VwGH 20.10.1978, 2261/77
Entscheidungsart: ErkenntnisVS
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Wurde einer Person unter Ausschluß der aufschiebenden Wirkung in erster Instanz eine Lenkerberechtigung auf bestimmte Zeit entzogen, hat diese Person während der betreffenden Zeit ein Kraftfahrzeug gelenkt und wurde später im Berufungsverfahren die Entzugsdauer rückwirkend in der Weise verkürzt, daß der Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges bereits außerhalb der Entzugsdauer lag, so darf nach Eintritt der Rechtskraft jenes Bescheides, mit dem die Entzugsdauer verkürzt worden ist, im Verwaltungsstrafverfahren ein Schuldspruch wegen Übertretung des § 64 KFG nicht mehr gefällt werden bzw im Berufungsweg nicht mehr bestätigt werden. |
Norm | VwGG §48 Abs1 litb; |
RS 2 | Im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes kein gesonderter Zuspruch der Kosten für Einheitssatz, Umsatzsteuer und die Verfassung, einer vom Gerichtshof verlangten Äußerung (§ 41 VwGG). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0276/67 E VwSlg 7191 A/1967 RS 3
(hier: kein gesonderter Anspruch von "Einheitssatz" und
Portoausgaben) |
Normen | VStG §51; VStG §64; VwGG §42 Abs2; |
RS 1 | Wenn sich ein Berufungsbescheid nach § 51 VStG 1950 sowohl auf den Schuldspruch als auch auf den Ausspruch über die Strafbemessung bezieht und wenn die Schuldfrage gesetzmäßig gelöst und lediglich die Strafe gesetzwidrig bemessen worden ist, so ist es geboten, einerseits die Beschwerde hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen und andererseits den angefochtenen Bescheid insoweit aufzuheben, als er sich auf die Strafzumessung und den damit nach § 64 VStG 1950 untrennbar zusammenhängenden Ausspruch über die Kosten bezieht. |
Normen | VwGG §47 Abs5; VwGG §52 Abs1; |
RS 1 | § 52 Abs 1 VwGG 1965 verbietet zumindest dort, wo die in einer Beschwerde angefochtenen Bescheide von verschiedenen belangten Behörden, die im Sinne des § 47 Abs 5 VwGG 1965 verschiedenen Rechtsträgern zuzurechnen sind, ausgegangen sind, eine wechselseitige Rücksichtnahme auf die Rechtsverhältnisse, die zwischen dem Bfr und der einen belangten Behörde (dem einen Rechtsträger) einerseits und zwischen dem Bfr und der anderen belangten Behörde (dem anderen Rechtsträger) andererseits besteht. |
Normen | VwGG §49 Abs2; VwGG §59 Abs1; |
RS 2 | Gliedert sich eine einheitliche Beschwerde ihrem Inhalt nach in die Anfechtung eines Bescheides des Landeshauptmannes einerseits und in die Anfechtung eines Bescheides der Landesregierung andererseits, so ist, wenn das in der Beschwerde gestellte Kostenbegehren hinsichtlich der angefochtenen Bescheide nicht ausdrücklich differenziert worden ist und die Anfechtung jedes der beiden Bescheide Aufwendungen in je gleicher Höhe verursacht hat, davon auszugehen, daß das Begehren auf Aufwandersatz für den Fall des Obsiegens gegenüber dem Landeshauptmann zur Hälfte gegen diesen (bzw gegen den Bund) und für den Fall des Obsiegens gegenüber der Landesregierung zur Hälfte gegen diese (bzw gegen das Land) gerichtet ist. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2262/77
Siehe:
2261/77 E VwSlg 9669 A/1978
Besprechung in:
AnwBl 1980, S 218/1226 mit Glosse;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht sowie Senatspräsident Dr. Jurasek, die Hofräte Dr. Straßmann, Mag. Onder, Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss, Dr. Leukauf und Dr. Degischer als Richter, im Beisein des Schriftführers Polizeirat Dr. Hofreiter, über die Beschwerde des ME in S, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, Ignaz-Harrer-Straße 17, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 9.01-9060/6-1977 (und zwar Teil "zu a" des Spruches und die sonstigen Teile des Bescheides, insoweit sie sich auf diesen Spruchteil beziehen) betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung des die Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 betreffenden Ausspruches über die verhängte Strafe (Geldstrafe von S 20.000,--, Ersatzarreststrafe 28 Tage) und der damit verbundenen Kostenbestimmung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Bezüglich des Schuldausspruches des angefochtenen Bescheides wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Über die Zuerkennung von Aufwandersatz wird mit abgesondertem Beschluß entschieden werden.
Begründung
Schon vor der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens, in dem der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde, wurde ein den nunmehrigen Beschwerdeführer betreffendes Verfahren zur (vorübergehenden) Entziehung der Lenkerberechtigung eingeleitet. In diesem Verfahren hat die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom gemäß § 73 Abs. 1 und 2 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) die unter anderem für die Gruppe B erteilte Lenkerberechtigung auf die Dauer von zwei Jahren, und zwar für die Zeit vom bis , entzogen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß bis zum eine neue Lenkerberechtigung nicht erteilt werden dürfe. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 wurde einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hat der Landeshauptmann von Salzburg mit Bescheid vom teilweise Folge gegeben. Der vom Landeshauptmann von Salzburg auf § 74 Abs. 1 KFG gestützte Entzug der Lenkerberechtigung wurde auf die Dauer eines Jahres, gerechnet vom Zeitpunkt der tatsächlichen Abnahme beschränkt und für die Zeit vom bis festgelegt.
Das Strafverfahren, in dem der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde, wurde im Hinblick auf einen Vorfall am von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung mit einer an den Beschwerdeführer gerichteten Ladung vom eingeleitet. Mit einem im Vollzugsbereich des Landes nach Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B -VG ergangenen und ferner mit einem in gemeinsamer Ausfertigung im Vollzugsbereich des Bundes nach Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B -VG ergangenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am gegen 22.30 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf der Wolfgangsee Bundesstraße von Sankt Gilgen kommend in Richtung Strobl gelenkt,
a) obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe und
b) ohne im Besitze der erforderlichen Lenkerberechtigung zu sein.
Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung
nach § 5 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) und
nach § 64 Abs. 1 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) begangen. Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO eine Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzarreststrafe 42 Tage) und gemäß § 134 KFG eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe 7 Tage) verhängt.
In der Begründung wurde hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO ausgeführt, die Begehung sei durch die anläßlich eines Verkehrsunfalles erstattete Anzeige und durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren erwiesen. Die Alkoholisierung sei durch das schlüssige ärztliche Gutachten mit ausreichender Sicherheit erwiesen. Die Angaben des Beschwerdeführers seien durch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens widerlegt worden. Die Einholung eines weiteren Gutachtens erscheine entbehrlich, zumal der Beschwerdeführer selbst zugegeben habe, einerseits alkoholisiert gewesen und andererseits wegen Übermüdung eingeschlafen zu sein. Bei diesem Sachverhalt sei der Nachweis des Erreichens der 0,8 %o Grenze entbehrlich und von einer erwiesenen Alkoholbeeinträchtigung auszugehen.
Zur Strafzumessung wurde ausgeführt, die verhängten Geldstrafen seien angemessen. Als erschwerend sei die offensichtliche Uneinsichtigkeit zu berücksichtigen, wobei amtsbekannt sei, daß der Beschwerdeführer ein unverbesserlicher Trinker sei. Darüber hinaus sei auf die Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers, der äußerst wohlhabend sei, Bedacht genommen worden.
In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, die erstinstanzliche Behörde irre, wenn sie vermeine, daß der Nachweis eines Blutalkoholgehaltes von 0,8 %o oder darüber für eine Beurteilung nach § 5 StVO entbehrlich sei. Tatsache sei, daß dieser Nachweis nicht habe erbracht werden können. Das Institut für gerichtliche Medizin der Universität Salzburg habe in seinem zum Strafverfahren U 39/75 des Bezirksgerichtes Sankt Gilgen erstatteten Gutachten vom eindeutig festgestellt, daß die Alkoholkonzentration des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt des Unfalles zwischen minimal rund 0,1 und maximal 1,0 %o gelegen gewesen sei, wobei nicht mit der nötigen Sicherheit habe festgestellt werden können, ob die Blutalkoholkonzentration des Beschwerdeführers zum Unfallszeitpunkt bei 0,8 %o oder darüber gelegen gewesen sei. Die erstinstanzliche Behörde habe daher nicht die Feststellung treffen können, daß 0,8 %o oder darüber erreicht worden wären. In richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde erster Instanz zum Schluß kommen müssen, daß ein Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Sinne des § 5 StVO nicht vorgelegen gewesen sei.
Der Beschwerdeführer erhob auch gegen das im Vollzugsbereich des Bundes ergangene Straferkenntnis Berufung, in welcher er ausführte, daß ihm im Hinblick auf den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom die Lenkerberechtigung am zugekommen sei.
In seiner Berufung gegen das Straferkenntnis wandte sich der Beschwerdeführer schließlich gegen die Strafhöhe.
Die belangte Behörde hat in der Verwaltungsstrafsache nach der Straßenverkehrsordnung das Ermittlungsverfahren durch die Einholung eines medizinischen Gutachtens der Landessanitätsdirektion, das am erstattet worden ist, ergänzt.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der sich auf die Verwaltungsstrafsache nach § 5 Abs. 1 StVO beziehenden Berufung teilweise Folge gegeben. Die verhängte Geldstrafe wurde auf S 20.000,-- (die Ersatzarreststrafe auf 28 Tage) herabgesetzt. Der Landeshauptmann von Salzburg hat in dem zusammen mit dem Bescheid der belangten Behörde ausgefertigten Berufungsbescheid in der Verwaltungsstrafsache nach § 64 Abs. 1 KFG der Berufung keine Folge gegeben.
Die belangte Behörde hat in der Begründung ihres Bescheides ausgeführt, der Beschwerdeführer sei im Zusammenhang mit dem Unfallsgeschehen vom dem Kur- und Sprengelarzt Med.Rat Dr. B zur klinischen Untersuchung vorgeführt worden. Anläßlich dieser Untersuchung seien folgende Alkoholisierungssymptome festgestellt worden: Alkoholgeruch der Atemluft, verlangsamtes Auffassungs- und Konzentrationsvermögen, verlangsamte Denkleistung, unsichere Finger-Finger-Probe, unsichere Finger-Nasen-Probe, Schriftprobe gestört, Pupillen-Lichtreaktion verlangsamt, unsicherer bis schwankender Gang, unsicheres Drehen, verschärfte Rombergsche Probe schwankend, grobschlägiger Nystagmus von 17 Sekunden, Farbsinn gestört. Dem amtsärztlichen Gutachten des Landessanitätsdirektors vom sei zu entnehmen, daß auf Grund der bei der klinischen Untersuchung erhobenen Befunde angenommen werden könne, daß sich der Beschwerdeführer beim Lenken des Fahrzeuges im Unfallszeitpunkt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Blutalkoholgehalt von 0,8 %o oder darüber befunden habe. Dem Landessanitätsdirektor sei auf Grund seines medizinischen Fachwissens und seiner Berufserfahrung die einwandfreie Erstellung des Gutachtens zuzubilligen gewesen. Zum Gutachten des Instituts für gerichtliche Medizin der Universität Salzburg vom sei zu bemerken, daß dieses ausschließlich von den Mengen alkoholischer Getränke ausgegangen sei, die der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge vor Antritt der Fahrt getrunken habe, und daß es auf den klinischen Untersuchungsbefund des Kur- und Sprengelarztes Med. Rat Dr. B überhaupt nicht Bedacht genommen habe. Aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich, daß einem klinischen Untersuchungsbefund ein weitaus höherer Beweiswert zukomme als den Angaben von beschuldigten Personen oder von Zeugen über die angeblich vor Antritt der Fahrt genossenen Mengen alkoholischer Getränke. Das Gutachten des Instituts für gerichtliche Medizin sei sohin keineswegs geeignet gewesen, das auf den klinischen Untersuchungsbefund gegründete und durchaus schlüssige amtsärztliche Gutachten des Landessanitätsdirektors zu widerlegen. Im übrigen sei darauf hinzuweisen, daß der Berufungswerber anläßlich der klinischen Untersuchung die Blutabnahme verweigert habe, obwohl er hiezu auf Grund der schweren Verletzung der Unfallsbeteiligten MW gemäß § 5 Abs. 6 StVO verpflichtet gewesen wäre. Im Zusammenhalt mit der Vielzahl der anläßlich der klinischen Untersuchung festgestellten Alkoholisierungssymptome (- wobei insbesondere der grobschlägige Nystagmus ins Gewicht falle -) könne die entgegen der Vorschrift des § 5 Abs. 6 StVO erfolgte Verweigerung der Blutabnahme ebenfalls nur dahin gehend gewertet werden, daß sich der Beschwerdeführer im Unfallszeitpunkt tatsächlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Blutalkoholgehalt von 0,8 %o oder darüber befunden und dadurch einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 5 Abs. 1 StVO begangen habe. Die Einsicht in den gerichtlichen Strafakt des Bezirksgerichtes Sankt Gilgen, Zl. U 39/75, habe weiters ergeben, daß der Beschwerdeführer mit Urteil vom nur einer strafbaren Handlung nach § 88 Abs. 1 und Abs. 4 erster Fall StGB für schuldig erkannt worden sei, weil er den Unfall vom (- welcher zu einer schweren Verletzung der MW geführt habe -) durch Außerachtlassung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt (- insbesondere dadurch, daß er infolge Übermüdung am Lenkrad eingeschlafen und auf die Gegenfahrbahn geraten sei -) verschuldet habe. Das Vorliegen eines strafsatzerhöhenden Umstandes nach § 88 Abs. 4 zweiter Fall StGB (Alkoholisierung im Unfallszeitpunkt) sei nicht als erwiesen angenommen worden. Daraus sei jedoch für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil die Verwaltungsbehörde laut ständiger Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes frei und unabhängig von den Gerichten zu beurteilen habe, ob sie das Vorliegen einer Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO als erwiesen ansehe oder nicht, wobei sie an die Beweiswürdigung oder an die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes durch die Gerichte nicht gebunden sei. Das Urteil des Bezirksgerichtes Sankt Gilgen stelle sohin keinen Hinderungsgrund für die nunmehr im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens erfolgte Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO dar. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage sei eindeutig erwiesen, daß die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO durch die Behörde erster Instanz völlig zu Recht erfolgt sei. Bezüglich des Strafausmaßes bemerkte die belangte Behörde, daß das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand an sich schon einen äußerst schweren Verstoß gegen die öffentliche Verkehrssicherheit darstelle, welcher gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis S 30.000,-- bzw. im Nichteinbringungsfall mit Ersatzarreststrafe von einer Woche bis sechs Wochen bedroht sei. Bedenke man weiters, daß der Alkoholisierungszustand des Beschwerdeführers zu einem Einschlafen am Lenkrad infolge Übermüdung und in der Folge zu einem Verkehrsunfall mit schwerem Personenschaden geführt habe, so ergebe sich schon daraus die Notwendigkeit zur Verhängung einer äußerst strengen Geldstrafe. Als wesentlicher Erschwerungsumstand trete jedoch hinzu, daß der Beschwerdeführer im Zusammenhalt mit einer Anfang 1974 begangenen Übertretung nach § 5 Abs. 2 StVO (Verweigerung des Alkotests trotz vermuteter Alkoholbeeinträchtigung) zusätzlich bereits eine strenge Bestrafung erlitten und sich im Unfallszeitpunkt auch nicht im Besitze einer Lenkerberechtigung befunden habe. Trotz dieser äußerst gravierenden und zum Nachteil des Beschwerdeführers sprechenden Umstände seien im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen zur Verhängung der gesetzlich vorgesehenen Höchstgeldstrafe von S 30.000,-- nicht gegeben, zumal die Feststellung Behörde erster Instanz, wonach der Beschwerdeführer ein amtsbekannter unverbesserlicher Trinker sei, durch die bei der belangten Behörde aufliegenden Unterlagen nicht in schlüssiger Weise erhärtet worden sei. Die belangte Behörde habe daher der Berufung teilweise Folge gegeben und die Strafe auf das im Spruch angeführte Maß herabgesetzt. Für eine weitere Strafmilderung habe unter Bedachtnahme auf den eingangs dargelegten Sachverhalt kein Anlaß bestanden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der zunächst sowohl hinsichtlich der Strafbemessung als auch hinsichtlich des Schuldspruches der Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die zur Ermittlung des Grades der Verletzungen der MW erforderlichen Beweise seien nicht erhoben worden. Außerdem könne nach dem Gutachten des Instituts für gerichtliche Medizin der Universität Salzburg vom nicht mit der nötigen Sicherheit festgestellt werden, ob die Blutalkoholkonzentration bei 0,8 %o oder darüber gelegen sei. Ferner sei im Gutachten des Landessanitätsdirektors die auf harte Arbeit zurückzuführende Übermüdung des Beschwerdeführers zum Unfallszeitpunkt nicht berücksichtigt worden.
Der Beschwerdeführer erhob in demselben Schriftsatz, in dem er die Beschwerde gegen die belangte Behörde (Salzburger Landesregierung) einbrachte, auch Beschwerde gegen den erwähnten Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde machte der Beschwerdeführer den Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend, weil der Beschwerdeführer am die erforderliche Lenkerberechtigung besessen habe.
Die Salzburger Landesregierung hat als belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und (in einem gemeinsam mit dem Landeshauptmann von Salzburg erstatteten Schriftsatz) eine Gegenschrift erstattet, in der der Antrag auf Abweisung der Beschwerde gestellt wird.
Ergänzend sei bemerkt, daß der Verwaltungsgerichtshof über die gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vorgebrachte Beschwerde mit Erkenntnis vom , Zlen. 2261, 2262/77-15, entschieden hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 13 Z. 2 VwGG 1965 verstärkten Senat erwogen:
1. Zum Schuldspruch nach § 5 Abs. 1 StVO:
Nach § 5 Abs. 1 StVO darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 %o und darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt. Nach § 45 Abs. 2 AVG 1950 hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die Salzburger Landesregierung als belangte Behörde hat zur Beurteilung der Frage, ob sich der Beschwerdeführer zum Unfallszeitpunkt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, an Beweismitteln vornehmlich den bei der klinischen Untersuchung am von Med.Rat Dr. B aufgenommenen Befund, das medizinische Gutachten des Landessanitätsdirektors vom und das Gutachten des Instituts für gerichtliche Medizin der Universität Salzburg vom herangezogen. Die belangte Behörde hat zutreffend festgestellt, daß dieses letztgenannte Gutachten Schlußfolgerungen in der Frage der Alkoholisierung lediglich aus den Angaben des Beschwerdeführers über die vor Antritt der Fahrt angeblich genossenen Mengen alkoholischer Getränke abgeleitet hat, während das medizinische Gutachten des Landessanitätsdirektors vom von den bei der klinischen Untersuchung festgestellten Alkoholisierungssymptomen ausgegangen sei. Im Gutachten der Sanitätsdirektion vom wurde, ausgehend von den Alkoholisierungssymptomen, die bei der klinischen Untersuchung festgestellt worden waren, schlüssig dargetan, daß auf Grund der angeführten positiven Befunde angenommen werden könne, daß sich der Beschwerdeführer beim Lenken des Fahrzeuges zur Tatzeit in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Blutalkoholgehalt von 0,8 %o oder darüber befunden hat. Angesichts dieser Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens konnte die belangte Behörde zu Recht eine tatbestandsmäßig unter § 5 Abs. 1 StVO fallende Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers zum Unfallszeitpunkt annehmen.
2. Zur Anwendung des Strafsatzes nach § 99 Abs. 1 StVO:
Die belangte Behörde hatte § 19 VStG 1950, in der Fassung des Art. III des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 275/1964, anzuwenden. Die Aufhebung dieser Bestimmung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 48/76, trat erst mit Ablauf des in Kraft (siehe Abs. 2 der Kundmachung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 217), war also zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht wirksam.
Nach der zitierten Regelung ist die Strafe, abgesehen von den Fällen der §§ 20 und 21, innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes zu bemessen. Dabei sind außer den mildernden und erschwerenden Umständen im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) auch die Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde als erschwerenden Umstand unter anderem angeführt, der Alkoholisierungszustand des Beschwerdeführers habe zu einem Verkehrsunfall mit schwerem Personenschaden geführt. Die belangte Behörde hat die Feststellung dieses Umstandes auf das - laut Gerichtsakt infolge Rechtsmittelverzichtes rechtskräftig gewordene - Urteil des Bezirksgerichtes Sankt Gilgen vom , U 39/75, gestützt, mit welchem der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen vom unter Bezugnahme auf § 88 Abs. 4 StGB (schwere Körperverletzung als Folge der Tat) verurteilt worden ist. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht einen schweren Personenschaden als erwiesen annehmen und bei der Strafbemessung als erschwerenden Umstand heranziehen. Der Beschwerdeführer verweist in seiner Beschwerde auf seine Stellungnahme, die er am der Behörde erster Instanz gegenüber abgegeben habe. Mit diesem Vorbringen meint der Beschwerdeführer offenbar die in den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegende, mit "" datierte Stellungnahme. Darin wird ausgeführt, die Verletzungen der geschädigten MW, und zwar insbesondere die von ihr angeführten Kopfschmerzen seien größtenteils auf ihren Schädelbasisbruch im Jahre 1959 zurückzuführen. Auch ihre seelischen Leiden gingen darauf zurück. Da bei der Klägerin infolge ihres Alters und der von ihr konsequent durchgeführten Therapien Regenerationserwartungen anzusetzen seien, die sich schließlich auch erfüllt hätten, sei keineswegs mit Dauerfolgen, sondern vielmehr mit einer vollständigen Genesung zu rechnen. Ein Beweisanbot findet sich in dieser Stellungnahme nicht. Aus den Akten des Verwaltungsverfahrens ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die belangte Behörde Verfahrensvorschriften deshalb verletzt hätte, weil sie sich hinsichtlich des Erschwerungsumstandes des schweren Personenschadens auf das angeführte Urteil des Bezirksgerichtes Sankt Gilgen gestützt hat. Der Berücksichtigung des in der Beschwerde angeführten nervenärztlichen Schlußgutachtens des gerichtlich beeideten Sachverständigen Univ.Prof. Dr. ES im verwaltungsgerichtlichen Verfahren steht das gemäß § 41 des VwGG 1965, in der Fassung des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 316, bestehende Neuerungsverbot entgegen.
Die belangte Behörde hat ferner als wesentlichen Erschwerungsgrund angeführt, daß sich der Beschwerdeführer im Unfallszeitpunkt nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung befunden habe. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem (die erwähnte Verwaltungsstrafsache nach dem Kraftfahrgesetz betreffenden) Erkenntnis vom , Zlen. 2261, 2262/77-15, dargelegt, daß nach der Rechtslage, die am , jenem Tag, an dem auch der angefochtene Bescheid (der Salzburger Landesregierung) ergangen ist, bestanden hat, davon auszugehen war, daß der Beschwerdeführer am die erforderliche Lenkerberechtigung besaß. Ungeachtet der Frage, ob der Mangel der erforderlichen Lenkerberechtigung in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO überhaupt als erschwerender Umstand berücksichtigt werden durfte, kam der Mangel der Lenkerberechtigung im Rahmen der im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Strafzumessung schon deshalb nicht als Erschwerungsgrund in Betracht, weil der Beschwerdeführer, wie angeführt, nach der für die Beurteilung des angefochtenen Bescheides maßgebenden Rechtslage diesen Mangel am nicht aufwies.
Da die belangte Behörde diesen Mangel dennoch als Erschwerungsgrund herangezogen hat, leidet der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Strafzumessung und hinsichtlich der damit untrennbar verbundenen Bestimmung der Kosten des Strafverfahrens an einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
3. Umfang der Aufhebung des angefochtenen Bescheides:
Nach § 44a VStG 1950 hat der Spruch eines in erster Instanz ergehenden Straferkenntnisses zu enthalten
die als erwiesen angenommene Tat;
die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
die Entscheidung über die Kosten.
Bei der Erlassung von Straferkenntnissen werden die Spruchteile nach lit. a und b zum Schuldspruch zusammengefaßt und bildet der Spruchteil nach lit. c den Ausspruch über die Strafzumessung und der Spruchteil nach lit. e den Kostenzuspruch.
§ 44a VStG gilt für die Verwaltungsstrafbehörden erster Instanz. Aus dieser Regelung ergibt sich nicht, daß nach Abschluß des Verfahrens in erster Instanz die verschiedenen Spruchteile nicht ein gesondertes rechtliches Schicksal haben könnten.
Ein solches kann sich bereits im Berufungsverfahren ergeben. Wenn sich die Berufung nur gegen den Ausspruch über die Strafzumessung richtet, wird mit Ablauf der Berufungsfrist der in erster Instanz ergangene Schuldspruch bereits rechtskräftig, bevor ein rechtskräftiger Ausspruch über die Strafzumessung vorliegt. Daß eine solche Teilrechtskraft eintreten kann, sieht das Verwaltungsstrafgesetz 1950 zwar nicht hinsichtlich der Straferkenntnisse erster Instanz, wohl aber hinsichtlich der Strafverfügungen in § 49 Abs. 2 vor. Es gibt aber keinen Grund, die Rechtslage hinsichtlich der Straferkenntnisse anders zu sehen als hinsichtlich der Strafverfügungen.
§ 55 VStG 1950 steht der Unterscheidbarkeit und der im Hinblick auf eine bestimmte verfahrensrechtliche Situation gegebenenfalls erforderlichen Trennung von Schuldspruch und Ausspruch über die Strafzumessung nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung ist ein fünfjähriger Zeitraum zu berechnen. Die Berechnung ist ab dem Zeitpunkt der "Fällung des Straferkenntnisses" vorzunehmen. Es braucht im vorliegenden Zusammenhang nicht näher untersucht zu werden, welcher Zeitpunkt damit gemeint ist.
Aus den Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1950 ist zu ersehen, daß der Schuldspruch und der Ausspruch über die Strafzumessung ein je gesondertes rechtliches Schicksal haben können. Daraus geht hervor, daß im Fall der Rechtmäßigkeit des Schuldspruches eine gesonderte Anwendung der Aufhebungstatbestände nach § 42 Abs. 2 VwGG 1965 auf den Ausspruch über die Strafzumessung und den mit ihm zusammenhängenden Ausspruch über die Kosten des Strafverfahrens kein rechtliches Gefüge, das nach dem Verwaltungsstrafgesetz 1950 zu beachten wäre, zerstören könnte oder zerstören würde, sich vielmehr im Rahmen des bereits durch das Verwaltungsstrafgesetz selbst vorgegebenen Gefüges hält.
Wenn sich nun ein Berufungsbescheid nach § 51 VStG 1950 sowohl auf den Schuldspruch als auch auf den Ausspruch über die Strafzumessung bezieht und wenn die Schuldfrage gesetzmäßig gelöst und lediglich die Strafe gesetzwidrig bemessen worden ist, so ist es, wenn der Verwaltungsgerichtshof über eine Beschwerde gegen einen solchen Bescheid zu entscheiden hat, zufolge des dem § 42 VwGG 1965 innewohnenden Grundsatzes der Achtung der hinsichtlich gesetzmäßiger Absprüche gegebenen Teilrechtskraft von angefochtenen Bescheiden geboten, einerseits die Beschwerde hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen und andererseits den angefochtenen Bescheid insoweit aufzuheben, als er sich auf die Strafzumessung und den damit nach § 64 VStG 1950 untrennbar zusammenhängenden Ausspruch über die Kosten bezieht.
Im Hinblick auf die vorstehenden Überlegungen war der angefochtene Bescheid, soweit er sich auf die Verhängung der Strafe bezieht und mit ihm das Strafausmaß mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- und einer Ersatzarreststrafe im Ausmaß von 28 Tagen Arrest festgesetzt und gemäß § 64 VStG 1950 die Kosten des Strafverfahrens bemessen wurden, gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
4.Aufwandersatz und Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Hinblick auf § 59 Abs. 3 VwGG 1965 davon abgesehen, über die Anträge auf Zuerkennung von Aufwandersatz in dem vorliegenden, das Verfahren abschließenden Erkenntnis zu entscheiden. Die Entscheidung über diese Anträge wird gemäß der angeführten Gesetzesstelle mit abgesondertem Beschluß getroffen werden.
Die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für deren Dauer der Beschwerdeführer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt hat, macht einen formellen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich, weil es über das Ende des Beschwerdeverfahrens hinaus keine aufschiebende Wirkung mehr geben kann.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | VStG §51; VStG §64; VwGG §42 Abs2; |
Sammlungsnummer | VwSlg 9828 A/1979 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1979:1977002261.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-58373