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VwGH 20.05.1980, 2397/79

VwGH 20.05.1980, 2397/79

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Der im § 1 Abs 1 IESG gebrauchte Ausdruck "Arbeitnehmer" ist im Sinne des § 1151 Abs 1 ABGB der Arbeitnehmer in persönlicher Abhängigkeit zu verstehen. Auf "freie" Dienstverhältnisse ist das IESG nur sinngemäß anzuwenden, wenn überdies die Voraussetzungen des § 2 IESG vorliegen.
Normen
RS 2
Der Geschäftsführer einer GmbH kann Arbeitnehmer iSd § 1 Abs 1 IESG sein. Ob er zur Gesellschaft in einem abhängigen oder "freien" Dienstverhältnis steht, hängt von der Gesamtbeurteilung der durch das GmbHG, den Gesellschaftsvertrag und den Anstellungsvertrag vorgezeichneten Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft (bei kollektiver Geschäftsführung auch der Geschäftsführer zueinander) im Einzelfall ab. Der Umstand, dass ein Gesellschafter alleiniger Geschäftsführer und mit 20,9 % an der Gesellschaft beteiligt ist, schließt nicht die Möglichkeit eines abhängigen Arbeitsverhältnisses aus.
Normen
RS 3
Ist ein Geschäftsführer Mehrheitsgesellschafter und kann er dadurch die Beschlussfassung der Generalversammlung bestimmen oder verfügt er doch über einen solchen Geschäftsanteil, der ihn in Verbindung mit der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen qualifizierten Mehrheit bei Abstimmungen in die Lage versetzt, Beschlüsse der Generalversammlung zumindest zu verhindern ("Sperrminorität"), so ist er nicht als abhängiger Arbeitnehmer zu qualifizieren.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Mag. Öhler, Dr. Kramer, Dr. Knell und Dr. Dorner als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungskommissär Dr. Dobner, über die Beschwerde des ES in W, vertreten durch Dr. Paul Weiss, Rechtsanwalt in Wien I, Goldschmiedgasse 10, und Dr. Johannes Schriefl, Rechtsanwalt in Wien III, Esteplatz 7, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom , Zl. IVb/7022/7400 B, betreffend Insolvenz-Ausfallgeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Am wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien, AZ S 30/78, über das Vermögen der Firma H.

Transportgesellschaft mbH der Anschlußkonkurs eröffnet.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld für Schadenersatzansprüche gegen die Gemeinschuldnerin in der Höhe von S 1,650.000,-- für die Zeit vom bis . Begründet wurde der Antrag damit, daß der Beschwerdeführer ab Angestellter der Gemeinschuldnerin gewesen und am unberechtigt vorzeitig entlassen worden sei. Da sein Dienstverhältnis erst zum Jahresende 1981 habe aufgekündigt werden können, stünden ihm 66 Monatsgehälter a S 25.000,-- zu. Die Forderung sei im Konkurs angemeldet worden; ein sie betreffender Prozeß sei beim Handelsgericht Wien anhängig. Der Masseverwalter anerkannte S 300.000,-- als Konkursforderung dritter Klasse.

Mit Bescheid vom lehnte das Arbeitsamt Angestellte (Wien) den Antrag mit der Begründung ab, daß der Beschwerdeführer geschäftsführender Gesellschafter der Gemeinschuldnerin gewesen sei und daher nicht als Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz IESG, BGBl. Nr. 324/1977, angesehen werden könne.

In seiner dagegen erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer zunächst darauf, daß er im Zeitpunkt der Konkurseröffnung nicht mehr Geschäftsführer und immer nur Minderheitsgesellschafter gewesen sei, der den Dispositionen des Mehrheitsgesellschafters unterstellt gewesen sei. Er habe daher keinen Einfluß auf die Geschehnisse des Unternehmens nehmen können. Überdies sei auch ein geschäftsführender Gesellschafter Arbeitnehmer im Sinne des § 1 IESG.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben. Begründet wurde der Bescheid damit, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom Februar 1973 bis November 1977 Geschäftsführer, ab Oktober 1974 sogar alleiniger Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin und an dieser mit S 20.900,--

(bei einem Stammkapital von S 100.000,--) beteiligt gewesen sei. Seine Entlassung aus dem Angestelltenverhältnis sei am , seine Enthebung von der Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer am erfolgt. Das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz stelle auf den Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsvertragsrechtes ab. Darnach sei Arbeitnehmer, wer auf Grund eines Arbeitsverhältnisses, das durch einen Arbeitsvertrag begründet und gestaltet werde, einem anderen zur Arbeitsleistung in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet sei. Im Hinblick auf die Beteiligung des Beschwerdeführers an der Gesellschaft und seine Funktion als Geschäftsführer sei diese persönliche Abhängigkeit nicht gegeben gewesen; überdies sei der Beschwerdeführer zwei Tage länger Geschäftsführer als Angestellter gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 IESG haben Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld für die nach Abs. 2 gesicherten Ansprüche u. a. Arbeitnehmer, wenn über das Vermögen ihres Arbeitgebers im Inland der Konkurs eröffnet wird. Nach § 2 leg: cit. finden die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf Ansprüche von 1. Heimarbeitern, 2. Personen, die gemäß § 3 des Heimarbeitsgesetzes 1960, BGBl. Nr. 105/1961, den Entgeltschutz für Heimarbeit genießen, gegen ihren Auftraggeber aus dem Beschäftigungsverhältnis und 3. arbeitnehmerähnlichen Personen gemäß § 2 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, BGBl. Nr. 170/1946, sinngemäß Anwendung. Nach der zuletzt zitierten Bestimmung sind den Arbeitern und Angestellten Personen gleichgestellt, die den Entgeltschutz für Heimarbeit genießen, sowie sonstige nicht mit gewerblicher Heimarbeit beschäftigte Personen, die, ohne in einem Arbeitsvertragsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter anderer Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind.

Die belangte Behörde verneint in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Arbeitnehmereigenschaft des Beschwerdeführers deshalb, weil im Hinblick auf seine Beteiligung an der Gemeinschuldnerin mit 20,9 % und seiner Funktion als alleiniger Geschäftsführer das Tatbestandsmerkmal der persönlichen Abhängigkeit gefehlt habe. Die der Begründung zugrunde liegende Rechtsauffassung ist in dieser Allgemeinheit unrichtig.

1) Der Verwaltungsgerichtshof teilt zunächst die Auffassung der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, daß der im § 1 Abs. 1 IESG gebrauchte Ausdruck "Arbeitnehmer" im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes zu verstehen ist.

Das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz selbst definiert den Begriff nicht. In der österreichischen Rechtsordnung besteht zwar (im Gegensatz zu jener der BRD) kein begrifflicher Unterschied der (vornehmlich in älteren Gesetzen gebrauchten) Worte Dienstvertrag, Dienstverhältnis und Dienstnehmer einerseits und der (vorwiegend in jüngeren Gesetzen verwendeten) Ausdrücke Arbeitsvertrag, Arbeitsverhältnis und Arbeitnehmer andererseits, der Begriffsinhalt der Ausdrücke Dienstnehmer bzw. Arbeitnehmer differiert aber in den verschiedenen Gebieten des Arbeits- und Sozialrechtes (vgl. Tomandl, Wesensmerkmale des Arbeitsvertrages, S. 19 ff).

Die Bezeichnung des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes und der Kernbereich der Regelung (Sicherung von Arbeitnehmeransprüchen nach Konkurs- oder Ausgleichseröffnung) legte es freilich nahe, den Arbeitnehmerbegriff des Insolvenzrechtes heranzuziehen (so EB zur RV, 464 BlgNr. 14. GP. S. 8). Einen solchen eigenständigen Begriff gibt es aber nicht. Als Dienstnehmer im Sinne der §§ 25, 46 Abs. 1 Z. 4 und Abs. 2, 51 Abs. 1 Z. 2 KO und des § 23 Z. 3 AO wird vielmehr jener im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes verstanden. (Bartsch-Pollak, Konkursordnung3 I, S. 141, 302, II, S. 238, 280; Schwarz-Holzer-Holler, Das Arbeitsverhältnis bei Konkurs und Ausgleich, S. 20, 176, 185, 231, 240, 256 mit weiteren Belegstellen).

Da der Regelungszweck des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes in der Sicherung privatrechtlicher Ansprüche von Arbeitnehmern (und der ihnen gleichgestellten Personen) gegen ihre Arbeitgeber besteht, ist der im Arbeitsvertragsrecht, durch das diese Ansprüche geregelt werden, verwendete Arbeitnehmerbegriff auch für das Verständnis des Ausdruckes "Arbeitnehmer" im § 1 Abs. 1 IESG entscheidend (so auch Schwarz-Holzer-Holler, Arbeitsverhältnis, S. 19). Wegen der verschiedenen Regelungszwecke scheidet von vornherein eine Heranziehung der Arbeitnehmerbegriffe des § 36 Arbeitsverfassungsgesetz - ArbVG, BGBl. Nr. 22/1974, und des Arbeitnehmerschutzrechtes (insbesondere des § 1 Arbeitszeitgesetz - AZG, BGBl. Nr. 461/1969) aus. Unbeschadet der Richtigkeit der Qualifizierung des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes als sozialversicherungsrechtliche Regelung (EB 7, Schwarz-Holzer-Holler, Arbeitsverhältnis, S. 18) kommt aus demselben Grund auch eine Anwendung des sozialversicherungsrechtlichen Dienstnehmerbegriffes des § 4 Abs. 2 ASVG nicht in Betracht. Denn mit der verfassungsrechtlichen Einordnung ist - zum einen - nicht ipso iure die Rezeption von Begriffen anderer sozialversicherungsrechtlicher Gesetze verbunden; es bleibt vielmehr die Frage nach der sachlich verwandten Norm bestehen. Daß diese Norm auch eine bürgerlich-rechtliche sein kann, ist trotz des öffentlich-rechtlichen Charakters des § 1 Abs. 1 IESG nicht ausgeschlossen, da auch solche Tatbestände Bezugsmerkmale zivilrechtlicher Art haben können. Der erkennbaren Regelungsabsicht des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes steht aber - zum anderen - der Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsvertragsrechtes näher als jeher des § 4 Abs. 2 ASVG, da durch das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz nicht die Sicherung privatrechtlicher Ansprüche, sondern die Ausschaltung oder Milderung bestimmter wirtschaftlicher Risken, die - als solche - entweder überhaupt keinen Bezug zu einem Arbeitsverhältnis oder doch nur mit der Beschäftigung und nicht mit dem ihr zugrunde liegenden Rechtsverhältnis haben, bezweckt wird. Obwohl gemäß § 12 Abs. 1 Z. 4 IESG der Leistungsaufwand nach diesem Gesetz und der Verwaltungsaufwand des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds unter anderem aus einem Zuschlag zu dem vom Arbeitgeber zu leistenden Anteil des Arbeitslosenversicherungsbeitrages im Sinne des § 61 Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) bestritten wird, ist - ebenfalls unter Beachtung der verschiedenen Regelungszwecke - auch der in diesem Gesetz verwendete Arbeitnehmerbegriff (der seinerseits wiederum im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG verstanden wird:

vgl. u.a. schon Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N. F. Nr. 3007/A, zu der dem § 4 Abs. 2 ASVG inhaltsgleichen Rechtslage) nicht zum Verständnis des § 1 Abs. 1 IESG geeignet. Ob dieser Bezug des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, was die Aufbringung der Mittel betrifft, eine Bedeutung für die Interpretation anderer Bestimmungen des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes hat, hatte der Gerichtshof im vorliegenden Fall nicht zu prüfen.

2) Der zentrale Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsvertragsrechtes, auf dem die verschiedenen Ausfächerungen dieses Begriffes in den einzelnen Arbeitsvertragsgesetzen (insbesondere im Angestelltengesetz, BGBl. Nr. 292/1921) beruhen, ist jener des § 1151 Abs. 1 ABGB (vgl, Tomandl, Wesensmerkmale, S. 34).

Darnach entsteht ein Dienstvertrag, wenn jemand (der Dienstnehmer) sich auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet, ein Werkvertrag hingegen, wenn jemand (der Werkunternehmer) die Herstellung eines Werkes (für den Werkbesteller) gegen Entgelt übernimmt.

Lehre (Adler-Höller in Klang V2, S. 156, 159, 161 f, 376; Gschnitzer, Lehrbuch des österreichischen bürgerlichen Rechtes, Schuldrecht, besonderer Teil und Schadenersatz, S. 68 ff; Schwarz-Holzer-Holler, Arbeitsverhältnis, S. 21; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht, I, S. 3, 9 ff; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 20 ff, 118) und Rechtsprechung (ArbSlg. 9422, 9489, 9714) verstehen unter dem Dienstvertrag im Sinne der §§ 1151, 1153 ff ABGB - der Absicht des Gesetzgebers der III. Teilnovelle zum ABGB, durch die § 1151 ABGB die vorliegende Fassung erhalten hat, entsprechend (Adler-Höller, S. 154 ff, Gschnitzer, Schuldrecht, S. 68 f, tomandl, Wesensmerkmale, S. 20

ff) - nur den Dienstvertrag des abhängigen Arbeitnehmers, den sie - für den vorliegenden Fall relevant - nicht nur vom Werkvertrag,

sondern auch vom sogenannten "freien" Dienstvertrag abgrenzen.

Allen drei Vertragstypen gemeinsam ist die freiwillige Verpflichtung zur Arbeit, die regelmäßige Entgeltlichkeit sowie eine gewisse Dauer (Tomandl, Wesensmerkmale, S. 121). Während der Werkvertrag aber die Verpflichtung zur Erbringung einer schon im Vertrag individualisierten bzw. konkretisierten Leistung als einer in sich geschlossenen Einheit (in persönlicher - wenn auch nicht notwendig in wirtschaftlicher Selbständigkeit) zum Gegenstand hat, kommt es beim Dienstvertrag im Sinne des § 1151 ABGB - in Abgrenzung dazu - primär auf die (rechtlich begründete) Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also seine Bereitschaft zu Dienstleistungen auf eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundene wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm), beim "freien" Dienstvertrag auf die geschuldete Mehrheit bloß gattungsmäßig umschriebener Leistungen, die von seiten des Bestellenden laufend konkretisiert werden - ohne persönliche Abhängigkeit -, an (ArbSlg. 8802, 9422, 9489; Adler-Höller in Klang V2, S. 168, 376; Schwarz-Holzer-Holler, Arbeitsverhältnis; S. 22; Spielbüchler, Arbeitsrecht I, S. 9; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 120). Vom Werk- und vom "freien" Dienstvertrag unterscheidet sich der Dienstvertrag im Sinne des § 1151 ABGB nach übereinstimmender Auffassung in Lehre (Adler-Höller in Klang V2, S. 156, 159, 161 f; Schwarz-Holzer-Holler, Arbeitsverhältnis, S. 20 f; Spielbüchler, Arbeitsrecht I., S. 3, 10, 16, 18; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 66, 121, 190) und Rechtsprechung (ArbSlg. 9714) demnach vor allem durch die persönliche Abhängigkeit des Dienstnehmers vom Dienstgeber, während die damit regelmäßig verbundene wirtschaftliche Abhängigkeit und die persönliche Arbeitspflicht auch im "freien" Dienstverhältnis und im Werkvertragsverhältnis vorkommen können.

Die persönliche Abhängigkeit ist eine formelhafte Kurzbezeichnung für einen ….. sehr komplexen und vielseitigen Tatbestand" (Hueck, Einige Gedanken zum Begriff des Arbeitnehmers, RdA 1969, S. 219). Ihr "durchschlagendstes Merkmal" im Regelfall ist zweifellos die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers (Spielbüchler, Arbeitsrecht I, S. 18; Schwarz-Holzer-Holler, Arbeitsverhältnis, S. 20; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 69). Sie bedarf aber einerseits der Präzisierung, da zwischen den sachlichen Weisungen (die den Arbeitserfolg an sich betreffen und daher auch im Werk- und im freien Dienstverhältnis vorkommen) und den persönlichen Weisungen (die die Art und Weise der Tätigkeit unmittelbar betreffen) zu unterscheiden ist; andererseits sind die Arbeitsbedingungen oft schon im Arbeitsvertrag so ausführlich festgelegt oder mit der vereinbarten Tätigkeit derart fixiert, daß es keiner nennenswerten, darüber hinausgehenden Weisungen im Einzelfall bedarf (Spielbüchler, Arbeitsrecht I, S. 18 f; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 68 ff, 185 mit weiteren Belegstellen). Treffender wird daher die persönliche Abhängigkeit als weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Arbeitnehmers charakterisiert, die sich darin äußert, daß er in bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten (nicht notwendig auch hinsichtlich des Arbeitsverfahrens) dem Weisungs- und Kontrollrecht des Arbeitgebers unterworfen ist oder - sofern das Verhalten im Arbeitsvertrag bereits vorausbestimmt oder unter Heranziehung anderer Regeln bestimmbar ist dessen laufender Kontrolle unterliegt (Spielbüchler, Arbeitsrecht I, S. 10, 18; ähnlich Tomandl, Wesensmerkmale, S. 121, 185, 190, und den beiden Autoren folgend ArbSlg. 9714).

Im Gegensatz zu dem so gekennzeichneten "abhängigen" Dienstvertrag steht der "freie" Dienstvertrag, der zur Arbeit ohne persönliche Abhängigkeit, weitgehend selbständig und frei von Beschränkungen des persönlichen Verhaltens, verpflichtet (Spielbüchler, Arbeitsrecht I, S. 11), die dem "freien" Dienstnehmer ermöglicht, den Ablauf der übernommenen Arbeit selbst zu regeln und jederzeit zu ändern (ArbSlg. 9714).

Während im Regelfall diese allgemeinen Unterscheidungskriterien unschwer eine Abgrenzung ermöglichen, bereiten sie in Einzelfällen vielfach Schwierigkeiten, weil einerseits zum Teil Unstimmigkeiten über die maßgebenden Akzente der Abgrenzung (vor allem zum Merkmal der persönlichen Abhängigkeit) bestehen und andererseits in den konkreten Fällen oft die für das Wesen der einzelnen Vertragsarten als maßgebend angesehenen Merkmale nicht vollständig gegeben sind oder sich überschneiden (vgl. dazu Tomandl, Wesensmerkmale, S. 35 ff, 109 ff). In diesen Grenzfällen kommt es entscheidend auf die Abwägung der nach der konkreten Vertragsgestaltung für und wider den einzelnen Vertragstypus sprechenden Umstände an (ArbSlg. 8030; Spielbüchler, Arbeitsrecht I, S. 9 ff, insbesondere 18; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 35 ff, insbesondere 79 und 109).

3) Da der "freie" Dienstvertrag keine besondere gesetzliche Regelung erfahren hat, ist seine rechtliche Behandlung so unsicher wie jene von atypischen Verträgen sonst auch. Dem dargestellten wesentlichen Unterscheidungskriterium der beiden Vertragstypen entsprechend können die arbeitsrechtlichen Vorschriften nur insoweit analog auf das "freie" Dienstverhältnis angewendet werden, als sie nicht auf die persönliche Abhängigkeit abstellen (Spielbüchler, Arbeitsrecht I, S. 11; Schwarz-Holzer-Holler, Arbeitsverhältnis, S. 21). Die Prüfung einer analogen Anwendung des § 1 Abs. 1 IESG auf "freie" Dienstnehmer erübrigt sich aber deshalb, weil das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz in seinem § 2, mit dem seine sinngemäße Anwendung normiert wird, drei Gruppen von Personen nennt, für die das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit wesentlich ist und die daher nicht in einem abhängigen, wohl aber in einem freien Dienstverhältnis zu ihren Auftraggebern stehen können (vgl. zu den Heimarbeitern: Spielbüchler, Arbeitsrecht I,

S. 11; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 28, 97 f; Schwarz-Holzer-Holler, Arbeitsverhältnis, S. 73 f; zu den Arbeitnehmerähnlichen Personen: Spielbüchler, Arbeitsrecht I, S. 3, 20 f; Schwarz-Holzer-Holler, Arbeitsverhältnis, S. 74 ff). Auf "freie" Dienstverhältnisse ist demnach das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz nur sinngemäß anzuwenden, sofern überdies die Voraussetzungen des § 2 leg. cit. vorliegen.

4) Der Beschwerdeführer meint (in der Beschwerde), daß er schon deshalb dem Arbeitnehmerbegriff des § 1 Abs. 1 IESG zu unterstellen sei, weil er im Zeitpunkt der Konkurseröffnung zwar zufolge seiner Enthebung nicht mehr handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, wohl aber - da sein Dienstverhältnis bis Ende 1981 unkündbar gewesen sei und die unberechtigte Entlassung daher sein Dienstverhältnis nicht aufgelöst habe - Angestellter gewesen sei. Dabei übersieht er aber, daß gerade die Frage, ob durch den gegenständlichen "Anstellungsvertrag" ein Dienstverhältnis im Sinne der obigen Darlegungen begründet wurde, das als vertraglich unkündbares - abweichend von der generellen Regelung des § 29 Angestelltengesetz - durch eine unberechtigte Entlassung nicht beendet wurde (vgl. dazu Spielbüchler, Arbeitsrecht I, S. 177, sowie die im ZAS 1978, 8. 15, veröffentlichte Entscheidung des OGH mit einer Besprechung von Marhold, ZAS 1978, S. 5 ff), der Klärung bedarf. Denn durch seine Enthebung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin änderte sich die Rechtsnatur des "Anstellungsvertrages", aus dem der Beschwerdeführer seine Ansprüche ableitet nicht.

5) Näherhin geht es um die Frage, ob die Auffassung der belangten Behörde zutrifft, daß der alleinige Geschäftsführer einer GesmbH, der überdies über einen Anteil von 20,9 % an der Gesellschaft verfügt, kein Arbeitnehmer nach § 1151 ABGB, d. h. kein Arbeitnehmer in persönlicher Abhängigkeit, und daher im Sinne des § 1 Abs. 1 IESG sein kann.

a) Nach herrschender Auffassung muß ebenso wie beim Vorstandsmitglied einer AG. (dazu Geppert, Der "Anstellungs"vertrag des Vorstandsmitgliedes einer AG., DRdA 1980,

S. 2 ff; Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes3 S. 169) auch beim Geschäftsführer einer GesmbH zwischen der auf einem Gesellschafterbeschluß (§ 15 Abs. 1 Satz 3 GesmbHG) oder dem Gesellschaftsvertrag (§ 15 Abs. 1 Satz 4 GesmbHG) beruhenden Bestellung und dem Anstellungsvertrag unterschieden werden, auch wenn diese beiden Rechtsgeschäfte in der Praxis nicht immer klar getrennt werden (ZAS 1978, S. 52 mit Anmerkung von Buchsbaum, SZ. 22/196; Doralt, Die Geschäftsführer der GesmbH & Co im Handelsrecht in: Kastner-Stoll, Die GesmbH & Co KG, S. 180; Kastner, Grundriß, S. 258; Torggler, Die Rechtsstellung des GesmbH-Geschäftsführers, GesRZ 1974, S. 6, 8; Stölzle, Bestellung und Anstellung von Vorstandsmitgliedern einer AG und von Geschäftsführern einer GesmbH, GesRZ 1978, S. 102). Durch die Bestellung (eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die allerdings erst mit der Annahme durch den Bestellten wirksam wird: Doralt, Geschäftsführer, S. 180; Torggler, Rechtsstellung,

S. 5) wird die körperschaftsrechtliche Funktion mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten begründet; dadurch übernimmt der Geschäftsführer die ihm durch das GesmbHG und den Gesellschaftsvertrag zugewiesenen Aufgaben. Durch den in der Regel zwischen der Gesellschaft, vertreten durch die Gesellschafter, und dem Geschäftsführer abgeschlossenen Anstellungsvertrag werden die zusätzlichen, rein schuldrechtlichen Beziehungen im Innenverhältnis zur Gesellschaft geregelt; sein Hauptinhalt auf seiten des Geschäftsführers ist die nähere Ausgestaltung der durch das Organschaftsverhältnis bereits vorgezeichneten Verpflichtungen zur Dienstleistung und Geschäftsbesorgung (Doralt, Geschäftsführer, S. 184; Torggler, Rechtsstellung, S. 8). Das rechtliche Schicksal der beiden Rechtsgeschäfte (insbesondere hinsichtlich ihrer Beendigung und deren Folgen) ist demgemäß verschieden (Torggler, Rechtsstellung, S 6, 10). Schon aus diesem Grund tat der Umstand, daß, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführte, der Beschwerdeführer "zwei Tage länger Geschäftsführer als Angestellter" gewesen sei, für die vorliegende Einordnungsfrage irrelevant.

b) Der Anstellungsvertrag kann nach herrschender Auffassung (ZAS 1978, S. 52; Adler-Höller in Klang V2, S. 172, Doralt, Geschäftsführer, S. 184 f; Stölzle, Bestellung, S. 103; Torggler, Rechtsstellung, S. 8 f; Tomandl, Wesensmerkmale, S 138), gleichgültig, ob er einen Fremd-Geschäftsführer (der nicht an der Gesellschaft beteiligt ist) oder einen Gesellschafter-Geschäftsführer betrifft, ein "abhängiger" Dienstvertrag, ein "freier" Dienstvertrag, gegebenenfalls auch ein Werkvertrag oder ein Bevollmächtigungsvertrag im Sinne der §§ 1002 ff ABGB, sein. Die beiden letztgenannten Vertragsarten werden allerdings in der Regel deshalb ausscheiden, weil dem Geschäftsführer kraft Gesetzes weder nur ein bestimmter Arbeitserfolg als eine in sich geschlossene Einheit noch die bloße Vertretung bei Rechtsgeschäften und sonstigen Rechtshandlungen, die für den Bevollmächtigungsvertrag kennzeichnend ist, obliegt, sondern die Erbringung von Arbeitsleistungen auf Zeit, die außer der Vertretung und den im Gesetz ausdrücklich angeführten Verrichtungen tatsächlicher Art (§§ 22, 23 GesmbHG) "alle Handlungen, Maßnahmen und Vorkehrungen organisatorischer, kaufmännischer, technischer und personeller Art, die zur Geschäftsführung des Gesellschaftsunternehmens erforderlich sind" (Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht 2, S. 417), umfassen. (vgl. Doralt, Geschäftsführer, S. 184 f; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 138 f).

Es ist freilich richtig, daß, im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung (SZ. 22/196, noch Evidenzblatt 1974/83) und Lehre (vgl. die ausführliche Darstellung bei Geppert, "Anstellungs"vertrag), neuerdings die Auffassung im Vordringen ist, daß Vorstandsmitglieder einer AG. nicht in einem abhängigen Dienstverhältnis zur AG. stehen können, daß bei hauptberuflicher Tätigkeit vielmehr ein "freies" Dienstverhältnis vorliegt (Geppert mit ausführlichen Belegstellen, insbesondere unter Hinweis auf Evidenzblatt 1976/66). Begründet wird diese Auffassung damit, daß der Vorstand einer AG in Ausübung seiner Vertretungs- und Geschäftsführungstätigkeit von den anderen Organen der Gesellschaft (Aufsichtsrat und Hauptversammlung) unabhängig (weisungsfrei) sei und damit das für die Dienstnehmereigenschaft charakteristische Ein- und Unterordnungsverhältnis gegenüber einem weisungsbefugten Dienstgeber fehle (Geppert, "Anstellungs"vertrag, S. 12 ff; Kastner, Grundriß, S. 165, 166, 172; anderer Meinung:

Reischauer, Probleme der Dienstnehmerhaftung, DRdA 1978, S. 193 ff). Schwarz-Holzer-Holler (Arbeitsverhältnis, S. 29) verweisen - ohne eigene Stellungnahme - auf diese neuere Auffassung und meinen, daß im gleichen Sinne bereits Unterinstanzen bezüglich eines Geschäftsführers einer GesmbH entschieden hätten.

Ob diese Auffassung, was die Vorstandsmitglieder einer AG. anlangt, zutrifft, war im vorliegenden Fall nicht zu prüfen. Dem Geschäftsführer einer GesmbH kommt kraft Gesetzes jedenfalls eine solche Unabhängigkeit von anderen Organen der Gesellschaft nicht zu. Nach dem herrschenden Verständnis des § 20 Abs. 1 GesmbHG ist er nämlich nicht nur - ähnlich dem Vorstand der AG. (Kastner, Grundriß, S. 176 f) - an generelle Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis durch den Gesellschaftsvertrag oder einen (Beschluß der Gesellschafter, sondern - der personalistischen Struktur der Rechtsform der GesmbH entsprechend -

grundsätzlich in allen Geschäftsführungsfragen auch an Einzelweisungen der Generalversammlung, dem obersten Organ der GesmbH, gebunden (Doralt, Geschäftsführer, S. 197; Kastner, Grundriß, S. 30, 245, 257, 263; Torggler, Rechtsstellung, S. 4, 45; SZ. 49/163, SZ. 50/51, SZ. 50/140). Im Gegensatz zur AG. können die Gesellschafter jede Geschäftsführungsangelegenheit initiativ aufgreifen, von den Geschäftsführern Berichte verlangen und mit bindender Weisung - soweit die Weisungen nicht rechtswidrig sind - entscheiden; sie können jede Geschäftsart, aber auch bestimmte Einzelgeschäfte, soweit sie nicht schon gesetzlich zwingend oder dispositiv der Zustimmung der Gesellschafter vorbehalten sind, an ihre Genehmigung knüpfen (Kastner, Zur Auslegung des GesmbH-Gesetzes, JBl. 1978, S. 406).

Dieses kraft Gesetzes bestehende Weisungsrecht der Generalversammlung umfaßt zwar nicht notwendig auch die Berechtigung zur Erteilung persönlicher Weisungen im oben dargestellten Sinn, es schließt aber die Möglichkeit einer vertraglichen Einordnung des Geschäftsführers in die Gesellschaft in persönlicher Abhängigkeit von ihr, vertreten durch die Generalversammlung als oberstes Organ, nicht aus, auch wenn der Geschäftsführer, worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift verweist, als alleiniger Geschäftsführer (gegenüber den anderen Dienstnehmern der Gesellschaft) eine der beiden Arbeitgeberfunktionen, nämlich als Träger der Weisungsmacht, innehat und ihm "qualifizierte Führungsaufgaben" zukommen. Denn diese Funktionen allein vermögen eine vertragliche Einbindung in persönlicher Abhängigkeit gegenüber den in der Generalversammlung organisierten Gesellschaftern nicht zu hindern.

Dies verkennen auch die von Schwarz-Holzer-Holler (Arbeitsverhältnis, S. 29) und - offensichtlich im Anschluß daran -

von der belangten Behörde zitierten Entscheidungen des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , ArbSlg. 3119, und des Landesgerichtes Innsbruck vom , ArbSlg. 4523. In der zunächst genannten Entscheidung wird nämlich die Anwendung des Angestelltengesetzes (und nach dem Sachergebnis auch des § 1151 Abs. 1 ABGB) auf den Geschäftsführer einer GesmbH mit der Begründung verneint, daß seine Bestellung zum technischen Direktor nichts anderes als die im GesmbHG vorgesehene Zuteilung des Wirkungskreises der einzelnen Geschäftsführer sei; mit dieser Begründung wird aber unter Vernachlässigung der Unterscheidung zwischen Bestellung und Anstellung die eigentliche Frage noch gar nicht berührt. In der Entscheidung ArbSlg. 4523 wird der Rechtssatz, daß ein Geschäftsführer "begrifflich nicht mehr Angestellter der Gesellschaft" sein könne, damit begründet, daß er durch seine Bestellung gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft geworden sei und daher nicht mehr sein "eigener Vorgesetzter und Untergebener werden und bleiben" könne. Die hiebei vorausgesetzte rechtliche Unmöglichkeit einer Fremdbestimmbarkeit trifft, wie ausgeführt, nicht zu.

c) Ob daher ein Fremd-Geschäftsführer oder ein Gesellschafter-Geschäftsführer "abhängiger" oder, "freier" Dienstnehmer der GesmbH ist - die Rechtsfiguren des Werk- und (ausschließlichen) Bevollmächtigungsvertrages scheiden nach den obigen Darlegungen in der Regel aus -, hängt von der Gesamtbeurteilung der durch das GesmbHG, den Gesellschaftsvertrag und den Anstellungsvertrag vorgezeichneten Rechtsbeziehungen der Geschäftsführer zur Gesellschaft (bei kollektiver Geschäftsführung auch der Geschäftsführer zueinander) im Einzelfall ab.

d) Der belangten Behörde ist zuzugestehen, daß für die Analyse der Rechtsstellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers seine Beteiligungsrechte nicht ohne Belang sind.

Zwar steht dem Gesellschafter einer GesmbH nicht wie jenem einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Personengesellschaft die Möglichkeit offen, seine Arbeitsleistung als Sacheinlage einzubringen (Kastner, Grundriß, S. 29 f; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 136); seine allfällige Verpflichtung zur Geschäftsführung kann daher nicht unmittelbar aus der Beteiligung erfließen, sondern muß, wie ausgeführt, auf der Bestellung (und Anstellung) beruhen; deshalb können auch die von der Judikatur verwendeten Kriterien zur Abgrenzung von dienstvertraglichen und gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen zur Arbeitsleistung im Bereich dieser Gesellschaften (DRdA 1976, S. 65 mit Anmerkung von Hagen) zur Lösung der vorliegenden Frage nicht direkt herangezogen werden.

Die Einwirkungsmöglichkeiten des Gesellschafters einer GesmbH auf die Geschäftsführung sind vielmehr anders gestaltet. Ihm stehen, abgesehen von dem im § 82 GesmbHG bezeichneten Anspruch auf Reingewinn, kraft Gesetzes nur das Stimmrecht in der Generalversammlung (§§ 34 ff GesmbHG) und Minderheitsrechte (§§ 45 ff GesmbHG) zu (vgl. SZ. 50/51). Durch den Gesellschaftsvertrag kann diese Rechtsstellung modifiziert werden (z. B. durch die Verankerung qualifizierter Stimmrechte oder die Einräumung von Sonderrechten an einzelne Gesellschafter). Diese gesetzliche und (oder) vertraglich modifizierte Rechtsstellung des Gesellschafters kann auch Rückwirkungen auf die Qualifizierung seines "Anstellungsverhältnisses" haben. Ist er nämlich Mehrheitsgesellschafter und kann er dadurch die Beschlußfassung in der Generalversammlung bestimmen oder verfügt er doch über einen solchen Geschäftsanteil, der ihn in Verbindung mit der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen qualifizierten Mehrheit bei Abstimmungen in die Lage versetzt, Beschlüsse der Generalversammlung zumindest zu verhindern ("Sperr-Minorität"), so vermag diese Rechtsstellung (auf den faktischen Einfluß kommt es auch hier nicht an) zwar nicht die formelle Abhängigkeit des Geschäftsführers von der Gesellschaft zu ändern, es fehlt aber - im Durchgriff auf die wahren Rechtsverhältnisse - an der für die persönliche Abhängigkeit wesentlichen rechtlichen Möglichkeit der Fremdbestimmbarkeit. Ein solcher Gesellschafter-Geschäftsführer ist daher nicht als abhängiger Arbeitnehmer zu qualifizieren (Doralt, Geschäftsführer, S. 185; Spielbüchler, Arbeitsrecht I,

S. 12; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 138; Torggler, Rechtsstellung,

S. 9; Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2920/78, auf das unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird).

e) Hat ein Gesellschafter-Geschäftsführer aber kraft seiner Beteiligung und der daraus erfließenden Rechte keinen maßgeblichen rechtlichen Einfluß auf die Gesellschaft, so ist ebenso wie beim Fremd-Geschäftsführer auf Grund der durch das GesmbHG, den Gesellschaftsvertrag und den Anstellungsvertrag abgesteckten Rechtsbeziehungen durch eine Abwägung aller für und wider sprechender Umstände im Einzelfall zu prüfen, ob persönliche Abhängigkeit besteht oder nicht, d. h. ob seine Bestimmungsfreiheit in bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten weitgehend ausgeschaltet ist oder ob keine solchen Beschränkungen bestehen, der Geschäftsführer daher - trotz bestehender Bindung an sachliche Weisungen der Generalversammlung und trotz der (in der Regel bestehenden) persönlichen Arbeitspflicht - den Arbeitsablauf weithin selbst gestalten und jederzeit ändern kann. Bei dieser Abwägung ist ein Dreifaches zu beachten: Erstens ist die rechtliche und nicht die bloß faktische Gestaltung der Beziehungen der Vertragspartner durch sie entscheidend. Haben sie sich einmal über die gegenseitigen Rechte und Verbindlichkeiten geeinigt, so steht es zweitens grundsätzlich nicht in ihrer Macht, ihr Vertragswerk durch die bloße Bezeichnung (z. B. "Angestelltenvertrag") nach Belieben in den Typenkatalog des bürgerlichen Rechtes einzuordnen (ArbSlg. 9384, Tomandl, Wesensmerkmale, S. 76 f). Nur in Grenzfällen, in denen sich die Rechtsnatur der Vertragsbeziehungen weder aus den Bestimmungen des Vertrages noch aus der Natur des Rechtsverhältnisses eindeutig ableiten läßt, können aus der von den Parteien gewählten Bezeichnung Rückschlüsse auf ihren, den Vertragsinhalt betreffenden Willen gezogen werden (Tomandl, Wesensmerkmale, S. 76 f; Doralt, Geschäftsführer, S. 186; vgl. ArbSlg. 9489). Nicht mehr als eine solche Indizfunktion (im Rahmen der Gesamtbeurteilung) kommt auch der (bloßen) Vereinbarung arbeitsrechtlicher Bestimmungen, z. B. von Teilen des Angestelltengesetzes, als Vertragsinhalt zu, wenn im übrigen gewichtige Umstände für ein "freies" Dienstverhältnis sprechen (vgl. ZAS 1978, S. 52). Die in diese Richtung weisenden Ausführungen der Beschwerde (der Beschwerdeführer habe einen unkündbaren Angestelltenvertrag und sei sohin arbeitsrechtlicher Dienstnehmer) sind daher nur mit diesen Einschränkungen von Belang. Drittens verbietet die aus der Natur der Sache gebotene Gesamtabwägung der Einzelumstände eine aus dem Zusammenhang gelöste Heranziehung von Rechtssätzen der Judikatur zur Lösung des Einzelfalles. So reicht zweifellos die Verpflichtung eines Geschäftsführers, seine gesamte Arbeitskraft dem Unternehmen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, für sich allein zur Abgrenzung nicht aus (so mit Recht: Tomandl, Wesensmerkmale,

S. 106; Schuster-Bonnott, Die Rechtsnatur des zwischen Aktiengesellschaft und Vorstandsmitglied geschlossenen Anstellungsvertrages, Kastner-Festschrift, S. 431). Dieser Umstand stellt aber ein gewichtiges Indiz für die persönliche Abhängigkeit nicht nur des Fremd-Geschäftsführers (Doralt, Geschäftsführer, S 186), sondern auch jenes Gesellschafter-Geschäftsführers dar, der kraft seiner Beteiligungsrechte keinen maßgebenden Einfluß auf die Gesellschaft nehmen kann und dessen Stellung gegenüber den in der Generalversammlung organisierten Gesellschaftern, nach dem für die Intensität der Abhängigkeit auch sonst als entscheidend erachteten Willen der Vertragspartner (vgl. ArbSlg. 6487, 9489), nicht unabhängiger als vom Gesetz vorgesehen geregelt werden sollte. Zusammen mit anderen, gesondert zweifellos nicht aussagekräftigen Momenten (z. B. der persönlichen Arbeitspflicht, der Einteilung der Arbeitszeit und des Urlaubes, der Entgeltregelung, der Krankheitsfolgen und der Stellvertretung, letztlich der Bezeichnung des Vertrages) kann dies bei der Gesamtbeurteilung zur Bejahung der persönlichen Abhängigkeit führen.

Zusammenfassend erweist sich somit die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß ein Geschäftsführer einer GesmbH allein dadurch, daß er alleiniger Geschäftsführer und mit 20,9 % an der Gesellschaft beteiligt ist, nicht Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Abs. 1 IESG sein kann, als rechtsirrig. Ausgehend von dieser unrichtigen Rechtsauffassung hat die belangte Behörde Feststellungen über die durch den Gesellschaftsvertrag (oder die Gesellschaftsverträge) und den Anstellungsvertrag (auf dem Hintergrund des GesmbHG) zwischen dem Beschwerdeführer und der Gemeinschuldnerin begründeten Rechtsbeziehungen unterlassen, weshalb der angefochtene Bescheid schon deshalb - unbeschadet der von der belangten Behörde unterlassenen Prüfung der Anwendbarkeit des § 2 Z. 3 IESG - gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 10140 A/1980
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1980:1979002397.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-58599