VwGH 15.01.1960, 2464/56
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Dies wird bei einer RENTENZAHLUNG im allgemeinen dann der Fall sein, wenn jemand einen Betrieb, Teilbetrieb oder Gesellschaftsanteil an einen anderen gegen Gewährung einer Rente veräußert. Hier wird die Rente in der Regel den Kaufpreis für die vom Erwerber übernommenen Wirtschaftsgüter darstellen, zu denen auch die stillen Reserven und der immatierielle Geschäftswert gehören. In diesem Falle muß der Erwerber in seiner Eröffnungsbilanz die Rente (KAUFPREISRENTE) mit dem Kapitalwert passivieren. Ist eine Rentenleistung nicht als Entgelt für die Überlassung eines Betriebes (Gesellschaftsanteiles) gedacht, sondern steht bei ihrer Vereinbarung der Versorgungsgedanke im Vordergrund, so stellt die Rente keinen Gegenwert für die vom Belasteten übernommenen Werte dar, sondern sie soll dem Berechtigten gewissermaßen als Entschädigung für seine frühere Tätigkeit im Betrieb eine laufende Versorgung für die Zukunft sicherstellen (VERSORGUNGSRENTE). Hiezu ist allerdings zu bemerken, daß bei Erwerb eines Betriebes gegen Gewährung einer Rente an den bisherigen Inhaber oder dessen Witwe in der Regel ein Kauf anzunehmen ist. Nur dort, wo beim Erwerb eines Betriebes unter Vereinbarung einer Rentenleistung der Versorgungsgedanke offensichtlich im Vordergrund steht, wird man das Vorliegen eines Kaufvertrages verneinen. Das wird aber im allgemeinen nur bei Geschäften zwischen nahen Verwandten oder in solchen Fällen anzunehmen sein, wo die den Übernehmer belastende Rentenverpflichtung zu dem geringen Wert des übernommenen Betriebes in auffallendem Mißverhältnis steht. Von der Gewährung einer Versorgungsrente kann unter Umständen auch dann die Rede sein, wenn der verbleibende Gesellschafter, der sich um den Betrieb verdient gemacht hat, oder seiner Witwe, in erster Linie mehr aus moralischen Erwägungen, die aber gar wohl auch mit betrieblichen Gesichtspunkten zusammenfallen können, eine Versorgung zusichern, weil auch der Betrieb ein Interesse haben kann, daß frühere Inhaber (vielleicht Mitbegründer oder Namensträger) des Betriebes nicht unversorgt dastehen. Im Gegensatz zu den echten Kaufpreisrenten sind die einzelnen Versorgungsrenten (soweit sie nicht vornehmlich auf verwandschaftlichen Gründen beruhen) GEWINNMINDERND zu behandeln, ohne daß eine Passivierungspflicht und Aktivierungspflicht bestünde. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Wasniczek als Vorsitzenden und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eicher und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Klein als Schriftführer, über die Beschwerde der prot. Firma S & Co. Kommanditgesellschaft in W gegen den Bescheid der Berufungskommission für Wien bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VI - 2315/1-1955, betreffend Gewinnfeststellung 1951 und Gewerbesteuer 1951, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine Kommanditgesellschaft, zu der sich im Jahre 1946 die Gesellschafter AS, dessen Schwiegertochter HS, verwitwete S, und deren Ehemann KS, zusammengeschlossen hatten.
Aus Anlaß der Steuererklärung 1949 legte die Beschwerdeführerin einen Jahresabschluß vor, in welchem das Ausscheiden des Gesellschafters AS zum ausgewiesen wurde. Das in diesem Zeitpunkt auf dem Kapitalkonto dieses Gesellschafters aufscheinende Minuskapital von S 41.019.76 wurde als uneinbringliche Forderung der Gesellschaft abgeschrieben. Dieser Vorgang wurde in einer Vorhaltsbeantwortung, dahin erläutert, daß S ein "lästiger" Gesellschafter gewesen sei, an dessen Ausscheiden aus betrieblichen Gründen das größte Interesse bestanden habe. Er sei ein "vermögensloser Pensionist", weshalb die gegen ihn bestehende Kapitalforderung als verloren anzusehen und abzuschreiben sei.
Das Finanzamt nahm hierauf die Gewinnfeststellung 1949 im Sinne des ihm vorgelegten Jahresabschlusses vor.
Beim Jahresabschluß 1950 machte die Beschwerdeführerin u. a. eine Rentenzahlung von S 6.000,-- als Betriebsausgabe geltend und gab hiezu auf Vorhalt des Finanzamtes an, daß sie das Ausscheiden des einstigen Teilhabers AS, der ein lästiger Gesellschafter geworden sei, nur durch Zusage einer an seine Frau zu leistenden Rente von monatlich S 500,-- habe erreichen können. Sie legte hiezu einen "Dissolutionsvertrag" vom vor, in welchem festgehalten ist, daß sich AS "auf Grund seines Alters und seines nicht guten Gesundheitszustandes" im Einvernehmen mit den übrigen Gesellschaftern entschlossen habe, zu den nachstehend genannten Bedingungen aus der Gesellschaft auszuscheiden und seinen Anteil am Vermögen der Gesellschaft endgültig an die verbleibenden Gesellschafter abzugeben:
"I. Herr AS scheidet mit Wirkung vom als öffentlicher Gesellschafter aus der Kommanditgesellschaft S & Co. aus.
II. Obwohl die diesbezügliche Dissolutionsbilanz ergeben hat, daß infolge einer namhaften Summe von Geschäftsschulden das Gesellschaftsguthaben des Herrn AS keinerlei Verkehrswert mehr besitzt, haben sich die übrigen Gesellschafter bereit erklärt und verpflichtet, Herrn AS unter der Bedingung, daß er seinerseits die ausdrückliche Erklärung abgibt, weder gegenüber der Gesellschaft noch gegenüber den Gesellschaftern mit Stichtag irgendein Guthaben oder eine Forderung zu besitzen, diesem folgende Vermögensteile zuzuwenden:
a) die verbleibenden Gesellschafter, Frau HS., verw. S, und Herr KS verzichten auf jegliche Nachschußpflicht und jegliche Haftung des Herrn AS aus seiner ehemaligen Stellung als öffentlicher Gesellschafter des Unternehmens und als dessen Geschäftsführer.
b) Die verbleibenden Gesellschafter Frau HS, verw. S, und Herr KS verpflichten sich zur ungeteilten Hand im eigenen Namen sowie im Namen ihrer Rechtsnachfolger, Frau FS, der Ehegattin des Herrn AS, eine lebenslängliche Leibrente in der Höhe von S 500,-- für die Dauer des Lebens des Herrn AS und nach Ableben des Herrn AS eine solche in der Höhe von 250,-- zu bezahlen ..."
Das Finanzamt versagte bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1950 den geltend gemachten Rentenzahlungen die Anerkennung als Betriebsausgaben, da im Hinblick auf den erst im Jahre 1951 erfolgten Vertragsabschluß eine Rückwirkung der Rentenverpflichtung für das Jahr 1950 steuerlich nicht anerkannt werden könne.
Die Beschwerdeführerin erhob hierauf zunächst Berufung, in welcher sie ausführte, daß S bloß handelsrechtlich mit Wirkung vom aus der Firma ausgeschieden sei. Tätsächlich und vermögensrechtlich sei er jedoch, wie in der Bilanz 1949 ausgewiesen, bereits zum als Gesellschafter ausgeschieden. Auch handle es sich nicht um einen rückwirkenden Vertragsabschluß, sondern es sei die Zuerkennung einer Rente ab dem Ausscheidungstag mit S bereits mündlich vereinbart und später auf dessen Wunsch bloß schriftlich festgehalten worden. In diesem Zusammenhange legte die Beschwerdeführerin Kontenblätter aus ihrer Buchhaltung vor, denen entnommen werden kann, daß während des Jahres 1950 noch ein "Privatkonto AS" geführt wurde, auf welches laufend "Entnahmen" und "Gehälter" gebucht wurden, während die Umbuchung auf ein Konto "Renten" erst zum erfolgte.
Am gab die Firmengesellschafterin HS auf Befragen durch den Referenten an, daß ihr ehemaliger Schwiegervater AS bereits 70 Jahre alt und zu einer Mitarbeit im Betriebe nicht mehr fähig sei. Aus diesem Grund sei eine mündliche Vereinbarung getroffen worden, daß er gegen Zahlung einer Rente aus der Firma ausscheide. Der Zeitpunkt des Ausscheidens sei mit festgesetzt worden und S sei ab l. Jänner 1950 nicht mehr in der Firma erschienen. Das im Vertrag aufscheinende Datum per sei vom Anwalt irrtümlich angesetzt worden. Tatsächlich sei die Rentenzahlung an S bereits ab erfolgt, und zwar zum Teil in Form von Gehaltszahlungen, wie das Privatkonto S zeige. Da die Entnahmen des S für die Firma nicht mehr tragbar gewesen seien, habe man buchhalterisch S als "lästigen Gesellschafter"' behandelt.
Mit Eingabe vom zog die Beschwerdeführerin ihre Berufung wegen Nichtanerkennung der an S gezahlten Rente als Betriebsausgabe zurück, sie behielt sich jedoch vor, in den künftigen Jahren auf die Anerkennung dieser Post als Betriebsausgabe zu bestehen. Tatsächlich machte sie diese Post im Jahresabschluß 1951 neuerlich geltend, worauf das Finanzamt bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1951 der Rentenleistung abermals die Anerkennung als Betriebsausgabe mit der Begründung versagte, daß diese Rente mit dem Ausscheiden des Gesellschafters S in keinem ursächlichen Zusammenhange stehe, sondern erst auf Grund des Vertrages vom mit Wirkung vom vereinbart worden sei und somit ohne Zweifel Versorgungscharakter trage und als rechtlich erzwingbar allenfalls als Sonderausgabe geltend gemacht werden könne.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie neuerlich darauf hinwies, daß S handelsrechtlich mit Wirkung vom , tatsächlich und vermögensrechtlich aber bereits am aus der Firma ausgeschieden sei. Die Zuerkennung der Rente sei ab dem Ausscheidungstage mit S mündlich vereinbart und später auf dessen Wunsch schriftlich festgelegt worden. Es handle sich daher um keinen rückwirkenden Vertragsabschluß. Das seinerzeitige Ausscheiden des S habe vielmehr nur durch Zuerkennung einer Rente erreicht werden können. Eine Versorgungspflicht gegenüber S bestehe nicht; wohl sei S der Schwiegervater der Gesellschafterin HS in deren ersten Ehe gewesen. Diese sei jedoch nach dem Tode ihres ersten Mannes eine zweite Ehe mit KS eingegangen und sei im Zeitpunkte des Abschlusses des gegenständlichen Rentenvertrages bereits zum zweiten Mal verheiratet gewesen, so daß sie weder rechtlich noch moralisch zu einer Versorgung ihres ehemaligen Schwiegervaters verpflichtet gewesen sei. Lediglich betriebliche Gründe seien für die Rentengewährung maßgebend gewesen, da S dies für sein Ausscheiden zur Bedingung gestellt habe. S habe außer einer kleinen Rente aus der Angestelltenversicherung keinerlei Einkünfte besessen und sei völlig vermögenslos gewesen. Es habe daher für die in der Firma verbleibenden Gesellschafter auch nicht gleichgültig sein können, daß ein Mitbegründer der Firma, die heute noch unter dem Namen "S & Co." geführt werde, vor der Allgemeinheit als unversorgt dastehe.
Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheide der Berufung keine Folge. Sie begründete ihre abweisende Entscheidung vornehmlich damit, daß sie auf Grund der Ermittlungsergebnisse in freier Beweiswürdigung zu der Auffassung gelangt sei, daß S tatsächlich zum aus der beschwerdeführenden Gesellschaft ausgeschieden und zumindest im Zeitpunkt seines Ausscheidens eine Rentenverpflichtung von den verbleibenden Gesellschaftern noch nicht eingegangen worden sei. Die später abgeschlossene Vereinbarung einer Rentenzahlung könne daher auf das Ausscheiden des ehemaligen Gesellschafters nicht mehr von Einfluß gewesen sein und sei somit nicht mehr durch den Betrieb veranlaßt worden. Im übrigen hätte die Rente, "falls sie tatsächlich im Zusammenhange mit dem Ausscheiden des Gesellschafters S zum bereits vereinbart worden wäre, zum kapitalisiert und passiviert werden Müssen und auf diese Weise bestenfalls den Gewinn des Jahres 1949 vermindert".
Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Dies wird bei einer Rentenzahlung im allgemeinen dann der Fall sein, wenn jemand einen Betrieb, Teilbetrieb oder Gesellschaftsanteil an einen anderen gegen Gewährung einer Rente veräußert. Hier wird die Rente in der Regel den Kaufpreis für die vom Erwerber übernommenen Wirtschaftsgüter darstellen, zu denen auch die stillen Reserven und der immaterielle Geschäftswert gehören. In diesem Falle muß der Erwerber in seiner Eröffnungsbilanz die Rente (Kaufpreisrente) mit dem Kapitalwert passivieren.
Es kann allerdings auch so sein, daß die Rente nicht als Entgelt für die Überlassung des Betriebes (Gesellschaftsanteiles) gedacht ist, sondern daß bei ihrer Vereinbarung der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht. In diesem Falle stellt die Rente keinen Gegenwert für die vom Belasteten übernommenen Werte dar, sondern sie soll dem Berechtigten gewissermaßen. als Entschädigung für seine frühere Tätigkeit im Betrieb eine laufende Versorgung für die Zukunft sicherstellen (Versorgungsrente). Hiezu ist allerdings zu bemerken, daß bei Erwerb eines Betriebes gegen Gewährung einer Rente an den bisherigen Inhaber oder dessen Witwe in der Regel ein Kauf anzunehmen ist, wie bereits der ehemalige Reichsfinanzhof in wiederholten Entscheidungen ausgeführt hat (vgl. z.B. Urteil vom , RStBl. 1939, S. 1120). Nur dort, wo bei einer solchen Transaktion der Versorgungsgedanke offensichtlich im Vordergrund steht, wird man das Vorliegen eines Kaufvertrages verneinen. Das wird aber im allgemeinen nur bei Geschäften zwischen nahen Verwandten oder in solchen Fällen anzunehmen sein, wo die den Übernehmer belastende Rentenverpflichtung zu dem geringen Werte des übernommenen Betriebes in auffallendem Mißverhältnis steht (vgl. hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1459/F).
Im Gegensatz zu den echten Kaufpreisrenten sind die einzelnen Versorgungsrenten - soweit sie nicht vornehmlich auf verwandtschaftlichen Gründen - gewinnmindernd zu behandeln, ohne daß eine Passivierungs- und Aktivierungspflicht besteht (vgl. Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom , RStBl. 1939, S. 1120).
Von der Gewährung einer Versorgungsrente kann unter Umständen auch dann die Rede sein, wenn die verbleibenden Gesellschafter einem ausscheidenden Gesellschafter, der sich um den Betrieb verdient gemacht hat, oder seiner Witwe in erster Linie mehr aus moralischen Erwägungen, die aber gar wohl auch mit betrieblichen Gesichtspunkten zusammenfallen können, eine Versorgung zusichern, weil auch der Betrieb ein Interesse daran haben kann, daß frühere Inhaber des Betriebes nicht unversorgt dastehen (vgl. Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom , RStBl. 1939, S. 122).
Im vorliegenden Falle hat nun die belangte Behörde auf Grund des von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahrens angenommen, daß die gegenständliche Rentenverpflichtung nicht durch den Betrieb veranlaßt worden sei. Diese in freier Beweiswürdigung gewonnene Sachverhaltsannahme ist jedoch nur insoweit der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzogen, als sie in einem mängelfreien Verfahren zustande gekommen ist und die von der Behörde daraus gezogener Schlußfolgerungen logischen Denkens nicht widersprechen.
Von einem mängelfreien Verfahren kann jedoch im vorliegenden Falle keine Rede sein.
Geht man nämlich davon aus, daß das Finanzamt bei der Veranlagung 1949 die Abschreibung des negativen Kapitalkontos des ausgeschiedenen Gesellschafters S im Betrage von S 41.019,76 als einer uneinbringlichen Forderung zuließ, so hat es sich dabei offenbar von dem Gedanken leiten lassen, daß stille Reserven, die eine entsprechende Aufwertung der Kapitalkonten der verbleibenden Gesellschafter rechtfertigen würden, nicht vorhanden gewesen seien und daß S auch über kein nennenswertes Einkommen oder Vermögen verfüge, welches die Einbringlichkeit der gegen ihn bestehenden Kapitalforderung aussichtsreich hätte erscheinen lassen.
Diese Tatsachen sprechen aber dagegen, daß die gegenständlichen Rentenzahlungen auf eine Kaufpreisrente zurückzuführen sind, weil es hiefür offenbar an den erforderlichen Gegenwerten mangelte. Sie legen vielmehr die Annahme einer echten "Versorgungsrente" nahe, zumal eine bloß die Privatsphäre der Beteiligten betreffende "Unterhaltsrente" auch nicht in Frage kommen dürfte, weil eine gesetzliche Unterhaltspflicht der Gesellschafterin HS gegenüber ihrem ehemaligen Schwiegervater nicht besteht.
Lag aber die Vermutung für das Vorliegen einer Versorgungsrente nahe, so durfte sich die belangte Behörde nicht einfach damit begnügen, auf Grund des von ihr angenommenen zeitlichen Auseinanderfallens des Ausscheidens des Gesellschafters S und der Begründung der Rentenverpflichtung das Bestehen jeglichen Zusammenhanges zwischen Betrieb und Rentenschuld glattweg zu verneinen.
Dabei gründet sich schon die Annahme des zeitlichen Auseinanderfallens von Gesellschafteraustritt und Rentenverpflichtung auf sehr mangelhafte Feststellungen. Geht es doch nicht an, hier bloß die beiden Daten und einander gegenüberzustellen. Denn schon die Tatsache, daß für den ausgeschiedenen Gesellschafter S noch im Jahre 1950 ein Privatkonto geführt wurde, auf dem noch bis zum Oktober 1950 Entnahmen, Krankenkassenbeiträge, Kohlenbezüge und Gehälter gebucht worden sind, spricht gegen die Annahme der belangten Behörde, daß der Austritt des Gesellschafters S tatsächlich schon am erfolgt sei. Der Inhalt der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Kontenblätter, die Tatsache der am erfolgten Vorlage der Bilanz 1949 und die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß das Ausscheiden des Gesellschafters S mit Wirkung für das Handelsregister zum vereinbart worden sei, lassen vielmehr weitaus eher den Schluß zu, daß die Beteiligten sich über das Ausscheiden des Gesellschafters S erst Ende September 1950 einig geworden sind. Daran vermag auch die Angabe der Gesellschafterin HS, daß S tatsächlich bereits am ausgeschieden sei, nichts zu ändern, da der Inhalt der vorgelegten Kontenblätter hiemit nicht im Einklang steht, so daß sich die belangte Behörde über diesen Widerspruch nicht einfach hinwegsetzen durfte. Anderseits war zu beachten, daß dem formellen Abschluß eines Dissolutionsvertrages, wie er hier in dem schriftlichen Vertrage vom 20. Jännner 1951 von einem Notar festgehalten wurde, in der Regel längere Verhandlungen voranzugehen pflegen, so daß aus dem Datum des schriftlichen Vertrages keineswegs geschlossen werden kann, daß eine Einigung der Parteien über den wesentlichen Inhalt des schriftlichen Vertrages erst an diesem Tage zustande gekommen sei. Bei Berücksichtigung aller dieser Umstände erscheint demnach die Annahme der belangten Behörde, daß die gegenständliche Rentenverpflichtung mit dem Ausscheiden des Gesellschafters S in keinerlei Zusammenhang stehe, durch die Ermittlungsergebnisse keineswegs begründet.
Es wäre daher Aufgabe der belangten Behörde gewesen, durch eingehende Vernehmung der vertragschließenden Parteien sowie der von ihnen zu den Vertragsverhandlungen beigezogenen Rechtsberater festzustellen, in welchem Zeitpunkte eine volle Einigung sowohl über das Ausscheiden des Gesellschafters S wie auch über die an diesen bzw. an dessen Gattin zu leistenden Rentenzahlungen erzielt worden ist und ob und inwiefern zwischen diesen beiden rechtlichen Vorgängen ein Zusammenhang besteht.
Übrigens wäre die belangte Behörde selbst dann, wenn ihre Annahme des mangelnden Zusammenhanges zwischen Gesellschafteraustritt und Rentengewährung richtig gewesen wäre, noch nicht einer eingehenden Prüfung enthoben gewesen, ob im gegenständlichen Falle nicht etwa eine Versorgungsrente vorliege, die ja auch einem bereits ausgeschiedenen Gesellschafter aus betrieblichen Erwägungen gewährt worden sein könnte, weil es für die in der Firma "S & Co." verbleibenden Gesellschafter unter Umständen nicht gleichgültig sein mochte, daß der Mitbegründer und Namensträger ihrer Firma vor ihren Geschäftsfreunden als unversorgt dastehe (vgl. Urteil des ehemaligen Reichsfinanzhofes vom 12 . Oktober 1938, RStBl. 1939, S. 122). Auch unter diesem Gesichtspunkte wäre daher allenfalls eine eingehende Vernehmung der Vertragsparteien, ihrer Rechtsberater und etwa sonstiger zu den Vertragsverhandlungen hinzugezogenen Personen erforderlich gewesen. Von dieser Ermittlungspflicht konnte sich die belangte Behörde auch nicht durch den Hinweis befreien, daß im Falle des Vorliegens einer betrieblichen Rentenverpflichtung die Beschwerdeführerin eine Passivierung der Rentenschuld im Jahre 1949 hätte vornehmen müssen, weil eine derartige Passivierungspflicht nur bezüglich einer Kaufpreisrente, nicht dagegen bezüglich einer Versorgungsrente besteht.
Da somit im vorliegenden Falle der Sachverhalt von der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkte aktenwidrig angenommen wurde, bzw. in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 1 und 2 VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der Durchführung einer Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 lit. c VwGG 1952 abgesehen.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1960:1956002464.X00 |
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WAAAF-58670