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VwGH 28.04.1982, 2627/80

VwGH 28.04.1982, 2627/80

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
BAO §184 Abs1;
RS 1
Ausführungen zur Frage der schätzungsweisen Ermittlung des Rohaufschlages bei einem "Billigstanbieter".

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

82/13/0058

82/13/0057

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Iro, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. König, über die Beschwerde des JF in W, vertreten durch Dkfm. DDr. Wilfried Dorazil, Rechtsanwalt in Wien I, Wipplingerstraße 24-26, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/1-1198/8/79, betreffend u.a. Umsatzsteuer 1971 sowie Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1970 bis 1975, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dkfm. DDr. Wilfried Dorazil sowie des Vertreters der belangten Behörde, Oberkommissär Dr. KB, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1970 bis 1975 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 18.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb bis den Kleinhandel mit Gold- und Silberwaren, Uhren und Juwelen; seinen Gewinn ermittelte er nach § 5 EStG.

Der Betriebsprüfer, der u.a. die Umsatzsteuer 1971 sowie die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer 1970 bis 1975 geprüft hatte, hielt darüber in seinem Bericht u.a. fest: TZ 12. Schätzung des Betriebsergebnisses: Auf Grund der festgestellten Mängel mußten - u. a. - Umsatz und Gewinn gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg ermittelt werden, und zwar:

a) Umsatz: Der Umsatz 1971 wurde kalkulatorisch - mit einem durchschnittlichen Rohaufschlag von 60 % - ermittelt (TZ 16); für 1970 und 1972 bis 1975 wurde der Sollumsatz jeweils um einen Gefährdungszuschlag von 10 % erhöht (TZ 17, 27);

b) Gewinn: Für 1970 bis 1975 wurde der Gewinn - in Anlehnung an die bei Vergleichsbetrieben festgestellten Durchschnittswerte - in Höhe von 10 % des Sollumsatzes geschätzt (TZ 34, 35); dem so ermittelten Reingewinn aus Warenverkäufen waren noch die aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlichen außerordentlichen Erträge zuzurechnen (TZ 18, 27 lit. b, 34, 35); durch diese globale Reingewinnschätzung sind alle Betriebsausgaben (inkl. Betriebssteuern) abgegolten.

Das Finanzamt folgte bei der Erlassung des Umsatzsteuerbescheides 1971 sowie der Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide 1970 bis 1975 der Auffassung des Betriebsprüfers.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung.

a) Zur Schätzungsbefugnis: Da der Buchhalter des Beschwerdeführers nicht bereit gewesen sei, "in loyaler Weise mitzuwirken", seien die im Zuge der Betriebsprüfung vorgelegten Buchhaltungsunterlagen mangelhaft gewesen oder überhaupt nicht vorgelegt worden. Nunmehr sei es aber gelungen, "mit dem Angestellten das Einvernehmen wieder herzustellen" und es seien "sohin sämtliche steuerlich relevanten Aufzeichnungen vorhanden".

b) Zur Umsatzsteuer: Für 1971 sei die kalkulatorische Umsatzermittlung - durchschnittlicher Rohaufschlag von 60 % auf den erklärten Wareneinsatz - verfehlt. Vom Gesamtumsatz entfielen zwei Drittel auf Schmuck mit einem Rohaufschlag von 80 bis 100 % und ein Drittel auf Uhren mit einem Rohaufschlag von max. 60 bis 70 %. Da der "Nettorohaufschlag bei Schmuckwaren ca. 44 % und bei Uhren 32 % beträgt", wäre "sohin der erklärte Rohaufschlag von rund 40 % zutreffend".

c) Zur Einkommensteuer und Gewerbesteuer: Für 1970 bis 1975 sei die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen rechtswidrig, weil laut obiger lit. a "die formelle Richtigkeit der Buchführung für den Prüfungszeitraum nunmehr nicht bestritten werden" könne. Für 1970 sei entgegen der Auffassung des Betriebsprüfers mit der Steuererklärung eine Bilanz vorgelegt worden. Die für 1971 bis 1973 vom Betriebsprüfer festgestellten Buchhaltungsmängel - die Endsalden der Konten stimmen mit den abgegebenen Bilanzen nicht überein - seien damit zu erklären, daß auf den Konten "weder die Eröffnungsbilanz noch die Um- und Nachbuchungen bzw. der Abschluß des Bilanzierungsjahres eingebucht waren". Da "nunmehr die Hauptabschlußübersichtsbögen, in denen sämtliche Abschlußbuchungen enthalten sind, vorgelegt werden können, sind die verbleibenden formellen Mängel als nicht so gravierend zu beurteilen, daß sie eine Schätzungsbefugnis rechtfertigen könnten". Bestritten werde, "daß die Kassabücher für das Jahr 1973 nachträglich verfertigt worden wären." Für 1974 werde bestritten, daß das Kassabuch auf Grund einer mangelhaften Schmierkasse nachgeschrieben worden sei. Die "Buchhaltung 1974 samt Hauptabschlußübersicht hat sich in der Zwischenzeit gefunden und kann nunmehr eingesehen werden". Für 1975 sei "die Bilanz im Prüfungszeitraum noch nicht fertig gestellt" gewesen und sie könne nunmehr vorgelegt werden. Abgesehen davon, daß damit für 1970 bis 1975 die "globale Schätzung des Gewinnes aus Gewerbebetrieb mit 10 % des geschätzten Umsatzes" "mangels Vorliegen gravierender formeller Buchführungsmängel" rechtswidrig sei, werde "bei § 5 EStG - Gewinnermittler durch Betriebsvermögensvergleich - bloß der Vermögenszuwachs besteuert"; für den gesamten Prüfungszeitraum sei aber "bei der Vermögensbesteuerung ein Vermögenszuwachs" nicht festgestellt worden. Da das Rohvermögen "laut Betriebsprüfung zum S 11,094.250,-- und zum S 10,687.000,--" betrage, werde "ein bereits besteuertes Vermögen nochmals besteuert bzw. soll konfisziert werden". Der Beschwerdeführer beantragte unter Hinweis auf die besondere Art seines Verkaufssystems - die Geschäftsverbindungen zu den Kunden seien zum Großteil über die Personalvertreter von Großunternehmen hergestellt und den Bediensteten dieser Betriebe Höchstrabatte zwischen 20 und 30 v.H. vom Verkaufspreis eingeräumt worden -, einen Reingewinnsatz von 3 % des Umsatzes in Anwendung zu bringen".

Die Finanzlandesdirektion wies mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1971 sowie gegen die Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide 1970 bis 1975 ab.

a) Zur Schätzungsbefugnis: Für 1970 habe der Beschwerdeführer keine Bilanz vorgelegt. Da die Buchhaltung dieses Jahres selbst 1977 nicht abgeschlossen gewesen sei, könne von ordnungsgemäß geführten Büchern und von einer zeitnahen Aufzeichnung der Geschäftsfälle nicht gesprochen werden. Für 1971 und 1973 seien die Buchhaltungsmängel mangels Vorlage der Hauptabschlußübersichten nicht aufgeklärt worden. Für 1973 habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht, daß das Kassabuch nicht nachträglich verfertigt worden sei. Im Prüfungszeitpunkt 1977 seien die Kassabelege für die Zeit vom 1. bis  mit der Nr. 1.253 bis 1.352 zwar in einem separaten Ordner vorhanden, im Kassabuch aber nicht eingetragen gewesen. Im Kassabuch hätten sich für diesen Zeitraum nur leere Seiten mit den Belegnummern befunden. Dies weise darauf hin, daß "bei Anfertigung des Kassabuches dieser Belegordner" nicht vorgelegen und auf die spätere Eintragung "offensichtlich vergessen" worden sei. Für 1974 habe der Beschwerdeführer gleichfalls nicht glaubhaft gemacht, daß das Kassabuch nicht an Hand einer Schmierkasse nachgeschrieben worden sei. Die Feststellung, daß das Kassabuch nachgeschrieben worden sei, stütze sich auf die Erklärung einer Angestellten des Beschwerdeführers, Buchhaltung und Hauptabschlußübersicht seien für dieses Jahr nicht vorgelegt worden. Für 1975 sei die Bilanz auch im Berufungsverfahren nicht vorgelegt worden. Aus all dem erhelle, daß "eine Schätzung der Bemessungsgrundlagen zulässig" sei.

b) Zur Umsatzsteuer: Der Beschwerdeführer sei wiederholt aufgefordert worden, die tatsächlichen Rohaufschläge für 1971 bis 1974 an Hand von Ein- und Verkaufspreisen nachzuweisen bzw. die Schwankungen innerhalb der genannten Jahre aufzuklären. Außer wiederholten mündlichen Versicherungen, "dieser Nachweis sei 'ganz einfach' zu erbringen", seien weder im Prüfungs- noch im Berufungsverfahren Unterlagen vorgelegt worden, "die das Berufungsbegehren untermauert hätten". Die Behauptung eines niedrigeren durchschnittlichen Rohaufschlages könne "jedoch ohne Vorlage von Beweismittel nicht zu einer Änderung der im Betriebsprüfungsbericht unter TZ 16 dargestellten kalkulatorischen Umsatzermittlung" - für 1971 - "führen, zumal im Folgejahr ein durchschnittlicher Rohaufschlag von rund 69 % erklärt" worden sei.

c) Zur Einkommensteuer und Gewerbesteuer: Da wegen der fehlenden Unterlagen ein Betriebsvermögensvergleich nicht mehr möglich gewesen sei, habe "nach dem Grundsatz der Wahlfreiheit der Schätzungsmethode mit Globalschätzung vorgegangen werden" müssen. Ein innerer Betriebsvergleich sei wegen der Aufzeichnungsmängel "nicht zielführend" gewesen; zur Ermittlung des Reingewinnsatzes seien deshalb fünf Vergleichsbetriebe herangezogen worden. Der Einwand des Beschwerdeführers, daß die "vorgenommene Gewinnschätzung auf Basis von fünf Vergleichsbetrieben nicht zutreffend sein könne", gehe ins Leere, weil der Beschwerdeführer keine Kalkulationsunterlagen habe vorweisen können. Die Hinweise auf die Rabattgewährung und die Klagen sowie Anzeigen wegen der Verstöße gegen das Rabattgesetz und gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb seien viel zu allgemein gehalten, um den beantragten Reingewinnsatz von 3 % des Umsatzes anzuwenden. Nur die Vorlage "geeigneter Buchhaltungsunterlagen hätte zu einer Berücksichtigung der beantragten Rabattgewährungen bei der Kalkulation führen können". Die Anwendung eines sogenannten Sicherheitszuschlages gehöre zu den Elementen der Schätzung, denn es könne angenommen werden, daß bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet worden seien. Ein "Sicherheitszuschlag in der Höhe von 10 % des Umsatzes erscheint angemessen; es ist dies ein bescheidener Prozentsatz, durch den sich der Beschwerdeführer nicht beschwert fühlen kann". Die Ansicht des Beschwerdeführers, die Schätzung sei rechtswidrig, weil bei "§ 5 - Gewinnermittlern" der Vermögenszuwachs zu besteuern sei, laut den Feststellungen der Betriebsprüfung bei der Vermögensbesteuerung aber das Rohvermögen zwischen 1970 und 1975 keinen Zuwachs erfahren habe, entspreche nicht den Gewinnermittlungsvorschriften des § 5 EStG und sei somit verfehlt.

Der Beschwerdeführer behauptet in der Beschwerde, er bekämpfe diese Berufungsentscheidung

1.) betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer 1971 insoweit, als der Umsatz für dieses Jahr durch einen Rohaufschlag von 60 v.H. auf den Einstandspreis ermittelt worden sei, und

2.) betreffend die Festsetzung der Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1970 bis 1975 insoweit, als der Gewinn dieser Jahre mit 10 v.H. des Umsatzes ermittelt worden sei.

Die Voraussetzungen für eine Schätzung seien nicht vorgelegen, zumal die Umsätze 1970 und 1972 bis 1975 aus den vorgelegten Unterlagen ermittelbar gewesen seien. Da die belangte Behörde nicht einmal behauptet habe, daß ihr "Umsätze entgangen wären", sei die "Notwendigkeit zur Berechnung eines Sicherheitszuschlages zumindest in der Höhe von 10 v.H. nicht gegeben" gewesen. Die "nachträglich auf den gebotenen Stand gebrachte Buchhaltung" könne nicht deshalb abgelehnt werden, "weil sie nicht entsprechend zeitnah sei". Im übrigen erfordere die Bekämpfung eines Schätzungselementes und die Berücksichtigung der beantragten Rabattgewährungen bei der Kalkulation keine Beweisführung. Die belangte Behörde habe es bei der kalkulatorischen Umsatzermittlung, die Einfluß auf die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1971 genommen habe, verabsäumt, sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers über seinen Kundenkreis und den "durchschnittlichen Nettorohaufschlag von max. 40 v.H." auseinanderzusetzen.

Der Reingewinn, der von der belangten Behörde mit 10 v.H. des von ihr festgestellten Umsatzes angenommen worden sei, sei nicht erzielt worden; es sei lediglich ein Reingewinn "von 3 v.H. zu verzeichnen" gewesen. Es sei außer acht gelassen worden, daß der Beschwerdeführer "bei den sogenannten Innenumsätzen an die Kommanditgesellschaft auf seinen Einstandspreis nichts aufgeschlagen habe, also die Ware zu seinem Einstandspreis weiter verrechnet habe". Diese Innenumsätze aber seien erheblich gewesen; sie hätten vom Gesamtumsatz 1970 32,02 v.H., 1971 17,99 v.H. und 1972 18,83 v.H. betragen und für die übrigen Jahre enthalte der Betriebsprüfungsbericht keine detaillierten Angaben. In "logischer Folgerung hätte daher selbst bei Richtigkeit der Schätzung ein niedriger Prozentsatz an Gewinn herauskommen müssen, abgesehen davon, daß dem Sicherheitszuschlag auf Innenumsätze überhaupt jegliche Begründung" fehle. Zu den Ergebnissen der fünf sogenannten Vergleichsbetriebe habe der Beschwerdeführer nicht Stellung nehmen können, weil die belangte Behörde die Vergleichbarkeit nicht begründet habe. Letztlich habe es die belangte Behörde verabsäumt, auf jene Beweismittel zurückzugreifen, die der Beschwerdeführer zum Nachweis der gewährten Preisnachlässe angeboten habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

Durch die oben wiedergegebene, unmißverständliche Erklärung, die Umsatzsteuer 1971 sowie die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer 1970 bis 1975 zu bekämpfen, wird der Umfang der Anfechtung bestimmt; er kann weder durch Ausführungen in der Beschwerde zur Rechtswidrigkeit des die Umsatzsteuer "1970, 1972, 1973, 1974 und 1974" betreffenden Teiles der angefochtenen Berufungsentscheidung noch durch einen späteren mündlichen Hinweis auf diese Ausführungen erweitert werden.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Gemäß § 184 Abs. 2 leg. cit. ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind. Gemäß § 184 Abs. 3 leg. cit. ist ferner zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabevorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

a) Schätzung der Grundlagen für die Abgabenerhebung:

Nach dem Bericht des Betriebsprüfers wurden u.a. für 1970 und 1975 die Bilanzen nicht abgegeben, für 1970, 1971 und 1972 die Buchhaltungen nicht abgeschlossen, für 1970 und 1975 die Abschlußkonten nicht vorgewiesen, für 1972 die Umsatzsteuererklärung nicht abgegeben, für 1972 Kassenein- und Kassenausgänge nachträglich verbucht, für 1973 und 1974 Kassabücher nachträglich verfertigt, für 1973 im Kassabuch weder Seiten- noch Monatssummen noch Salden ausgewiesen, für 1974 eine Schmierkassa mangelhaft geführt und für 1974 die Buchhaltung nicht vorgelegt. Nach dem Bericht des Betriebsprüfers stimmten weiters für 1970 die Umsatzsteuererklärung mit den Erlöskonten nicht überein, für 1971, 1972 und 1973 die Abschlußsalden der Konten mit der Bilanz bzw. Verlust-und Gewinnrechnung für 1972 die Inventursumme laut Bilanz mit der Additionssumme für 1974 die Inventur zum  mit der zum sowie für 1974 und 1975 der Umsatz laut Voranmeldung mit der Umsatzsteuererklärung nicht überein. Nach dem Bericht des Betriebsprüfers waren endlich 1971 die "Ziffern des V+G-Kontos und teilweise des Warenkontos bis auf neun Posten völlig ident mit den korrespondierenden Ziffern bei der Kommanditgesellschaft, die Abweichungen bei den genannten neun Posten sind nur runde Millionen - (Warenbestand, Umsatzsteuer, Skonti + Rabatte) oder Hunderttausenderbeträge (Gehalte, Mieten und Pacht, Anlagenabschreibung, etc.)" und es wurde, nachdem die Bilanz für 1973 am ,abgegeben worden war, der EDV-Buchhaltungslauf am durchgeführt.

Der Beschwerdeführer räumte am Schluß des abgabenbehördlichen Verfahrens in einem Antrag auf "Vernehmung von Großkunden der Firma" ein, daß "infolge des Nichtvorliegens geeigneter Geschäftsunterlagen die extrem niedrigen Rohaufschläge dieses Betriebes nicht mehr exakt bewiesen werden können".

Der Beschwerdeführer verfolgt mit seinem Beschwerdevorbringen, es sei "zwar richtig, daß seine Buchhaltung im Zeitpunkt der Betriebsprüfung nicht auf dem gebotenen Stand war, doch ist dieser Mangel in der Folge behoben worden", sein im abgabenbehördlichen Verfahren erstattetes Berufungsvorbringen. Die Unrichtigkeit der Behauptung, es seien "sohin sämtliche steuerlich relevante Aufzeichnungen vorhanden", wurde bereits von der belangten Behörde zutreffend dargetan.

Es liegt auf der Hand, daß eine Buchhaltung, die nicht auf dem "gebotenen Stand" ist, Anlaß bietet, ihre Vollständigkeit zu bezweifeln, und daß deshalb bei Beachtung aller vom Betriebsprüfer aufgezeigten Mängel von einem Sicherheitszuschlag - bei der Ermittlung des Sollumsatzes der Jahre 1970 und 1972 bis 1975, deren Umsatzsteuervorschreibungen hier nicht angefochten sind - Gebrauch gemacht wird.

Dem Beschwerdeführer ist weiters nicht zu folgen, daß "die Bekämpfung eines Schätzungselementes" grundsätzlich "keine Beweisführung" erfordere. Der Beschwerdeführer behauptete im abgabenbehördlichen Verfahren, es gebe "keinen vergleichbaren Betrieb in Österreich, der in der Branche mit derartigen Verkaufsaktionen vorgegangen" sei. Damit obliegt es aber auch dem Beschwerdeführer, die besonderen Ergebnisse seiner vom Regelfall angeblich gravierend abweichenden Geschäftsgebarung darzulegen. Es genügt nicht, auf Verurteilungen wegen der Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und gegen das Rabattgesetz zu verweisen und am Schluß des abgabenbehördlichen Verfahrens die Einvernahme "der jeweiligen Kontaktpersonen bei den Firmen, die zum Kundenkreis des Beschwerdeführers", der als Billigstanbieter bekannt gewesen sei, "zählten", zu beantragen, wobei "die Liste der namhaft gemachten Zeugen der Finanzlandesdirektion kurzfristig eingereicht" werden sollte. Abgesehen davon, daß durch die "Vernehmung von Großkunden der Firma" wohl nicht zuverlässig die Kalkulation des Beschwerdeführers einschließlich ihrer Unterlagen aufzudecken ist, brachte auch die Vernehmung von Betriebsräten und Personalausschußmitgliedern in einem Verfahren gegen die Kommanditgesellschaft, an der der Beschwerdeführer beteiligt war und in dem auch Verkaufsaktionen des Beschwerdeführers zur Sprache kamen, weder über die behauptete allgemeine Kenntnis, der Beschwerdeführer sei der Billigstanbieter gewesen, noch über die Dauer dieser Verkaufsaktionen, deretwegen der Beschwerdeführer gerichtlich belangt worden war, klare Ergebnisse.

Der belangten Behörde ist deshalb zuzustimmen, daß sie die Berechtigung zur Schätzung des Umsatzes und des Gewinnes bejahte.

b) Umsatzsteuer 1971; kalkulatorische Umsatzermittlung:

Der Betriebsprüfer ermittelte den Sollumsatz 1971 nach der Feststellung, daß der Rohaufschlag "laut Erklärung nur 40,09 %" betrug, unter Beachtung der gewährten "Rabatte vom Verkaufspreis zwischen 10 und 30 %" in der Weise, daß er den um die Innenumsätze und den Eigenverbrauch verminderten Wareneinsatz laut Erklärung um den durchschnittlichen Rohaufschlag von 60 % vermehrte und die Innenumsätze und Eigenverbrauch wieder hinzuzählte.

Der Beschwerdeführer vermißt zu Unrecht die Auseinandersetzung der belangten Behörde mit seinem Vorbringen im abgabenbehördlichen Verfahren, der "durchschnittliche Nettorohaufschlag" habe "max. 40 v.H." betragen. Der Beschwerdeführer behauptete im abgabenbehördlichen Verfahren, daß es "keinen vergleichbaren Betrieb in Österreich" gegeben habe, "der in der Branche mit derartigen Verkaufsaktionen vorgegangen" sei. Wie oben schon erwähnt, oblag es damit dem Beschwerdeführer, die besonderen Ergebnisse seiner vom Regelfall angeblich gravierend abweichenden Geschäftsgebarung darzulegen. Da er eine solche Darlegung aber unterließ - und letztlich sogar einräumte, es könnten "infolge Nichtvorliegens geeigneter Geschäftsunterlagen die extrem niedrigen Rohaufschläge dieses Betriebes nicht mehr exakt bewiesen werden" -, war eine Auseinandersetzung mit bloßen Behauptungen des Beschwerdeführers nicht geboten.

c) Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1970 bis 1975;

Gewinnmittlung;

Der Betriebsprüfer ermittelte den Gewinn 1970 bis 1975 in der Weise, daß er ihn mit 10 % des geschätzten wirtschaftlichen Umsatzes zuzüglich der sonstigen Erlöse annahm. Die zugrundegelegten Umsätze enthalten - soweit dies den Akten des abgabenbehördlichen Verfahrens zu entnehmen ist - jedenfalls für 1970 bis 1973 in erheblicher Höhe auch sogenannte "Innenumsätze" des Beschwerdeführers an die Kommanditgesellschaft, an der der Beschwerdeführer beteiligt war.

Im abgabenbehördlichen Verfahren war die allgemein gegebene Möglichkeit erkennbar, daß der Beschwerdeführer bei den sogenannten "Innenumsätzen" an die Kommanditgesellschaft nichts oder weniger als bei den anderen Umsätzen aufschlug. Zur Ermittlung derjenigen Besteuerungsgrundlagen, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben, wäre deshalb von Amts wegen diese Frage zu prüfen und sodann zu erörtern gewesen, ob auch die fünf Vergleichsbetriebe solche "Innenumsätze" tätigten. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, hätte der Reingewinnsatz der Vergleichsbetriebe nicht auf den gesamten Umsatz angewendet werden können.

Die Beschwerde ist deshalb, soweit sie sich gegen die Umsatzsteuer 1971 richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen; soweit sie sich aber gegen die Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1970 bis 1975 richtet, ist die angefochtene Berufungsentscheidung in diesem Umfang schon aus dem oben aufgezeigten Grund gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221.

Wien, am

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Norm
BAO §184 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1982:1980002627.X00
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Fundstelle(n):
QAAAF-58834