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VwGH 13.05.1976, 2181/74

VwGH 13.05.1976, 2181/74

Entscheidungsart: ErkenntnisVS

Rechtssätze


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Normen
GehG 1956 §24;
VwGG §13 Z1;
VwRallg;
RS 1
Ein Rechtssatz, wonach ein rechtsbegründender Verwaltungsakt erst für die Zeit nach seiner Erlassung Rechtswirkungen entfalten kann, ist in dieser allgemeinen Form der österreichischen Rechtsordnung fremd.
Norm
GehG 1956 §24;
RS 2
Eine Vergütung für die dem Beamten zugeteilte Naturalwohnung kann erstmals auch für die Zeit vor der Erlassung des diesbezüglichen Bescheides festgesetzt und zur Leistung vorgeschrieben werden.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehne, die Senatspräsidenten Dr. Kadecka, Dr. Skorjanec und Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Knoll, Dr. Zach, Dr. Karlik, Dr. Kirschner und Dr. Seiler als Richter, im Beisein des Schriftführers Bezirksrichter Mag. Dr. Kail, über die Beschwerde des JS in P, vertreten durch Dr. Walter Riedl und Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwälte in Wien I, Wiesingerstraße 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 12.770-Pr/74, betreffend Überlassung einer Naturalwohnung und Festsetzung der hiefür monatlich zu leistenden Vergütung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer, der als Oberoffizial in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund steht und im Bundesgestüt Piber beschäftigt ist, wurde mit Schreiben des Präsidiums des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 15.728-Pr./73, mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihm eine Naturalwohnung im Schloßgebäude des Bundesgestütes Piber, bestehend aus Vorzimmer, Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad und WC, zur Benützung zu überlassen. Die monatlich zu zahlende Vergütung für diese Wohnung werde vorbehaltlich der Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen betragen: Grundvergütung (brutto) S 412,60, Verwaltungsgebühr S 30,55. An öffentlichen Abgaben und Betriebskosten seien 3,44 % der auf die Wohnung entfallenden Kosten des Gesamtobjektes zu entrichten. Die Heizungskosten würden gesondert vorgeschrieben. Die Kostenkomponenten öffentlicher Abgaben und Betriebskosten würden monatlich pauschaliert eingehoben und einmal im Jahr im nachhinein abgerechnet werden.

Am erklärte der Beschwerdeführer, dass er mit der Überlassung der Naturalwohnung zu den im angeführten Schreiben genannten Bedingungen einverstanden sei.

Nachdem das Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für Finanzen hinsichtlich der Festsetzung der Höhe der Vergütung für die Naturalwohnung eingeholt worden war (Einlauf des Geschäftsstückes im Bundeskanzleramt am , Erledigung am ), wurde dem Beschwerdeführer nach seinen durch die Akten des Verwaltungsverfahrens nicht widerlegten Angaben der mit datierte angefochtene Bescheid der belangten Behörde am zugestellt, der in seinem Spruch folgenden Wortlaut hat:

"Gemäß § 24 Abs. 1 Gehaltsüberleitungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1947, wird Ihnen mit Wirkung vom die Wohnung Nr. nn im Schloßgebäude des Bundesgestüts Piber, 8580 Köflach, bestehend aus 1 Vorzimmer, Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer Bad und WC, als Naturalwohnung zur Benützung und gemäß § 24 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54, unter Festsetzung der monatlich zu leistenden Vergütung wie folgt überlassen:


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a) Grundvergütung 412,60 abzüglich eines 25%igen Abschlages
309,50 S
b) Garten(mit)benützung
S
c) Garagen(Abstellplatz)benützung
S
d) öffentliche Abgaben 3,44 % a conto
S
e) Betriebskosten 3,44 % a conto
S
f) Heizkosten werden gesondert verrechnet % a conto
S
g) Warmwasseraufbereitung % a conto
S
h) Verwaltungsgebühr
30,55 S

Die unter d - e genannten Kostenkomponenten werden monatlich pauschaliert eingehoben werden und einmal jährlich im nachhinein abgerechnet werden."

Außer dem Spruch enthielt der Bescheid unter "Anmerkung" noch die Mitteilungen, dass dem Beschwerdeführer mit dem Bescheid auf Grund seiner Erklärung vom die ihm in Aussicht gestellte Wohnung als Naturalwohnung überlassen wurde, dass von einer Begründung des Bescheides gemäß § 58 Abs. 2 AVG 1950 Abstand genommen worden sei, weil sich der Beschwerdeführer mit der Überlassung der Wohnung als Naturalwohnung einverstanden erklärt habe, und dass durch die Überlassung der Wohnung ein Bestandverhältnis nicht begründet werde. Ferner wurde mitgeteilt, dass die Wohnung zu räumen ist, wenn das Dienstverhältnis aufgelöst wird oder eine Änderung der Dienstverwendung des Beschwerdeführers eintritt oder die Wohnung auf eine Art verwendet werden soll, die den Interessen der Verwaltung in höherem Maß dient als die gegenwärtige Verwendung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde und die Gegenschrift der belangten Behörde in einem gemäß § 13 Z. 1 VwGG 1965 verstärkten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer ficht den Bescheid nur insoweit an, als ihm damit rückwirkend für die Monate Juli bis Oktober 1974 eine Naturalwohnungsvergütung vorgeschrieben wurde. Er erachtet sich durch den Bescheid im Umfang der Anfechtung auch nur insoweit in seinen Rechten verletzt, als er in seinem Recht auf "Unterbleiben einer rückwirkenden Vorschreibung einer Naturalwohnungsvergütung nach § 24 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 durch unrichtige Anwendung dieser Norm" verletzt wurde.

Eine derartige Einschränkung der Anfechtung des Bescheides, wie sie eingangs des vorigen Absatzes dargestellt wurde, ist zulässig, da die Überlassung einer Naturalwohnung und die Festsetzung der hiefür zu leistenden Vergütung für verschiedene Zeiträume trennbare Punkte eines Bescheides sind (§ 59 Abs. 1 AVG 1950), über die gesondert abgesprochen werden kann. Es bestehen daher keine Bedenken dagegen, dass der Beschwerdeführer nur die Festsetzung einer Wohnungsvergütung für den Zeitraum vom Juli bis Oktober 1974 anfocht und auch für diesen Zeitraum die Art und die Höhe der Festsetzung der Vergütung unbekämpft ließ. Es kam dem Beschwerdeführer nur darauf an, die "Rückwirkung" der Festsetzung für den Zeitraum von der tatsächlichen Überlassung der Naturalwohnung bis zur Erlassung des Bescheides über die Festsetzung der Wohnungsvergütung zu bekämpfen.

Gemäß § 24 Abs. 1 des Gehaltsüberleitungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1947, in der Fassung des Art. I Abs. 1 der 1. Gehaltsüberleitungsgesetz -Novelle 1970, BGBl. Nr. 243, ist jede andere Wohnung als eine Dienstwohnung, die dem Beamten im Rahmen eines Dienstverhältnisses zur Benützung überlassen wird, eine Naturalwohnung. Die Gewährung oder der Entzug eines Benützungsrechtes an einer Dienst- oder Naturalwohnung hat durch Bescheid zu erfolgen. Nach Abs. 2 derselben Gesetzesstelle wird durch die Überlassung einer Dienst- oder Naturalwohnung an einen Beamten ein Bestandverhältnis nicht begründet.

Nach § 24 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 in der Fassung des Art. I Z. 8 der 1. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 94/1959, hat der Beamte, wenn ihm neben seinem Monatsbezug Sachbezüge gewährt werden, hiefür eine angemessene Vergütung zu leisten, die im Wege der Aufrechnung hereingebracht werden kann. Bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung ist auf die örtlichen Verhältnisse sowie auf die dem Bund erwachsenden Gestehungskosten Bedacht zu nehmen. Die Höhe der Vergütung wird allgemein von der Bundesregierung durch Verordnung oder im Einzelfall vom zuständigen Bundesministerium im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen festgesetzt.

Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, dass die Festsetzung der Naturalwohnungsvergütung ein konstitutiver Verwaltungsakt sei. Das bedeute, dass das darin Statuierte erst mit Setzung des Verwaltungsaktes Geltung erlange, also erst mit Erlassung des Bescheides. Diese sei aber im Beschwerdefall erst durch Zustellung des Bescheides an den Beschwerdeführer am erfolgt. Für die vorhergehende Zeit hätte dem Beschwerdeführer nach seiner Auffassung ohne eine ausdrückliche Gesetzesbestimmung eine Leistungspflicht nicht auferlegt werden dürfen.

Damit räumt der Beschwerdeführer selbst ein, dass auch ein konstitutiver (rechtsbegründender) Verwaltungsakt Rückwirkung entfalten kann, wenn das Gesetz eine solche vorsieht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 1975/72, ausgesprochen, dass eine Erhöhung der monatlichen Vergütung für eine Naturalwohnung keinesfalls mit rückwirkender Kraft vorgenommen werden dürfe. Die Festsetzung der Wohnungsvergütung stelle einen rechtsbegründenden Verwaltungsakt dar. Da weder § 24 des Gehaltsgesetzes 1956 noch eine andere Rechtsvorschrift die belangte Behörde ermächtige, den Bescheid über die Erhöhung einer Wohnungsvergütung rückwirkend zu erlassen und der damals angefochtene Bescheid dem Beamten am zugestellt worden sei, erweise sich der angefochtene Bescheid, soweit mit ihm die Wohnungsvergütung für die Zeit bis erhöht worden ist, als inhaltlich rechtswidrig. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 105/73, ausgesprochen, dass Wohnungsvergütungen gemäß § 24 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum nicht im nachhinein vorgeschrieben werden dürften.

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bisher, wie oben schon ausgeführt wurde, davon ausgegangen, dass diese Festsetzung, sofern eine Verordnung nicht erlassen wurde, mit Bescheid zu erfolgen habe, daß dieser Festsetzungsbescheid einen rechtsbegründenden Verwaltungsakt darstelle und dass daraus die Folgerung zu ziehen sei, die Festsetzung könne für die Zeit vor der Erlassung des Festsetzungsbescheides eine Wirkung nicht entfalten.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht in der Lage, diese Rechtsprechung aufrechtzuerhalten.

Wie der obigen Sachverhaltsdarstellung entnommen werden kann, wurde dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid mit Wirkung vom die Wohnung Nr. nn im Schloßgebäude des Bundesgestütes Piber gemäß § 24 Abs. 1 des Gehaltsüberleitungsgesetzes als Naturalwohnung zur Benützung und gemäß § 24 des Gehaltsgesetzes 1956 unter Festsetzung der monatlich zu leistenden Vergütung überlassen. § 24 Abs. 1 dritter Satz GÜG schreibt ausdrücklich vor, dass die Gewährung des Benützungsrechtes an einer Naturalwohnung durch Bescheid zu erfolgen habe. Im Beschwerdefall enthält der angefochtene Bescheid eine Verfügung betreffend die Überlassung der Wohnung ab , die Festsetzung der monatlichen Vergütung und schließlich die Verfügung, daß für die Wohnung eine monatliche Vergütung in gewisser Höhe zu leisten ist. Ob diese Vergütung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise festgesetzt wurde, ist im Beschwerdefall nicht zu prüfen, da der Beschwerdeführer, wie oben dargestellt wurde, die Art und Höhe der Vergütung unbekämpft ließ. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes wurde bei dieser Formulierung des Bescheides in hinreichend deutlicher Weise zum Ausdruck gebracht, dass der Beschwerdeführer für die ab überlassene Wohnung ab diesem Zeitpunkt eine monatliche Vergütung in der mit dem Bescheid bestimmten Höhe zu leisten hat.

Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass ihm eine Vergütung nur für die Zeit nach der Erlassung des Bescheides über die Zuweisung der Wohnung vorgeschrieben werden durfte. Er kann sich in dieser Hinsicht auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berufen. Der Rechtssatz, wonach ein rechtsbegründender Verwaltungsakt erst für die Zeit nach seiner Erlassung Rechtswirkungen entfalten kann, wird vom Verwaltungsgerichtshof in dieser allgemeinen Form nicht aufrechterhalten. Richtig ist, dass ein rechtsbegründender Verwaltungsakt erst nach seiner Erlassung Wirksamkeit entfalten kann, da von einem Recht erst Gebrauch gemacht werden kann, wenn es begründet ist. Dieser Rechtssatz hat aber noch nicht zur Folge, dass durch den Verwaltungsakt nicht auch Rechte begründet werden können, deren Auswirkungen sich auf die Vergangenheit erstrecken. Ob ein solcher Fall vorliegt, kann nur nach der Rechtslage im Einzelfall beurteilt werden.

Nach § 24 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 in der geltenden Fassung hat der Beamte, wenn ihm neben seinem Monatsbezug Sachbezüge gewährt werden, hiefür eine angemessene Vergütung zu leisten. Im Beschwerdefall ist aber völlig unbestritten, dass dem Beschwerdeführer der Sachbezug einer Naturalwohnung im Schloßgebäude des Bundesgestütes Piber (Wohnung Nr. nn) ab dem überlassen wurde. Demnach trifft ihn nach dem Gesetz auch ab diesem Zeitpunkt die Verpflichtung zur Leistung einer Vergütung. Der Beschwerdeführer meint, ohne eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung hätte ihm eine Leistungspflicht für die Zeit vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht auferlegt werden dürfen. § 24 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 besagt aber ausdrücklich, dass der Beamte, wenn ihm Sachbezüge gewährt werden, hiefür eine angemessene Vergütung zu leisten hat. Der Beschwerdeführer kann sich bei der geltenden Rechtslage nicht darauf berufen, dass die Pflicht zur Leistung der Vergütung für die Zeit nicht gegeben sei, bevor der entsprechende Bescheid erlassen wurde. Die im Beschwerdefall strittige Rechtsfrage, ob durch den angefochtenen Bescheid die Vergütung für die zugeteilte Naturalwohnung erstmals für die Zeit vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides festgesetzt und zur Leistung vorgeschrieben werden durfte, hat daher die belangte Behörde im Einklang mit dem Gesetz gelöst.

Die vom Beschwerdeführer eingebrachte Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 sowie auf Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
GehG 1956 §24;
VwGG §13 Z1;
VwRallg;
Sammlungsnummer
VwSlg 9054 A/1976
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von
Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1976:1974002181.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAF-58207