VwGH 05.10.1964, 2216/63
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | BauO Wr §58 Abs2 litd; |
RS 1 | Aus § 58 Abs 2 lit d BauO für Wien ist kein Anspruch des ursprünglichen Eigentümers auf Rückstellung von Grundflächen abzuleiten, die zwar zuvor zufolge einer seither abgeänderten Baulinie in einem - nach der nunmehr geltenden Baulinie - nicht mehr erforderlichen und daher zu großen Ausmaß in das öffentliche Gut abgetreten worden waren, nach dem bestehenden - gleichfalls abänderten - Flächenwidmungsplan jedoch im Grünland liegen. In einem solchen Falle hat der ursprüngliche Eigentümer lediglich Anspruch auf Geldentschädigung. |
Normen | BauO Wr §58 Abs2 litd; BauO Wr §59; |
RS 2 | § 58 Abs 2 lit d zweiter Satz der BauO für Wien beschränkt den dort umschriebenen Rückstellungsanspruch nicht auf Fälle, in denen noch ein an sich vollständiger und selbständiger bebaubarer Bauplatz vorhanden ist, der durch die Rückstellung der zuvor zuviel abgetretenen Flächen nur ergänzt werden müsste; der Anspruch erstreckt sich vielmehr auch auf Bauplatzteile. |
Normen | |
RS 3 | Aus den §§ 37, 39, 40 und 42 AVG 1950 kann erschlossen werden, daß es unzulässig ist, in einer Berufungsentscheidung über ein Parteibegehren (hier: über ein Abteilungsansuchen) ohne jede Erörterung mit den Parteien einen Versagungsgrund geltend zu machen, der durch eine Modifikation des Vorhabens ohne weiteres aus der Welt geschafft werden könnte. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Borotha und die Hofräte Dr. Lehne, Dr. Striebl, Dr. Dolp und Dr. Rath als Richter, im Beisein der Schriftführer, Ministerialoberkommissärs Dr. Svoboda und Dr. Morscher, über die Beschwerde des J und der ES in W gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheid vom , Zl. M. Abt. 64- B XIX-41/61), betreffend Abteilung und Rückgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der EZ. 1200 und der EZ. 1201 des Grundbuches der Katastralgemeinde X. Zwischen ihrem Eigentum und der EZ. 1202 (zuvor im Eigentum des Dr. RB, nun in dem des Dr. AE) ist die S-straße geplant. Mit einem Abteilungsbescheid vom waren die Bauplätze 5 (Grundstück 657/7, EZ, 1202), 6 (Grundstück 657/8, EZ. 1202) und 8 (Grundstück 657/18, EZ. 1201) sowie die Bauplatzteile 4 e (Grundstück 657/6, EZ. 1202), 7 (Grundstück 657/92 EZ. 1201), 9 a (Grundstück 657/10, EZ. 1200) mit der Ergänzung 9 b, 10 a (Grundstück 657/12, EZ. 1200), 10 b (Grundstück 656/13, EZ. 1191, Eigentümer laut Plan HP) und 11 (Grundstück 657/13, EZ. 1200) geschaffen worden. Dabei lag ein Bebauungsplan zugrunde, nach dem die S-straße großzügig ausgestaltet und gegabelt werden sollte. Die Bauplätze 5 und 6 sowie der Bauplatzteil 4 e (im Eigentum Dr. B bzw. nun Dr. E) lagen an dem nördlichen Ast der S-straße, der Bauplatz 8, die Bauplatzteile 9 a mit der Ergänzung 9 b und 10 a mit der Ergänzung 10 b sowie der Bauplatzteil 11 an dem südlich gelegenen Ast der geplanten Straße. Zwischen den beiden Ästen befand sich das noch im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Grundstück 657/14, das offenbar für eine Ausgestaltung als Parkanlage reserviert war, während die von den Beschwerdeführern und Dr. RB in das öffentliche Gut abgetretenen Flächen das Grundstück 657/16 bildeten.
Mit Gemeinderatsbeschluß von , Pr. Zl. 1928/57, Plandokument Nr. 3220, wurde vorgesehen, daß die Sstraße nur in einem Ast und in der Breite von nur 12 m geführt werden sollte. Dadurch kamen Teile des Grundstückes 657/16 in das Bauland zu liegen. Gleichzeitig wurde aber das Grundstück 657/9 (Bauplatzteil 7), 657/10 (Bauplatz 8) zur Gänze aus dem Bauland ausgeschieden und zum Grünland erklärt, dasselbe wurde für Teile der Grundstücke 657/11 (Bauplatzteil 9 a) und 657/12 (Bauplatzteil 10 a) verfügt. Die restlichen Bauplatzteile von 9 a und 10 a sowie 9 b, 11, aber auch die Bauplätze 5 und 6 und der Bauplatzteile 4 e blieben im Bauland.
Der Magistrat der Stadt Wien, M. Abt. 37, erließ mit dem Datum auf Antrag der Beschwerdeführer einen Bescheid, mit dem nach § 10 der Bauordnung für Wien die Fluchtlinien und Höhenlagen an Hand des angeschlossenen Planes bekanntgegeben wurden. Die Baulinie war nun durch die nunmehr in der Breite von 12 m geplante S-straße gegeben. Für den Fall der Bauführung wurden Verpflichtungen zur Übertragung ins öffentliche Gut und zum Erwerb zum Zweck der Übertragung in das öffentliche Gut festgelegt. Diese Punkte sind nicht strittig geworden; Grundflächen im Ausmaß von 1,489 m2 des Grundstückes 657/16 sollten einbezogen werden. Es handelte sich hiebei um ein von den Beschwerdeführern und dem Eigentümer der EZ. 1202 zuvor an das öffentliche Gut abgetretene Flächen. Schließlich wurde auch noch vorgesehen, daß die im Plan blau angelegte Teilfläche des Grundstückes 657/11 und 657/12 (Teile Bauplatzteiles 9 b und 10 a) von rund 800 m2 zu den Nachbargrundstücken 656/13 (EZ. 1191 laut Plan Eigentümer HP) und 656/9 (EZ. 1173 laut Plan Eigentümer IK) abgetreten werde. Es handelte sich um einen durch die Festlegung des Grünlandes entstandenen Streifen aus den ehemaligen Bauplatzteilen 10 a und 9 b, der somit zur Erwerbung durch die Eigentümer der Nachbargrundstücke reserviert war.
Die Beschwerdeführer ersuchten nun in einem Ansuchen vom um die Genehmigung von Abteilungsplänen, die dem Inhalt des Fluchtlinienbescheides entsprachen, und gleichzeitig um unentgeltliche Rückführung der in den Plänen rot lasierten Flächen, jener Flächen nämlich, die aus dem öffentlichen Gut für die Bauplätze benötigt wurden.
Am fand unter Beiziehung des Eigentümers der EZ. 1202, Dr. E, eine Verhandlung statt. Dieser gab an, daß die Gemeinde nicht im physischen Besitz der in das öffentliche Gut abgetretenen Flächen sei. Nach der Änderung der Planung könne sie nur mehr die physische Übergabe des 12 m breiten Streifens der jetzt noch geplanten Straße verlangen, nicht aber auch die Übergabe des Streifens von 8 m Breite, der darüber hinausgehe und jetzt Bauland sei. Sofern die Antragsteller volle Bauplätze bekommen wollten, müßten sie zur Ergänzung der Bauplatzteile die erforderlichen Kopfgründe erwerben. Komme eine gütliche Vereinbarung nicht zustande, hätten Sie nur im Baufalle das Recht, die Enteignung zu begehren. Im weiteren Zug der Verhandlung wurde jedoch vom Verhandlungsleiter festgestellt, daß Flächen von 50, 583 und 520 m2, die seinerzeit von den Bauplätzen 8, 9 a, 10 a und 11 unentgeltlich ins öffentliche Gut abgetreten worden seien, nunmehr unentgeltlich an die Beschwerdeführer zurückzustellen seien. Die Flächen von 149 und 176 m2, die von dem Eigentümer der EZ. 1202 abgetreten worden seien, müßten nach § 58 der Bauordnung für Wien mit dem halben Baugrundwert bezahlt werden. Der Vertreter der M. Abt. 40 schätzte den Baugrundwert mit S 250,-- pro m2. Zu der zu entschädigenden Fläche komme, so wurde festgestellt, eine Fläche von 252 m2, die im öffentlichen Gut verbleibe, die jedoch von den Beschwerdeführern als den Eigentümern der neuen Bauplätze 1 und 2 abzutreten wäre. Der Verhandlungsleiter stellte fest, daß eine Einbeziehung der vom Eigentümer der EZ. 1202 abgetretenen Grundstücke in dessen Bauplätze technisch nicht möglich sei und der Bauordnung für Wien widerspreche. Der Beschwerdeführer erhob gegen die Schätzung keine Einwendung. Dr. E behielt sich jedoch eine Stellungnahme vor. In dieser Stellungnahme wurde der Einspruch gegen die Einbeziehung der vom Rechtsvorgänger abgetretenen Flächen aufrechterhalten. Aus der früheren Parzellierung sei als eine reservierte Platzfläche auch das Grundstück 657/17 (richtig wohl 657/14) hervorgegangen, das als künftige Parkanlage gedacht gewesen sei. Dieses sei jedoch im Eigentum des Parzellierungswerbers verblieben. Nun sei an Stelle der in Aussicht gestandenen Parkanlage eine neue Baulinie festgesetzt worden. An der Verkehrsfläche S-straße in der Breite von 12 m habe für die Beschwerdeführer überhaupt keine Baulinie bestanden, eine solche sei vielmehr nur an dem zweiten, jetzt nicht mehr genplanten Ast der S-straße vorgesehen gewesen. Daraus leitete Dr. E ab, daß § 59 Abs. 2 lit. d der Bauordnung gar nicht angewendet werden könne, da dies voraussetzen würde, daß zwecks Einbeziehung von aufgelassenen Straßengrundflächen in Bauplätze solche Bauplätze überhaupt vorhanden gewesen seien. Hier aber handle es sich um die Schaffung neuer Bauplätze und die Inanspruchnahme von Grundflächen, die bisher gar nicht Bauland waren, sondern mit Rücksicht auf den gedachten Parkcharakter eher das Merkmal des Grünlandes trugen. Denn auch das Grundstück 657/14 sei eine reservierte Erholungsfläche gewesen. Hiezu komme, daß die Gemeinde gar nicht in der Lage wäre, den physischen Besitz für die nicht als Verkehrsflache benötigten Flächen in Anspruch zu nehmen. Es bleibe den Beschwerdeführern unbenommen, auf Bauplatzteile abzuteilen und die fehlenden Flächen zu erwerben, jedoch nicht von der gar nicht verfügungsberechtigten Gemeinde, sondern nach Rückstellung und Herstellung der Grundbuchsordnung vom Anrainer. Dieser bestritt auch die Feststellung, daß die Einbeziehung der von ihm vorher abgetretenen Flächen in seinen Bauplatz technisch nicht möglich sei und verwies auf Abteilungspläne, die er in Ergänzung eines bereits eingebrachten Rückstellungsantrages demnächst vorlegen werde. Vorsichtshalber wurde auch der Schätzwert bestritten. In einer Gegenäußerung der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, daß die Eigentümer einer Reihe von Liegenschaften, darunter auch der Eigentümer der EZ. 1202, die Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes angestrebt hätten und daß diese Bestrebungen auch erfolgreich gewesen seien. Es sei unrichtig, daß entlang der Grundgrenzen des Grundstückes 657/14 eine neue Baulinie entstanden sei, weil durch die Änderung der Planung die platzartige Erweiterung der Sstraße verschwinde und die alte Baulinie entlang, der Grundstücke 657/10/11/12 und 13 soweit vorverlegt werde, daß eine Verschmälerung auf 12 m eintrete. Die Rückstellung an den Anrainer in natura würde einen schweren wirtschaftlichen Schaden für die Beschwerdeführer bedeuten, weil die Grundstücke dann keinen Zugang zum öffentlichen Gut hätten. Der geschätzte Baugrundwert sei zutreffend. Der Anrainer habe diesen Preis in einem anderen Fall sogar viel zu hoch gefunden.
Nun erging der erstinstanzliche Bescheid, mit dem das Abteilungsansuchen gemäß § 13 Abs. 2 lit. b der Bauordnung für Wien abgewiesen wurde. In der Begründung dieses Bescheides wurde zunächst auf den Inhalt des letzten Abteilungsbescheides hingewiesen, sodann auch auf die Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes. Aus dieser Änderung ergebe sich, daß der früher genehmigte Bauplatz Nr. 8 zur Gänze seine Verbaubarkeit verliere und daher unter die Einlösungsverpflichtung gemäß § 59 Abs. 3 der Bauordnung für Wien falle. Auch verlören die Bauplatzteile 9 a und 9 b sowie die Bauplatzteile 10 a und 10 b, welche je zusammen einen Bauplatz bilden, zu einem wesentlichen Teil die Verbaubarkeit, sodaß bei Zusammenlegung dieser Bauplatzteile ebenfalls die Einlösung erfolgen müßte. Die Abteilungswerber seien daher in der Lage, von der Stadt Wien die Einlösung zu verlangen. Demnach sei der Antrag auf Rückstellung nicht gerechtfertigt. Dazu komme, daß eine Rückstellung von Straßengrundflächen zu Bauplatzteilen in der Bauordnung nicht vorgesehen sei, weil im § 58 der Bauordnung nur ausdrücklich bestimmt sei, daß ein Rückstellungsanspruch nur dann bestehe, wenn ein Bauplatz geschaffen werde. Dies gehe insbesondere daraus hervor, daß im Abs. 2 vom Ausscheiden des Eigentümers eines Bauplatzes - darunter sei wohl der neu zu schaffende zu verstehen - die Rede sei. Ferner vertrat die Behörde den Standpunkt, daß die Genehmigung der Rückstellung auch deshalb nicht in Betracht komme, weil Teile von vorgesehenen Bauplätzen, nämlich die Bauplatzteile 9 b und 10 b in die EZ. 1191 zu liegen kämen und unverwertbar würden, weil die Eigentümer der anschließenden EZ. 1173 nicht gezwungen werden könnten, diese Bauplatzteile in ihre Bauplätze einzubeziehen. Es müsse sohin auch mit den Eigentümern der EZ. 1191 und EZ. 1173 eine Klärung herbeigeführt werden, ob sie bereit seien, die Bauplatzteile 9 b und 10 b einzubeziehen bzw. den vorgesehenen Bauplatzteil 9 a ebenfalls in ihren Bauplatz einzuverleiben. Schließlich spreche noch gegen das Vorhaben, daß nicht sämtliche einzubeziehende Grundflächen im physischen Besitz der Abteilungswerber stünden oder von ihnen unentgeltlich abgetreten worden waren.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Sie führten zunächst aus, daß ein allfälliger Anspruch nach § 59 der Bauordnung den Anspruch nach § 58 lit. d nicht ausschließe. Die Beschwerdeführer bekämpften ferner die Auslegung, wonach eine Rückstellung von Straßengrundflächen zu Bauplatzteilen nicht vorgesehen sei. Ferner wunde in der Berufung geltend gemacht, es sei kein Versagungsgrund darin gelegen, daß nicht feststehe, ob die geschaffenen Bauplatzteile von den Eigentümern der Nachbargründe eingelöst würden. Hätte die Behörde darauf hingewiesen, so wäre das Ansuchen dahin abgeändert worden, daß kein Bauplatzteil geschaffen würde. Im übrigen habe Grund zu der Annahme bestanden, daß eine einvernehmliche Lösung zustandekomme. Der physische Besitz der Gemeinde sei nicht Voraussetzung der Antragstellung nach § 58 Abs. 2 lit. d der Bauordnung. Der Anspruch sei auch nicht davon abhängig, daß der rückzustellende Grund vom Antragsteller abgetreten wurde. Dies sei aus § 58 Abs. 5 letzter Satz zu ersehen. Auch die Meinung, daß ein Rückstellungsanspruch anderen Personen zustehe, hätte nach Ansicht der Beschwerdeführer ihnen im Verwaltungsverfahren bekanntgegeben werden müssen. Im Zuge des Berufungsverfahrens brachten die Beschwerdeführer eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht beim Verwaltungsgerichtshof ein. Das Verfahren wurde jedoch nach Erlassung des Berufungsbescheides eingestellt.
Die Berufung wurde in der Sitzung der Bauoberbehörde für Wien vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung des in Ausfertigung dieses Sitzungsbeschlusses ergangenen Magistratsbescheides wird zunächst das Berufungsvorbringen wiedergegeben und dann ausgeführt, ein Abteilungsplan stelle eine Einheit dar und könne nur als Ganzes genehmigt oder als Ganzes abgewiesen werden. Es sei nun zunächst davon auszugehen, daß § 58 der Bauordnung für Wien einen Rückstellungsanspruch von Grundflächen, die einmal ins öffentliche Gut abgetreten worden seien, in natura nur zugunsten dessen kenne, der diese Grundfläche in seinen Bauplatz einbeziehen müsse. Sei dies nicht der Fall, so sei von der Gemeinde unter gewissen Voraussetzungen eine Entschädigung zu leisten. Im vorliegenden Fall hätten die Beschwerdeführer nun u. a. die Rückstellung einer Teilfläche des im öffentlichen Gut gelegenen Grundstückes 657/16, welches nach dem nun gültigen Flächenwidmungsplan in das Grünland zu liegen komme zum provisorischen Grundstück 657/18 begehrt. Ein Anspruch auf Rückstellung einer Fläche des öffentlichen Gutes, die gar nicht zu einem Bauplatz einbezogen werden könne, bestehe aber nicht. Weiters sei das anrainende Grundstück 656/13 in EZ. 1191 der Katastralgemeinde X als Bauplatzteil 10 b genehmigt worden. Seinerzeit sei die Vereinigung dieses Bauplatzes mit einem Teil der nunmehr abgeteilten Liegenschaft zu einem Bauplatz vorgesehen gewesen. Daher wäre bei Erstellung des Abteilungsplanes auf die künftige Verbaubarkeit dieses Bauplatzteiles Rücksicht zu nehmen gewesen. Dies sei aber nicht geschehen. Die Beschwerdeführer hätten nämlich ihrerseits einen anrainenden Bauplatzanteil, das provisorische Grundstück 657/17, vorgesehen, der mit dem anrainenden Bauplatzteil 10 b keinesfalls zu einem Bauplatz vereinigt werden könne, da beide Bauplatzteile zusammen weder die Gestalt noch Größe eines solchen noch eine Verbindung mit dem öffentlichen Gut besäßen. Es wäre daher die Einbeziehung dieser Grundflächen zu einem der anrainenden Bauplätze, welche eine Verbindung mit dem öffentlichen Gut besitzen, vorzusehen gewesen. Schon aus den vorstehenden Gründen hätte eine Abteilungsbewilligung versagt werden können. Die Behörde sei auch berechtigt gewesen, über den Antrag in der vorliegenden Form zu entscheiden und habe nicht von sich aus eine Änderung verlangen müssen.
In der Beschwerde wird zunächst darauf Bezug genommen, daß die Berufungsgründe von der belangten Behörde nicht zur Gänze erledigt worden seien. Der zuerst angeführte Versagungsgrund, nämlich das Fehlen einer Rückgabeverpflichtung bezüglich der dreieckigen Teilfläche von 50 m2 des Grundstückes 657/16, der nunmehr in das Grünland falle, sei deshalb nicht durchschlagend, weil die dahinter stehende und auch ausdrücklich bekundete Anschauung ein Abteilungsplan stelle eine Einheit dar, die nur als Ganzes genehmigt oder verworfen werden könne, in dieser Form verfehlt sei. Auf behebbare Mängel müsse die Behörde hinweisen. Würde man eine solche Verpflichtung als nicht gegeben erachten, so wäre die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung eine Zeitverschwendung. Bei einem entsprechenden Vorhalt des Hindernisses hätten die Beschwerdeführer ihren Antrag hinsichtlich des Rückgabeanspruches bezüglich der 50 m2 ohne weiteres fallengelassen. Dazu komme, daß die Behörde erster Instanz auch den Anspruch auf Rückstellung dieses Teilstückes, wie in der Niederschrift vom festgehalten sei, bejaht habe. In Anbetracht dieser Sachlage sei es rechtswidrig gewesen, ohne jede vorherige Mitteilung die Versagung auf den angeführten Grund zu stützen. Die belangte Behörde weist in ihrer Gegenschrift darauf hin, daß die Beschwerdeführer offenbar auf die Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG 1950 Bezug nähmen, die sich aber nur auf Formgebrechen, dagegen nicht auf den materiellen Inhalt der Parteianträge, beziehe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und Gegenschrift erwogen:
§ 58 Abs. 2 lit. d der Bauordnung für Wien enthält keine Bestimmung, aus der ein Anspruch auf Rückgabe von ins Grünland fallenden Flächen hervorginge. Es ist aber auch nicht zulässige einen solchen Anspruch im Auslegungswege zu ermitteln, weil ganz ausdrücklich festgelegt ist, daß für seinerzeit gegenüber der neuen Verpflichtung zuviel abgetretene Flächen, die nicht in den Bauplatz fallen, Geldentschädigung zu leisten ist. Somit bleibt die verfahrensrechtliche Frage zu prüfen, die von den Beschwerdeführern aufgeworfen wurde. Es ist durchaus zutreffend, daß § 13 Abs. 3 AVG 1950 sich auf Formmängel und nicht auf materielle Hindernisse für eine positive Erledigung bezieht. Dennoch sind die Beschwerdeführer mit ihren verfahrensrechtlichen Einwänden im Recht. Der Verwaltungsgerichtshof leitet dies aus den folgenden Erwägungen ab: Zweck des Ermittlungsverfahrens ist nach § 37 AVG 1950 den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Gemäß § 39 AVG 1950 hat die Behörde, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der im II. Teil des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen; sie kann insbesondere auch eine mündliche Verhandlung nach den Bestimmungen der §§ 40 bis 44 von Amts wegen oder auf Antrag durchführen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfügungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen. Aus dem § 42 Abs. 1 AVG 1950 geht hervor, daß der Verhandlungsleiter die Pflicht hat, den Gegenstand der Verhandlung darzulegen. Aus Abs. 2, daß er die Verhandlung unter steter Bedachtnahme auf ihren Zweck so zu führen hat, daß den Parteien das Recht auf Gehör gewahrt wird. In Abs. 3 ist u. a. angeordnet, daß den Parteien Gelegenheit geboten werden muß, alle zur Sache gehörenden Gesichtspunkte vorzubringen. Für den Fall, daß sich zwei oder mehrere Parteien mit einander widersprechenden Einsprüchen gegenüberstehen, ist angeordnet, daß der Verhandlungsleiter nach Tunlichkeit auf' das Zustandekommen eines Ausgleiches dieser Ansprüche mit den öffentlichen und den von den anderen Beteiligten geltend gemachten Interessen hinzuwirken hat. Aus allen diesen Vorschriften muß der Verwaltungsgerichtshof ableiten, daß es in einem Fall der vorliegenden Art nicht dem Gesetz entspricht, im letztinstanzlichen Bescheid ohne jede Erörterung mit den Parteien einen Versagungsgrund geltend zu machen, der durch eine Modifikation des Vorhabens aus der Welt geschafft werden konnte. Gewiß ist die belangte Behörde im Recht, wenn sie erklärt, daß ein Abteilungsansuchen als Einheit zu werten sei. Hätten die Beschwerdeführer nach einem Hinweis auf die Unzulässigkeit ihres Abtretungsbegehrens bezüglich der 50 m2, die ins Grünland fallen, ihren diesbezüglichen Anspruch aufrechterhalten, so wäre es wohl zulässig gewesen, den gesamten Antrag, die Abteilung und den damit verbundenen Rückgabeanspruch abzuweisen. Das bedeutet aber nicht, daß keine Verpflichtung bestand, aus Gründen der Zweckmäßigkeit, der Einfachheit und der Kostenersparnis und um Gelegenheit zur Geltendmachung der Rechte und Interessen zu geben, den Versagungsgrund zu erörtern. Aus den angeführten Gründen hält der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren in dem nun erörterten Punkt für mangelhaft.
Ebensowenig vermag der zweite von der belangten Behörde angeführte Versagungsgrund durchzuschlagen. Die Beschwerdeführer hatten in ihrem Abteilungsansuchen den Bauplatz rot A so vorgesehen, wie es im Fluchtlinienbescheid bereits bestimmt war, der an dieser Stelle eine blau lasierte Fläche zeigt, was auf die Reservierungspflicht hindeutet. War die belangte Behörde der Meinung, daß ein Einvernehmen mit den Anrainern herzustellen war, so hatte sie von sich aus Schritte in dieser Richtung zu unternehmen. Es ist durchaus zutreffend, wenn die Beschwerdeführer ausführen, daß es nicht ihre Sache gewesen sei, mehr zu tun als eine Reservierung durchzuführen. Sie führen auch ins Treffen, daß es ihnen freigestanden wäre, eine Einbeziehung in ihren eigenen Bauplatz vorzuschlagen, wenn die Behörde ihre Bedenken gegen die Reservierung bekanntgegeben hätte oder wenn die Anrainer erklärt hätten, daß für sie an dem Erwerb des Bauplatzteiles kein Interesse bestand. Die Beschwerdeführer sind auch im Recht, wenn sie darauf hinweisen, daß nach der gesamten Lage die Herstellung einer Verbindung mit dem öffentlichen Gut in Richtung der Sstraße in Anbetracht der Entfernung wenig angemessen sei. So lag es durchaus nahe, wie im Fluchtlinienbescheid vorgesehen, zunächst eine Reservierung durchzuführen. Wollte die belangte Behörde eine andere Lösung, so war es ihre Sache, in dieser Richtung einzuwirken. Dazu kommt, daß der Fall des § 16 Abs. 1 der Bauordnung für Wien für eine Versagung nicht gegeben war, weil durch die vorgesehene Abteilung eine zweckmäßige Verbauung der unmittelbar angrenzenden und der benachbarten Liegenschaft nicht mehr beeinträchtigt wurde, als dies von vornherein dadurch gegeben war, daß infolge der Grünlandwidmung von Bauplatzteilen durch die belangte Behörde der ergänzende Bauplatzteil 10 b nicht mehr, wie früher geplant, mit den anschließenden Bauplatzteilen zu verbinden war.
Der Verwaltungsgerichtshof ist aber auch nicht der Anschauung, daß die Tatbestände des § 58 Abs. 2 lit. d und des § 59 der Bauordnung für Wien einander ausschlössen. Der zweite Satz des § 58 lit. d kann nicht so verstanden werden, daß der Abtretungsanspruch auf jene Fälle beschränkt wäre, in denen noch ein an sich vollständiger Bauplatz vorhanden ist, der nur durch Rückgabe der zuviel abgetretenen Flächen ergänzt werden muß. Es ist nicht zu erkennen, weshalb dieselbe Regel nicht auch dann Geltung beanspruchen sollte, wenn sich zufolge der zuletzt maßgebend gewesenen Planung ein Grundstück ergeben hatte, das nicht mehr Bauplatzcharakter trug, wenn nur früher die Bauplatzeigenschaft vorhanden war und sie auch durch die Inanspruchnahme der zuviel abgetretenen Flächen wiederhergestellt werden kann. Im vorliegenden Fall hatte der Fluchtlinienbescheid erkennen lassen, daß die Verpflichtung zur Einbeziehung der zuviel abgetretenen Flächen bestehe. Eine andere Auslegung, die in einem solchen Fall nur die Einlösung für tunlich hielte, würde zu dem Ergebnis führen, daß Eigentümer, die durch die Erfüllung von Abtretungspflichten für Straßen Bauplätze verloren haben, solche nach der geänderten Planung nicht wiederherstellen können, während die öffentliche Hand in die Lage käme, aus dem an sie als Straße abgetretenen Grund Bauplätze zu bilden. Ein solches Ergebnis muß, wenn es nicht eindeutig aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt, sondern nur im Wege der Auslegung erschlossen werden könnte, abgelehnt werden.
Schließlich ist der Verwaltungsgerichtshof auch nicht der Meinung, es sei von vornherein erkennbar, daß der vorletzte Satz der lit. d des § 58 der Bauordnung für Wien nicht auf die von Dr. B an das öffentliche Gut abgetretenen Flächen anwendbar wäre. Vielmehr deutet vieles darauf hin, daß, wie bei der Verhandlung in erster Instanz angenommen wurde, diese Gesetzesstelle gerade auch der Regelung jenes Falles dient, in dem die an das öffentliche Gut abgetretenen Flächen für einen anderen als jenen Bauplatz benötigt werden, der dem früheren Eigentümer dieser Flächen verbleibt. Jedenfalls hat die belangte Behörde die Argumente der Berufung in der bezeichneten Hinsicht, da sie andere Rechtsfragen als entscheidend ansah, nicht widerlegt.
Aus den zuvor angeführten Gründen ergibt sich die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1952.
Wien, am
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Normen | AVG §37; AVG §39 Abs2; AVG §40; AVG §42; AVG §66 Abs4; AVG §68 Abs2; BauO Wr §13 Abs2 litb; BauO Wr §58 Abs2 litd; BauO Wr §59; |
Sammlungsnummer | VwSlg 6449 A/1964 |
Schlagworte | Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtsmittelverfahren Berufung Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Zulässigkeit und Voraussetzungen der Handhabung des AVG §68 Bindung an diese Voraussetzungen Umfang der Befugnisse |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1964:1963002216.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-58273