Suchen Hilfe
VwGH 13.09.1979, 2611/78

VwGH 13.09.1979, 2611/78

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §38;
RS 1
Die Errichtung einer Deponie im Hochwasserabflußbereich gehört zwar nicht zu einer der in den § 9, § 32, § 40 und § 41 WRG genannten Gründe von Wasserbauten, bedeutet aber eine Verengung des Abflußbereiches und stellt somit eine "Anlage" von Menschenhand im Sinne des § 38 Abs 1 WRG 1959 dar (vgl Anmerkung 4 zu § 38 WRG 1959 bei Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht, 2. Auflage, Seite 249 f).
Norm
WRG 1959 §138;
RS 2
Daß Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes im Sinne des § 138 Abs 1 WRG 1959 übertreten worden sind, hat ein Verschulden nicht zur notwendigen Voraussetzung (Hinweis E , VwSlg 5327 A/1960).
Norm
WRG 1959 §138;
RS 3
Auch eine juristische Person, kann Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes durch Handlungen oder Unterlassungen "übertreten".
Norm
WRG 1959 §138;
RS 4
Ein wasserpolizeilicher Auftrag im Sinne des § 138 WRG 1959 leidet an inhaltlicher Rechtswidrigkeit, wenn er über eine bloße Verpflichtung zur Beseitigung einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung hinausgeht.
Normen
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §38;
RS 5
Ausführungen zur Frage der Passivlegitimation für den wasserpolizeilichen Auftrag, wenn ein Bauunternehmer angeblich ohne Wissen des Auftraggebers eine Deponie ohne wasserrechtliche Bewilligung in den Hochwasserabflußbereich verbracht hat.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Schima, Dr. Salcher, Dr. Hoffmann und Dr. Hnatek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Forster, über die Beschwerde des Bundes (Bundesstraßenverwaltung), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I, Rosenbursenstraße 1 (Zl. 70.417- 10/78), gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. WA-2155/2-1978/Spe/Fo, betreffend Erteilung wasserrechtlicher Aufträge, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Landeshauptmann von Oberösterreich) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems der Republik Österreich gemäß den §§ 38, 98, 105, 111 und 112 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215, in der Fassung der Wasserrechtsgesetznovelle 1969, BGBl. Nr. 207 (WRG), nach Maßgabe der bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen und als solche gekennzeichneten Projektsunterlagen bzw. der in der mitfolgenden Verhandlungsschrift enthaltenen Beschreibungen die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Rohrdurchlasses für den Dornleithenbach in Baukilometer 26,22 der Pyhrnpaß-Bundesstraße bzw. im Bereiche der Grundstücke Nr. n1 - n4 der Katastralgemeinde Maisdorf, Gemeinde Schlierbach, Gerichtsbezirk Kirchdorf an der Krems, unter bestimmten Bedingungen und Auflagen.

Laut Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom erschienen bei der genannten Bezirkshauptmannschaft FW und JM und brachten vor:

"Vor dem Umbau der Pyhrnpaß-Bundesstraße im Bereiche des Bauloses Dornleithen verlief zwischen unseren Grundstücken ein unbenanntes Zubringergerinne zur Krems, welches in einem geregelten Einschnitt seinen Verlauf hatte. Dieses Gerinne hatte seinen Ursprung im Bereiche der Pyhrnpaß-Bundesstraße, und zwar im oberen Abschnitt des Dornleithnerberges (Profil 30 A des Ausbauprojektes Baulos Dornleithen). Im Zuge der Ausbauarbeiten wurden Veränderungen an diesem Gerinne in der Weise vorgenommen, daß der Einschnitt für den Bachverlauf verringert wurde und sohin zur Abfuhr der Wässer nicht mehr ausreicht. Es kam schon wiederholt zu Ausuferungen und ergießt sich nunmehr das Wasser über die landwirtschaftlich genutzten Flächen des FW.

Wiederholte Vorstellungen bei den Verursachern (Bundesstraßenverwaltung) haben bisher zu keiner Abstellung dieser Mißstände geführt. Wir ersuchen daher die Wasserrechtsbehörde, entsprechende Schritte zu unternehmen."

Mit Eingabe an die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom teilte die zuständige Bauabteilung beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung namens des Landeshauptmannes mit, daß beim Ausbau der Pyhrnpaß-Bundesstraße im Baulos Dornleithen Erdmassen abgetragen worden seien, die im Baulos nicht benötigt wurden. Laut Bauvertrag habe die bauausführende Firma S die Lagerplätze für diese überschüssigen Massen zu mieten gehabt. Sie habe auch die rechtlichen Voraussetzungen hiezu schaffen und die eventuell anfallenden Kosten tragen müssen. Die in der Niederschrift vom beanstandete Verringerung des Abflußquerschnittes des namenlosen Gerinnes sei daher gekommen, daß die Firma S auf dem Grundstück Nr. n5 der Katastralgemeinde Maisdorf des JM eine solche Lagerstätte für das überschüssige Material angelegt habe. Dies sei aber ausschließlich Angelegenheit der Firma S und es seien die daraus entstehenden Schäden von ihr zu vertreten.

Mit Eingabe vom zeigte die vorgenannte Bauabteilung der Bezirksverwaltungsbehörde die termingerechte Fertigstellung der wasserbaulichen Arbeiten für den Rohrdurchlaß an.

Bei der mündlichen Verhandlung am , welche die wasserrechtliche Überprüfung des Rohrdurchlasses gemäß § 121 WRG 1959 zum Gegenstand hatte, waren unter anderem FW und JM zugegen. FW brachte vor, es sei im Dezember 1977 durch die Firma S eine Sanierung des Zustandes mittels Ausbaggerung des Gerinnes durchgeführt worden. Er, W, könne nicht beurteilen, ob der derzeitige Zustand eine ausreichende Lösung darstelle. M brachte vor, daß die Aufschüttungen mit seiner Zustimmung durch die ausführende Bauunternehmung durchgeführt worden seien. Es werde daher gegen den derzeitigen Zustand kein Einwand vorgebracht, eine Sicherung der Uferböschungen gegen Abrutschung wäre wünschenswert.

Der Vertreter der Bundesstraßenverwaltung brachte zum Gegenstand unter anderem vor, daß die Deponie von der Firma S auf Grund einer Vereinbarung mit dem Grundeigentümer angelegt worden sei. Die Bundesstraßenverwaltung habe auf Grund des Bauvertrages auf diese Deponie keinen Einfluß gehabt. Diese liege auch außerhalb des Baubereiches. Die Bundesstraßenverwaltung sei auch nicht mehr Eigentümer des auf der Deponie gelegenen Materials. Die Behebung der Schäden, die durch die Deponie entstanden seien, wäre nicht Angelegenheit der Bundesstraßenverwaltung.

Der Vertreter der Firma S gab bei der Verhandlung an, daß die Materialdeponie im Einvernehmen zwischen dem beauftragten Subunternehmer Gebrüder H und dem Grundstückseigentümer M durchgeführt worden sei; die Firma S sehe sich daher nicht veranlaßt, nunmehr eine Sanierung dieser Deponie vorzunehmen.

Mit Bescheid vom - Spruchabschnitt I - stellte die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems gemäß § 98 und § 121 WRG 1959 fest, daß der errichtete Rohrdurchlaß für den Dornleithenbach im wesentlichen mit der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung übereinstimme. Der beschwerdeführenden Partei wurde in diesem Abschnitt des Spruches die Behebung bestimmter bei der Überprüfungsverhandlung wahrgenommener Mängel aufgetragen.

Unter Bezugnahme auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 wurde der Beschwerdeführerin im Spruchabschnitt II der Auftrag zur Sanierung von Mißständen an einem unbenannten Gerinne unterhalb des vorgenannten Rohrdurchlasses im Zuge der Pyhrnpaß-Bundesstraße unter Vorschreibung konkreter Maßnahmen aufgetragen.

Der diesbezügliche Spruch des erstinstanzlichen Bescheides hat wie folgt gelautet:

"Gemäß §§ 98 und 138 Abs. 1 lit. a WRG wird die Republik Österreich (Bundesstraßenverwaltung) verhalten, hinsichtlich des wasserführenden unbenannten Grabens unterhalb des Rohrdurchlasses Durchm. 100 cm im Zuge der Pyhrnpaßstraße B 138 (Straßenbauprofil Nr. 56 des Bauloses Dornleithen) folgende Maßnahmen zu treffen:

1. Ca. 20 m abwärts des Rohrdurchlasses Durchm. 100 cm ist die Gerinnstrecke auf eine Länge von 50 - 60 m sicher gegen jeglichen Tiefen- oder Seitenschurf auszubauen.

2. Der Ausbau hat in Form eines offenen Profils mit Bruchsteinsicherungen im Betonbett oder als Untertagprofil mit einem Abfuhrvermögen, das dem Rohrdurchlaß Durchm. 100 cm entspricht, zu erfolgen.

3. Bei einem Ausbau in der Form eines offenen Profils muß das Abfuhrvermögen mindestens 2 m3/s betragen und ist durch entsprechende Vorrichtungen das Einrutschen des seitlich deponierten Materials zu verhindern.

4. Der Auslauf der Verbauungsstrecke ist in den Absturz möglichst tief einzuziehen und ist die Auslaufenergie durch eine Rauhpflasterung in Bruchsteinen zu vernichten.

5. Das auf den Böschungen vorhandene Deponiematerial ist abzugleichen und geschlossen zu bepflanzen. Die Bepflanzung kann mit Rasen oder Sträuchern erfolgen. Jedenfalls muß aber hiedurch eine Oberflächenerosion verhindert und die Stabilisierung des Hanges gefördert werden.

6. Für die Fertigstellung dieser Maßnahmen wird eine Frist bis spätestens eingeräumt. Die Fertigstellung ist der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d.Kr. sogleich schriftlich unter Anschluß eines Ausführungsoperates (2-fach) anzuzeigen."

Spruchteil II des Spruches wurde im wesentlichen damit begründet, es sei festgestellt, daß durch eingerutschtes Erdmaterial, welches vom Straßenbau stamme und im Abfluß- und Uferbereich eines unbenannten wasserführenden Grabens gelagert worden sei, ein labiler Zustand bestehe. Je nach den Witterungsverhältnissen und der sich hieraus ergebenden Wasserführung werde sich die Bachsohle eintiefen und würden dadurch neuerliche Nachrutschungen von deponiertem Material ausgelöst. Bei einem größeren Hochwasser bestehe jedoch die Gefahr eines konzentrierten Materialabtrages, der in der Folge zu wesentlichen Flurschäden und Abflußstörungen führen könne. Nach den schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik sei aus diesen Gründen eine baldige Stabilisierung der Gerinnstrecke unerläßlich. Mit der Durchführung der Sanierungen sei die beschwerdeführende Partei belastet worden, weil erwiesenermaßen das abgelagerte Material vom Ausbau der Pyhrnpaßstraße B 138 stamme. Für den Ausbau der Bundesstraße bzw. für die gesamte Bauführung in diesem Baubereich sei nach Ansicht der Verwaltungsbehörde die Bundesstraßenverwaltung verantwortlich, auch wenn sie sich für die tatsächliche Durchführung der Arbeiten eines Unternehmens bediene. Es könne nicht Aufgabe der Wasserrechtsbehörde sein, zu erkunden, ob und welche Arbeitsübereinkommen und Verträge die Bundesstraßenverwaltung mit Bauunternehmungen und diese allenfalls mit Subunternehmungen geschlossen hätten bzw. welche Haftungsmodalitäten sich daraus ergäben. Für die Wasserrechtsbehörde sei maßgebend, daß die Bundesstraßenverwaltung für die beschwerdeführende Partei als Bauwerberin bzw. Baulastträgerin (§ 8 des Bundesstraßengesetzes vom , BGBl. Nr. 286) und somit für den Gesamtbau als verantwortlich anzusehen sei. Ergänzend werde festgestellt, daß die Anlage einer Materialdeponie im Abflußbereich eines Gewässers jedenfalls eine bewilligungsbedürftige Maßnahme nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 darstelle und nach den allgemeinen Grundsätzen des Wasserrechtsgesetzes 1959 derjenige um die wasserrechtliche Bewilligung einzuschreiten habe, der die Arbeiten in Auftrag gebe und nicht derjenige, der sie ausführe. Es sei daher der Sanierungsauftrag an die beschwerdeführende Partei zu richten gewesen, der es selbstverständlich unbenommen bleibe, sich auf Grund der geschlossenen Verträge bei den beauftragten Unternehmungen schadlos zu halten.

Gegen diesen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom erhob der Landeshauptmann von Oberösterreich namens der beschwerdeführenden Partei fristgerecht Berufung. Die Rechtsmittelwerberin brachte im wesentlichen vor, daß die im Spruchabschnitt II des angefochtenen Bescheides aufgetragenen Maßnahmen nicht der Beschwerdeführerin hätten vorgeschrieben werden dürfen, da man sich beim Bau der Bundesstraße einer Fachfirma bedient habe. Gemäß Bauvertrag habe der Auftragnehmer für das Ausscheiden von überschüssigem Material dieses auf vom Auftragnehmer beizustellende Deponieplätze zu lagern. Die auftragnehmende Firma habe demnach auf ihre Kosten Vereinbarungen mit Grundeigentümern zwecks Lagerung dieses Materials zu treffen; seitens der beschwerdeführenden Partei habe in dieser Hinsicht kein Einfluß ausgeübt werden können. Wenn die Bauunternehmung hiebei Schäden verursacht und eine allenfalls erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nicht eingeholt habe, dann sei die Bauunternehmung dazu anzuhalten und nicht die beschwerdeführende Partei, da ihrerseits dazu kein Auftrag an den Auftragnehmer ergangen sei und auch im Projekt der Beschwerdeführerin davon nichts enthalten sei. Die Aufschüttung sei mit Zustimmung des Grundeigentümers erfolgt, der sich davon offenbar einen wirtschaftlichen Nutzen versprochen habe. Nicht die Bundesstraßenverwaltung habe diese Aufschüttung des Ufergrundes in Auftrag gegeben, vielmehr hätten gemäß § 38 WRG 1959 die Bauunternehmung oder der Grundeigentümer, die einen privatrechtlichen Vertrag geschlossen haben, eine allfällige wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gehabt. Darüber hinaus könnten gemäß § 47 WRG 1959 solche Auflagen, wie sie der beschwerdeführenden Partei unter Spruchabschnitt II des angefochtenen Bescheides erteilt worden sind, nur dem Eigentümer des Ufergrundstückes oder dem Ausführenden erteilt werden.

Mit dem nunmehr durch Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hat der Landeshauptmann von Oberösterreich gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 die Berufung abgewiesen und den Bescheid der ersten Instanz bestätigt.

Darüber hinaus wurde gemäß § 112 WRG 1959 die im erstinstanzlichen Bescheid, Spruchabschnitt 11/6, festgelegte Frist "bis zum verlängert".

Diesen Bescheid vom hat die Behörde zweiter Instanz im wesentlichen wie folgt begründet: § 47 WRG 1959 könne im Beschwerdefall nicht herangezogen werden, da Anschüttungen und Deponien nicht dem Begriff der Instandhaltung oder Bewirtschaftung nach § 47 WRG 1959, sondern nur den Regelungen des § 38 WRG 1959 zugeordnet werden könnten. Bei Weiterführung dieses Grundsatzes ergebe sich in logischer Konsequenz eine Bewilligungspflicht nach § 38 WRG 1959, da es sich um Anlagen im Hochwasserabflußbereich handle. Dabei sei festzustellen, daß eine Zustimmung des berührten Grundeigentümers die notwendige wasserrechtliche Bewilligung nicht zu ersetzen imstande sei. Es zeige nur, daß der Grundeigentümer gewillt sei, einer Lagerung auf seinem Grundstück zuzustimmen, ohne daß dadurch einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren nach § 38 WRG 1959 vorgegriffen werden könne.

Weiters sei darauf hinzuweisen, daß zwar im Interesse der Instandhaltung der Gewässer sowie zur Hintanhaltung von Überschwemmungen immer nur der Eigentümer des Ufergrundstückes zur Durchführung entsprechender Maßnahmen gemäß § 47 WRG 1959 verpflichtet werden könne. Gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 könne jedoch derjenige, der die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes übertreten habe - im Beschwerdefall derjenige, der Ablagerungen im Hochwasserabflußbereich ohne wasserrechtliche Bewilligungen vorgenommen habe - von der Wasserrechtsbehörde verhalten werden, auf seine Kosten die Neuerung zu beseitigen.

Es ergebe sich daher die wesentliche Frage, wer von der Wasserrechtsbehörde zur Entfernung der wasserrechtlich nicht bewilligten Ablagerungen im Hochwasserabflußbereich herangezogen werden könne.

Die beschwerdeführende Partei habe gemeint, eine eigene Haftung ablehnen zu können, wobei sie sich auf einen Vertrag mit der von ihr beauftragten bauausführenden Firma berufen habe.

Dem vorgelegten Exemplar des Bauvertrages sei zu entnehmen, daß unter Punkt 12 der Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis der Auftragnehmer verhalten werde, Lager und Deponieplätze beizustellen. Unter Position 217 des Leistungsverzeichnisses sei dafür ein Abrechnungsposten vorgesehen.

Das zeige, daß der Auftragnehmer als der Bundesstraßenverwaltung Verantwortlicher für die ordnungsgemäße Ablagerung des Aushubmaterials, allerdings im Innenverhältnis zu sorgen gehabt habe. Der vorgelegte Bauvertrag regle die Durchführung der vergebenen Arbeiten und die Abrechnungsmodalitäten. Als Verantwortlicher für die Bauführung scheine demnach die beschwerdeführende Partei auf, die sich ihrerseits einer Fachfirma bedient habe. Das zwischen diesen beiden Vertragspartnern bestehende Verhältnis bleibe jedoch ohne rechtliche Wirkung im Außenbereich. Es bedeute vielmehr nur, daß aus diesem vertraglichen Innenverhältnis Regreßansprüche vom Auftraggeber wegen mangelhafter Erfüllung oder Nichterfüllung gegen den Auftragnehmer geltend gemacht werden könnten. Seitens der Wasserrechtsbehörde sei daher nur an den nach außen Verantwortlichen heranzutreten gewesen, ohne daß darauf einzugehen war, welcher Haftungsrahmen im beschriebenen Innenverhältnis bestehe.

"Die Verlängerung" der im angefochtenen erstinstanzlichen Bescheid vom festgesetzten Frist sei in der angeführten Gesetzesstelle (§ 112 WRG 1959) begründet gewesen.

Gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich dadurch beschwert, daß ein wasserpolizeilicher Auftrag - gestützt auf § 38 WRG 1959 in Verbindung mit § 138 Abs. 1 des genannten Gesetzes - im Beschwerdefall überhaupt nicht hätte erlassen werden dürfen bzw. daß ein derartiger Auftrag, falls seine Zulässigkeit an sich bejaht werden sollte, keinesfalls an die beschwerdeführende Partei hätte gerichtet werden dürfen. Auch die "Fristverlängerung" bis zum nach § 112 WRG 1959 - die möglicherweise auf einem Schreibfehler beruhe - sei gesetzwidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde im Zusammenhalt mit der von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift erwogen:

Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat seinen Berufungsbescheid auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 des genannten Gesetzes gestützt.

Gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatz derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b) die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände zu beheben,

c) für die sofortige Wiederherstellung geschädigter gewässerkundlicher Einrichtungen zu sorgen.

Die Wasserrechtsbehörden haben - wenngleich über Anregung von Privatpersonen, ohne diese förmlich als antragsberechtigte Betroffene im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 zu behandeln, wobei der nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid der belangten Behörde ausschließlich der beschwerdeführenden Partei und der Verwaltungsbehörde erster Instanz zugestellt worden ist - den strittigen wasserpolizeilichen Auftrag im Instanzenzug deshalb erlassen, weil dies das öffentliche Interesse an der Erhaltung geordneter Gewässerstrecken erfordere. Sie sind davon ausgegangen, daß die beschwerdeführende Partei die ohne wasserrechtliche Bewilligung (§ 38 Abs. 1 WRG 1959) vorgenommenen Materialablagerungen im Hochwasserabflußbereich zu verantworten und deshalb den früheren Zustand wiederherzustellen habe.

Gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 WRG 1959 erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich beschränkt oder gegen Widerruf erteilt werden.

Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Vorgangsweise dann als eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 zu beurteilen, wenn für sie eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich gewesen, diese aber nicht erwirkt worden ist (vgl. etwa Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 4211/A, vom , Zl. 158/70, und vom , Zl. 1353/73).

Die beschwerdeführende Partei vertritt allerdings in ihrer Beschwerde die Ansicht, daß Erdablagerungen keinesfalls als "Bauten" bzw. "Anlagen" im Sinne des § 38 Abs. 1 WRG 1959 angesehen werden könnten und daher unzutreffenderweise diese Gesetzesstelle als Grundlage für den wasserpolizeilichen Auftrag im Sinne des § 138 Abs. 1 des genannten Gesetzes herangezogen worden sei; die beschwerdeführende Partei meint, die in Rede stehenden Erdablagerungen könnten deshalb nicht als Anlage im Sinne des § 38 WRG 1959 qualifiziert werden, weil hier zwar Erdmaterial von Menschenhand verbracht, aber nichts hergestellt oder errichtet worden sei, was dem Begriff der "Anlage" unterstellt werden könne. Erdablagerungen könnten höchstens unter § 47 WRG 1959, betreffend die Instandhaltung der Gewässer und des Überschwemmungsgebietes, subsumiert werden. Nach dieser Gesetzesstelle könnten aber grundsätzlich nur den Eigentümern der Ufergrundstücke entsprechende Aufträge erteilt werden. Eine bewilligungsbedürftige Änderung sei im übrigen im Beschwerdefall nicht vorgenommen worden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 5070/A, dargelegt hat, muß unter einer Anlage im Sinne des Wasserrechtsgesetzes alles das verstanden werden, was durch die Hand des Menschen "angelegt", also errichtet, wird. Die Anlage ist der weitere, der Bau der engere Begriff, was sich aus der Vorschrift des § 38 Abs. 1 WRG 1959 ergibt.

In der Beschwerde wird nun, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend dartut, die Tatsache, daß Material im Zuge des Bundesstraßenausbaues im Abfluß- bzw. Uferbereich eines unbenannten Gerinnes abgelagert worden ist, nicht bestritten. Die Errichtung einer Deponie im Hochwasserabflußbereich - letztere Qualifikation ist im Beschwerdefall gleichfalls unbestritten geblieben - gehört zwar nicht zu einer der in den §§ 9, 32, 40 und 41 WRG 1959 genannten Gruppe von Wasserbauten, bedeutet aber eine Verengung des Abflußbereiches und stellt somit eine "Anlage" von Menschenhand dar (vgl. Anmerkung 4 zu § 38 WRG 1959 bei Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht, zweite Auflage, Seiten 249 f), worauf auch die Gegenschrift zutreffend hinweist.

Die Ablage von Straßenaushubmaterial im Hochwasserbereich bedurfte demnach einer wasserrechtlichen Bewilligung, die im Beschwerdefall nicht eingeholt worden ist.

Die beschwerdeführende Partei setzt sich in ihrer Beschwerde weiterhin auch dagegen zur Wehr, daß der wasserpolizeiliche Auftrag nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 an sie gerichtet worden ist. Dem Bescheid liege der unbestrittene Sachverhalt zugrunde, daß die festgestellten Erdablagerungen nicht von Bediensteten der Bundesstraßenverwaltung, sondern von einem Bauunternehmen im Einvernehmen mit dem Grundeigentümer vorgenommen worden seien, ohne daß die beschwerdeführende Partei irgendeinen Einfluß darauf gehabt habe, wo die Baufirma Aushubmaterialien abgelagert oder die Ablagerungen in Auftrag gegeben wurden. Wenn auch das abgelagerte Material von einem Bundesstraßenbau stamme, für dessen Ausführung die Beschwerdeführerin verantwortlich sei, reiche dies zur Begründung einer der der Beschwerdeführerin anzulastenden Tätereigenschaft im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 keinesfalls aus.

Zu diesen Beschwerdeausführungen ist folgendes zu sagen:

Der Wortlaut des § 138 Abs. 1 WRG 1959, wonach an denjenigen, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, der wasserpolizeiliche Auftrag zu richten ist, könnte zu der Annahme verleiten, daß irgendeiner Person ein Verschulden daran angelastet werden muß, daß Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes übertreten worden sind. Indes läßt der sonstige Wortlaut des § 138 WRG 1959 erkennen, daß unter Übertretungen des Wasserrechtsgesetzes eigenmächtig vorgenommene Neuerungen, unterlassene Arbeiten, die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände und die Beschädigung gewässerkundlicher Einrichtungen verstanden werden, also die objektive Verwirklichung eines dem Wasserrechtsgesetz widersprechenden Zustandes hinreicht. Somit ist es für die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 WRG 1959 nicht notwendig, daß irgendeine Person schuldhaft Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes übertreten hat (vgl. z.B. Erkenntnis des Gerichtshofes vom , Slg.Nr. 5327/A). Die bei Krzizek in seinem Kommentar zum Wasserrechtsgesetz auf Seite 551 angeführte ältere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die offensichtlich davon ausgegangen ist, es müsse eine an sich strafbare Handlung vorliegen, läßt sich für § 138 WRG 1959 nicht aufrechterhalten.

Auch eine juristische Person kann Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes durch Handlungen oder Unterlassungen "übertreten". 138 Abs. 1 WRG 1959 schließt auch die Möglichkeit nicht aus, daß in einem bestimmten Fall mehrere Personen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten haben. Als Täter nach § 138 WRG 1959 kommt somit jeder in Betracht, der die Übertretung des Gesetzes verursacht oder mitverursacht hat.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens haben im Beschwerdefall dargetan - was übrigens auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird -, daß bei einem größeren Hochwasser die Gefahr eines konzentrierten Materialabtrages besteht, sodaß das öffentliche Interesse im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages erfordert.

Dessenungeachtet widerstreitet der im Instanzenzug ergangene wasserpolizeiliche Auftrag dem Gesetz, weil er durch § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 nicht gedeckt ist: Werden doch der beschwerdeführenden Partei neue Maßnahmen, so vor allem der Ausbau einer Gerinnstrecke aufgetragen, was über die gesetzliche Verpflichtung zur bloßen Beseitigung hinausgeht.

Soweit die beschwerdeführende Partei dagegen ankämpft, daß ihr von der belangten Behörde die Gesetzesübertretung im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 angelastet worden ist, muß vorweg gesagt werden, daß die Verantwortlichkeit der beschwerdeführenden Partei und ihre Legitimation zur Entgegennahme des wasserpolizeilichen Auftrages nicht schlechthin mit dem Hinweis bestritten werden konnte, eine Bauunternehmung sei mit dem Verbringen des Aushubmaterials und der Anschüttung der Deponie an einem anderen Ort beauftragt worden. In diesem Zusammenhang verweist der Verwaltungsgerichtshof auf sein Erkenntnis vom , Zl. 1203/58, welches eine Verwaltungsstrafsache wegen Nichteinholung einer wasserrechtlichen Bewilligung durch den Bauherrn für eine bewilligungspflichtige Maßnahme im Sinne des § 34 Abs. 1 WRG 1934 (nunmehr § 38 Abs. 1 WRG 1959) betroffen hat.

Ungeachtet dieser Überlegungen wird allerdings im allenfalls fortzusetzenden Verfahren zu berücksichtigen sein, daß - wobei die belangte Behörde diesbezüglich Ausführungen in der Gegenschrift nachgeholt hat - das "Innenverhältnis" zwischen der Beschwerdeführerin und der Bauunternehmung im bisherigen Ermittlungsverfahren nicht hinlänglich dargestellt worden ist.

Im Sinne obenstehender Erwägungen war der angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

Es erübrigte sich, auf den offensichtlichen Schreibfehler im angefochtenen Bescheid bei der Fristsetzung "bis zum " weiter einzugehen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz an die beschwerdeführende Partei gründet sich auf die §§ 47 und 48 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.

Der Umstand, daß der Bund gegen den in mittelbarer Bundesverwaltung erlassenen Bescheid des Landeshauptmannes Beschwerde erhoben hat, stand im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Zuerkennung von Aufwandersatz nicht entgegen (vgl. u.a. Beschluß vom , Slg. Nr. 3506/F, und Erkenntnis des Gerichtshofes vom , Zl. 2576/77). Soweit oben Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes angeführt sind, welche nicht in der Amtlichen Sammlung verlautbart wurden, sei auf Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §38;
Sammlungsnummer
VwSlg 9922 A/1979
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1979:1978002611.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-58817