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VwGH 16.05.1956, 2423/55

VwGH 16.05.1956, 2423/55

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Hat der Steuerpflichtige mit einem Betriebskraftwagen auf einer Dienstfahrt einen Unfall verursacht, dann bildet die Leistung des Schadenersatzes an den durch den Unfall Geschädigten keine Betriebsausgabe, wenn der Unfall auf eine Alkoholisierung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Rat Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Wasniczek, Dr. Schirmer, Dr. Dorazil und Dr. Schimetschek als Richter, im Beisein des Ministerialsekretärs Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des SB in W, gegen den Bescheid der Berufungskommission für Wien bei der Finanzlandesdirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VI - 2395/1955, betreffend Einkommensteuer 1953, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der ein Gerüstverleihunternehmen betreibt, unternahm im Dezember 1953 mit seinem Personenkraftwagen eine angeblich im Interesse seines Betriebes gelegene Fahrt, bei der es zu einem Zusammenstoß mit einem Lastkraftwagen kam. Nach der Polizeianzeige, deren Inhalt das Strafgericht als erwiesen angenommen hat, wurde der Zusammenstoß durch die Trunkenheit des Beschwerdeführers verschuldet. Er wurde wegen Übertretung gegen die körperliche Sicherheit gemäß § 432 StG zu 10 Tagen strengen Arrestes verurteilt. Im Anschluß an das Strafverfahren erhob die Versicherungsanstalt der Österreichischen Bundesländer gegen den Beschwerdeführer Anspruch auf Erstattung des Betrages von 70.000 S, den sie dem Eigentümer des beschädigten Lastkraftwagens ersetzt hatte. Der Beschwerdeführer setzte darauf diesen Betrag gewinnmindernd als Rückstellung in seine Bilanz vom ein.

Das Finanzamt erkannte diese Rückstellung steuerlich nicht als gewinnmindernd an und schlug den Rückstellungsbetrag dem erklärten Gewinn aus Gewerbebetrieb zu. Es habe sich, wie aus den Umständen geschlossen werden müsse, um eine private Fahrt gehandelt, sodaß die damit verbundenen Aufwendungen in die private Lebenssphäre und bei Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens nicht zu berücksichtigen seien.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er ausführte, er habe den Unfall in Ausübung seines Berufes erlitten, weil er damals auf einer beruflichen Fahrt nach Heiligenstadt begriffen gewesen sei, wo er an einem Bau Vermessungen habe vornehmen wollen.

Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheide keine Folge. Sie führte in der Begründung ihrer Entscheidung aus, es sei im vorliegenden Falle gleichgültig, ob sich der Unfall auf einer Privatfahrt oder auf einer Fahrt im Interesse des gewerblichen Betriebes des Steuerpflichtigen ereignet habe. Auf Grund des strafgerichtlichen Urteiles stehe fest, daß der Beschwerdeführer den Unfall selbst verschuldet habe, indem er gesetzwidrig ein Kraftfahrzeug gesteuert habe, obwohl er unter Alkoholeinwirkung gestanden sei. Der Beschwerdeführer könne nicht ernstlich behaupten, daß er diese gesetzwidrige Handlung im Interesse seines Berufes gesetzt habe. Die dadurch verursachte Schadenersatzverpflichtung könne deshalb nicht als durch den Betrieb veranlaßt angesehen werden.

In der gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde führt der Beschwerdeführer aus, als Betriebsausgabe sei jede durch den Betrieb veranlaßte Ausgabe anzusehen und es sei dabei gleichgültig, ob diese Ausgabe selbst verschuldet sei oder nicht. Auch ein etwaiges Verschulden könne einer Betriebsfahrt nicht diesen Charakter nehmen. Der Beschwerdeführer habe die Fahrt ausschließlich im Interesse des Betriebes unternommen, wobei die Alkoholisierung das betriebliche Interesse der Fahrt nicht beeinflussen könne, sondern nur eine zufällige Nebenerscheinung darstelle, die zwar für das Strafverfahren von Bedeutung gewesen, für die steuerliche Beurteilung aber unbeachtlich sei.

Der Gerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 4 des Einkommensteuergesetzes sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Somit sind die Kosten einer Fahrt, die durch den Betrieb veranlaßt wurde, jedenfalls als Betriebsausgabe anzusehen, soweit es sich dabei um mit derartigen Fahrten regelmäßig verbundene Auslagen handelt. Zweifelhaft ist es dagegen bereits, inwieweit die Aufwendungen zur Beseitigung der Folgen eines Unfalles, der sich auf einer betrieblichen Fahrt ereignet, noch als Betriebsausgaben gewertet werden können. Diese Frage wird in jedem Einzelfalle gesondert zu prüfen sein und dabei insbesondere untersucht werden müssen, ob der betreffende Unfall tatsächlich noch als durch den Betrieb veranlaßt anzusehen ist. Denn nicht jede für ein Geschehnis maßgebende Voraussetzung ist rechtlich als Ursache zu werten. Es können vielmehr nur diejenigen Bedingungen als wirkende Glieder in die Kausalkette eingereiht werden, die zur Entstehung der Wirkung wesentlich beigetragen haben (vgl. hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 3159/A). So betrachtet, kann im vorliegenden Falle nicht schon der Umstand, daß die Fahrt mit dem Kraftwagen aus betrieblichen Gründen vorgenommen wurde, sondern erst die Tatsache, daß sich der Beschwerdeführer in zu hohem Maße dem Alkoholgenusse hingegen und dadurch den Unfall verschuldet hat, rechtlich als wesentliches Moment der Unfallverursachung gewertet werden. Da aber die Alkoholisierung des Beschwerdeführers, die nach den Feststellungen des Strafgerichts den Unfall verursacht hat, nicht dem Betriebsleben, sondern dem Privatleben des Beschwerdeführers zuzurechnen ist, können auch die Unfallsfolgen nicht als durch den Betrieb veranlaßt angesehen werden, weshalb die belangte Behörde der Schadenersatzverpflichtungen des Beschwerdeführers mit Recht die Anerkennung als Betriebsausgabe versagt hat.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 1431 F/1956
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1956:1955002423.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAF-58624