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VwGH 10.03.1975, 2223/74

VwGH 10.03.1975, 2223/74

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AgrBehGNov 1974 §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 litb impl;
VwGG §42 Abs2 Z2 impl;
RS 1
Ein Landesagrarsenat, der nicht in der vollständigen nach § 5 Abs 2 des Agrarbehördengesetzes 1950 idF der Agrarbehördengesetz-Novelle 1974 vorgeschriebenen Besetzung (1 Vorsitzender und 7 Mitglieder) entscheidet, ist als unzuständige Behörde iSd § 42 Abs 2 lit b VwGG 1965 anzusehen.
Normen
AgrBehG 1950 §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2 impl;
RS 2
Eine unrichtig, weil nicht vollständig zusammengesetzte Kollegialbehörde ist als eine unzuständige Behörde anzusehen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Härtel und die Hofräte Dr. Hinterauer, Dr. Knoll, Dr. Leibrecht und Onder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzoberkommissär Dr. Feitzinger, über die Beschwerde des FW in I, vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer, Rechtsanwalt in Lienz, Hauptplatz 18, gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom , Zl. LAS-130/3, betreffend Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1969 (TFLG 1969), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.490,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, eine Übertretung nach § 84 Abs. 1 lit. b TFLG 1969 dadurch begangen zu haben, daß er in der Zeit nach dem Grundflächen, welche durch vorläufige Übernahme im Flurbereinigungsverfahren K in das Eigentum anderer Grundbesitzer übergingen, gedüngt und gemäht, die neuen Eigentümer VS und AG am Mähen gehindert und fremdes Gras bzw. Heu für sich eingebracht und dadurch der behördlichen Anordnung der vorläufigen Übernahme der Abfindungsgrundstücke zuwidergehandelt habe, und gegen ihn gemäß § 84 Abs. 1 lit. c TFLG 1969 eine Geldstrafe von S 5.000,-- bzw. eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von acht Tagen verhängt.

Die dagegen vom Beschwerdeführer fristgerecht eingebrachte Berufung wurde mit Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung als gemäß § 5 Abs. 2 des Agrarbehördengesetzes 1950, BGBl. Nr. 1/1951 in der Fassung der Agrarbehördengesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 476, eingerichteter Berufungsbehörde vom als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Hierüber hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung hat, wie sich sowohl aus den vorgelegten Verwaltungsakten wie auch aus der im angefochtenen Erkenntnis einleitend angeführten namentlichen Aufzählung ergibt, in folgender Zusammensetzung über die Berufung des Beschwerdeführers entschieden:

Vorsitzender:

Hofrat Dr. DS

Mitglieder:

1)

DDr. WS, Landesgerichtspräsident

2)

Dr. ES, Senatspräsident

3)

Dr. EG, Oberlandesgerichtsrat (1) bis 3) als Mitglieder aus dem Richterstande)

4)

Dr. WK, Landesregierungsrat, als Berichterstatter,

5)

Dipl.-Ing. Dr. HS, Hofrat, (in forstlichen Angelegenheiten erfahrener Landesbeamter des höheren Dienstes)

6) FH, Ökonomierat (Ersatzmitglied) (landwirtschaftlicher Sachverständiger).

Nicht teilgenommen hat an der Beratung und Beschlußfassung über die Berufungsentscheidung ein in agrartechnischen Angelegenheiten erfahrener Landesbeamter des höheren Dienstes, der zufolge § 5 Abs. 2 Z. 4 des Agrarbehördengesetzes 1950 in der Fassung der Agrarbehördengesetznovelle 1974 Mitglied des Landesagrarsenates sein muß. Ernannt ist ordnungsgemäß in dieser Funktion Dipl.-Ing. AG, Hofrat. Dieser war zwar, wie die Verwaltungsakten zeigen, zur Sitzung des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung, als dieser über die Berufung des Beschwerdeführers entscheiden sollte, geladen und auch anwesend, doch hatte er sich in diesem Rechtsfall für befangen erklärt und aus diesem Grund an der Beratung und Beschlußfassung nicht teilgenommen. Das für ihn - wie amtsbekannt -

bestellte Ersatzmitglied, Dipl.-Ing. KJ, Hofrat, war gar nicht einberufen worden. Damit hat, da zufolge § 5 Abs. 2 des Agrarbehördengesetzes 1950 in der Fassung der Agrarbehördengesetznovelle 1974 ein Landesagrarsenat aus einem Vorsitzenden und sieben Mitgliedern bestehen muß und weder dieses Gesetz noch etwa das Agrarverfahrensgesetz vorsieht, daß für die Beschlußfassung eines Landesagrarsenates die Anwesenheit einer geringeren Zahl als aller Mitglieder einschließlich des Vorsitzenden genügen würde - weshalb auch für den Vorsitzenden ein Ersatzvorsitzender und für jedes Mitglied ein Ersatzmitglied ernannt sein muß -, eine unrichtig zusammengesetzte Kollegialbehörde entschieden. Ein unrichtig, weil nicht vollständig besetzter Landesagrarsenat ist aber nicht jene Behörde, die nach § 5 Abs. 2 des Agrarbehördengesetzes 1950 in der Fassung der Agrarbehördengesetznovelle 1974 vorgesehen ist, somit eine unzuständige Behörde.

Aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. b VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, wobei zufolge § 41 Abs. 1 erster Satz leg. cit. der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtswidrigkeit von Amts wegen wahrzunehmen hatte.

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 sowie auf Art. I A Z. 1 und Art. IV Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am

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Normen
AgrBehG 1950 §5 Abs2;
AgrBehGNov 1974 §5 Abs2;
VwGG §42 Abs2 litb impl;
VwGG §42 Abs2 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2 impl;
Sammlungsnummer
VwSlg 8782 A/1975
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1975:1974002223.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-58291