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VwGH 19.09.1978, 2369/76

VwGH 19.09.1978, 2369/76

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
ABGB §796;
EStG 1972 §18 Abs1 Z1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z3;
EStG 1972 §20 Abs1 Z4;
EStG 1972 §29 Z1;
RS 1
Bei letztwillig (mittels Vermächtnis) zugewendeten Renten trifft den Erben die Verpflichtung zur Rentenzahlung nicht kraft Gesetzes (§ 796 ABGB), sondern vielmehr aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft, sodaß bei den Rentenleistungen an Personen, die gegenüber dem Erblasser alimentationsberechtigt waren, nicht von Zuwendungen (Bezügen) an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person iS des § 20 Abs 1 Z 3 bzw Z 4 oder des § 29 Z 1 EStG 1972 gesprochen werden kann.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kadecka und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Kirschner und Dr. Schubert als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministerialsekretär Papp, über die Beschwerde der Luise M. in R, vertreten durch Dr. Dkfm. Kurt Sailer, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, Roßmarkt 1, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 173/3-3/Ae-76, betreffend Einkommensteuervorauszahlung für 1976 zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die Witwe des am verstorbenen Industriellen Franz M. Der Verstorbene war unter anderem Alleineigentümer der Firma Franz M., Fettwerke in R. In einem Testament vom setzte Franz M. seinen Adoptivsohn und leiblichen Neffen Kurt M. zum Alleinerben ein. Der Beschwerdeführerin vermachte er ein lebenslängliches, unentgeltliches Wohnrecht in einem Haus in R., das später in ein uneingeschränktes Fruchtgenußrecht umgewandelt wurde. Weiters vermachte er der Beschwerdeführerin das gesamte Inventar des Hauses und seiner Nebengebäude. Schließlich bestimmte Franz M. im Testament "zum Unterhalte meiner Gattin" ein Legat in Form einer monatlichen, wertgesicherten und grundbücherlich sicherzustellenden Leibrente bis zu ihrem Ableben in Höhe von S 50.000,-- monatlich. Nach den unwidersprochenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides verfügte Franz M. auch, daß das Heizöl für das genannte Haus unentgeltlich beizustellen sei, außerdem die Zentralheizung auf Betriebskosten zu warten wäre und der Erbe der Beschwerdeführerin einen Pkw der 2-Literklasse zur Verfügung zu stellen habe, wobei auch sämtliche Betriebskosten von ihm getragen werden müßten.

Auf Vorhalt des Finanzamtes teilte die Beschwerdeführerin mit, daß sie von der Pensionsversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft ab eine vorläufige Leistung von monatlich netto S 1.400,-- erhalte. Von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten beziehe sie seit eine monatliche Pension von S 5.385,80. Zinsen aus Spareinlagen fielen mit etwa S 5.000,-- monatlich (laut Berufung jährlich) an. Das Rentenlegat von S 50.000,-- ab sei nach § 29 Z. 1 zweiter Satz des Einkommensteuergesetzes 1972 (EStG 1972) nicht steuerpflichtig.

Im Mai 1976 erließ das zuständige Finanzamt an die Beschwerdeführerin einen Vorauszahlungsbescheid für 1976, in dem es die Leibrente als steuerpflichtigen Teil des Einkommens behandelte.

In einer gegen den Vorauszahlungsbescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend, bei der Leibrente handle es sich um wiederkehrende Bezüge, die an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person gewährt würden und somit dem Empfänger nicht zuzurechnen seien. Die Leibrente sei laut Testament der Beschwerdeführerin ausdrücklich zu ihrem Unterhalt ausgesetzt worden. Mit diesem Rentenlegat sei für sie der mangelnde anständige Unterhalt im Sinne des § 796 ABGB bestimmt worden. Der Anspruch der Ehegattin auf den mangelnden anständigen Unterhalt, der auch nach dem Tod des Erblassers fortbestehe, sei also in Form des Rentenlegates erfüllt worden. Gleichzeitig verwies die Beschwerdeführerin auch auf § 78 des Ehegesetzes, wonach die Erfüllung der gesetzlich vorgesehenen Unterhaltspflicht auch auf den Erben übergehen würde. Da die Beschwerdeführerin nicht als Testamentserbin eingesetzt worden wäre, sondern lediglich ein Rentenlegat vorliege, sei damit aber auch eine Unterhaltsleistung im Sinne des Gesetzes gegeben. Andernfalls würde ja, wenn sie Erbin gewesen wäre, der Unterhalt aus der Erbschaft bestritten werden. So aber sei Kurt M. als Erbe eingesetzt worden, der demgemäß auch in die Rechtsstellung des Erblassers eintrete und hinsichtlich der Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung so zu beurteilen sei wie der Erblasser. Auf Grund der relativen Größe des Unternehmens des Erblassers sei die Bemessung eines Rentenlegates mit einem Betrag von S 50.000,-- als angemessener Unterhalt anzusehen, dies auch unter Bedachtnahme auf die von der Beschwerdeführerin sonst noch bezogenen Pensionen. Es hätte sohin § 29 Z. 1 zweiter Satz EStG 1972 zum Zug kommen müssen.

Die belangte Behörde gab der Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid im entscheidungswesentlichen Punkt keine Folge. Aus der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Vorschrift des § 796 ABGB sei für sie nichts zu gewinnen, da der Erblasser durch das Rentenlegat für sie hinreichend Vorsorge getroffen habe. Wenn auch § 796 ABGB vom mangelnden anständigen Unterhalt spreche, so könne im gegenständlichen Fall dies bei der Beschwerdeführerin keine Anwendung finden. Der Erblasser habe der Beschwerdeführerin nicht nur die erwähnten Legate ausgesetzt, vielmehr seien ihr auch unmittelbar infolge des Ablebens ihres Gatten eine Versicherungssumme in der Höhe von S 155.520,-- sowie ein Bausparbetrag in der Höhe von S 40.352,50 zugeflossen. Bei dieser Sachlage bestehe eine Unterhaltsverpflichtung des zum Universalerben eingesetzten Adoptivsohnes aus dem Titel des "mangelnden anständigen Unterhalts" nicht. Es vermöge somit auch das Zurechnungsverbot des § 29 Z. 1 EStG 1972 nicht einzugreifen. Dem Hinweis, daß die Rente ausdrücklich zum Unterhalt der Beschwerdeführerin bestimmt worden sei, müsse entgegengehalten werden, daß der Erbe als Erfüller des Vermächtnisses durch das Testament zu einer Leistung verpflichtet worden sei, die mit der Übernahme des väterlichen Grundbesitzes und Betriebsvermögens in einem gewissen Zusammenhang stehe, sodaß schon deshalb nicht von einer auf gesetzlicher Grundlage beruhenden Unterhaltsleistung die Rede sein könne. Die Verpflichtung zur Rentenzahlung treffe den Erben vielmehr aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft. Es liege eine Versorgungsrente und nicht, wie die Beschwerdeführerin meine, eine Unterhaltsrente vor.

Die vorliegende Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend, wobei sich die Beschwerdeausführungen im wesentlichen mit dem Berufungsvorbringen decken. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1972 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 636, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte

abgezogen werden: ......

4) freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, auch wenn die Zuwendungen auf einer den Zuwendenden verpflichtenden Vereinbarung beruhen; derartige Zuwendungen sind auch nach § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 nicht abzugsfähig.

In der ursprünglichen Fassung des Einkommensteuergesetzes 1972 war diese Ziffer 4 als Z. 3 des § 20 Abs. 1 gereiht.

Nach den für den Beschwerdefall bedeutsamen ersten beiden Sätzen des § 29 Z. 1 EStG 1972 zählen wiederkehrende Bezüge zu den sonstigen Einkünften gemäß § 2 Abs. 3 Z. 7 leg. cit., soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 6 gehören. Werden die Bezüge freiwillig oder an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person gewährt, so sind sie dem Empfänger nicht zuzurechnen.

Beide vorstehend angeführten Gesetzesstellen sind grundsätzlich spiegelbildlich zu sehen. Bilden Zuwendungen nach der erstgenannten Gesetzesstelle beim Leistenden nichtabzugsfähige Ausgaben, so sollen sie auf Grund der zweitgenannten Gesetzesstelle beim Empfänger nicht als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer unterliegen. Durch den gegenüber der vergleichbaren Bestimmung des § 12 Z. 2 EStG 1967 geänderten Wortlaut des § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 (ursprüngliche Fassung) - das neue Recht weicht vom alten nicht nur in dem die Aufzählung der nicht abzugsfähigen Ausgaben einleitenden Halbsatz ab, sondern hier insbesondere durch die neu eingefügte Anordnung: "derartige Zuwendungen sind auch nach § 18 Abs. 1 Z. 1 nicht abzugsfähig" - ist weiters jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Einkommensteuergesetzes 1972 klargestellt, daß freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen nicht zu Sonderausgaben führen können (siehe auch die Erläuterungen zu § 20 der Regierungsvorlage des Einkommensteuergesetzes 1972, 474 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates XIII. GP). Bezogen auf den schon dargestellten Grundgedanken des Gesetzgebers, bestimmte beim Leistenden nichtabzugsfähige Zuwendungen auch beim Empfänger steuerlich nicht zu erfassen, bedeutet dies, daß eben nur Zuwendungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 3 (bzw. nunmehr Z. 4) EStG 1972 gemäß § 29 Z. 1 EStG 1972 nicht dem Empfänger zuzurechnen sind, während Zuwendungen, die keine freiwilligen Zuwendungen oder Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, sondern als Sonderausgaben berücksichtigungsfähige Aufwendungen darstellen, beim Empfänger grundsätzlich der Besteuerung nach § 29 Z. 1 leg. cit. unterliegen.

Die Entscheidung über das Begehren der Beschwerdeführerin, bei ihr die letztwillig vermachten Rentenbezüge nicht gemäß § 29 Z. 1 EStG 1972 zur Einkommensteuer heranzuziehen, hängt sohin vor allem davon ab, ob es sich dabei, da freiwillige Zuwendungen nach der Lage des Beschwerdefalles ausscheiden, um Zuwendungen (Bezüge) an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen handelt. Der Beschwerdeführerin ist beizupflichten, daß für diese Entscheidung in erster Linie § 796 ABGB heranzuziehen ist. Der Folgerung, nach dieser Gesetzesstelle wären die strittigen Rentenbezüge als Zuwendungen an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person zu beurteilen, kann sich der Gerichtshof allerdings nicht anschließen.

§ 796 ABGB zufolge hat der überlebende Ehegatte zwar keinen Pflichtteilsanspruch, doch gebührt ihm, solange er nicht zur zweiten Ehe schreitet, der mangelnde anständige Unterhalt, soweit dieser nicht durch seinen gesetzlichen Erbteil oder eine für den Fall des Überlebens bedungene oder letztwillig zugewendete Versorgung gedeckt ist. Im Beschwerdefall hat nun aber der verstorbene Gatte für die Beschwerdeführerin durch die Aussetzung des Rentenlegates ausreichend gesorgt, womit diese gegen den Erben (Adoptivsohn) aus dem Titel des § 796 ABGB keinen Anspruch stellen konnte. Die Verpflichtung des Erben zur Rentenzahlung trifft ihn vielmehr - wie das auch bei jedem der Witwe gegenüber fremden Erben der Fall wäre - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin tatsächlich aus dem Rechtsgrund der Annahme der Erbschaft, sodaß bei den Rentenleistungen an die Beschwerdeführerin nicht von Zuwendungen (Bezügen) an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 4 bzw. des § 29 Z. 1 EStG 1972 gesprochen werden kann. An dieser Beurteilung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführerin das Rentenlegat laut Testament ausdrücklich zu ihrem Unterhalt ausgesetzt wurde, weil es sich dabei eben um eine letztwillig zugewendete Versorgung im Sinne des § 796 ABGB und nicht um die Leistung des gesetzlichen (etwa durch das Rentenlegat nicht gedeckten, mangelnden) Unterhaltes handelt.

§ 78 des Ehegesetzes, auf den sich die Beschwerdeführerin ebenfalls beruft, kommt nicht zum Zug, weil diese Vorschrift, wie ihre Stellung im Ehegesetz (siehe §§ 62 ff, insbesondere die §§ 66 ff) zeigt, nur im Scheidungsfall gilt.

Da die strittige Rentenzahlung somit keine Unterhaltsrente ist, zudem auch nicht das Entgelt für die Übertragung eines Wirtschaftsgutes oder eine als betrieblicher Vorgang zu wertende Rentenleistung darstellt, waren die Abgabenbehörden befugt, die Rentenbezüge der Beschwerdeführerin für die Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlung 1976 heranzuziehen, womit jedenfalls der Spruch des angefochtenen Bescheides dem Gesetz gerecht wird. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die von der Beschwerdeführerin als widersprüchlich erachtete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur steuerlichen Behandlung von Unterhaltsrenten basierte auf der Rechtslage vor Inkrafttreten des Einkommensteuergesetzes 1972. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes hat jedoch die für die Entscheidung der strittigen Frage maßgebliche Rechtsgrundlage eine Änderung erfahren, die, wie zum Teil schon angedeutet, bei beiden in Betracht zu ziehenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes 1972 in einem geänderten Gesetzeswortlaut ihren Niederschlag fand. Damit bestand aber für den erkennenden Senat schon aus diesem Grund keine Veranlassung, sich der Anregung der Beschwerdeführerin entsprechend gemäß § 13 Z. 2 VwGG 1965 zu verstärken.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 sowie auf Art. I Z. 4 und 5 und auf Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.

Wien, am

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ABGB §796;
EStG 1972 §18 Abs1 Z1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z3;
EStG 1972 §20 Abs1 Z4;
EStG 1972 §29 Z1;
Sammlungsnummer
VwSlg 5296 F/1978
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1978:1976002369.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-58556