VwGH 11.06.1981, 2322/80
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | |
RS 1 | Die Beitragserstattung nach § 70 Abs 2 ASVG hat zur Voraussetzung, dass die Beiträge vor der Erstattung an den Sozialversicherungsträger entrichtet wurden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Jurasek und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Pichler, Dr. Knell und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Dworak, über die Beschwerde des EB in R, vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Kaisergasse 17, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. SV - 901/3-1980, betreffend die Erstattung von Beiträgen gemäß § 70 Abs. 2 ASVG (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte, 4010 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der mitbeteiligten Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers, Überschreitungsbeträge im Sinne des § 70 Abs. 1 ASVG für das Beitragsjahr 1978 unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 70 Abs. 2 und 3 leg. cit. zu erstatten, abgelehnt und festgestellt, daß eine Erstattung der Versicherungsanteile an den Pensionsversicherungsbeiträgen von nichtentrichteten Sozialversicherungsbeiträgen mangels gesetzlicher Bestimmungen nicht möglich sei. Weiters wurde festgestellt, daß der gleichzeitig am gestellte Antrag auf Erstattung eines Überschreitungsbetrages für das Beitragsjahr 1977 wegen Fristversäumnis (§ 70 Abs. 2 ASVG) nicht zu behandeln sei.
Dem vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und sprach aus, daß 1) der innerhalb offener Frist eingebrachte Antrag des Beschwerdeführers, Überschreitungsbeträge im Sinne des § 70 Abs. 1 ASVG für das Beitragsjahr 1978 unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 70 Abs. 2 und 3 ASVG zu erstatteten, abgelehnt und festgestellt werde, daß eine Erstattung der Versichertenanteile an den Pensionsversicherungsbeiträgen derzeit nicht möglich sei, und daß 2) der gleichzeitig am gestellte Antrag auf Erstattung eines Überschreitungsbetrages für das Beitragsjahr 1977 wegen Fristversäumnis (§ 70 Abs. 2 ASVG) nicht zu behandeln sei. Nach der Begründung dieses Bescheides sei von folgendem unbestrittenen Sachverhalt auszugehen: Der Beschwerdeführer sei bis zur Verhängung des Konkurses über das Vermögen des Dienstgebers B am als Dienstnehmer beschäftigt gewesen. Ende November 1977 habe er gemäß § 26 Angestelltengesetz dem Masseverwalter seinen Austritt erklärt und sei in der Folge bis für den vom Kreisgericht bestellten Masseverwalter tätig gewesen. Ein anerkannter Anspruch auf Kündigungsentschädigung habe bis bestanden. Im Jänner 1978 habe der Beschwerdeführer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen, ab sei er ein Dienstverhältnis als Angestellter bei der Firma A eingegangen. Der Antrag auf Erstattung des Dienstnehmeranteiles an den Pensionsversicherungsträger von Überschreitungsbeträgen im Jahre 1978 betreffe die Beitragszeiträume Februar bis Juni 1978. Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse habe auch den Versichertenanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen für die Kündigungsentschädigung des Beschwerdeführers im gegenständlichen Insolvenzverfahren als Masseforderung angemeldet. Laut telefonischer Auskunft des Bearbeiters bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse sei eine Befriedigung dieser Forderung bisher nicht erfolgt. Nach Zitierung des § 70 Abs. 1 und 2 ASVG fährt die belangte Behörde in der Bescheidbegründung fort, daß sie sich der Ansicht der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse anschließe, wonach Beiträge, die von der Kasse noch gar nicht eingehoben worden seien, nicht rückerstattet werden könnten. Eine Erstattung nach § 70 ASVG wäre erst nach Befriedigung der Masseforderung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse möglich. In allen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes über eine mögliche Beitragsrückzahlung (§ 56 Abs. 3 ASVG, § 69 ASVG und andere) sei Voraussetzung, daß derartige Beiträge auch tatsächlich bezahlt worden seien. Aus dem Wortlaut des § 70 Abs. 1 ("der vom Versicherten geleistete Teil ...") gehe auch deutlich hervor, daß eine Leistung Voraussetzung einer Erstattung von Beiträgen sei. Dies entspreche auch den Erfahrungen des täglichen Verkehrs und dem gesunden Rechtsempfinden. Beziehe sich die von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 859/71, zwar auf die zeitliche Lagerung der überschüssigen Beiträge, so werde in dieser Entscheidung dennoch eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß eine Zurückerstattung gemäß § 70 nur Platz greife, wenn die Beiträge tatsächlich entrichtet worden seien. Auch die Ausführungen von Krejci in "Das Sozialversicherungsverhältnis" Seite 136 f sprächen eindeutig davon, daß eine Leistung an den Versicherungsträger Voraussetzung für eine Rückerstattung von Beiträgen sei. Diese Auffassung entspreche auch den allgemein gültigen Rechtsregeln des Zivilrechtes, welche auch im öffentlichen Recht beachtliche Rechtsgedanken enthielten. Eine Erstattung von Beiträgen nach § 70 ASVG sei im vorliegenden Fall demnach erst nach Befriedigung der Masseforderung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse möglich.
Gegen diesen Bescheid, soweit mit ihm der Antrag auf Erstattung von Beiträgen für das Beitragsjahr 1978 abgewiesen wurde, richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts erhobene Beschwerde. Der angefochtene Bescheid entspreche nicht den Bestimmungen des § 70 Abs. 2 ASVG. Diese Bestimmung regle die Antragstellung auf Erstattung. Ausdrücklich spreche das Gesetz von "fällig gewordenen allgemeinen Beiträgen". Es komme also bei der Beitragserstattung auf Antrag nur darauf an, daß für das Vorjahr Beiträge fällig geworden seien und die Beitragsgrundlagen die Höchstbeitragsgrundlage überschritten. Ob die Beiträge auch tatsächlich vom Dienstgeber abgeführt worden seien, sei sowohl für das Bestehen einer Pflichtversicherung bzw. den Erwerb von Versicherungszeiten als auch für das Recht auf Beitragserstattung ohne Bedeutung. Jede andere Auslegung würde bedeuten, daß der Bestand oder Nichtbestand einer Pflichtversicherung auf einer bestimmten Beitragsgrundlage nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 10 und 11 ASVG abhänge, sondern vom Einlangen der Beiträge, die der Dienstgeber abzuführen habe. Dies wäre aber eine dem Versicherten unzumutbare Überwälzung des Risikos der Eintreibung fälliger Beiträge vom Versicherungsträger auf den Versicherten. Wenn die belangte Behörde ihre Rechtsansicht, daß nur tatsächlich geleistete Beiträge rückerstattet werden könnten, mit dem Hinweis auf die Erfahrungen des täglichen Verkehrs und das gesunde Rechtsempfinden begründe, verkenne sie die Besonderheiten des Sozialversicherungsverhältnisses, in das im konkreten Fall auch das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz mit seinem Schutzcharakter für den versicherten Arbeitnehmer hineinspiele. Hätte der Beschwerdeführer seine Kündigungsentschädigung nicht aus dem Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds, sondern in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren zugesprochen erhalten, wäre ihm vom Bruttobetrag der Sozialversicherungsbeitrag abgezogen worden und seinem Antrag auf Erstattung gemäß § 70 Abs. 2 ASVG stattgegeben worden. Er könne nicht einsehen, daß die Tatsache, daß er durch das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz mit seinen Forderungen begünstigt werde, ihm einen Nachteil gegenüber dem Sozialversicherungsträger bringen solle, indem er auf ein Einkommen verzichten müsse, auf das er grundsätzlich im Sinne des § 70 Abs. 1 ASVG Anspruch habe.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Oberösterreichische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte beantragen in ihren Gegenschriften die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 70 Abs. 1 bis 3 ASVG in der Fassung des Stammgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, lautete:
"(1) Überschreitet bei gleichzeitigen versicherungspflichtigen Beschäftigungen die Summe der allgemeinen Beitragsgrundlagen die Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung, so gilt auf Antrag des Versicherten der allgemeine Beitrag zur Pensionsversicherung, soweit er über die Höchstbeitragsgrundlage hinaus geleistet wurde, im Rahmen der Bestimmungen des § 77 Abs. 2 als Beitrag zur Höherversicherung. Sind mehrere Träger der Pensionsversicherung beteiligt, so gilt der Beitrag zur Höherversicherung bei dem Träger geleistet, bei dem die Pflichtversicherung mit der höheren allgemeinen Beitragsgrundlage bestanden hat.
(2) Der Antrag ist bis zum 31. März eines jeden Kalenderjahres für im Vorjahr fällig gewordene allgemeine Beiträge bei einem der beteiligten Versicherungsträger zu stellen. Wird der Antrag nicht rechtzeitig gestellt, so trifft den Versicherten die Last des Beweises für das Zutreffen der Voraussetzungen nach Abs. 1.
(3) Soweit gemäß Abs. 1 bezahlte allgemeine Beiträge nicht als Beiträge zur Höherversicherung gemäß § 77 Abs. 2 zu berücksichtigen sind, sind sie, soweit sie Beitragsanteile des Versicherten betreffen, auf dessen Antrag zu erstatten.
(4) ..."
Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (599 Blg NR VII GP Seite 33) knüpfte diese Sonderregelung an die Regelung des § 45 Abs. 2 an, "wonach bei gleichzeitiger mehrfacher Beschäftigung des Pflichtversicherten die Beiträge in jedem einzelnen Beschäftigungsverhältnis unter Berücksichtigung der Höchstbeitragsgrundlage zu bemessen sind. Da es bei dieser Regelung vorkommen kann, daß die Beitragsgrundlagen bei mehreren Beschäftigungen in der Summe die Höchstbeitragsgrundlage übersteigen, ist es im Hinblick auf die Bestimmung des § 244 Abs. 3, wonach die Beitragsgrundlagen von sich zeitlich deckenden Versicherungszeiten zusammengerechnet und nur bis zur Höchstbeitragsgrundlage berücksichtigt werden, notwendig, in der Pensionsversicherung dafür vorzusorgen, daß die Beiträge, die von dem die Höchstbeitragsgrundlage übersteigenden Betrag der Summe der Entgelte entrichtet worden sind, auf der Leistungsseite in irgendeiner Form berücksichtigt oder aber zurückerstattet werden."
Nach dem Wortlaut des § 70 ASVG in der Fassung des Stammgesetzes und nach den zitierten Gesetzesmaterialien konnte daher kein Zweifel darüber bestehen, daß sowohl die Anrechnung von Beiträgen in der Pensionsversicherung für die Höherversicherung als auch die Erstattung von Beiträgen die vorangegangene Entrichtung der Beiträge voraussetzte. Dies sprach auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem - allerdings eine andere Hauptfrage betreffenden - Erkenntnis vom , Zl. 859/71, aus.
Durch die 28. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 162/1972, wurde § 70 ASVG - wie die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu dieser Novelle (183 Blg NR XIII. GP Seite 7) betonen, vor allem veranlaßt durch die Änderung der Bemessungsvorschriften der Pensionsversicherung - neu gefaßt und lautet in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Art. I Z. 1 der genannten Novelle wie folgt:
"(1) Überschreitet in einem Beitragsjahr (§ 242 Abs. 6) bei einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder bei gleichzeitig ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigungen die Summe aller Beitragsgrundlagen der Pflichtversicherung die mit der Zahl der Beitragstage der Pflichtversicherung unter Bedachtnahme auf § 242 Abs. 2 Z. 6 vervielfachte Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung, so gilt der allgemeine Beitrag zur Pensionsversicherung, der auf den Überschreitungsbetrag entfällt, wenn nicht nach Abs. 2 Beiträge erstattet wurden, im Rahmen der Bestimmungen des § 77 Abs. 2 als Beitrag zur Höherversicherung; hiebei ist der für den leistungszuständigen Träger der Pensionsversicherung (§ 246) geltende Beitragssatz anzuwenden. Der vom Versicherten geleistete Teil jenes allgemeinen Beitrages, der im Rahmen der Bestimmungen des § 77 Abs. 2 nicht als Beitrag zur Höherversicherung gilt, ist bei Eintritt des Versicherungsfalles aufgewertet mit den der zeitlichen Lagerung entsprechenden Aufwertungsfaktor (§ 108 c) zu erstatteten.
(2) Der Versicherte kann bei sonstigem Ausschluß bis 31. Jänner eines jeden Kalenderjahres für im Vorjahr fällig gewordene allgemeine Beiträge bei einem der beteiligten Versicherungsträger den Antrag stellen, ihm seinen Anteil von dem auf den Überschreitungsbetrag (Abs. 1) entfallenden Beitrag oder den gemäß § 77 Abs. 2 zur Höherversicherung nicht anrechenbaren Beitrag zu erstatten, wobei der Beitragssatz jenes Trägers der Pensionsversicherung gilt, bei dem die höhere (höchste) Summe der Beitragsgrundlagen im Beitragsjahr erworben worden ist.
(3) ..."
An dem in den zitierten Gesetzesmaterialien zum Stammgesetz zum Ausdruck gebrachten Regelungszweck dieser Bestimmung hat sich durch die Neufassung zufolge der Weitergeltung des § 45 Abs. 2 ASVG und der Nichtberücksichtigung der die Höchstbeitragsgrundlage übersteigenden Beiträge im Leistungsrecht der Pensionsversicherung gemäß § 242 Abs. 2 Z. 1 ASVG nichts geändert. Allerdings ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, daß nach der novellierten Fassung des § 70 ASVG die im Beschwerdefall allein strittige Frage, ob Voraussetzung eines Erstattungsanspruches nach Abs. 2 dieser Bestimmung die vorangegangene Entrichtung der Beiträge ist, aus dem Wortlaut allein nicht so eindeutig wie nach der zitierten Stammfassung dieser Bestimmung beantwortet werden kann. Dennoch vermögen die vom Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung dieser Bestimmung vorgebrachten Argumente nicht zu überzeugen.
Für den Ausgangspunkt der Überlegungen der belangten Behörde, daß Beiträge, die von der Gebietskrankenkasse noch gar nicht eingehoben worden seien, nicht rückerstattet werden könnten, spricht zunächst schon das Wortverständnis der in den Absätzen 1 und 2 des § 70 ASVG in der geltenden Fassung gebrauchten Ausdrücke "erstatten" bzw. "erstattet" im Zusammenhalt mit den anderen von der belangten Behörde angeführten Regelungen der Beitragsrückerstattung (§ 56 Abs. 3, § 69 ASVG), aus denen der naheliegende Schluß gezogen werden kann, daß Voraussetzung dieser Rückerstattung von Beiträgen die Entrichtung derselben an jene Stelle ist, der die Rückerstattung vom Gesetz auferlegt wurde.
Diese Interpretation wird durch den von der belangten Behörde betonten Zusammenhang der Regelung des zweiten mit dem ersten Absatz des § 70 ASVG erhärtet. Durch die Neuregelung wird nämlich dem Versicherten hinsichtlich der gemäß § 77 Abs. 2 ASVG nicht als Beiträge zur Höherversicherung anrechenbaren, auf den Versicherten entfallenden Teile des allgemeinen Beitrags zur Pensionsversicherung, der auf den Überschreitungsbetrag entfällt, die Wahlmöglichkeit eingeräumt, durch eine im Sinne des § 70 Abs. 2 befristete Antragstellung seine sofortige Erstattung zu begehren oder durch die Unterlassung einer solchen Antragstellung sich mit der nach § 70 Abs. 1 letzter Satz ASVG kraft Gesetzes bei Eintritt des Versicherungsfalles vorzunehmenden Erstattung zu begnügen. Die zuletzt genannte Erstattung setzt aber nach dem eindeutigen Wortlaut voraus, daß dieser auf den Versicherten entfallende Beitragsteil auch "geleistet" wurde. Hängt aber diese - erst bei Eintritt des Versicherungsfalles vorzunehmende - Erstattung von der vorhergehenden Beitragsentrichtung ab, so muß dies - um einen nicht erklärbaren Wertungswiderspruch zu vermeiden - auch für die über Antrag durchzuführende sofortige Erstattung nach § 70 Abs. 2 ASVG gefordert werden, und zwar nicht nur hinsichtlich jener Beitragsteile, die im Sinne des § 77 Abs. 2 ASVG nicht als Beiträge zur Höherversicherung anrechenbar sind, sondern zufolge der gemeinsamen Regelung des Erstattungsanspruches auch hinsichtlich jener Beitragsteile, die an sich zur Höherversicherung anrechenbar wären. Diese Interpretation steht auch im Einklang mit der aufgezeigten historischen Entwicklung dieser Bestimmung.
Demgegenüber meint der Beschwerdeführer, daß sich aus der im § 70 Abs. 2 ASVG gebrauchten Wendung "für im Vorjahr fällig gewordene allgemeine Beiträge" ergebe, daß es bei der Beitragserstattung auf Antrag nur darauf ankomme, daß für das Vorjahr Beiträge fällig geworden seien und die Beitragsgrundlagen die Höchstbeitragsgrundlage überschritten; ob die Beiträge auch tatsächlich vom Dienstgeber abgeführt worden seien, sei für das Recht auf Beitragserstattung ohne Bedeutung. Dieser Interpretation vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten. Durch die genannte gesetzliche Wendung, die schon im § 70 Abs. 2 ASVG in der Fassung des Stammgesetzes gebraucht wurde und dort eindeutig nicht in dem vom Beschwerdeführer gemeinten Sinn verstanden werden konnte, wird vielmehr nur eine weitere Einschränkung des Erstattungsanspruches vorgenommen: eine Erstattung entrichteter Beiträge kommt darnach nur in Betracht, wenn diese (entrichteten) Beiträge überdies in dem dem Antrag vorangegangenen Jahr (also weder in einem anderen Vorjahr noch im Antragsjahr) fällig geworden sind.
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die in den §§ 10 und 11 ASVG normierte Meldeunabhängigkeit des Eintrittes und des Endes der Pflichtversicherung ist, wie die belangte Behörde mit Recht in der Gegenschrift betont, für die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage ohne jede Bedeutung. Denn entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat die vom Verwaltungsgerichtshof geteilte Interpretation des § 70 Abs. 2 ASVG durch die belangte Behörde keinesfalls zur Folge, daß deshalb die Beitragsentrichtung auch für "den Bestand oder Nicht-Bestand einer Pflichtversicherung" relevant werden könnte. Die Beitragsentrichtung kann zwar für den Erwerb von Beitragszeiten in der Pensionsversicherung von Bedeutung sein; aber dies hat nichts mit der im Beschwerdefall strittigen Interpretationsfrage zu tun, sondern ist ausdrücklich im § 225 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Abs. 3 ASVG normiert.
Was schließlich den Einwand des Beschwerdeführers betrifft, er werde deshalb, weil er durch das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz begünstigt worden sei, hinsichtlich des Erstattungsanspruches benachteiligt, verkennt der Beschwerdeführer, daß nach der dargelegten Interpretation des § 70 Abs. 2 ASVG ein Erstattungsanspruch - völlig unabhängig von dem Verfahren, in dem über die Entgeltsansprüche (§ 49 ASVG) des Dienstnehmers entschieden wurde - immer dann zu verneinen ist, wenn Beiträge nicht entrichtet wurden. Demgemäß müßte ein Erstattungsanspruch auch dann abgelehnt werden, wenn zwar der Dienstgeber in einem arbeitsgerichtlichen Prozeß zur Bezahlung der Kündigungsentschädigung verurteilt würde, aber - aus welchem Grunde immer - die Beitragsentrichtung unterbliebe.
Da somit der Beschwerdeführer die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun vermochte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I lit. B Z. 4 und 5 Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | |
Sammlungsnummer | VwSlg 10481 A/1981 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1981:1980002322.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-58495