Suchen Hilfe
VwGH 16.11.1959, 2521/56

VwGH 16.11.1959, 2521/56

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
RS 1
Auch der Gesellschafter einer GmbH kann als Geschäftsführer zur Gesellschaft in einem lohnsteuerpflichtigen Arbeitsverhältnis stehen (Hinweis E , 1155/49 VwSlg 470 F/1951).
Normen
RS 2
Zuwendungen an den als Geschäftsführer einer GmbH tätigen Gesellschafter bilden nur insoweit Arbeitslohn, als sie eine angemessene Entlohnung für dessen Tätigkeit in dieser Funktion darstellen. Darüber hinaus stellen sie für den Empfänger Einkünfte aus Kapitalvermögen dar (Hinweis E , 300/63).

Entscheidungstext

Beachte

Siehe jedoch:

1666/79 E VS VwSlg 5535 F/1980;;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Eichler, Dr. Kaupp und Dr. Kadecka als Richter, im Beisein des Administrationsrates Dr. Klein als Schriftführer, über die Beschwerde der A KG (ehemalige A Ges.m.b.H.) in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VI - 1044/1-1955, betreffend Kinderbeihilfenfondsbeiträge, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, die in den Jahren 1952 - 1954 die „A“ in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung geführt und sich mit Wirkung vom in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt hat, wurde im September 1955 einer Lohnsteuerprüfung unterzogen. Dabei ergaben sich Nachforderungen an Lohnsteuer und an Beiträgen zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe, weil das Unternehmen von den Bezügen der beiden Geschäftsführer der Ges.m.b.H. diese Abgaben und Beiträge nicht einbehalten und abgeführt hatte. Die Bezüge waren zwar nicht zur Gänze ausbezahlt, sondern zum Teil bloß gutgeschrieben, aber jeweils als Betriebsausgaben behandelt und im Jahre 1952 mit S 84.000,--, im Jahre 1953 mit S 74.000,-- und im Jahre 1954 mit S 144.000,-- gebucht worden. Das Finanzamt erließ einen Haftungs-und Zahlungsbescheid, mit dem an Lohnsteuer und an Beiträgen zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe insgesamt S 67.063,-- nachgefordert wurden. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde die Heranziehung der Bezüge der Geschäftsführer bei der Berechnung des Beitrages zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe bekämpft. Die Nachforderung an Lohnsteuer blieb unangefochten. Bei den Geschäftsführern handle es sich um wesentlich beteiligte Gesellschafter der Ges.m.b.H. und um keine echten Dienstnehmer. Diese seien vielmehr dem Unternehmer gleichzustellen. Dies ergebe sich aus § 7 Z. 6 des Gewerbesteuergesetzes 1953, der die Hinzurechnung dieser Bezüge zum Gewinn aus Gewerbebetrieb anordne. Eine unterschiedliche Behandlung dieser Beträge nach dem Gewerbesteuergesetz und nach dem Kinderbeihilfengesetz könne aber nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein. Im Verlaufe des Berufungsverfahrens wurde weiter noch vorgebracht, das Unternehmen werde als eine Familiengesellschaft m.b.H, geführt. Zwei Familien„stämme“ seien wesentlich beteiligt und laut Gesellschaftsvertrages berechtigt und verpflichtet, je einen Geschäftsführer zu stellen. Das Vorliegen eines Dienstverhältnisses dieser Geschäftsführer zur Gesellschaft müsse aber verneint werden, weil die an der Gesellschaft beteiligten Familien auch das gesamte Unternehmerwagnis und auch die Haftung bis zur Höhe des Gesellschaftskapitals zu tragen hätten. Den beteiligten Familien seien aber die Geschäftsführer gleichzusetzen. Es sei zu unterscheiden zwischen Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft, die an dieser nicht oder nur geringfügig beteiligt sind, und zwischen solchen, die wesentlich beteiligt sind oder, wie im vorliegenden Fall, überhaupt die Gesellschaft bilden. Es sei auch dem einen Gesellschafter die Verpflichtung auferlegt worden, ihm gutgeschriebene Bezüge nicht zu beheben, eine Beschränkung, die einem Angestellten gar nicht auferlegt werden dürfte. Dort, wo der tatsächliche und wirtschaftliche Sachverhalt gegen das Vorliegen eines echten Dienstverhältnisses spreche, könnten mithin auch die Bezüge nicht in die Summe der Arbeitslöhne zur Berechnung des Beitrages zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe herangezogen werden.

Die Finanzlandesdirektion wies die Berufung mit der Begründung ab, die Bezüge von Geschäftsführern einer Ges.m.b..H., die zugleich Gesellschafter sind, seien grundsätzlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Dies müsse umso mehr dann gelten, wenn diese Bezüge, wie im vorliegenden Fall, auch bei der Körperschaftsteuer nicht als verdeckte Gewinnausschüttungen beurteilt, sondern als Betriebsausgaben anerkannt worden sind. Der Lohnsteuer unterliegende Bezüge seien aber auch die Grundlage für die Beiträge zum Kinderbeihilfenfonds. Aus der gemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes 1953 vorgeschriebenen Zurechnung der Bezüge zum Gewerbegewinn könne keinesfalls geschlossen werden, daß diese dadurch die Eigenschaft von lohnsteuerpflichtigen Dienstbezügen verlieren würden.

Gegen diese Entscheidung wurde die vorliegende Beschwerde eingebracht, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach § 11 Abs. 1 des Kinderbeihilfengesetzes, in der Fassung des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 135, ist der Beitrag des Dienstgebers zum Ausgleichsfonds für Kinderbeihilfe von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen (§ 19 Abs.1 des Einkommensteuergesetzes, ausgenommen Z. 2), die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer gezahlt worden sind (Beitragsgrundlage). Das Gesetz verweist also auf den im Einkommensteuergesetz enthaltenen Begriff der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslöhne). Wesentlich für die Entscheidung des vorliegenden Falles ist allein die Frage, ob die Geschäftsführer der Ges.m.b.H. lohnsteuerpflichtige Bezüge, empfangen haben. Wird diese Frage bejaht, dann ergibt sich angesichts der klaren Bestimmung des § 11 Abs.1 des Kinderbeihilfengesetzes, daß diese Bezüge grundsätzlich in die Beitragspflicht nach diesem Gesetz einzubeziehen sind. Nun hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 470/F, ausgesprochen, daß selbst ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn er als Geschäftsführer der Gesellschaft tätig ist, zur Gesellschaft in einem lohnsteuerpflichtigen Arbeitsverhältnisse stehen kann. Die belangte Behörde hat angenommen, daß ein solcher Fall hier vorliege. Nun kann zwar der Ansicht der Beschwerde, daß die Geschäftsführer der Gesellschaft im vorliegenden Fall als Unternehmer anzusehen seien, nicht beigepflichtet werden. Die beiden Geschäftsführer, denen die Vertretung und Leitung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung obliegt, wurden nicht, wie regelmäßig üblich, durch späteren Beschluß der Gesellschaft bestellt, sondern sie konnten, da sie selbst auch Gesellschafter sind, bereits im Gesellschaftsvertrag eingesetzt werden. Die im Gesellschaftsvertrage gefaßten Beschlüsse gelten aber, wie andere Beschlüsse der Gesellschaft, als Wille der Gesellschaft. Durch diesen wurden zwei der Gesellschafter zu Geschäftsführern, also zu Organen der Gesellschaft, bestellt. Weder in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter noch in ihrer Doppelstellung als Geschäftsführer und Gesellschafter sind sie aber Unternehmer. Als Unternehmer kann vielmehr nur die Gesellschaft als solche angesehen werden. Nur sie hat ein Unternehmerwagnis zu tragen. Daraus ergibt sich aber noch nicht zwingend, daß Zuwendungen an diese Geschäftsführer unter allen Umständen lohnsteuerpflichtige Bezüge im Sinne des § 19 des Einkommensteuergesetzes bilden müssen. Nur dann nämlich, wenn diese Zuwendungen an die Gesellschafter-Geschäftsführer eine angemessene Entlohnung für ihre Tätigkeit in der Gesellschaft darstellen, bilden sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Andernfalls können sie aber auch ganz oder zum Teil Einkünfte aus Kapitalvermögen - z.B. Vorschüsse auf künftig auszuschüttende Gewinnanteile - darstellen. Die belangte Behörde hat diesen Umstand nicht näher untersucht, sondern sich damit begnügt, festzustellen, daß die bezüglichen Aufwendungen von der Gesellschaft selbst als Betriebsausgaben gewinnmindernd verbucht und daß bei der Veranlagung der Gesellschaft zur Körperschaftsteuer verdeckte Gewinnausschüttungen nicht angenommen wurden. Dies kann jedoch nicht als zur Prüfung der wesentlichen Frage ausreichend angesehen werden. Die Behörde hätte die Angemessenheit der Zuwendungen prüfen und namentlich auch erforschen müssen, auf welcher Rechtsgrundlage sie gewährt worden sind. Die Unterlassung derartiger Ermittlungen verwehrt dem Gerichtshof eine einwandfreie Beurteilung des Falles und stellt somit einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1952 aufzuheben.

Zu bemerken ist noch, daß es nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 des Kinderbeihilfengesetzes in seiner bis zum in Geltung gestandenen Fassung - vor dem Inkrafttreten der in Artikel II des Familienlastenausgleichsgesetzes, BGBl. Nr. 18/1955, enthaltenen 5. Novelle - für die Berechnung der Beitragsgrundlage grundsätzlich darauf ankommt, was an lohnsteuerpflichtigen Bezügen tatsächlich gezahlt und nicht, was etwa nur gutgeschrieben worden ist (siehe das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2262/56, von dem den Parteien auf Verlangen eine Abschrift übermittelt werden wird).

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 2116 F/1959;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1959:1956002521.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAF-58725