VwGH 16.12.1952, 2465/51
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | BauO Wr §129 Abs4 |
RS 1 | Bei einem baupolizeilichen Auftrag, der als vorläufige Sicherungsmaßnahme zur Hintanhaltung einer Gefahr notwendig ist, kann die Frage der Wirtschaftlichkeit nicht aufgeworfen werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsidenten Ehrhart und die Räte Dr. Werner, Dr. Borotha, Dr. Vejborny und Dr. Hrdlitzka als Richter, im Beisein des Landesregierungsrates Dr. Riemer als Schriftführer, über die Beschwerde des RH in Wien und Mitbesitzer gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheid des Wiener Magistrates - M. Abt. 64 im selbständigen Wirkungsbereich vom , Zl. 8011/50), betreffend Erteilung von baupolizeilichen Aufträgen, nach durchgeführter öffentlicher Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Rudolf M. Schüssler, und des Vertreters der belangten Behörde, Obermagistratsrat Dr. FK, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Wiener Magistrat hat bei einem Ortsaugenschein festgestellt, dass die auf der Liegenschaft Wien, D-Strasse 47, bestehende Baulichkeit durch Kriegseinwirkungen beschädigt wurde. Im Hinblick auf die Gefährdung der Mieter wurde dem Hauseigentümer mit Bescheid vom der Auftrag erteilt, die Wohnungen im Vordergebäude räumen zu lassen. Gleichzeitig wurde der Hauseigentümer beauftragt, bis zur erfolgten Räumung alle jene Vorkehrungen zu treffen, die zur Hintanhaltung einer unmittelbaren Gefahr für die Benützer erforderlich sind. Bei einem am durchgeführten Ortsaugenschein wurde festgestellt, dass die inzwischen im lege der Ersatzvornahme durchgeführte Pölzung innerhalb des Gebäudes sich gelockert und die Absteifung der Versteifung gegen die Nachbargrundstücke nachgegeben hat, dass die Abschlussmauer rechts vom Kellereingang des Hintergebäudes in der oberen Hälfte nach innen überhängend ist und dass über dem noch in Verwendung stehenden Keller Schüttmassen lagern, die stellenweise das Mass der zulässigen Inanspruchnahme überschreiten. Daraufhin erhielten die Beschwerdeführer gemäss § 4 a des Wiederaufbaugesetzes vom Jahre 1947 den Auftrag, folgende Sicherungsmassnahmen durchzuführen:
1.) die vorhandenen Pölzangen nach gründlicher Überprüfung nach zukeilen und allenfalls auf das notwendige Mass zu verstärken.
2.) die Absteifung der Feuermauer gegen den Nachbargrund zu verstärken und wirksam gegen das Erdreich abzustützen;
3.) die rechts vorn Kellerabgang befindliche Abschlussmauer soweit abzutragen, dass der Kellerabgang als solcher benützbar bleibt;
4.) über den von einem Einsturz bedrohten Teil der Kellerdecke die Schuttmassen in solchem Umfang zu entfernen, dass dies eine wirksame Entlastung darstellt;
5.) den unter dem rechten Teil der Gaststätte gelegenen Keller für jede Benützung zu sparen und zieht mehr zu betreten.
Der dagegen eingebrachten Berufung hat die Bauoberbehörde für Wien zufolge Beschlusses vom keine Folge gegeben. Sie hat aber den Bescheid dahin abgeändert, dass er auf die Bestimmungen des § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien gegründet wurde. Hievon wurden die Beschwerdeführer mit dem Bescheid des Wiener Magistrates - Abt. 64 vom in Kenntnis gesetzt.
Die vorliegende, rechtzeitig erhobene Beschwerde bekämpft den Berufungsbescheid wegen der Unwirtschaftlichkeit der aufgetragenen Massnahmen. Durch die Massnahmen würde nichts anderes erreicht werden, als dass der bereits gekündigte Inhaber der Gastwirtschaft „gegen die Abtragungsbewilligung und weiters widerrechtlich“ den Bestandgegenstand weiter benützen könnte.
Über die Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von Baulichkeiten, deren Abtragung ihnen mit dem Bescheid des Wiener Magistrates - Abt. 37 - vom bewilligt wurde. Die beiden im Gebäude untergebrachten Wohnungen waren im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zufolge des baupolizeilichen Auftrages vom bereits geräumt, während die Gastwirtschaft noch in Betrieb war. Da ein baufälliges Haus eine Quelle von Gefahren bedeutet, ist die Baubehörde berechtigt, die notwendigen Sicherungsmassnahmen zwecks Hintanhaltung der Gefährdung von Menschen zu treffen. Diese Befugnis gibt ihr der § 129 Abs. 4 der Bauordnung für Wien. Infolgedessen kann der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig sein. Der Gerichtshof findet die Ansicht der belangten Behörde für zutreffend, dass die Frage der Wirtschaftlichkeit nicht aufgeworfen werden kann, wenn vorläufige Sicherungsmassnahmen zur Hintanhaltung einer Gefahr notwendig sind. renn der Vertreter der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung noch vorgebracht hat, dass er wegen des Verhaltens des Mieters der dem Betrieb der Gastwirtschaft dienenden Räume nicht in der Lage sei, von der Abtragungsbewilligung Gebrauch zu machen, so kann durch dieses Vorbringen die Rechtmässigkeit des Bescheides nicht in Frage gestellt werden.
Die Beschwerde ist unbegründet, weshalb sie abzuweisen war (§ 42 Abs. 1 VwGG).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | BauO Wr §129 Abs4 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1952:1951002465.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAF-58673