbehörde zurückzuweisen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1429/72). Der Beschwerdeführer vermeint nun, dadurch, dass der von ihm aktenkundig bevollmächtigte Parteienvertreter den Vorlageantrag unterfertigt habe, läge kein Legitimationsmangel vor. Damit aber verkennt der Beschwerdeführer das Wesen der Parteistellung überhaupt. Wer nämlich als Partei im Abgabenverfahren anzusehen ist, ergibt sich ausschließlich aus der Rechtstellung der betreffenden Person selbst und wird in keiner Weise davon berührt, ob und von wem sie vertreten wird. Ein Vertreter kann immer nur als Vertreter jener Person angesehen werden, für die er nach außenhin auftritt. Vertritt er dabei irrtümlich eine Person, der im Abgabenverfahren keine Parteistellung zukommt, so wird dieser Legitimationsmangel weder dadurch zu einem bloßen Formgebrechen, dass derselbe Vertreter auch zur Vertretung der Partei selbst befugt gewesen wäre, noch dadurch, dass die Steuernummer richtig bezeichnet wurde.
Die Frage, worauf im Beschwerdefall der Irrtum des Parteienvertreters zurückzuführen war, ist unerheblich. Diese Frage wäre unter Umständen von Bedeutung gewesen, wenn der Beschwerdeführer, sobald er den Irrtum hätte erkennen können - dies wäre wohl spätestens mit Zustellung des den Vorlageantrag abweisenden und auch entsprechend begründeten Bescheides vom der Fall gewesen - gemäß § 308 BAO einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hätte. Statt dessen hat der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Berufung erhoben, ohne von dessen Begründung in irgendeiner Weise Notiz zu nehmen.
Da sohin der angefochtene Bescheid nicht mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1980:1979002678.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAF-58872