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VwGH 26.05.1966, 2181/65

VwGH 26.05.1966, 2181/65

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
RS 1
Die Entrichtung eines Entgeltes an die Verkäufer für die Aufgabe bestimmter Räume im gekauften Gebäude, das neben dem Kaufpreise für den Erwerb einer Liegenschaft gezahlt wird, unterliegt auch dann der Grunderwerbsteuer, wenn das Entgelt als "Ablöse" bezeichnet und allenfalls erst NACH Abschluß des den Liegenschaftserwerb betreffenden Kaufvertrages vereinbart bzw bezahlt wird. Denn selbst, wenn die Vereinbarung des "Ablösebetrages" zeitlich dem über den Erwerb der Liegenschaft errichteten Kaufvertrage folgt, besteht zwischen beiden Vereinbarungen ein solcher innerer Zusammenhang, der es rechtfertigt, die zusätzliche Leistung als Teil der Gegenleistung iSd § 11 GrEStG 1955 aufzufassen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek, und die Hofräte Dr. Dorazil, Dr. Raschauer, Dr. Frühwald und Dr. Riedel als Richter, über die Beschwerde der MS in M, vertreten durch Dr. Günther Rustler und Dr. Helfried Rustler, Rechtsanwälte in Wien XV, Mariahilferstraße 196, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA VIII-1132/65, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hatte mit Kaufvertrag vom von den Verkäufern Leonhard T., Herta T. und Margaretha T. die Liegenschaft EZ. 907, Grundbuch X, erworben. In der Vertragsurkunde war der Kaufpreis mit S 200.000,-- angegeben. Auf Grund einer von der Beschwerdeführerin dem Finanzamte für Gebühren und Verkehrsteuern übermittelten Abgabenerklärung, in der der Kaufpreis ebenfalls mit S 200.000,-- angegeben war, hatte das Finanzamt mit Bescheid vom der Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuer im Betrage von S 14.000,-- vorgeschrieben. Mit Bescheid vom hob das Finanzamt im Zug eines gemäß §§ 303 ff der Bundesabgabenordnung durchgeführten Wiederaufnahmeverfahrens den Bescheid vom auf und schrieb gleichzeitig nunmehr eine Grunderwerbsteuer in Höhe von S 32.000,-- vor. Das Finanzamt begründete dieses Vorgehen damit, daß sich auf Grund durchgeführter Erhebungen ein Betrag von S 400.000,-- als Gegenleistung für den Liegenschaftserwerb ergebe. Die Beschwerdeführerin berief und führte aus, sie habe die strittige Liegenschaft um S 200.000,-- gekauft, jedoch auch die im gleichen Hause befindliche Großwohnung der Margaretha T. um S 200.000,-- abgelöst. Da die bezahlte Ablöse von S 200.000,-- keine Nebenleistung sei, unterliege sie nicht der Grunderwerbsteuer.

Die Finanzlandesdirektion wies die Berufung als unbegründet ab. Sie führte in den Entscheidungsgründen aus, daß "durch die glaubwürdigen Aussagen der drei Veräußerer der gegenständlichen Liegenschaft" die Vereinbarung eines Pauschalpreises von S 400.000,-- "für die Liegenschaft einschließlich der Hausherrenwohnung" festgestellt worden sei. Die "Aufteilung des Kaufpreises auf Liegenschaft und Wohnung" sei erst auf Wunsch der Käuferin getroffen worden. Wenn die Berufung ausführe, daß die Liegenschaft um S 200.000,-- gekauft und der restliche Betrag als Wohnungsablöse verwendet worden sei, so könne, selbst wenn diesem Vorbringen gefolgt würde, die Finanzlandesdirektion zu keiner anderen Entscheidung gelangen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle "beim Kauf einer Liegenschaft, wenn neben dem Kaufpreis für das Grundstück ein Betrag dafür geleistet wird, daß der Verkäufer auf Mietrechte an der Liegenschaft verzichtet, der für den Verzicht versprochene Betrag eine steuerpflichtige Nebenleistung" dar. Daran könne auch "der Umstand, daß im gegebenen Falle die Mieterin der Hausherrenwohnung nur zu einem Drittel Eigentümerin und Veräußerin der Liegenschaft" gewesen sei, nichts ändern. Das in der Berufung angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 65/63, betreffe die einheitliche Feststellung von Einkünften und könne deshalb "für den gegenständlichen Fall keine andere Auslegung" herbeiführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 (BGBl. Nr. 140/1955, GrEStG) in der für den vorliegenden Beschwerdefall geltenden Fassung ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 der gleichen Gesetzesstelle gehören zur Gegenleistung Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist zunächst streitig, ob der Betrag von S 200.000,--, den die Beschwerdeführerin, wie sie behauptet, verwendet hat, um "als Käufer selbst das Mietrecht abzulösen", grunderwerbsteuerpflichtig ist. Die Beschwerde meint, es könne sich dabei um keine Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes handeln, weil das Geld nicht für den Erwerb des Grundstückes gegeben worden sei und außerdem mit dem Liegenschaftskauf in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehe. Mit diesem Einwand irrt aber die Beschwerdeführerin. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Frage wiederholt Stellung genommen. Er hat in seinen Erkenntnissen vom , Zl. 1756/63, folgendes wörtlich ausgesprochen: "Wenn sie (die Beschwerdeführerin) nun im Zusammenhang mit dem Abschlusse des Kaufvertrages zugleich auch durchgesetzt hat, daß der Verkäufer seiner Bestandrechte an den strittigen Räumen mit Abschluß des Kaufvertrages aufgibt und sich dabei ein besonderes Entgelt versprechen läßt, so kann nicht übersehen werden, daß der Zusammenhang zwischen dem Erwerbe des Grundstückes und der Aufgabe der Bestandrechte ein innerer ist, der das Rechtsgeschäft in seiner Gesamtheit zu einer Einheit zusammenfaßt. Das Grunderwerbsteuergesetz verlangt im § 11 Abs. 2 Z. 1 nur, daß der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgange vereinbarten Gegenleistung zusätzlich eine Leistung gewährt." In seinem Erkenntnisse vom , Zl. 1894/64 - von den hier angeführten Erkenntnissen wird der Beschwerdeführerin auf Verlangen eine Abschrift übermittelt werden - hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß ein Betrag, der beim Kauf einer Liegenschaft neben dem Kaufpreise für das Grundstück dafür geleistet wird, daß der Verkäufer auf Mietrechte an einer Liegenschaft verzichtet, eine steuerpflichtige Nebenleistung im Sinne des § 11 Abs. 2 Z. 1 GrEStG darstellt. Nun behauptet die Beschwerdeführerin, daß im vorliegenden Falle die "Entschädigung" einem "ehemaligen Miteigentümer und jetzigen Mieter bezahlt" worden sei. Doch auch dieser Einwand vermag einen Erfolg nicht herbeizuführen. Nach der Gesetzeslage (§ 11 Abs. 2 Z. 1 GEStG) gehören zur Gegenleistung, wie bereits dargelegt wurde, auch Leistungen, die der Erwerbsvorgange vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt. Nach dem ersten Absatze des am errichteten Kaufvertrages wurde die Liegenschaft von Leonhard, Herta und Margaretha T. veräußert. Wenn, wie die Beschwerde behauptet, der "Ablösebetrag" von S 200.000,-- an Margaretha T. gezahlt worden ist, so besteht zunächst kein Streit darüber, daß die Empfängerin dieses Betrages neben den beiden anderen Miteigentümern gleichfalls Miteigentümerin und nach dem Vertragsinhalte Verkäuferin war. Somit ist die Rechtsmeinung der belangten Behörde, daß der für die Aufgabe eines Mietrechtes gezahlte Betrag eine Gegenleistung im Sinne des § 11 Abs. 2 Z. 1 GrEStG darstelle, durch das Gesetz gedeckt. Die Beschwerdeführerin kann daher mit dem Hinweise, daß die Empfängerin des Ablösebetrages "Mieterin" sei, nichts gewinnen, weil der Empfängerin eben das Miteigentumsrecht an der Liegenschaft zustand. Wenn nun die Beschwerde schließlich vorbringt, der Ablösebetrag sei "nach Abschluß des Kaufvertrages" bezahlt worden, so kann auch damit keine Änderung der Rechtslage eintreten. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich in dem bereits angeführten Erkenntnisse (vom , Zl. 1756/63) u.a. festgestellt, daß die neben dem Kaufpreise für die Liegenschaft zusätzlich gewährte Leistung für die Aufgabe bestimmter Räume im gekauften Gebäude einen für die Annahme einer Gegenleistung im Sinne des § 11 GrEStG genügenden Zusammenhang darstellt. Selbst wenn daher die Vereinbarung über die Zahlung eines Ablösebetrages für die Aufgabe von Bestandrechten zeitlich auf den Abschluß des Liegenschaftskaufes folgte, wie dies die Beschwerde im Gegensatze zu den Feststellungen der belangten Behörde behauptet, kann der mit dem vorliegenden Grundstückserwerbe bestehende innere Zusammenhang nicht beseitigt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof konnte auch keine Verfahrensmängel feststellen, die für das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens von Bedeutung wären. Der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt ist unbestritten. Ob von vornherein ein Gesamtkaufpreis von S 400.000,-- für die Liegenschaft "samt Hausherrenwohnung" vereinbart war oder ob erst nach rechtsverbindlichem Abschluß des Kaufvertrages eine "Wohnungsablöse" von S 200.000,-- vereinbart wurde, ist nicht von entscheidender Bedeutung, weil auch im letztgenannten Falle, wie bereits ausgeführt, die "Wohnungsablöse" gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 GrEStG zur Gegenleistung für das Grundstück gehört. Gegen die Höhe der festgesetzten Steuer wurden aber in der Beschwerde keine Einwendungen erhoben.

Die Beschwerde war deshalb in allen Streitpunkten unbegründet und mußte gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf § 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b, § 48 Abs. 2 lit. a und b, § 59 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Artikel I B Z. 4 und 5 der Verordnung über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (BGBl. Nr. 4/1965).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1966:1965002181.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-58206