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VwGH 20.11.1956, 2639/54

VwGH 20.11.1956, 2639/54

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
GrEStG 1955 §7 Abs1
RS 1
Die Steuerbefreiung nach § 7 Abs 1 GrEStG 1955 gilt auch dann, wenn der Erwerber bei der flächenweisen Aufteilung der Liegenschaft unter deren Miteigentümer an einer Teilfläche nur Miteigentümer erwirbt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH Erkenntnis 1951/03/15 0486/50 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Rat Dr. Ondraczek und die Rät Dr. Wasniczek, Dr. Porias, Dr. Schirmer und Dr. Eichler als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Dolp als Schriftführer, über die Beschwerde der VM in M gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VIII - 322/2 - 1954, betreffend Grunderwerbsteuer von einem Teilungsvertrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war gemeinsam mit ihren Schwestern MR und PR an mehreren, teils städtischen, teils landwirtschaftlichen Liegenschaften beteiligt. Wie von der belangten Behörde übereinstimmend mit der Beschwerdeführerin festgestellt wurde, waren an diesen Grundstücken außerdem AR, der Vater der Beschwerdeführer, und ihr Bruder JR beteiligt. AR hat seinen Anteil an diesen Liegenschaften den genannten drei Schwestern geschenkt. Mit Vertrag vom teilten die drei Schwestern ihre Liegenschaftsanteile derart auf, daß 3/16 Anteile an einer städtischen Liegenschaft in M, die bisher der Beschwerdeführerin allein gehört hatte, zu gleichen Teilen ihr und ihren beiden Schwestern (also jeder der drei Schwestern zu je einem 1/16) zufallen sollten, daß ferner immer je zwei der Schwestern der dritten Schwester ihre Anteile an bestimmten Liegenschaften oder Teilen von solchen übertrugen. Schließlich war vereinbart, daß bei einigen der gemeinsamen Liegenschaften das bisherige Miteigentumsverhältnis bestehen bleiben sollte. Keine der drei Schwestern leistete an eine der Schwestern eine Aufzahlung.

Das Finanzamt faßte den Teilungsvertrag als eine Summe von Liegenschaftstauschverträgen auf, ermittelte für die Erwerbung einer jeden der drei Schwestern den Wert der Gegenleistung und schrieb der Beschwerdeführerin von den Erwerbungen aller drei Schwestern (die jedoch im Steuerbescheid gesondert ausgewiesen waren) Grunderwerbsteuer vor. Die Beschwerdeführerin berief. Sie bekämpfte zwar die Ermittlung der Gegenleistungen nicht, berief sich aber auf die Begünstigung nach § 7 des Grunderwerbsteuergesetzes (vom , DRGBl. I S. 585, GrEStG) und begehrte, eine Grunderwerbsteuer nur insoweit vorzuschreiben, "als ein bisheriger Miteigentümer bei der flächenweisen Teilung eine größere Grundstücksfläche erhält als seinem bisherigen Beteiligungsverhältnis entspricht, wobei als Bemessungsgrundlage der seinem Miteigentumsanteil überschießende Teil anzunehmen ist". Das Finanzamt wies die Berufung mit Einspruchsbescheid ab und gegen diesen Einspruchsbescheid erhob die Beschwerdeführerin abermals "Berufung". Sie führte aus, durch den Teilungsvertrag werde zwar in Zusammenwirkung mit Schenkungsverträgen vom , die der Vater der Beschwerdeführerin mit den Schwestern abgeschlossen habe, nicht Alleineigentum hergestellt, weil der Bruder der Beschwerdeführerin noch einen geringen Anteil an sämtlichen den Verträgen unterworfenen Grundstücken besitze; jedenfalls kämen aber die drei Geschwister durch diese Rechtsgeschäfte der Stellung von Alleineigentümerinnen sehr nahe, "sodaß es durchaus billig erscheint, die Bestimmungen des § 7 GrEstG" für den gegenständlichen Fall nicht so eng auszulegen", wie dies im Einspruchsbescheid geschehen sei. Die Beschwerdeführer berief sich weiter auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 358/F.

Die Finanzlandesdirektion wies die Berufung als unbegründet ab. § 7 GrEStG komme dann zum Zug, wenn ein Grundstück, das mehreren Miteigentümern gehört, von diesen Miteigentümern flächenweise geteilt wird. Eine flächenweise Teilung bestehe darin, daß aus einem einheitlichen Grundstück durch das Rechtsgeschäft zwei oder mehrere selbständige Grundstücke geschaffen werden. Das sei aber nur dann möglich, wenn alle Miteigentümer des Grundstücks am Rechtsgeschäft beteiligt sind. Im vorliegenden Falle seien nur drei an den Grundstücken beteiligte Personen als Vertragsteile aufgetreten, zwei andere Miteigentümer seien an dem Geschäft nicht beteiligt gewesen. Wenn auch eine dieser beiden Personen vor dem Abschluß des genannten Teilungsvertrages ihre Liegenschaftsanteile durch Schenkung an die Vertragsteile übertragen habe, so fehle doch noch die notwendige Beteiligung des letzten Miteigentümers an dem Rechtsgeschäft. Abgesehen davon sei im Vertrag selbst von einer flächenweisen Teilung, d.h. von der Schaffung neuer selbständiger Grundbuchseinlagen keine Rede. Das Finanzamt habe demnach mit Recht in der strittigen Übertragung ideeller Liegenschaftsanteile zwischen den Vertragspartnern einen gewöhnlichen Tauschvertrag erblickt.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Daß das vorliegende Rechtsgeschäft, mit dem mehrere Miteigentümer mehrerer Liegenschaften Teile ihrer bisherigen Miteigentumsteile untereinander ausgetauscht haben, grundsätzlich als Tauschvertrag der Grunderwerbsteuer unterliegt, wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Sie nimmt aber für das Geschäft die Begünstigung nach § 7 Abs. 1 GrEStG in Anspruch.

Diese Gesetzesstelle lautet: "Wird ein Grundstück, das mehreren Miteigentümern gehört, von den Miteigentümern flächenweise geteilt, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Wert des Teilgrundstückes, das der einzelne Erwerber erhält, dem Bruchteil entspricht, zu dem er am gesamten zu teilenden Grundstück beteiligt ist." Die belangte Behörde hat die Anwendung dieser Begünstigung mit der Begründung abgelehnt, daß nicht alle Miteigentümer der Liegenschaft am strittigen Rechtsgeschäft beteiligt gewesen seien und daß auch eine fl??chenweise Aufteilung nicht vorgenommen worden sei. Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, versteht die belangte Behörde unter einer "flächenweisen Teilung" die Bildung völlig neuer Grundbuchseinlagen. Diese Auffassung ist jedoch zu eng. Bereits in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 358/F, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, daß die Begünstigungsbestimmung des § 7 Abs. 1 GrEStG ebenso wie die des § 3 Z 3 desselben Gesetzes Teilungen von Grundstücken im allgemeinen, und zwar auch dann begünstigen wollte, wenn diese Teilung im einzelnen Falle nicht zu dem - in vielen Fällen überdies unwirtschaftlichen - Ergebnis führt, daß die bisherige gemeinsame Vermögensmasse in lauter Einzelstücke aufgelöst wird, die den bisherigen Gemeinschaftern nunmehr als Alleineigentum zufallen. Der Gerichtshof hat in diesem Erkenntnis die Begünstigung nach § 7 Abs. 1 GrEStG auch für Fälle für anwendbar erklärt, in denen die bisherigen Gemeinschafter wiederum Miteigentumsanteile, also nicht Alleineigentum erwerben, wenn dadurch bereits eine Bereinigung und Vereinfachung der bisherigen Miteigentumsverhältnisse bewirkt wird. An dieser Rechtsauffassung hält der Verwaltungsgerichtshof auch weiterhin fest. Somit kann es auch im vorliegenden Fall keinen rechtlich entscheidenden Grund für die Versagung der angestrebten Begünstigung abgeben, daß die drei Schwestern, darunter die Beschwerdeführerin, im Endergebnis noch immer nicht Alleineigentum an einzelnen Stücken der mehreren in den Teilungsvorgang einbezogenen Grundstückskomplexe erworben haben. Aber auch der Umstand, daß an dem Teilungsvertrag nicht alle seinerzeitigen Miteigentümer der Liegenschaft beteiligt sind, vermag die Versagung der Begünstigung nicht zu rechtfertigen. Denn nach § 2 Abs. 3 GrEStG sind auch Grundstücksteile als ein Grundstück im Sinne dieses Gesetzes anzusehen, wenn sich ein Erwerbsvorgang auf diese Teile bezieht, und so kann auch die Auseinandersetzung einer Gemeinschaft, deren Gegenstand mehrere solche Miteigentumsanteile sind, nach § 7 Abs. 1 GrEStG begünstigt sein. Diese Rechtsansicht hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1104/F, dargelegt und eingehend begründet. Die belangte Behörde hat somit zu Unrecht die Anwendung der bezogenen Begünstigungsvorschrift verweigert. Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Im übrigen sei zur Vermeidung rechtswidriger Vorgänge im neu durchzuführenden Rechtsmittelverfahren bemerkt, daß der angefochtene Bescheid noch an einer weiteren, von der Beschwerdeführerin allerdings nicht aufgegriffenen Rechtswidrigkeit leidet. Das Finanzamt hat nämlich der Beschwerdeführerin allein die Grunderwerbsteuer von sämtlichen Tauschvorgängen vorgeschrieben, obwohl nach dem Inhalt des Teilungsvertrages nicht nur die Beschwerdeführerin von der einen oder anderen Schwester Grundstücksanteile übernommen oder ihr diese übertragen hat, sondern auch die beiden anderen Schwestern untereinander Grundstücksanteile ausgetauscht haben. Die belangte Behörde hat es bei dieser Vorschreibung bewenden lassen. Da nach § 15 Z 1 GrEStG die an einem Erwerbsvorgang als Vertragsteile beteiligten Personen der Steuerschuldner sind und soviele Erwerbsvorgänge vorliegen als Grundstücksanteile ausgetauscht werden, hätten immer nur die beiden an dem betreffenden Tauschvorgang beteiligten Schwestern, nicht aber die an dem betreffenden Tauschvorgang unbeteiligte dritte Schwester zur Entrichtung der Steuer herangezogen werden können. Soweit nun im vorliegenden Falle Grundstücksanteile von MR an PR oder umgekehrt übertragen worden sind, konnte nicht die Beschwerdeführerin zur Entrichtung der auf diesen Vorgang entfallenden Steuer herangezogen werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
GrEStG 1955 §7 Abs1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1956:1954002639.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAF-58845