VwGH 05.10.1964, 2326/63
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | GrEStG 1955 §20 Abs2; |
RS 1 | Die Nichterhebung der Steuer gemäß § 20 Abs 2 GrEStG 1955 ist unzulässig, wenn der Veräußerer nur das grundbücherliche Eigentum zurückerwirbt, ohne daß dieser auch die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Grundstück zurückerhält. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraezek, und die Hofräte Dr. Dorazil, Dr. Mathis, Dr. Kaupp und Dr. Schmid als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Holler, über die Beschwerde des Verbandes der A in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. GV. 21-690/4-V-1963, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Am wurde dem Finanzamte für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien eine als Vertrag bezeichnete und am 14. bzw. unterfertigte Urkunde vorgelegt, die am dem Finanzamte für Gebühren und Verkehrssteuern in Graz zuständigkeitshalber abgetreten worden und dort am eingelangt war. Nach dem Inhalte dieser Urkunde hatte der beschwerdeführende Verband mit Kaufvertrag vom von Stadtbaumeister Dipl. Ing. FK drei Liegenschaften in Graz um S 555.450,-- käuflich erworben und auf Grund dieses Kaufvertrages war das Eigentumsrecht an diesen Liegenschaften für den Verband im Grundbuch einverleibt worden. Zufolge Punkt I der Urkunde vom 14. und erklärten die seinerzeitigen Vertragsparteien einverständlich, den zwischen ihnen am abgeschlossenen Kaufvertrag rückwirkend aufzulösen, und übertrug der Verband das Eigentum an den Liegenschaften wieder dem Dipl. Ing. FK. Die physische Übergabe - so wurde in Punkt I weiter ausgeführt - ist "mit Unterfertigung dieses Vertrages erfolgt". Nach Punkt III hatte der Verband den von ihm für die Liegenschaften bezahlten Kaufpreis bereits zurückerhalten und erklärten beide Teile, daß aus dem Kaufvertrage vom ihnen wechselseitig keine Ansprüche mehr zustehen.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Graz hatte mit Bescheid vorn Dipl. Ing. FK für den "Kauf im Vertrag vom " von einer Bemessungsgrundlage von
S 555.450,-- 8 % Grunderwerbsteuer in Höhe von S 44.436,-- vorgeschrieben und dem Antrag auf Nichterhebung der Grunderwerbsteuer für den Rückerwerb der veräußerten Grundstücke nicht entsprochen, weil seit dem Entstehen der Steuerschuld für den Kaufvertrag vom bis zum Rückerwerb (grundbücherliche Eigentumsübertragung) am die vorgesehene Frist von zwei Jahren überschritten worden sei. Gegen diesen Bescheid haben sowohl Dipl. Ing. FK, als auch der beschwerdeführende Verband Berufung erhoben. Die "Berufung" des Verbandes hat die belangte Behörde in der Erwägung, daß der Verband wohl nicht zur Zahlung der vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer herangezogen worden, aber doch Gesamtschuldner dieser Abgabe nach § 17 Abs. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes (BGBl. Nr. 140/1955, GrEStG) ist, als Berufungsbeitrittserklärung im Sinne des § 257 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung (BGBl. Nr. 194/1961) gewertet. Sie hat mit der angefochtenen Berufungsentscheidung den vorgeschriebenen Steuerbetrag von
S 44.436,-- auf S 37.888,-- (8 % von S 473.600,--) herabgesetzt, den Mehrbetrag von S 6.548,-- aufgelassen und das darüber hinausgehende Mehrbegehren abgewiesen. Nach den Gründen ihrer Entscheidung hat sie, weil auf Grund des Kaufvertrages vom der beschwerdeführende Verband grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaften geworden ist, die Vereinbarung vom
14. bzw. nicht nach § 20 Abs. 1 Z. 1, sondern nach § 20 Abs. 2 GrEStG beurteilt und angenommen, daß es auf Grund dieser Vereinbarung lediglich zu einer Rückübertragung des bücherlichen Eigentums an Dipl. Ing. FK gekommen sei, da ihm aber der Verband nicht mehr die Verfügungsmacht über die Liegenschaften rückübertragen habe. Die Vereinbarung könne lediglich als eine solche über die Begründung eines Treuhandverhältnisses zwischen dem Verband und Dipl. Ing. FK gewertet werden. Allerdings sei dieses Treuhandverhältnis unmittelbar nach seiner Begründung wieder aufgelöst worden. Daß der am geschlossene Vertrag nicht im vollen Umfange rückgängig gemacht wurde, hat die belangte Behörde zunächst daraus erschlossen, daß der Verband nach Abschluß des Kaufvertrages vom mit zahlreichen Einzelpersonen Kaufverträge abgeschlossen hat, auf Grund deren diesen Einzelpersonen Anteile an den Liegenschaften, die der Verband von Dipl. Ing. FK erworben hatte, übertragen worden sind. Allerdings seien diese Vereinbarungen zum Teil durch ausdrückliche Erklärung, zum Teil durch schlüssige Handlungen wieder aufgelöst worden. Jedenfalls habe aber nach Abschluß des Kaufvertrages vom nicht Dipl. Ing. FK, sondern der Verband über die Liegenschaften verfügt. Denn Dipl. Ing. FK habe unmittelbar nach Abschluß dieser Vereinbarung die Liegenschaften auf Begehren des Verbandes an die "H" übertragen. Aber selbst wenn eine Rückgängigmachung des Vertrages vom oder ein Rückerwerb der Liegenschaften innerhalb von zwei Jahren nach Entstehung der Steuerschuld für den ursprünglichen Erwerbsvorgang angenommen werden könnte, wäre eine Nichterhebung der Grunderwerbsteuer im Hinblick auf § 20 Abs. 5 GrEStG nicht möglich, weil weder der seinerzeitige Erwerbsvorgang aus dem Jahre 1955 noch der Rückerwerb dem zuständigen Finanzamte rechtzeitig angezeigt worden seien. Die Anzeige des Rückerwerbes könne aber auch deshalb nicht als ordnungsgemäß erstattet angesehen werden, weil in ihr nicht der wahre Sachverhalt zum Ausdrucke gebracht worden sei. In der Urkunde vom 14. bzw. sei nämlich der Sachverhalt so dargestellt worden, als ob es sich um eine volle Rückgängigmachung des Vertrages vom handelte. Jedoch sei die Grunderwerbsteuer vom Einheitswerte der drei Liegenschaften festzusetzen gewesen, weil die Übernahme der Liegenschaften durch Dipl. Ing. FK als Treuhänder ein nicht entgeltlicher Erwerbsvorgang sei, der allerdings auch keine freigebige Zuwendung im Sinne des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 darstelle.
Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof hat über sie erwogen:
Nach § 20 Abs. 1 GrEStG wird dann, wenn ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird, in bestimmten Fällen die Steuer von diesem Erwerbsvorgang auf Antrag nicht erhoben oder, wenn sie bereits entrichtet worden ist, rückvergütet (Abs. 3 dieser Gesetzesstelle).
Einer dieser Fälle (Abs. 1 Z. 1) ist der, daß die Aufhebung des Erwerbsvorganges innerhalb von zwei Jahren seit Entstehung der Steuerschuld, sei es durch Vereinbarung, sei es durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes, bewirkt wird. Wenn der Veräußerer das veräußerte Grundstück zurückerwirb, dann wird nach Abs. 2 des genannten § 20 auf Antrag die Steuer sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang nicht erhoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit Entstehung der Steuerschuld für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Es wird also für Vorgänge, die an sich der Grunderwerbsteuer unterliegen (steuerbare Vorgänge), die Steuer in bestimmten Fällen nicht erhoben oder, wenn sie bereits entrichtet ist, rückvergütet. Im vorliegenden Falle behauptet der beschwerdeführende Verband, daß Dipl. Ing. FK, von dem er seinerzeit drei Liegenschaften erworben hatte, diese Liegenschaften von ihm innerhalb zweier Jahre seit Entstehung der Steuerschuld für den ersten Erwerbsvorgang zurückerworben habe und er begehrt, die Steuer für diesen Vorgang nicht zu erheben, Die belangte Behörde ist jedoch der Ansicht, daß zwar ein als Rückerwerbung anzusehender steuerbarer Vorgang zwischen dem Beschwerdeführer und Dipl. Ing. FK stattgefunden hat, daß aber die gesetzlichen Voraussetzungen, bei derer Erfüllung von der Erhebung der Steuer abzusehen ist, nicht gegeben seien.
Die in mancher Hinsicht unklare Begründung des angefochtenen Bescheides läßt nun freilich nicht ganz deutlich erkennen, welchen der im § 1 GrEStG angeführten steuerbarer Tatbestände die belangte Behörde als verwirklicht ansieht. Da sie aber in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt hat, daß Dipl. Ing. FK
wieder, auch nur vorübergehend grundbücherlicher Eigentümer
der seinerzeit von ihm an den Beschwerdeführer veräußerten Liegenschaft geworden ist, muß angenommen werden, daß sie, wenn nicht den Erwerbtatbestand nach § 1 Abs. 1 Z. 1 (auf Übereignung gerichtetes Verpflichtungsgeschäft), so mindestens den nach § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG (Erwerb des Eigentums am Grundstück ohne vorangegangenes schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft) als verwirklicht angesehen hat. Daß ein solcher steuerbarer Erwerbsvorgang stattgefunden hat bestreitet auch der beschwerdeführende Verband nicht, und er bekämpft die Steuerpflicht auch nicht aus dem Grunde, daß etwa ein steuerbarer Erwerbsvorgang nicht zwischen ihm und Dipl. Ing. FK sondern nur unmittelbar zwischen ihm und der "H" gesetzt worden und Dipl. Ing. FK etwa nur zum Schein als Zwischenerwerber eingeschaltet worden sei, um auf diese Weise die Erstattung der vom ersten Erwerbsvorgang entrichteten Steuer herbeizuführen. Der beschwerdeführende Verband erblickt also selbst die Rechtsverletzung nicht in der Annahme eines steuerbaren Erwerbsvorganges durch die belangte Behörde, sondern nur in der Versagung der Freistellung dieses Vorganges von der Steuer.
Geht man aber davon aus, daß im Februar 1957 ein steuerbarer Erwerbsvorgang zwischen dem beschwerdeführenden Verband und Dipl. Ing. FK stattgefunden hat, dessen Gegenstand die drei seinerzeit von Dipl. Ing. FK an den Verband veräußerten Liegenschaften waren, dann kann der Auffassung der belangten Behörde, daß eine Freistellung dieses Vorganges von der Steuer nicht zulässig sei, nicht entgegengetreten werden. Denn die belangte Behörde hat auf Grund der Prüfung eines umfangreichen Schriftenmaterials und auf Grund der Vernehmung des Dipl. Ing. FK in freier Beweiswürdigung festgestellt, daß der beschwerdeführende Verband dem Dipl. Ing. FK nur das grundbücherliche Eigentum an dieser Liegenschaft rückübertragen, im übrigen aber über diese Liegenschaft wirtschaftlich verfügt und dem seinerzeitigen Veräußerer nicht mehr die wirtschaftliche Verfügungsmacht rückübertragen hat, die ihm seinerzeit Dipl. Ing. FK beim früheren Erwerbsvorgange zugleich mit dem grundbücherlichen Eigentum übertragen hatte. Sie hat dazu ausgeführt, daß der beschwerdeführende Verband die seinerzeit von Dipl. Ing. FK erworbenen drei Liegenschaften und eine weitere Liegenschaft, die er nicht von Dipl. Ing. FK erworben hatte, um einen Gesamtkaufpreis an die "H" verkauft hat. Wie die Verwaltungsakten zeigen, sind die Ergebnisse der Überprüfung des Schriftwechsels des beschwerdeführenden Verbandes mit Dipl. Ing. FK und mit der "H" und der Vernehmung des Dipl. Ing. FK selbst am der Machthaberin des Beschwerdeführers vorgehalten worden. Eine Äußerung auf diesen Vorhalt wurde weder vom beschwerdeführenden Verband noch von dessen Machthaberin erstattet. Somit kann der belangten Behörde eine Verletzung von Verfahrensvorschriften bei der Ermittlung des Sachverhaltes nicht zur Last gelegt werden. Einen solchen Vorwurf erhebt überdies auch die Beschwerde nicht. Die aus den Ergebnissen der Ermittlung abgeleiteten Schlüsse tatsächlicher und rechtlicher Art sind auch mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens durchaus vereinbar. Denn wenn, wie unbestritten ist, der beschwerdeführende Verband von Dipl. Ing. FK nicht nur das grundbücherliche Eigentum an den Liegenschaften, sondern, auch die volle wirtschaftliche Verfügungsmacht über diese erworben hatte, dem Dipl. Ing. FK aber nun zwar das grundbücherliche Eigentum dieser Liegenschaften rückübertragen, die Liegenschaften aber unmittelbar durch Rechtsgeschäfte mit der "H" verwertet hat, dann kann von einer "Rückerwerbung" im Sinne des § 20 Abs. 2 GrEStG nicht die Rede sein, denn eine solche Rückübertragung muß, soll sie auf Antrag steuerfrei belassen werden, zur vollständigen Wiederherstellung des vor der früheren Übertragung vorhanden gewesenen rechtlichen und tatsächlichen Zustandes führen. Da diese Voraussetzung nach den auf eine mängelfreie und schlüssige Weise gewonnenen Feststellungen der belangten Behörde nicht erfüllt ist, kam schon aus diesem Grund eine Freistellung des auch vom beschwerdeführenden Verbande zugegebenen steuerbaren Erwerbsvorganges von der Steuer nicht in Betracht. Es erübrigt sich somit, auf die Frage einzugehen, ob die Freistellung von der Steuer etwa auch wegen Unterlassung der ordnungsmäßigen Anzeige des früheren oder des späteren Erwerbsvorganges bei der zuständigen Finanzbehörde zu versagen war.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | GrEStG 1955 §20 Abs2; |
Sammlungsnummer | VwSlg 3146 F/1964 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1964:1963002326.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-58499