VwGH 29.10.1980, 2220/78
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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RS 1 | Wenn bei einer GmbH & Co KG die Heranziehung der mit der Geschäftsführung betrauten GmbH zur Haftung für Abgabenschulden der KG aussichtslos ist, dann kann unmittelbar der Geschäftsführer der GmbH zur diesbezüglichen Haftung herangezogen werden, soweit ihm ein Verschulden iSd § 9 BAO persönlich zurechenbar ist. § 9 BAO sieht keine bestimmte Schuldform vor. Bei Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen darf der Vertreter (§ 80 BAO und § 81 BAO) keine geringere Sorgfalt beobachten als bei Wahrnehmung seiner sonstigen Obliegenheiten (Hinweis E , 137/52). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Iro, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. König, über die Beschwerde des AZ in K, vertreten durch Dr. Hans Kröppel, Rechtsanwalt in Kindberg, Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7- 874/15-1978, betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war alleiniger Geschäftsführer der im Jahr 1974 gegründeten Z-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge Ges.m.b.H. genannt) und an dieser mit 49 % beteiligt. Die restlichen Geschäftsanteile standen im Eigentum des in weiterer Folge mit A bezeichneten Gesellschafters Dkfm. SS. Ebenfalls im Jahr 1974 wurde die Z-Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. (in weiterer Folge KG. genannt) mit dem Betriebsgegenstand "Fabriksmäßige Erzeugung von Fenstern und Türen und Handel mit diesen Produkten" gegründet. Komplementär und mit der Geschäftsführung der KG. allein betraut, war die Ges.m.b.H. Kommanditisten waren die beiden Gesellschafter der Ges.m.b.H. sowie und ES und GZ. Am wurde über beide Gesellschaften der Konkurs eröffnet. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom wurde der über die KG. eröffnete Konkurs mangels Deckung der Kosten des Konkursverfahrens gemäß § 166 Abs. 2 Konkursordnung aufgehoben.
Gemäß § 224 BAO und unter Hinweis auf § 9 Abs. 1 leg. cit. nahm das Finanzamt den Beschwerdeführer als Haftungspflichtigen für Abgabenschulden der KG. (Umsatzsteuer; Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, Familienbeihilfe für die Jahre 1974 bis 1976 und Nebenansprüche) in Höhe von insgesamt S 2,295.280,35 in Anspruch. Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte im wesentlichen vor, daß ihn kein Verschulden an der Uneinbringlichkeit der gegenständlichen Abgaben treffe. Ein Großteil der Rückstände sei auf eine Schätzung zurückzuführen, die ihrerseits wiederum durch eine Selbstanzeige des Gesellschafters A ausgelöst worden sei, sodaß auch nur diesem ein schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden könne. Noch zum Zeitpunkt der Einleitung des Insolvenzverfahrens sei genügend Firmenvermögen für "eine prozentuell hohe Deckung" der Abgabenschulden vorhanden gewesen. Der nachfolgende Vermögensverfall sei auf die mangelnde Obsorge des Masseverwalters zurückzuführen. Dieser habe nämlich nicht verhindert, daß Material- und Werkzeugbestände von den Arbeitern der Gesellschaft geplündert worden seien.
In der Folge ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer unter anderem, folgende Fragen zu beantworten:
"1. Wer war in der Zeit von der Gründung der Ges.m.b.H. bis zur Eröffnung des Konkurses über deren Vermögen deren Geschäftsführer?
2. Warum hat der Geschäftsführer nicht die Entrichtung der Abgaben überprüft.
3. Welche Tätigkeit übten Ihre Gattin und Ihre Söhne im Unternehmen aus?"
Diese Fragen beantwortete der Beschwerdeführer dahin gehend, daß er zwar nach außen hin als alleiniger Geschäftsführer aufgeschienen sei, sich aber in Wirklichkeit auf die Leitung des Produktionsbetriebes und die Wahrnehmung der technischen Belange sowie auf Personalangelegenheiten beschränkt habe. Die kommerzielle und kaufmännische Leitung des Unternehmens sei vom Gesellschafter A wahrgenommen worden, der dafür auch ein monatliches Entgelt von S 30.000,-- bezogen habe. Da der Beschwerdeführer erst 1972 aus der Emigration nach Österreich zurückgekehrt sei, habe er keine Kenntnis von den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften gehabt und sei daher auf das diesbezügliche Wissen seines Mitgesellschafters angewiesen gewesen. Erst als es mit diesem im Jahr 1975 zu Differenzen gekommen sei, habe der Beschwerdeführer davon Kenntnis erlangt, daß die Firma "von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bedroht war". Die Tätigkeit seiner Ehefrau habe sich auf die "Arbeitsvorbereitungen der Produktion", Materialbestellungen und telefonische Kontakte mit den Kunden beschränkt. Einer seiner beiden Söhne habe bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Differenzen mit dem Gesellschafter A aufgetreten seien, nur handwerkliche Tätigkeiten versehen. Ab diesem Zeitpunkt habe er die Verantwortung für die fristgerechten Auslieferungen, Kommissionierungen, Reiserouten der Chauffeure und Kundendienst übernommen. Der zweite Sohn sei zunächst nur Ferialpraktikant gewesen. In der Zeit nach den Differenzen mit dem Gesellschafter A habe er die Korrespondenz mit den Kunden, das Mahnwesen und die Provisionsabrechnungen geführt.
Die belangte Behörde gab der Berufung nur insoweit statt, als sie die Abgaben, für die der Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen wurde, auf S 2,179.034,55 herabsetzte, weil der Differenzbetrag erst nach Konkurseröffnung fällig geworden war. In der Begründung führte sie aus, daß der Beschwerdeführer laut Handelsregister alleiniger Geschäftsführer der Ges.m.b.H. gewesen sei, die wiederum die Geschäftsführung der KG. wahrzunehmen gehabt habe. Der Beschwerdeführer sei daher gemäß den §§ 80 und 81 BAO verpflichtet gewesen, dafür zu sorgen, daß die Abgaben der KG. aus deren Mitteln entrichtet werden. Dieser Verpflichtung habe er sich nicht durch Vereinbarung mit dem Gesellschafter A, wonach diesem die kaufmännische Leitung übertragen worden sei, entziehen können. Eine derartige Beschränkung der Geschäftsführung wäre auch gemäß § 20 Abs. 2 GesmbHG den Abgabenbehörden gegenüber unwirksam gewesen. Gemäß § 1298 ABGB obliege dem Beschwerdeführer der Beweis, daß ihn an der Nichterfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung kein Verschulden treffe. Ein solcher Beweis sei dem Beschwerdeführer aber nicht gelungen. Der Vorwurf gegen den Masseverwalter, dieser habe die Ausplünderung des Unternehmens durch die Arbeitnehmer nicht verhindert, sei unberechtigt. Aus einem vom Beschwerdeführer mitunterschriebenen Gedächtnisprotokoll vom gehe nämlich hervor, daß er selbst noch vor Konkurseröffnung diese Gegenstände des Betriebsvermögens den Arbeitnehmern der KG. zur Abdeckung ihrer Löhne und Gehälter überlassen habe. Weiters sei einem Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom zu entnehmen, daß wegen der vom Beschwerdeführer als Geschäftsführer zu verantwortenden Mangelhaftigkeit der Buchführung nicht habe festgestellt werden können, ob nach der Konkurseröffnung unberechtigte Entnahmen aus dem Unternehmen getätigt worden seien. Den Beweis, daß die Abgabenschuldigkeiten auch noch nach der Konkurseröffnung einbringlich gewesen seien, habe der Beschwerdeführer daher nicht erbringen können. Zu dem Hinweis des Beschwerdeführers, daß die Abgabenschuldigkeiten zum Teil auf Schätzungen zurückzuführen seien, werde bemerkt, daß der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt habe, gemäß § 248 BAO auch gegen die entsprechenden Abgabenbescheide Berufung zu erheben. In der Berufung gegen den Haftungsbescheid selbst könnten jedoch derartige Einwendungen nicht geltend gemacht werden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Eine im Jahr 1974 vorgenommene Umsatzsteuerrevision habe im wesentlichen keine Beanstandungen ergeben, sodaß auch der Beschwerdeführer keine Veranlassung gehabt habe, an der Ordnungsmäßigkeit der kaufmännischen Leitung seines Mitgesellschafters A zu zweifeln. Im Jahr 1975 sei es dann mit diesem zu ernsthaften Zerwürfnissen gekommen. A habe in einer Selbstanzeige dem Finanzamt gegenüber angegeben, seit 1974 Mehrumsätze in Höhe von S 2,500.000,-- getätigt zu haben. Das Finanzamt habe daraufhin im Schätzungsweg den Umsatz des Jahres 1974 um S 3,000.000,-- und jenen des Jahres 1975 um S 2,000.000,-- erhöht. Gegen die entsprechenden Umsatzsteuerbescheide sei Berufung erhoben worden; die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1974 habe der Beschwerdeführer jedoch in der Folge wiederum zurückgezogen, weil ihm klargemacht worden war, daß es sich dabei "um einen fruchtlosen Streit handle, zumal die Ges.m.b.H. &. Co. KG. ohnehin nicht werde zahlen können". Die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1975 sei nach wie vor aufrecht.
Die Mehrumsätze, die in Wirklichkeit insgesamt nur S 2,000.000,-- betragen hätten, seien darauf zurückzuführen gewesen, daß A eine eigene Firma besessen habe, in deren Rahmen er Bestellungen von Fenstern und Türen sowie die betreffenden Anzahlungen entgegengenommen habe. Die Lieferung selbst sei dann durch die Ges.m.b.H. (richtig wohl durch die KG.) erfolgt. Dabei seien die Anzahlungen abgezogen worden, ohne je der Ges.m.b.H. (richtig wohl wiederum der KG.) zugeführt worden zu sein. In dieser Weise habe sich A bereichert. Der Beschwerdeführer habe daher versucht, A zu kaduzieren, zumal von diesem auch keine Stammeinlage geleistet worden sei. Andererseits habe A sich bemüht, den Beschwerdeführer als Geschäftsführer abzusetzen, A habe in der Folge (laut vom Beschwerdeführer vorgelegter Unterlagen am ) eine einstweilige Verfügung gegen den Beschwerdeführer erwirkt, wonach diesem jedwede Geschäftsführertätigkeit verboten worden sei. Diese einstweilige Verfügung sei allerdings nicht rechtswirksam geworden, weil A eine vom Gericht auferlegte Kaution nicht geleistet habe.
Im August 1975 hätten die Lieferantenschulden S 4,700.000,-- betragen. Dem Beschwerdeführer sei es gelungen, diese Schulden Ende 1976 auf S 2,000.000,-- herabzudrücken. Zum Konkurs sei es dadurch gekommen, daß diversen Lieferanten und Kunden geschrieben habe, daß sie die alleinige Geschäftsführerin sei und die Rechtshandlungen mit dem Beschwerdeführer keine Wirkung hätten.
Was die den Arbeitnehmern überlassenen betrieblichen Gegenstände im Werte von etwa S 150.000,-- betreffe, so habe der Beschwerdeführer der Überlassung wohl zugestimmt; es seien aber späterhin noch weitere Wirtschaftsgüter im Wert von S 193.843,12 abhanden gekommen. Dies habe der Beschwerdeführer auch in einer "Sachverhaltsdarstellung" der Staatsanwaltschaft beim Kreisgericht Wiener Neustadt mitgeteilt. Weiters sei darauf hinzuweisen, daß die Versteigerung aller vom Finanzamt gepfändeten Gegenstände mehr als eine Million Schilling hätte erbringen müssen. Die Heranziehung zur Haftung sei eine Ermessensentscheidung, die nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu erfolgen habe. Es hätte daher auch die Frage geprüft werden müssen, ob nicht die Uneinbringlichkeit der gegenständlichen Abgabenschulden durch energischere Eintreibungsmaßnahmen seitens des Finanzamtes hätte verhindert werden können.
Das Vorbringen in der Berufung gegen den Haftungsbescheid betreffend die Höhe der Abgabenschulden müsse die belangte Behörde als Berufung im Sinne des § 248 BAO werten. über diese Berufung werde daher noch zu entscheiden sein, was sich im Falle der Stattgebung auf den Haftungsumfang auswirken würde.
Zur Frage der schuldhaften Verletzung von Pflichten des Beschwerdeführers sei zu sagen, daß die Beweislastregelung des § 1298 ABGB nur in bezug auf das Vorliegen eines Verschuldens an sich gelte, nicht jedoch auch für die Frage der Art des Verschuldens. Die Heranziehung zur Haftung gemäß § 9 BAO setze ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Vertreters voraus. Diesbezüglich hätte die belangte Behörde Feststellungen zu treffen gehabt, solches aber unterlassen. Außerdem hätte die belangte Behörde alle Umstände überprüfen müssen, die für den Vermögensverfall nach Konkurseröffnung maßgebend gewesen seien und zur Klärung dieser Fragen eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen müssen, wenn dies vom Beschwerdeführer auch nicht beantragt worden sei.
Schließlich sei noch zu beachten, daß der Beschwerdeführer nur Vertreter der Ges.m.b.H., nicht aber der KG. gewesen sei. Um ihn in seiner Eigenschaft als Geschäftsführet der Ges.m.b.H. zur Haftung für Abgabenschulden der KG. heranzuziehen, wäre es notwendig gewesen zunächst die Ges.m.b.H. als Geschäftsführerin der KG. haftbar zu machen. Dies sei bis heute nicht geschehen.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie unter anderem darauf hinweist, daß entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers gegen den Umsatzsteuerbescheid 1975 kein Rechtsmittel eingebracht worden sei; im übrigen wird beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. § 81 Abs. 1 BAO bestimmt, daß bei Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die als solche abgabepflichtig sind, die Geschäftsführer die Pflichten zu erfüllen haben, die der Personenvereinigung wegen der Erhebung von Abgaben auferlegt sind. Im übrigen gilt § 80 Abs. 1 BAO sinngemäß. Nach dieser Bestimmung haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Insbesondere haben sie dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, Geschäftsführer der Ges.m.b.H. und als solcher verpflichtet gewesen zu sein, für die Entrichtung der Abgabenschulden der KG., als deren Geschäftsführer die Ges.m.b.H. fungierte, Sorge zu tragen. Er bestreitet ferner nicht, daß gemäß § 1298 ABGB ihm der Beweis dafür obliegt, daß ihn an der Nichterfüllung der genannten gesetzlichen Verpflichtung kein Verschulden getroffen hat. Er vertritt jedoch die Auffassung, daß es Sache der belangten Behörde gewesen wäre, von sich aus Feststellungen über die Form seines Verschuldens zu treffen, nämlich dahingehend, ob ihm bei Nichterfüllung seiner Verpflichtungen ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten zur Last gelegt werden könne. Nur in einem solchen Falle hätte er nämlich zur Haftung für die Abgabenschulden der KG. herangezogen werden können.
Dazu ist zu sagen, daß § 9 Abs. 1 BAO keine bestimmte Schuldform des Vertreters vorsieht, sodaß auch keine diesbezüglichen Feststellungen zu treffen waren. Sämtliche Ausführungen des Beschwerdeführers in dieser Richtung gehen sohin ins Leere. Bezüglich der Verschuldensfrage ist lediglich entscheidend, ob der Beschwerdeführer nachweisen oder glaubhaft machen konnte, daß bzw. inwieweit er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Abgabenschulden der KG. zu entrichten. Zu Recht vertritt die belangte Behörde die Auffassung, daß dem Beschwerdeführer ein solcher Nachweis (eine solche Glaubhaftmachung) nicht gelungen ist. Da der Beschwerdeführer alleiniger Geschäftsführer der Ges.m.b.H. war, sind alle Ausführungen, mit denen er versucht, die Schuld an der Nichtentrichtung der gegenständlichen Abgaben anderen Personen, insbesondere seinem Mitgesellschafter A, anzulasten, schon deswegen nicht zielführend, weil die im § 81 Abs. 1 bzw. 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Pflichten ausschließlich dem Beschwerdeführer auferlegt waren, sodaß auch nur dieser eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO begehen konnte. Der Beschwerdeführer hat weder dargetan, daß ihm die Abgabenschulden der KG. ohne sein Verschulden nicht bekannt gewesen seien, noch daß er für ihre Bezahlung keine Mittel zur Verfügung gehabt habe. Er gibt im Gegenteil selbst an, daß die Lieferantenschulden im August 1974 S 4,700.000,-- betragen hätten -
zu dieser Zeit hat der Beschwerdeführer nach eigenem Vorbringen davon Kenntnis erlangt, "daß die Firma von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bedroht war" - und es ihm gelungen sei, diese Schulden bis Ende 1976 unter gleichzeitiger "Barzahlung von weiteren Ankäufen" auf S 2,000.000,-- herabzudrücken. Der Beschwerdeführer ist in diesem Zusammenhang offensichtlich der Ansicht, daß ihn kein Verschulden treffe, wenn er in erster Linie bemüht war, die Lieferantenschulden abzudecken, und daher weder die laufend fällig gewordenen noch die im Schätzungsweg Ende 1975 für die Vergangenheit festgestellten Abgabenschulden der KG. entrichtet hat. Zu einer derartigen Vorgangsweise war aber der Beschwerdeführer nicht berechtigt. Es geht nämlich nicht an, daß der Vertreter Abgabenschulden schlechter behandelt als die übrigen aus dem verwalteten Vermögen zu begleichenden Schulden; denn er darf bei Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht geringere Sorgfalt beobachten als bei Wahrnehmung seiner sonstigen Obliegenheiten (vgl. Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom , Zl. 2645/78). Das vom Beschwerdeführer durch die einseitige Begleichung von Lieferantenschulden gesetzte schuldhafte Verhalten wird noch durch sein Vorbringen verdeutlicht, er habe die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1974 auch deswegen zurückgezogen, weil "die Ges.m.b.H. & Co. KG. ohnehin nicht werde zahlen können". Es war daher dem Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen voll bewußt, daß er durch sein Verhalten die Einbringlichkeit der Abgabenschulden der KG. nicht nur gefährdete, sondern praktisch aussichtslos machte.
Was die Frage betrifft, ob der Beschwerdeführer mit seiner Berufung gegen den Haftungsbescheid auch eine Berufung gemäß § 248 BAO gegen den Abgabenanspruch selbst verbunden hat, so genügt es darauf hinzuweisen, daß diese Frage nicht Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist, weil mit dem angefochtenen Bescheid zweifelsfrei nur über die Berufung gegen den Haftungsbescheid abgesprochen wurde.
Dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte von sich aus eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen müssen, kommt schon deswegen keine Berechtigung zu, weil eine mündliche Berufungsverhandlung gemäß § 284 BAO nur im Verfahren vor dem Berufungssenat vorgesehen ist, im Streitfall aber die belangte Behörde monokratisch zu entscheiden hatte. Ebensowenig zielführend erweist sich das Argument des Beschwerdeführers, seine Heranziehung zur Haftung verstoße als Ermessensentscheidung deswegen gegen den Grundsatz der Billigkeit, weil die Abgabenrückstände der KG. bei energischeren Vollstreckungsmaßnahmen seitens des Finanzamtes einbringlich gewesen wären. Abgesehen davon, daß sich der Beschwerdeführer selbst - wie aus den Verwaltungsakten zu entnehmen ist - intensiv um den Aufschub von Vollstreckungsmaßnahmen seitens des Finanzamtes bemüht hat und diesbezüglich auch an das Bundesministerium für Finanzen herangetreten ist, sodaß aus einem allfälligen Entgegenkommen der Finanzverwaltung bei der Eintreibung der Abgabenschulden letztlich keine Unbilligkeit dem Beschwerdeführer gegenüber abgeleitet werden kann, handelt es sich bei diesem Vorbringen um eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung, auf die nicht näher einzugehen war. Das ganz allgemein gehaltene Vorbringen im Verwaltungsverfahren, zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung sei noch genügend Firmenvermögen vorhanden gewesen, um eine prozentuell hohe Befriedigung der Abgabenschulden zu ermöglichen, und der nachfolgende Vermögensverfall sei auf die mangelnde Obsorge des Masseverwalters zurückzuführen, wurde vom Beschwerdeführer in der Folge selbst entkräftet, indem er zugegeben hat, daß die Überlassung der genannten Gegenstände des Betriebsvermögens an die Arbeitnehmer der KG. noch vor der Konkurseröffnung mit seiner Zustimmung, und zwar zur Abdeckung offener Lohnforderungen, erfolgte. Die weitere Behauptung, darüber hinaus seien späterhin noch andere Gegenstände im Werte von S 193.843,12 spurlos verschwunden, stellt ebenfalls eine unbeachtliche Neuerung dar.
Schließlich wendet der Beschwerdeführer noch ein, daß er nur als Vertreter im Sinne des § 80 Abs. 1 BAO für Abgabenschulden der mit der Geschäftsführung der KG. betrauten Ges.m.b.H. nicht jedoch unmittelbar für die Abgabenschulden der KG. haftbar gemacht werden könne. Dem ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wie sie sich insbesondere aus dem Erkenntnis vom , Zl. 535/80, ergibt, entgegen zu halten. Danach kann in einem Fall, wie dem hier gegebenen, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen, insbesondere bei Vorliegen eines dem Geschäftsführer der Ges.m.b.H. persönlich zurechenbaren Verschuldens im Sinne des § 9 BAO, dieser unmittelbar zur Haftung für Steuerschulden der KG. herangezogen werden, wenn die Aussichtslosigkeit einer Inanspruchnahme der Ges.m.b.H. auf der Hand liegt. Letzteres traf im Hinblick auf den Konkurs der Ges.m.b.H. in jedem Fall zu.
Da sohin der angefochtene Bescheid nicht mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1980:1978002220.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAF-58285