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VwGH 10.01.1958, 2228/56

VwGH 10.01.1958, 2228/56

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Auch ein Sportverein kann Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechtes sein. Werden regelmäßig Einnahmen aus "Spielerverkäufen" erzielt, dann unterliegen sie der Umsatzsteuer,

u. zw. auch dann, wenn der Vertrag über den einzelnen Spieler etwa im Ausland geschlossen sein sollte, sofern nur der Spieler seine bisherige Tätigkeit beim Verein hauptsächlich im Inland auszuüben hatte.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Rat Dr. Wasniczek und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Dorazil, Dr. Schimetschek und Dr. Eichler als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des Fußball-Klubs X in W gegen den Bescheid der Berufungskommission für Wien bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VI-2534-1956, betreffend Umsatzsteuer für 1953, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Im Zuge des Veranlagungsverfahrens für das Jahr 1953 teilte der beschwerdeführende Fußballklub mit, daß er für sogenannte "Spielerverkäufe" im Jahre 1951 für fünf Spieler S 26.500,--, im Jahre 1952 für vier Spieler S 17.000,-- und im Jahre 1953 für drei Spieler S 80.145,-- vereinnahmt habe. Das Finanzamt unterwarf hierauf in seinem Umsatzsteuerbescheid für 1953 einen Betrag von S 80.145,-- der Umsatzsteuer.

Die Beschwerdeführerin berief, wobei sie ausführte, daß dem steuerpflichtigen Umsatz zu Unrecht eine Ablöse für den Spieler M, der an einen Klub nach Frankreich abgegeben wurde, zugerechnet worden sei. Der Vertragsabschluß über diesen "Spielerverkauf" sei im Ausland erfolgt, sodaß ein Leistungsverzicht im Ausland vorliege, welcher der Umsatzsteuer nicht unterliege. Diese Ausführungen wurden nach Erlassung eines abweislichen Einspruchsbescheides noch dahin ergänzt, daß sich die Beschwerdeführerin verpflichtet habe, zu dulden, daß ihr Spieler im Ausland tätig werde; das Dulden dieses Zustandes erfolge daher im Ausland und könne somit im Inland nicht umsatzsteuerpflichtig sein. Übrigens stelle die Spielerablöse nicht etwa das Entgelt für den Verkauf eines Spielers dar, was schon rein rechtlich als "verbotener Menschenhandel" unmöglich wäre, sondern sie sei als Subvention des französischen Fußballklubs an die Beschwerdeführerin aufzufassen. Subventionen seien aber mangels eines Leistungsaustausches nicht umsatzsteuerpflichtig. Schließlich mangle der Beschwerdeführerin aber auch noch die Unternehmereigenschaft, da die Entgegennahme von sogenannten Spielerablösen nicht nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen angesehen werden könne.

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung keine Folge, wobei sie in der Begründung ihrer abweislichen Entscheidung darauf hinwies, daß die Beschwerdeführerin dem Finanzamt selbst mitgeteilt habe, in den Jahren 1951 bis 1954 für den "Verkauf von 14 Spielern" rund S 126.000,-- vereinnahmt zu haben. Wenn auch der Ausdruck "Verkauf" nicht glücklich gewählt sei und besser von einer Verzichtleistung auf Rechte gesprochen werden sollte, handle es sich bei den laufenden Verzichtleistungen doch zweifellos um eine nachhaltige Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Das Vorliegen einer Subvention könne nicht angenommen werden, weil man doch nicht ernstlich behaupten könne, daß ausländische Vereine die Beschwerdeführerin ohne Erhalt einer Gegenleistung unterstützt hätten. Es sei vielmehr auch ein Leistungsaustausch vorgelegen. Überdies habe es sich dabei um keinen Auslandsumsatz gehandelt, weil die Beurteilung der Frage, ob ein Umsatz im Inland oder Ausland erfolgt sei, nicht auf den Ort abgestellt werden dürfe, an welchem mehr oder weniger zufällig die Unterschrift unter einen Vertrag gesetzt werde, sondern auf jenen Ort, von dem aus der Steuerpflichtige seine laufende Tätigkeit ausübe; dies sei aber die im Inland gelegene Betriebsstätte der Beschwerdeführerin gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:

Gemäß § 2 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, wobei jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen als gewerblich oder beruflich anzusehen ist, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.

Der Einwand der Beschwerdeführerin, daß sie als Sportverein nur sportfördernde Ziele verfolge, keineswegs aber eine gewinnbringende Tätigkeit entfalte, vermöchte daher, selbst wenn er zuträfe, die Richtigkeit der Annahme der belangten Behörde, daß die Beschwerdeführerin Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sei, nicht zu widerlegen. Denn es kommt dabei nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, auf eine Gewinnerzielungsabsicht, sondern nur auf eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen an. Eine nachhaltige Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes liegt aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits dann vor, wenn mehrere aufeinanderfolgende gleichartige Handlungen vorgenommen werden oder schon bei einer einmaligen Betätigung mit Grund auf die Wiederholung oder Fortsetzung dieser Tätigkeit geschlossen werden kann. Da nun die Beschwerdeführerin der Finanzbehörde selbst mitgeteilt hat, in den Jahren 1951 bis 1954 in 14 Fällen Ablösen für die Freigabe von Spielern vereinnahmt zu haben, läßt sich das Moment der Nachhaltigkeit dieser auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten Tätigkeit und somit die Unternehmereigenschaft der Beschwerdeführerin wohl nicht mit Erfolg bestreiten.

Die Beschwerdeführerin bestreitet aber auch zu Unrecht, daß bei Zahlung der Spielerablösen ein Leistungsaustausch vorgelegen sei. Selbstverständlich handelte es sich dabei nicht um einen "Verkauf von Spielern" und somit um eine Art "verbotenen Menschenhandels". Es ging vielmehr darum, daß die Beschwerdeführerin auf ihre Rechte, die ihr aus den mit den betreffenden Spielern abgeschlossenen Verträgen zustanden, verzichtete und für diesen Verzicht von den die Spieler übernehmenden Vereinen Geldbeträge als Gegenleistung erhielt. Da auch ein Verzicht auf ein Recht oder eine Leistung als "sonstige Leistung" im Sinne des §1 UStG bzw. § 7 UStDB anzusehen ist, war somit im vorliegenden Falle auch ein Leistungsaustausch gegeben. Dafür spricht letzten Endes auch das eigene Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß die der FIFA (Federation International Football Association) angehörigen Sportverbände verpflichtet seien, eine "Subvention" für die Freigabe eines ins Ausland abwandernden Spielers zu gewähren, weil aus dieser Darstellung klar ersichtlich ist, daß zwischen der geleisteten "Subvention" und der Freigabe eines zu einem anderen Verein abwandernden Spielers eine enge Wechselbeziehung besteht, die es verbietet, der hiebei geleisteten Zahlung den Charakter einer echten Subvention, d. h. einer auf keinerlei Gegenleistung beruhenden Unterstützung, zuzusprechen.

Die Beschwerdeführerin befindet sich ferner auch in einem Irrtum, wenn sie meint, daß es sich im vorliegenden Fall nicht um im Inland ausgeführte Leistungen gehandelt habe, sodaß schon aus diesem Grund die hiefür vereinnahmten Entgelte umsatzsteuerfrei seien. Denn gemäß § 7 Abs. 2 UStDB wird eine sonstige Leistung im Inland ausgeführt, wenn der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil im Inland tätig wird (z.B. bei Vermittlungstätigkeiten eines Handlungsagenten, bei der Lohnveredlung für ausländische Rechnung) oder wenn der Unternehmer eine Handlung im Inland oder einen Zustand im Inland duldet (z.B. Ausnutzung von Patentrechten) oder eine Handlung im Inland unterläßt (z.B. die Ausübung eines Gewerbebetriebes).

Im vorliegenden Fall bestand nun die sonstige Leistung der Beschwerdeführerin in einem Verzicht auf die Rechte, welche ihr aus dem mit dem abwandernden Spieler seinerzeit abgeschlossenen Vertrag zustanden; es handelte sich somit um ein Unterlassen aller jener Tätigkeiten, zu welchen die Beschwerdeführerin auf Grund des mit diesem Spieler bestehenden Rechtsverhältnisses berechtigt gewesen wäre, um die Aufgabe dieses Rechtsverhältnisses bzw. um ein Unterlassen der Geltendmachung der aus diesem Rechtszustand ihr zukommenden Rechte. Die in einer Unterlassung liegende Leistung ist aber dort bewirkt, wo andernfalls die Handlung vorgenommen bzw. das Recht ausgeübt worden wäre; das wäre aber in dem Falle, daß die Beschwerdeführerin ihre Rechte aus dem mit dem Spieler abgeschlossenen Vertrag weiter ausgeübt hätte, zumindest zum wesentlichen Teil im Inland gewesen, weshalb das der Beschwerdeführerin für ihren Verzicht geleistete Entgelt mit Recht als Inlandsumsatz der Umsatzsteuer unterworfen wurde. Da somit das Unterlassen (= sonstige Leistung) im Inland bewirkt worden war, ergab sich schon daraus der Inlandscharakter der von der Beschwerdeführerin erbrachten Leistung, ohne daß es - wie dies die belangte Behörde getan hat - überhaupt notwendig war, die Beurteilung der Frage, ob es sich hier um einen Inlandsumsatz handle, auf die inländische Betriebsstätte der Beschwerdeführerin abzustellen. Gänzlich abwegig aber ist die Meinung der Beschwerdeführerin, daß ihre Leistung in einem Dulden einer Tätigkeit im Ausland bestanden habe. Dergleichen kommt nur dann in Frage, wenn jemand auf Grund einer ihm noch zustehenden Berechtigung (z.B. eines Lizenzrechtes) die Ausübung daraus entspringender Rechte im Ausland duldet. Im vorliegenden Fall stand jedoch der Beschwerdeführerin in dem Zeitpunkt, da der abgewanderte Spieler eine Tätigkeit im Ausland entfaltete, ein Recht aus dem mit diesem Spieler seinerzeit abgeschlossenen Vertrag gar nicht mehr zu, weil sie den Spieler schon vorher aus dem Vertrag entlassen hatte. Ein "Dulden" im rechtlichen Sinne kam daher nach Freigabe des Spielers überhaupt nicht mehr in Frage.

Wenn schließlich die Beschwerdeführerin noch rügt, daß die belangte Behörde "trotz der Schwierigkeit der rechtlichen Materie" dem Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht stattgegeben habe, so ist hiezu zu bemerken, daß gemäß § 51 Abs. 1 AbgRG der Entscheidung über die Berufung eine mündliche Verhandlung nur dann voranzugehen hat, wenn dies der Vorsitzende des Senates für erforderlich hält, der Steuerpflichtige oder ein Beteiligter beantragt oder wenn es der Senat auf Antrag eines Mitgliedes beschließt. Der Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung ist in der Berufungsschrift zu stellen. Wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt, steht demnach dem Steuerpflichtigen ein Rechtsanspruch auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur dann zu, wenn er diese in der Berufungsschrift beantragt hat. Da jedoch im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin einen solchen Antrag in der Berufungsschrift unterließ, konnte sie in keinem Recht verletzt werden, wenn eine Verhandlung unterblieb. Überdies vermochte die Beschwerdeführerin selbst in ihrer Beschwerde nicht darzulegen, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses angeblichen Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Da somit die Überprüfung des angefochtenen Bescheides weder in materiell-rechtlicher noch auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht eine Rechtswidrigkeit erkennen ließ, war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 1756 F/1958
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1958:1956002228.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-58298