VwGH 15.11.1960, 2461/59
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner und die Räte Dr. Kaniak, Dr. Hrdlitzka, Dr. Krzizek und Dr. Striebl als Richter, im Beisein des Magistratskommissärs Dr. Liska als Schriftführers, über die Beschwerde des Dipl. Ing. AB in W gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom , Zl. M.Abt.64 - 100/59/Str., betreffend die Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung der Bauordnung für Wien, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Theodor Felsenstein, und des Vertreters der belangten Behörde, Magistratsrat Dr. AG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer der Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien eine Geldstrafe in Höhe von S 2.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 10 Tagen verhängt. Als erwiesen wurde angenommen, der Beschwerdeführer habe innerhalb der Verjährungszeit bis die ihm zu 3/4 gehörige Liegenschaft W, S-gasse 54, insofern nicht in ordentlichen Zustand erhalten, als er lockere Verputzteile nicht habe abschlagen, die schadhaften Fensterflügel in den Außenmauern nicht gegen Absturz sichern und die lockere Gangpflasterung in den einzelnen Geschoßen nicht herrichten lassen. Die Akten des Verwaltungsverfahrens zeigen, daß dem Beschwerdeführer am baupolizeiliche Aufträge zwecks Beseitigung von Baugebrechen (Schäden des Verputzes, des Gangpflasters und der äußeren Fensterflügel) erteilt wurden und daß die Erfüllung dieser Auftrage am eingemahnt wurde. In der Begründung des angefochtenen Bescheides ist im wesentlichen ausgeführt, ein Liegenschaftseigentümer sei kraft Gesetzes zur Erhaltung seiner Baulichkeit verpflichtet, sodaß es überhaupt eines baubehördlichen Instandsetzungsauftrages nicht bedürfe, Der Hinweis, daß ein weiterer Miteigentümer vorhanden sei, vermöge nicht zu verfangen, da die Frage seiner etwaigen Zustimmung zu den Instandsetzungen lediglich für das Innenverhältnis von Bedeutung sei. Die Behauptung, dem Pkt 1) des Bescheides vom (Abschlagen lockerer Verputzteile) sei innerhalb der Tatzeit voll entsprochen worden, werde durch die eigenen Angaben des Beschwerdeführers teilweise widerlegt. Der Beschwerdeführer gebe weiters zu, dem Auftrag zur Instandsetzung des lockeren Gangpflasters nicht entsprochen zu haben, da kein Fliesenleger zur Übernahme der Arbeiten bereit gewesen sei. Aber auch von einer bescheidgemäßen Erfüllung des Auftrages zur Durchführung von Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der absturzgefährdenden Fensterflügel könne nicht gesprochen werden, da das bloße Aushängen der schadhaften Fensterflügel keinesfalls als eine bescheidgemäße Erfüllung des Auftrages bezeichnet werden könne. Was schließlich die vollständige Abschlagung der lockeren Verputzteile an der Fassade anlange, so sei bei der Beweiswürdigung den Angaben der zuständigen Abteilung des Magistrates der Vorrang gegenüber der gegenteiligen Behauptung des Beschwerdeführers gegeben worden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und hiezu im wesentlichen ausgeführt: Das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz beruhe auf Feststellungen vom , wonach ein Teil der aufgetragenen Sicherungsarbeiten zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchgeführt gewesen sei. Dies habe der Beschwerdeführer zugegeben, sich jedoch wegen des lockeren Gangpflasters dahin entschuldigt, daß es bis dahin nicht möglich gewesen sei, einen Fliesenleger aufzutreiben, Er habe auch vorgebracht, daß er der Verpflichtung, den lockeren Verputz der Außenfassade abzuschlagen, nachgekommen und daß es völlig unmöglich sei, von der Straße aus festzustellen, ob die noch an der Fassade haftenden Verputzteile locker seien oder nicht. Bis zur Erlassung des Straferkenntnisses sei noch das Gangpflaster in Ordnung gebracht, der schadhafte Verputz der Gangdecken abgeschlagen und die schadhaften Fensterflügel repariert worden, sodaß im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses die aufgetragenen Arbeiten zu Gänze durchgeführt gewesen seien, Die Behörde hätte sich vor Erlassung des Straferkenntnisses davon überzeugen müssen, ob die gerügten Mängel noch vorhanden gewesen oder in der Zwischenzeit beseitigt worden seien. In dem baupolizeilichen Auftrag sei lediglich eine Frist für die Inangriffnahme der Arbeiten, nicht aber auch eine Endfrist festgesetzt worden. In der Unterlassung entsprechender Feststellungen vor Erlassung des Straferkenntnisses vom liege ein wesentlicher Verfahrensmangel. Die belangte Behörde habe die Feststellungen der Vorinstanz ohne Nachprüfung übernommen, sodaß die gerügten Mängel auch dem Berufungsbescheid anhaften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem Beschwerdeführer wurde die Übertretung der Vorschrift des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien zur Last gelegt. Nach dieser Gesetzesstelle hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, daß die Baulichkeiten und die dazugehörigen Anlagen (Vorgarten, Hofanlagen, Einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechenden Zustand erhalten werden. In dieser Bestimmung ist die Verpflichtung des Eigentümers zur Instandhaltung eines Bauwerkes begründet. Hinsichtlich dieser Verpflichtung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 1047/57, ausgeführt, daß sie dem Eigentümer kraft Gesetzes obliegt. Die Erteilung eines haupolizeilichen Auftrages gibt der Behörde die Möglichkeit, den vom Gesetz gewünschten Zustand, nämlich die Erhaltung eines Bauwerkes in einem guten, der Baubewilligung entsprechenden Zustand, erforderlichenfalls im Wege des Verwaltungszwanges herzustellen. Sie nimmt ferner dem Eigentümer die Möglichkeit, sich in einem Verwaltungsstrafverfahren
wegen Verletzung der Instandhaltungspflicht damit zu rechtfertigen, daß er von dem bauordnungswidrigen Zustand keine Kenntnis hatte. Hiebei ist allerdings zu berücksichtigen, daß der Eigentümer gleichfalls kraft Gesetzes verpflichtet ist, sich laufend von dem guten Zustand seiner Baulichkeit zu überzeugen. Daraus folgt, daß die Erhaltungspflicht den Hauseigentümer nicht erst von dem Zeitpunkt an trifft, in dem ihm die Baubehörde einen Auftrag zur Behebung von Baugebrechen erteilt. Der Beschwerdeführer ist daher im Unrecht, wenn er meint, daß er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung deswegen nicht begangen habe, weil er vor Erlassung des Straferkenntnisses die vorhandenen Baugebrechen beseitigt hatte. Ein solches Vorbringen vermag den Beschwerdeführer nicht zu entlasten. Hiezu wäre erforderlich gewesen, daß im Verwaltungsverfahren festgestellt worden wäre, daß der Beschwerdeführer bereits drei Monate vor Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens, das ist vor seiner Ladung als Beschuldigter () bereits alle festgestellten Baugebrechen beseitigt hätte. Eine solche Behauptung hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht aufgestellt. Infolgedessen stellt auch das Unterbleiben diesbezüglicher Erhebungen keinen Verfahrensmangel dar.
Der Beschwerdeführer hatte im Verwaltungsverfahren noch vorgebracht, daß er die Schäden am Gangpflaster seit der Erteilung des baupolizeilichen Auftrages nicht beseitigen konnte, weil ihm die hiezu erforderlichen Arbeitskräfte nicht zur Verfügung standen. Damit wollte er offenbar dartun, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift, nämlich die Instandhaltung des Gebäudes, wenigstens hinsichtlich dieser Schäden ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. (§ 5 Abs. 1 VStG). Auch damit vermochte er den Nachweis des fehlenden Verschuldens nicht zu erbringen. Geht man davon aus, daß der Beschwerdeführer als Hauseigentümer verpflichtet ist, sich laufend von dem Zustand des Gebäudes zu unterrichten und festgestellte Baugebrechen auch ohne einen darauf gerichteten baupolizeilichen Auftrag zu beseitigen, dann hätte sich der Beschwerdeführer hinsichtlich des Vorwurfes der Nichterfüllung der Instandhaltungspflicht bezüglich dieses Baugebrechens nur dadurch entlasten können, daß er den Beweis erbracht hätte, daß es ihm seit dem Auftreten der Baugebrechen an dem Gangpflaster unmöglich gewesen war, die zur Beseitigung der Schäden notwendigen Gewerbetreibenden zu bestellen. Einen solchen Beweis hatte der Beschwerdeführer weder angeboten noch erbracht. Es kann demnach nicht rechtswidrig sein, wenn die Behörde ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers in diesen Belangen angenommen hat.
Da sich die Beschwerde sohin in allen Punkten als unbegründet erwies, mußte sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abgewiesen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | BauO Wr §129 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1960:1959002461.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAF-58664