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VwGH 29.06.1966, 2231/65

VwGH 29.06.1966, 2231/65

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung haften nicht im Sinne des § 67 Abs 3 ASVG für die von der Gesellschaft als Dienstgeberin geschuldeten fällig gewordenen Beiträge (Den Ausführungen des Erkenntnisses ist zu entnehmen, dass dieser RS auch für eine AG Geltung hat).
Norm
RS 2
Durch die Bestimmung des § 67 Abs 3 ASVG sind jene Fälle ins Auge gefasst worden, in denen der Dienstgeber die wirtschaftliche Gefahr des Betriebes oder den erzielten Gewinn in der Weise mit einem anderen teilt, dass diesem die wirtschaftliche Gefahr bzw der erzielte Gewinn überwiegend - und somit nicht ausschließlich - zufällt.
Normen
RS 3
Der für den Verhandlungsaufwand vorgesehene Pauschbetrag beinhaltet auch den Ersatz der Fahrtkosten für Benützung der Straßenbahn durch eine in Wien wohnhafte Partei bzw deren in Wien wohnhaften Vertreter (hier mitbeteiligte Partei).
Normen
RS 4
Kein Ersatz von Stempelgebühren im Hinblick auf die Gebührenbefreiungsbestimmung des § 110 Abs 1 Z 2 lit a ASVG.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsidenten Dr. Dietmann, und die Hofräte Dr. Koprivnikar, Dr. Mathis, Dr. Härtel und Dr. Dolp als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bily, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte in Linz, vertreten durch Dr. Josef Korn, Rechtsanwalt in Wien I, Stubenring 20, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. SV-597/6-1965 (mitbeteiligte Parteien: GS in L und MF in M, beide vertreten durch Dr. Friedrich Wimmer, Rechtsanwalt in Wien I, Universitätsstraße 11), betreffend Haftung gemäß § 67 Abs. 3 ASVG, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Adolf Fiebich, des Vertreters der belangten Behörde, Hofrates Dr. WW, und des Vertreters der mitbeteiligten Partei, Rechtsanwaltes Dr. Friedrich Wimmer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Landeshauptmann von Oberösterreich) Aufwendungen in der Höhe von S 790,-- sowie G S und M F als mitbeteiligte Parteien Aufwendungen in der Höhe von je S 1.125,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei sprach mit Bescheid vom aus, daß die wirtschaftliche Gefahr bzw. der erzielte Gewinn des Betriebes der Firma GS. Gesellschaft m. b. H. (im folgenden kurz als "die Firma" bezeichnet), vorwiegend GS, dem Geschäftsführer der Firma, und MF zufalle und daher beide gemäß § 67 Abs. 3 ASVG für die in dem Betrieb der Firma aufgelaufenen und jeweils fällig gewordenen Beiträge hafteten. Gegen diesen Bescheid brachten GS und MF einen Einspruch ein, dem die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Folge gab; sie sprach in Abänderung des Bescheides der beschwerdeführenden Partei aus, daß die beiden Gesellschafter nicht gemäß § 67 Abs. 3 ASVG zur ungeteilten Hand mit der Firma für die in diesem Betrieb aufgelaufenen und jeweils fällig gewordenen Beiträge hafteten. In der Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde aus, daß das Vorbringen im Einspruch, wonach die Bestimmung des § 61 des Gesetzes vom , RGBl. Nr. 58, über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (im folgenden kurz als "GmbHG" bezeichnet) - die normiere, daß für die Schulden der Gesellschaft den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen hafte - auch für den Bereich des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes gelten müsse, rechtsirrig sei; denn auf dem Gebiet der Sozialversicherung sei eine zivilrechtliche Betrachtungsweise nicht ohne weiteres anwendbar, sondern es seien vielmehr nur die Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes, im vorliegenden Fall sohin die Vorschrift des § 67 Abs. ASVG, relevant und es müsse daher der beschwerdeführenden Partei, soweit sie in diesem Sinn argumentiere, beigepflichtet werden. Dennoch zeige eine nähere Untersuchung, daß die Bestimmung des § 67 Abs. 3 ASVG nicht ohne weiteres auf die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung Anwendung finden könne. Die Argumentation der beschwerdeführenden Partei laufe darauf hinaus, daß die Gesellschafter einer solchen Gesellschaft - die als juristische Person ebenso wie eine natürliche Person fähig sei, Rechte zu erwerben und Verpflichtungen einzugehen - mit der Gesellschaft nicht ident seien und daß der Gewinn des Betriebes nicht der Gesellschaft selbst, sondern letzten Endes den Gesellschaftern zufalle; vor allem ziehe die beschwerdeführende Partei die Bestimmung des § 82 GmbHG heran, wonach den Gesellschaftern ein Anspruch auf den sich aus der jährlichen Bilanz ergebenden Reingewinn zukommen. Der beschwerdeführenden Partei sei darin beizupflichten, daß die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht mit der Gesellschaft selbst ident seien, doch bleibe zu untersuchen, ob die wirtschaftliche Gefahr oder der erzielte Gewinn vorwiegend jemand anderem als der Gesellschaft zufalle. Jedenfalls komme der allenfalls erzielte Gewinn, der sich aus dem Überschuß der Aktiven über die Passiven am Ende eines Geschäftsjahres ergebe, der Gesellschaft als juristischer Person selbst zu, weil eine solche Vermögen erwerben könne. § 82 GmbHG besage jedoch, daß die Gesellschafter Anspruch auf den sich jährlich ergebenden Reingewinn nicht durch einen Beschluß der Gesellschafter oder durch den Gesellschaftsvertrag von der Verteilung ausgeschlossen sei. Ob und wie der Reingewinn einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausgeschüttet werde, bestimmten die Organe der Gesellschaft, und zwar nach § 34 GmbHG die Generalversammlung. Nach § 35 Abs. 1 dieses Gesetzes unterliege der Beschlußfassung der Gesellschafter u.a. die Verteilung des Reingewinnes, der zur Bildung von Rücklagen und für Investitionen verwendet werden könne und in der Praxis tatsächlich auch verwendet werde; und zwar bestimme die Generalversammlung oder der Gesellschaftsvertrag, welcher Teil des Reingewinnes an die einzelnen Gesellschafter ausgeschüttet werde, sofern nicht die Gewinnausschüttung ohnehin durch die Dividendenabgabenverordnung vom , DRGBl. I S. 323, beschränkt sei. Es könne daher jedenfalls nicht davon die Rede sein, daß der erzielte Reingewinn einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung eo ipso schon den einzelnen Gesellschaftern zufalle. Wenn die beschwerdeführende Partei meine, daß die Gesellschafter über den Gewinnanteil verfügen könnten und es belanglos sei, wie sie diese Verfügung im einzelnen gestalten, so verkenne sie, daß die Gesellschafter die Verfügung über den Reingewinn in ihrer Eigenschaft als Organe der Gesellschafter (Generalversammlung) träfen; die Verfügung treffe also rechtlich gesehen die Gesellschaft. Dazu komme noch, daß für die Anwendung des § 67 Abs. 3 ASVG erforderlich sei, daß einem anderen als dem Dienstgeber der Gewinn VORWIEGEND zufalle; falls also etwa in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch nur zwei Gesellschafter zu je 50 % beteiligt seien, so könnte schon jeder gegen die Heranziehung der Haftung einwenden, daß ihm ja nicht vorwiegend der Gewinn zufalle. Aus der Bestimmung des § 82 GmbHG allein lasse sich demnach keineswegs ohne weiteres eine Haftung der einzelnen Gesellschafter konstruieren; ob einem Gesellschafter vorwiegend der Gewinn zufalle, könne sich vielmehr aus dem Gesellschaftsvertrag, der Beschlußfassung der Generalversammlung, den Einschränkungen der Dividendenabgabenverordnung, dem Investitions- und Rücklagebedürfnis der Gesellschaft usw. ergeben. Sicherlich wäre es denkbar, daß bei einer Gesellschaft ein Gesellschafter zum überwiegenden Teil beteiligt sei, daß ein höherer Reingewinn erzielt werde, daß für die Gesellschaft selbst keine Rücklagen gebildet und keine oder nur geringe Investitionen getätigt würden und so der erzielte Reingewinn tatsächlich vorwiegend einem Gesellschafter zufalle; ob jedoch ein solcher Fall in der Praxis vorkomme, möge dahingestellt bleiben, jedenfalls bedürfe es aber, wenn ein Gesellschafter zur Haftung herangezogen werden solle, in jedem einzelnen Fall der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 67 Abs. 3 ASVG tatsächlich gegeben seien, und es sei demnach verfehlt, generell für die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 67 abs. 3 ASVG anzunehmen. Ebenso müßte auch in jedem einzelnen Fall untersucht werden, ob die wirtschaftliche Gefahr tatsächlich einem Gesellschafter, der zur Haftung herangezogen werden solle, vorwiegend zufalle, könne doch ein Gesellschafter höchstens seine Stammeinlage verlieren; daß diese höher als das gesamte Gesellschaftsvermögen und die Einlage der übrigen Gesellschafter sei, erscheine zwar denkbar, aber in der Praxis nicht feststellbar. Auch die wirtschaftliche Gefahr treffe zunächst die Gesellschaft selbst, die den Gläubigern mit ihrem Vermögen hafte. Im vorliegenden Fall seien aber die geschilderten Umstände, die allenfalls eine Haftung der einzelnen Gesellschafter begründen könnten, nicht gegeben; vielmehr ergebe sich auf Grund des Ermittlungsverfahrens einwandfrei, daß für die Jahre 1961 bis 1963 überhaupt kein Gewinn an die Gesellschafter ausgeschüttet worden sei, und es könne daher keine Rede davon sein, daß der Gewinn einem der Gesellschafter vorwiegend zugekommen wäre. Würde man der Argumentation der beschwerdeführenden Partei folgen, so käme man zu ungeahnten Konsequenzen: So könnte etwa jeder einzelne Aktionär einer Aktiengesellschaft zur Haftung herangezogen werden, da ja schon der Gewinn einer solchen Gesellschaft letzten Endes den Aktionären zufalle. Im § 67 Abs. 3 ASVG sei es jedenfalls die ratio legis, Vorsorge für den Fall zu treffen, daß zwar der Inhaber eines Betriebes als Dienstgeber der darin Beschäftigten fungiere, auf Grund von Gesetz und Vertrag aber tatsächlich einem anderen vorwiegend die Gefahr oder der Gewinn eines Betriebes (oder eines Haushaltes) zufalle; so z.B. wenn eine Ehegattin als Dienstgeberin einer Hausgehilfin fungiere, wobei aber in einem solchen Falle die wirtschaftliche Gefahr des Haushaltes gemäß §§ 91 und 141 ABGB vorwiegend den Ehegatten treffe (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2276/58) oder wenn etwa ein stiller Gesellschafter an einem Unternehmen mit einer so hohen Einlage beteiligt sei, daß praktisch ihn die wirtschaftliche Gefahr vorwiegend treffe bzw. ihm vertragsmäßig der größte Teil des Gewinnes zustehe. Die von der beschwerdeführenden Partei getroffene Auslegung des § 67 Abs. 3 ASVG erscheine jedenfalls zu weit und es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei macht entsprechend der in ihrem Bescheid vom zum Ausdruck kommenden Rechtsanschauung geltend, daß die Frage, ob die wirtschaftliche Gefahr des von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betriebenen Unternehmens vorwiegend den Gesellschaftern zufalle, zu bejahen sei; denn diese verfolgten wohl fast ausnahmslos die Absicht, an den Ergebnissen der Betriebsführung teilzunehmen und den von der Gesellschaft erzielten Gewinn zu ihrem eigenen zu machen, wobei die Gesellschaft nur ein Mittel zur Erreichung des geschilderten Zweckes darstelle und die den Gesellschaftern gehörenden Geschäftsanteile zugleich einen Teil des Vermögens jedes Gesellschafters darstellten. So müsse daher - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - auch nicht untersucht werden, ob etwa ein einziger Gesellschafter eine höhere Stammeinlage habe, als das gesamte Gesellschaftsvermögen und die Einlagen der übrigen Gesellschafter ausmachten; insbesondere komme in diesem Zusammenhang auch der Verwendung des Singulars in § 67 Abs. 3 ASVG ("Fällt EINEM anderen als dem Dienstgeber ....") nicht jene maßgebliche Bedeutung zu, die ihr offenbar die belangte Behörde beimessen wolle. Das hinsichtlich der wirtschaftlichen Gefahr des Betriebes Gesagte treffe aber in noch höherem Maße auf den Reingewinn zu; denn der Gewinn, den die Gesellschaft erziele, bedeute nicht nur eine Vermehrung des Gesellschaftsvermögens, sondern auch eine Vermehrung des Vermögens des einzelnen Gesellschafters, denen im § 82 GmbHG ausdrücklich ein Anspruch auf die Ausschüttung des Reingewinnes eingeräumt werde. Wenngleich die Betrachtungsweise, wonach die Gesellschafter, wenn sie im Sinne des § 35 GmbHG in der Generalversammlung eine Verfügung über den Reingewinn träfen, diese in ihrer Eigenschaft als Organe der Gesellschaft täten und damit in Wahrheit diese Verfügungen von der Gesellschaft getroffen werde, juristisch zutreffend sein möge, so sei damit durchaus nicht dargelegt, daß die Gesellschafter durch die Beschlußfassung in der Generalversammlung über den Reingewinn verfügten; weiters könne aber auch die Tatsache, daß auf Grund eines Beschlusses der Gesellschafter Teile des Reingewinnes unter Umständen sogar der gesamte Reingewinn zur Bildung von Rücklagen sowie für Investitionen verwendet werden dürften, nicht der Schluß gezogen werden, daß der Gewinn nicht den Gesellschaftern zufalle und diese nicht über den Reingewinn verfügten, denn es würden ja Verfügungen der angeführten Art um des eigenen wirtschaftlichen Vorteiles der einzelnen Gesellschafter getroffen. Es sei daher im gegenständlichen Fall auch nicht von ausschlaggebenden Belang, daß für die Jahre 1961 bis 1963 überhaupt kein Reingewinn ausgeschüttet worden sei. Schließlich verweist die beschwerdeführende Partei darauf, daß selbst bei einer streng wörtlichen Auslegung des § 67 Abs. 3 ASVG die Voraussetzung für die Haftung nach der genannten Gesetzesstelle jedenfalls bei GS gegeben sei, weil dieser auf Grund seiner Stammeinlage von S 435.000,-- gegenüber einer Stammeinlage der MF in der Höhe von S 65.000,-- mit weit mehr als 50 % an der Gesellschaft beteiligt sei.

§ 67 Abs. 3 ASVG bestimmt, daß dann, wenn einem anderen als

dem Dienstgeber die wirtschaftliche Gefahr des Betriebes (der Verwaltung, des Haushaltes, der Tätigkeit) oder der erzielte Gewinn vorwiegend zufällt, beide zur ungeteilten Hand für die fällig gewordenen Beiträge haften. Diese Bestimmung ist - wie insbesondere auch aus den auf § 67 ASVG Bezug habenden Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage über das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (599 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, VII. G. P.) geschlossen werden muß - weitgehend der Vorschrift des § 97 Abs. 6 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes 1938 (GSVG 1938) nachgebildet, die besagte, daß in dem Fall, als einem anderen als dem Arbeit(Dienst)geber die wirtschaftliche Gefahr des Betriebes oder der erzielte Gewinn "ausschließlich oder vorwiegend" zufällt, jeder zur ungeteilten Hand mit den Arbeit(Dienst)geber für die fällig gewordenen Sozialversicherungsbeiträge haftet. Da im Gegensatz zu der angeführten Regelung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes 1938 in der Vorschrift des § 67 Abs. 3 ASVG nicht mehr der Fall eingeschlossen wird, daß die wirtschaftliche Gefahr des Betriebes oder der erzielte Gewinn ausschließlich einer anderen Person als dem Dienstgeber zukommt, scheinen offenbar durch die in Rede stehende Bestimmung des ASVG nun mehr jene Fälle ins Auge gefaßt worden zu sein, in denen der Dienstgeber die wirtschaftliche Gefahr des Betriebes oder den erzielten Gewinn in der Weise mit einem anderen teilt, daß diesem die wirtschaftliche Gefahr bzw. der erzielte Gewinn überwiegend - und somit nicht ausschließlich - zufällt. Was die Frage anlangt, ob durch die Regelung des § 67 Abs. 3 ASVG auch die Gesellschafter der typischen Kapitalvereinigungen, die Aktiengesellschaft und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, erfaßt werden sollten, so ist darauf zu verweisen, daß diese Gesellschaften juristische Personen darstellen, die von den einzelnen Gesellschaftern als natürliche Personen zu unterscheiden sind und sohin schon auf Grund dieser Betrachtungsweise die wirtschaftliche Gefahr des von der Kapitalvereinigung betriebenen Unternehmens und der daraus erzielte Gewinn der Kapitalsvereinigung als solcher zukommt; hiebei ist allerdings einzuräumen, daß sich der wirtschaftliche Erfolg eines solchen Unternehmens auch auf die einzelnen Gesellschafter auswirkt und diese auf Grund jener gesetzlichen Normen, welche die Gewinnverteilung bei derartigen Gesellschaften regeln, weitgehend auch der Gewinn zufließen soll.

Was insbesondere die Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrifft, so bestimmt § 61 GmbHG ausdrücklich, daß die Gesellschaft als solche selbständig ihre Rechte und Pflichten hat und daß für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft ihren Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen haftet. Im übrigen ist der Gesellschafter verpflichtet, von ihm übernommene Stammeinlagen in voller Höhe nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages und der von den Gesellschaftern gültig gefaßten Beschlüsse einzuzahlen (§ 63 GmbHG), doch kann im Gesellschaftsvertrag auch bestimmt werden, daß die Gesellschafter über den Betrag der Stammeinlagen hinaus die Einforderung von weiteren Einzahlungen (Nachschüssen) beschließen können (§ 73 GmbHG); die Gesellschafter können ihre Stammeinlage nicht zurückfordern und haben, solange die Gesellschaft besteht, Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz als Überschuß der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Reingewinn, soweit dieser nicht durch den Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluß der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist, wobei im Falle der Verteilung des Reingewinnes diese in Ermangelung besonderer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nach Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen erfolgt (§ 82 Abs. 1 und 2 GmbHG). Nach Auflösung der Gesellschaft haben die Gesellschafter Anspruch auf den nach Befriedigung und Sicherstellung der Schulden verbleibenden Liquidationserlös (§ 91 Abs. 3 GmbHG).

Geht man davon aus, daß es für die Frage, ob einer bestimmten Person die wirtschaftliche Gefahr eines Betriebes zufalle, von ausschlaggebender Bedeutung ist, ob diese Person aus den im Betrieb getätigten Geschäften berechtigt und verpflichtet wird, so muß auf Grund der Erwägung, daß die Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine juristische Person darstellt, die auf Grund der angeführten Bestimmungen des § 61 GmbHG selbst Rechte und Pflichten hat, wobei insbesondere für die in ihrem Betrieb angegebenen Verbindlichkeiten nur das Gesellschaftsvermögen, nicht aber die einzelnen Gesellschafter haften, angenommen werden, daß nur die Gesellschaft, nicht aber der einzelne Gesellschafter aus den im Betrieb getätigten Geschäften berechtigt und verpflichtet wird. Daraus ergibt sich aber, daß bei einer solchen Gesellschaft in Wahrheit die wirtschaftliche Gefahr des von ihr geführten Betriebes die Gesellschaft, nicht jedoch die Gesellschafter trifft, und zwar selbst dann nicht, wenn es sich um einen Gesellschafter handelt, der mit einer mehr als 50 % des Stammkapitales betragenden Stammeinlage beteiligt ist. Weiters fällt aber auch - wie bereits oben ausgeführt wurde - der Gewinn der Gesellschaft zunächst dieser als juristischer Person zu und es gelangen die einzelnen Gesellschafter erst auf Grund der in der Generalversammlung vorzunehmenden Verteilung des Reingewinnes (§ 35 Abs. 1 Z. 1 GmbHG) zu ihren Anteilen am Reingewinn, wobei jedoch im Sinne der oben wiedergegebenen Regelung des § 82 Abs. 1 GmbHG auch eine Verteilung des Reingewinnes ausgeschlossen sein kann. Jedenfalls liegt aber die Voraussetzung für eine Haftung nach § 67 Abs. 3 ASVG in der Richtung, daß einem anderen als dem Dienstgeber "der erzielte Reingewinn vorwiegend zufällt", dann nicht vor, wenn - wie im gegenständlichen Fall für die Jahre 1961 - 1963 - bei der Gesellschaft ein Gewinn an die Gesellschafter überhaupt nicht ausgeschüttet worden ist. Sofern man den in der Beschwerde dargestellten Gedankengängen folgt, würde bei den Kapitalvereinigungen die wirtschaftliche Gefahr und der Gewinn des von einer solchen Vereinigung betriebenen Unternehmens überhaupt nicht der Kapitalvereinigung als solcher, sondern ausschließlich den Gesellschaftern zufallen und auch unter diesem Gesichtspunkt ein Fall gegeben sein, der offenbar durch die Vorschrift des § 67 Abs. 3 ASVG nicht erfaßt ist, weil diese Regelung - wie bereits den obigen Ausführungen zu entnehmen ist - nur dann gelten sollte, wenn der Dienstgeber die wirtschaftliche Gefahr oder den erzielten Gewinn mit einem anderen teilt, was aber bei der angeführten Betrachtungsweise der beschwerdeführenden Partei bei den Kapitalsvereinigungen als Dienstgebern nicht zutreffen würde. Im übrigen kann aber auch nicht angenommen werden, daß es dem Willen des Gesetzgebers tatsächlich entspricht, bei Aktiengesellschaft und Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach § 67 Abs. 3 ASVG eine Haftung sämtlicher Gesellschafter Platz greifen zu lassen, weil die Gesellschafter zufolge der Übertragbarkeit der Aktien bzw. der Geschäftsanteile oft innerhalb kurzer Zeiträume wechseln und sicherlich - vor allem, wenn man die Aktiengesellschaft in Betracht zieht - für die Versicherungsträger mit besonderen administrativen Schwierigkeiten verbunden wäre, im einzelnen Fall die jeweils haftpflichtigen Personen festzustellen. Schließlich sei aber noch darauf verwiesen, daß sich in dem Aktiengesetz 1965, BGBl. Nr. 98, welches lange nach dem Inkrafttreten des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beschlossen wurde, kein Anhaltspunkt dafür findet, daß abweichend von den Bestimmungen dieses Gesetzes zusätzlich eine Haftung der einzelnen Aktionäre für die Schulden der Gesellschaft auf Grund der Bestimmungen des § 67 Abs. 3 ASVG bestehe obwohl es nahegelegen wäre, in dem Falle, als tatsächlich eine solche Haftung eintreten sollte, dies durch einen diesbezüglichen Hinweis im Aktiengesetz 1965 zum Ausdruck zu bringen.

Auf Grund der aufgezeigten Erwägungen ergibt sich sohin, daß der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie festgestellt hat, daß die beiden Gesellschafter der Firma, GS und MF, nicht gemäß § 67 Abs. 3 ASVG für die in dem Betrieb der Firma aufgelaufenen und jeweils fällig gewordenen Sozialversicherungsbeiträge hafteten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten stützt sich, soweit es sich um den Aufwandersatz der belangten Behörde handelt, auf § 47 Abs. 2 lit. b, § 48 Abs. 2 lit. a, b und d sowie § 49 Abs. 2 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Abschnitt B Z. 4, BGBl. Nr. 4/1965, soweit es sich jedoch um den Aufwandersatz für die mitbeteiligten Parteien handelt, auf § 47 Abs. 3, § 48 Abs. 3 lit. b und d sowie § 49 Abs. 1 und 6 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Abschnitt C Z. 7 und 8 der zitierten Verordnung. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien auf Ersatz der Fahrtauslagen in der Höhe von S 6,-- das sich offenbar auf die Bestimmung des § 48 Abs. 3 lit. c VwGG 1965 stützen sollte - war abzuweisen, weil eine Straßenbahnfahrt sich nicht unter den im Sprachgebrauch üblichen Begriff der Reisekosten subsumieren läßt und aus der angeführten gesetzlichen Bestimmung selbst hervorgeht, daß in dem gegebenen Zusammenhang nur dann von Reisekosten gesprochen werden kann, wenn sich die mitbeteiligte Partei von einem Ort außerhalb Wiens zum Sitze des Verwaltungsgerichtshofes in Wien begeben muß; die Kosten für eine Straßenbahnfahrt der mitbeteiligten Partei im Zusammenhang mit der Wahrnehmung ihrer Parteienrechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgerichtshof sind daher, sofern eine Anreise von einem Ort außerhalb Wiens nicht erforderlich ist, bereits mit dem Pauschbetrag nach § 48 Abs. 3 lit. d VwGG 1965 abgegolten.

Im übrigen konnte auch ein Ersatz von Stempelgebühren schon im Hinblick auf die Gebührenbefreiungsbestimmung des § 110 Abs. 1 Z. 2 lit. a ASVG in Betracht kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 6963 A/1966
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1966:1965002231.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-58306