VwGH 13.04.1962, 2207/60
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | EStG 1967 §6c Abs3 lita impl; |
RS 1 | Auch Aufwendungen auf ein UNBEWEGLICHES Gut eines anderen sind ein unbewegliches Wirtschaftsgut iSd § 1 des Bewertungsfreiheitsgesetzes 1957. Sie können nicht den beweglichen Wirtschaftsgütern zugezählt werden (Hinweis E , 2464/59, VwSlg 2257 F/1960; E , 1214/49, VwSlg 515 F/1951). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek und die Räte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Finanzoberkommissärs Dr. Zatschek als Schriftführer, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Berufungskommission für Niederösterreich bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VI - 2373/1/1960, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer für 1958 des Dipl. Kfm. AS in K, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Mitbeteiligte betreibt einen Elektrogroßhandel. Im Jahre 1958 ließ er an den Geschäftsräumlichkeiten Umbau- und Modernisierungsarbeiten mit einem Gesamtaufwand von S 352.590,-- durchführen. Diesbezüglich wurde im Zuge einer Betriebsprüfung festgestellt, daß an Stelle der alten kleinen Schaufenster neue große Schaufenster mit Spiegelverglasung und Einbauleuchten errichtet, die gesamte Fassade mit Naturstein und Marmor verkleidet, der Fußboden mit Marmormosaik belegt und eine neue Heizungsanlage eingebaut worden war.
Hinsichtlich dieser Investitionen vertrat der Mitbeteiligte die Ansicht, daß sie als Aufwendungen auf gemietete Räume und somit als zu einem Mietrecht gehörig den beweglichen Sachen zuzurechnen seien, und nahm für sie - abgesehen von den auf den Portalumbau entfallenden Kosten - gemäß § 1 des Bewertungsfreiheitsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 70/1957, eine vorzeitige Abschreibung von 60 %der Anschaffungskosten in Anspruch. Dagegen erblickte der Betriebsprüfer in den durchgeführten Investitionen unbewegliche Wirtschaftsgüter, bezüglich deren eine vorzeitige Abschreibung von bloß 25 % der Anschaffungskosten vorgenommen werden dürfe, und errechnete so gegenüber den Berechnungen des Mitbeteiligten eine Abschreibungsdifferenz von S 79.219,--, die er zu dem ausgewiesenen Gewinn hinzuschlug. Das Finanzamt schloß sich der Auffassung des Betriebsprüfers an und erließ entsprechende Steuerbescheide für das Jahr 1958.
Dagegen erhob der Mitbeteiligte Berufung. Er wies darauf hin, daß er keineswegs das Gebäude, sondern nur die gemieteten Geschäftsräumlichkeiten instandgesetzt habe. Er sei zwar zu 33/336 Anteilen Miteigentümer des Hauses, doch habe er die Zustimmung der anderen Miteigentümer zum Umbau einholen müssen. Diese hätten ihm auch die Zustimmung dazu erteilt, jedoch nur deshalb, weil sie ein Interesse daran hatten, in ihrem Hause ein repräsentatives Lokal zu besitzen. Der Umbau habe aber nur seinen Geschäftsbetrieb und nicht das Gebäude betroffen, sodaß die vorgenommenen Investitionen alle bewegliche Wirtschaftsgüter anzusehen seien.
Die belangte Behörde gab der Berufung des Mitbeteiligten mit dem angefochtenen Bescheide Folge. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß es in steuerlicher Hinsicht keinen Unterschied mache, ob ein Unternehmer an einem Gebäude als Mieter oder als Miteigentümer bauliche Adaptierungen vornehme. Denn es liege in beiden Fällen ein immateriellem Wirtschaftsgut, nämlich ein Nutzungsrecht vor, auf Grund dessen die Bauführung vorgenommen würde. Dabei seien die Bauaufwendungen als Aufwand für das immaterielle Wirtschafsgut anzusehen, das als Recht eine bewegliche Sache bzw. ein bewegliches Wirtschaftsgut darstelle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland. Über sie hat der Gerichtshof erwogen:
Gemäß § 1 des Bewertungsfreiheitsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 70/1957, in der Fassung BGBl. Nr. 147/1958, kann bei der Ermittlung des Gewinnes aus Gewerbebetrieb der Wirtschaftsjahre 1957 bis 1963 von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in diesen Wirtschaftsjahren angeschafften oder hergestellten abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens neben der nach § 7 EStG zulässigen gewöhnlichen Absetzung für Abnutzung eine vorzeitige Abschreibung vorgenommen werden, die bei in Niederösterreich gelegenen Betrieben für unbewegliche Wirtschaftsgüter mit 25 v.H. und für bewegliche Wirtschaftsgüter mit 60 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt ist. Dabei ist - wie der Gerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2464/59, hinsichtlich der im wesentlichen gleichartigen Bestimmung des § 1 BewFG 1955, BGBl. Nr. 14/1955, ausgesprochen hat - die Unterscheidung zwischen beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern auf steuerrechtlichem Gebiet nicht nach zivilrechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen Grundsätzen vorzunehmen. Danach hat ein nicht als Gebäude anzusehendes Wirtschaftsgut, das nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbar und nutzbar ist, als beweglich zu gelten; ist es jedoch mit einem Gebäude derart verbunden, daß es ohne Verletzung seiner Substanz nicht an einen anderen Ort versetzt werden kann, dann ist es als Teil des Gebäudes und daher als unbeweglich anzusehen (vgl. auch Pucharski-Jiresch, Einkommensteuergesetz, 6. Auflage, S. 851; Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, 8. Auflage, S. 673).
Bei solcher Betrachtungsweise ist es daher für die steuere rechtliche Beurteilung unentscheidend, ob auf unbewegliche Wirtschaftsgüter gemachte Bauaufwendungen von einem Mieter oder von einem Eigentümer des Gebäudes gemacht werden. Denn der steuerrechtliche Charakter der Investition wird ausschließlich durch objektive Merkmale bestimmt; ist aber nach diesen die Investition als unbewegliches Wirtschaftsgut anzusehen, so vermag auch die Tatsache, daß ein Mieter die betreffende Anschaffung vorgenommen hat, daran nichts zu ändern. Lediglich die Höhe der gemäß § 7 EStG jährlich zulässigen gewöhnlichen Absetzung für Abnutzung kann hiedurch beeinflußt werden, weil hiefür die "betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer" maßgebend ist, die bei Aufwendungen, die der Mieter auf die Bestandsache macht, unter Umständen durch die voraussichtliche Dauer des Bestandverhältnisses begrenzt sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 515/F).
Die im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde vertretene Rechteansicht, daß ein beim Umbau von Geschäfteräumlichkeiten getätigter Bauaufwand gleichsam als rechtliches Zubehör eines Miet- oder sonstigen Nutzungerechtes ein bewegliches Wirtschaftsgut darstelle, ist daher im Gesetze nicht gedeckt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden mußte.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | EStG 1967 §6c Abs3 lita impl; |
Sammlungsnummer | VwSlg 2627 F/1962 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1962:1960002207.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
AAAAF-58258