VwGH 23.02.1961, 2190/59
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | WRG 1959 §29 Abs1; |
RS 1 | Vorkehrungen im Sinne des Abs. 1 können dem bisher Berechtigten nur insoweit aufgetragen werden, als sie nachweislich im öffentlichen Interesse oder im Interesse anderer Wasserberechtigter oder dem der Anrainer liegen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler und die Räte Dr. Vejborny, Dr. Krzizek, Penzinger und Dr. Kadecka als Richter, im Beisein des Richters Dr. Kirschner als Schriftführer, über die Beschwerde des KW in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom , Zl. Wa - 373/2/1959, betreffend Erlöschen eines Wasserrechtes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft St. Veit a.d.Glan ordnete auf Antrag des Wasserbauamtes Klagenfurt am für den eine mündliche Verhandlung zum Zwecke der Feststellung des Erlöschens der unter den Wasserbuchpostzahlen n1 und n2 eingetragenen Wasserrechte des Beschwerdeführers zum Betriebe von Wasserbenutzungsanlagen am L-bach an. Die darauf bezughabende Kundmachung wurde mit Postrückschein am an die Anschrift des Beschwerdeführers zugestellt und durch die Tochter des Beschwerdeführers übernommen.
Zur mündlichen Verhandlung war der Beschwerdeführer weder persönlich erschienen noch hatte er sich bei dieser vertreten lassen. Die Verhandlungsniederschrift hat zum Inhalt, daß die Wasserrechte des Beschwerdeführers infolge langjähriger Nichtausübung erloschen seien. Die Nichtausübung durch mehr als drei Jahre habe der Vertreter der Gemeinde bezeugt. Nach dem Gutachten der Amtssachverständigen seien dem Beschwerdeführer Vorkehrungen zur teilweisen Abtragung der sehr schadhaften Staumauer bzw. zur Ausbildung eines für die Abflußgestaltung notwendigen verbleibenden Restes dieser Mauer, die Abtragung des Wasserturmes, die Räumung des Gewässers von Verklausungen und Unrat, die Beseitigung von Uferanrissen sowie von willkürlich vorgenommenen Änderungen der natürlichen Abflußverhältnisse und von nicht bewilligten Überbauten, schließlich auch die Räumung des im Stauraum abgelagerten Materiales aufzutragen.
Mit Bescheid vom stellte die Bezirkshauptmannschaft St. Veit a.d. Glan unter Hinweis auf die §§ 28 Abs. 1 lit. g und 30 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1934, Fassung nach BGBl. Nr. 144/1947, (kurz WRG) das Erlöschen der Wasserrechte des Beschwerdeführers zum Betriebe einer eingängigen Hausmühle, einer Gattersäge, zweier Kopfsägen, einer Kreissäge sowie einer eingängigen Hausmühle am L-bach zufolge Wegfalles der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen fest. Gleichzeitig trug sie dem Beschwerdeführer auf, bis längstens die von den Amtssachverständigen für notwendig befundenen Vorkehrungen durchzuführen. Diese Vorkehrungen dienten dem Schutze öffentlicher und privater Interessen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er lediglich die Vorschreibung unter Punkt 4 des Bescheidspruches (Räumung des Bachbettes) ausdrücklich unbekämpft ließ, im übrigen aber ausführte, daß die Löschung des zur Postzahl n2 eingetragenen Wasserrechtes mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen zu Unrecht erfolgt sei. Die ihm auferlegten Vorkehrungen seien keinesfalls in den Tatsachen begründet. Es fehle zunächst an der notwendigen Feststellung, inwieweit öffentliche Rücksichten oder das Interesse anderer Wasserberechtigter solche Vorkehrungen gebieten. Der Abbruch der Staumauer sei nicht nur nicht notwendig, sondern mit Gefahren für die Ortschaft L verbunden. Der durch die Stauung gebildete Teich sei für Löschzwecke unentbehrlich. Die Staumauer gefährde niemand, sodaß ihre Entfernung in niemandes Interesse gelegen sein könne. Im Interesse der Anrainer hätte die Behörde anregen müssen, daß die Staumauer allenfalls in die Erhaltung des Dorfes übernommen werde. Für den Abbruch des Wasserturmes sei keine Notwendigkeit zu ersehen. Die Uferbefestigung könne dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden. Es könne nicht die Rede davon sein, daß der Beschwerdeführer eine Änderung der natürlichen Abflußverhältnisse vorgenommen habe, abgesehen davon, daß der Bescheid keine konkreten Hinweise in dieser Richtung enthalte. Der Beschwerdeführer habe auch keinerlei Überbauten, wie Stege und Brücken, errichtet. Die vorhandenen Bauten dieser Art habe er mit dem Hof übernommen. Sie seien für den Betrieb der Landwirtschaft notwendig. Auch hier fehle es im übrigen an einer Konkretisierung im Bescheid. Eine Präklusion infolge Nichtteilnahme des Beschwerdeführers an der Verhandlung habe hinsichtlich dieser Vorschreibungen nicht eintreten können.
Mit dem Bescheide vom gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.
Über die gegen diesen Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach § 30 Abs. 1 WRG hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden, angemessenen Frist eine Anlage zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wieder herzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.
Was zunächst die Beschwerdeeinwendungen gegen die Annahme der belangten Behörde anlangt, daß auch das zu Postzahl n2 des Wasserbuches eingetragene Wasserrecht des Beschwerdeführers erloschen sei, ist festzustellen, daß das Verfahren der belangten Behörde in dieser Richtung allerdings unzureichend war. Die belangte Behörde hat ebensowenig wie die in erster Instanz eingeschrittene Behörde dargelegt, aus welchen Erwägungen sie zu der Überzeugung gelangt ist, daß die Voraussetzungen nach § 28 Abs. 1 lit. g WRG hinsichtlich der gegenständlichen Anlage zutreffen. Sollte sie sich aber - was im angefochtenen Bescheid nicht zum Ausdruck gekommen ist - auf die in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom vermerkte Äußerung eines Gemeindevertreters gestützt haben, so ist dem entgegenzuhalten, daß ein solcher Vertreter nach dem Inhalt der Verhandlungsschrift bei der Verhandlung gar nicht zugegen war und deshalb nicht zu ersehen ist, ob es sich tatsächlich um eine verantwortlich abgegebene zeugenschaftliche Aussage handelte. Der Beschwerdeführer selbst aber hatte bereits anläßlich seiner am erfolgten Einvernahme behauptet, daß die betreffende Anlage noch betrieben werde.
In dieser Richtung ist das Verfahren mithin ergänzungsbedürftig geblieben bzw. der Bescheid unzureichend begründet worden.
Wenn die Beschwerde vorbringt, daß die einschreitende Behörde angesichts des Umstandes, daß Gegenstand der mündlichen Verhandlung laut Kundmachung die Löschung seiner Wasserrechte sein sollte, nicht berechtigt gewesen sei, hinsichtlich der dem Beschwerdeführer aufzuerlegenden Vorkehrungen Präklusion anzunehmen, weil dieser zur Verhandlung nicht erschienen ist, ist sie im Recht. Denn Gegenstand der Verhandlung war laut Kundmachung nur die Löschung der Wasserrechte, sodaß die Frage einer Präklusion hinsichtlich eines anderen Verhandlungsgegenstandes erst gar nicht aufgeworfen werden durfte.
Die belangte Behörde hat ferner die Auffassung vertreten, daß die von den Amtssachverständigen erstellten Gutachten schlüssig gewesen seien. In dieser Hinsicht vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen, dies aus nachstehenden Überlegungen:
Vor allem mangelt es an einer deutlichen Aussage darüber, inwieweit und warum die als notwendig gekennzeichneten Vorkehrungen im öffentlichen Interesse oder im Interesse bestimmter Personen liegen. Denn nur soweit, als solche Interessen als bestehend anzusehen sind, können dem Wasserberechtigten bestimmte Vorkehrungen aufgetragen werden.
Bezüglich der Vorschreibung Punkt 5 des Bescheides war außerdem darauf Bedacht zu nehmen, ob die Uferanrisse auf den Betrieb der Anlage zurückzuführen seien und ob die Besitzgrenze mit der Grenze der Anlage zusammenfalle. Letzteres mußte deshalb von Bedeutung sein, weil die durch die Auflassung notwendigen Vorkehrungen naturgemäß nur den Anlagenbereich umfassen könnten und nicht auch weitere Gewässerbereiche.
Punkt 6 der Bescheidvorschreibung entbehrt der notwendigen Konkretisierung jener Änderungen des Wasserlaufes, die durch die Anlage des Beschwerdeführers bewirkt worden sind, während Punkt 7 nicht nur eine Konkretisierung ebenfalls vermissen läßt, sondern darüber hinaus auch nicht den notwendigen Zusammenhang zwischen der aufzulassenden Anlage und den vorhandenen "Überbauten" erkennen läßt. Insofern die Beschwerde (ebenso wie schon vorher die Berufung) schließlich vorbringt, daß die Sperrmauer zwecks Erhaltung des Stauteiches der Ortschaft L zu überlassen wäre, fehlt es zwar an einem diesbezüglichen Begehren der Gemeinde. Doch ist aus der Verhandlungsschrift auch nicht zu ersehen, daß diese Gemeinde zur Verhandlung ausdrücklich geladen oder bei ihr vertreten gewesen wäre. Es wäre der Behörde daher auferlegt gewesen, die Gemeinde zu diesem Vorbringen zu hören (§ 30 Abs. 3 WRG).
Aus all dem ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid auf einem unzureichend ermittelten Sachverhalt aufgebaut und mangelhaft begründet worden ist. Er mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | WRG 1959 §29 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1961:1959002190.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-58226