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VwGH 15.03.1965, 2181/64

VwGH 15.03.1965, 2181/64

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
AVG §68 Abs1;
RS 1
Hat die erste Instanz einen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, kann die Partei im Berufungsverfahren nicht mit Erfolg neue Gründe für die Zulässigkeit eines neuen Antrages auf Erteilung für die gleiche Baubewilligung ins Treffen führen. (Hinweis auf E vom , Zl. 0026/61, VwSlg. 5642 A/1961)
Norm
AVG §68 Abs1;
RS 2
Einer neuerlichen Entscheidung steht die Rechtskraft einer früheren Entscheidung nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist. (Hinweis auf E vom , Zl. 0781/53, VwSlg. 3874 A/1955)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Rath und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Morscher, über die Beschwerde der Firma C-OHG in W gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheid des Wiener Magistrates im selbständigen Wirkungsbereich vom , Zl. MDR - B VII - 6/64), betreffend die Versagung einer Baubewilligung, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Walter Macher, und des Vertreters der belangten Behörde, Magistratsoberkommissärs DDr. WH, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Wiener Magistrats, M. Abt. 36, vom wurde der beschwerdeführenden Firma gemäß § 70 der Bauordnung für Wien die Bewilligung zur Umwidmung der Lagerräume Tür 11 im Erdgeschoß des rechten Hofseitengebäudes auf der Liegenschaft Wien VII, X-gasse 34, versagt. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid des Magistrats vom sei der gegenständlichen Wohnung wegen Gesundheitsschädlichkeit die Benützungsbewilligung entzogen und die Umwidmung in Lagerräude bewilligt worden. Eine Rückwidmung in Arbeitsräume sei nicht möglich, da zufolge mangelnder Hofbreite der gesetzliche Lichteinfall nicht gewährleistet sei. Der Hof habe nur eine Breite von ca. 6,80 m anstatt der nach § 83 der Bauordnung geforderten Breite von 8,66 m.

Am brachte die Beschwerdeführerin neuerlich ein Ansuchen um Widmungsänderung hinsichtlich des gegenständlichen Bestandobjektes von Lagerräumen in Arbeitsräume ein. Sie führte hiezu aus, die gesamte Bodenfläche umfasse 48 m2. Für den Lichteinfall stünden Fensteröffnungen von insgesamt 5,28 m2 zur Verfügung. Gemäß § 10 der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung, BGBl. Nr. 265/1951, müsse die Gesamtfläche der Fenster und Oberlichten mindestens 10 % der Fußbodenfläche betragen. Die vorhandene Fensterfläche übersteige daher die erforderlicheum ca. 1 1/2 m2. Die Räume entsprächen daher dem Gesetz. Mit dem Bescheid des Wiener Magistrats vom wurde dieses Ansuchen wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dieser Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung vorgebracht, es liege nicht derselbe Sachverhalt vor, weil in dem nunmehrigen Antrag vorgebracht worden sei, daß die vorhandene Fensterfläche, die nach dem Gesetz erforderliche Fläche um ca. 1 1/2 m2 übersteige. Außerdem sei in einem gewerbebehördlichen Verfahren dargetan worden, daß die vorhandenen Fenster zur Genehmigung dieser Räume als Arbeitsräume ausreichen. Diesem Vorbringen hätte aber der Erfolg versagt bleiben müssen. Daß entschiedene Sache vorliege, gehe schon daraus hervor, daß der nunmehr eingereichte Bauplan dem ursprünglich eingereichten vollkommen gleiche. Der Hinweis, daß die vorhandene Fensterfläche die erforderliche Fensterfläche nach "§ 10 des Bundesgesetzes Nr. 265/51" sogar übersteige, habe keine andere Entscheidung herbeiführen können, da für die Frage, ob der gesetzliche Lichteinfall gegeben sei, nur die Bestimmungen der Bauordnung maßgeblich seien. Daß die Räume den bezüglichen Bestimmungen der Bauordnung entsprächen, habe die Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet. Der Ausgang des gewerbebehördlichen Verfahrens sei für die Entscheidung der Baubehörde rechtlich unerheblich. Da über diese Sache schon mit Bescheid vom entschieden worden sei, sei die Zurückweisung wegen entschiedener Sache zu Recht erfolgt.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Widmungsänderung der in Rede stehenden Räume hat die Baubehörde erster Instanz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die belangte Behörde hat diese Entscheidung aufrechterhalten und sie lediglich durch die Anführung der angewandten Gesetzesbestimmung, nämlich des § 68 Abs. 1 AVG, ergänzt. Nach dieser Gesetzesstelle sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Der angefochtene Bescheid kann daher nur dann rechtswidrig sein, wenn die belangte Behörde zu Unrecht angenommen hat, es liege eine entschiedene Sache vor. In dieser Hinsicht bringt die Beschwerdeführerin vor, bereits das Ansuchen vom habe sich darauf gestützt, daß die vorhandene Fensterfläche die erforderliche um 1,5 m2 übersteige. Eine solche Tatsachenfeststellung habe der frühere Bescheid vom nicht enthalten und auch nicht enthalten können, weil die diesbezüglichen Gestaltungen der Fenster erst auf Grund des Verfahrens vor der Gewerbebehörde vorgenommen worden seien. In dem der Behörde vorgelegten Bescheid des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom sei dieses Element der Belichtung erwähnt worden. Unter den Betriebsbedingungen heiße es, daß die Fenster der beiden Webräume sowie die Tür in den Hof so beschaffen sein müßten, daß der Lichtdurchtritt möglichst wenig gehindert werde. Verwiesen werde dabei auf die Bestimmungen der Dienstnehmerschutzverordnung. Das Bundesministerium für soziale Verwaltung habe, wie ebenfalls aus dem vorangeführten Bescheid ersichtlich sei, am erhoben, daß die Fensterflächen um 1/6 größer seien, als dies die Größe der Fußbodenfläche erfordere, daß aber der durch die Maschinen verursachte Lichtabfall durch eine entsprechende tageslichtähnliche Beleuchtung ausgeglichen werden müsse.

Mit diesem Vorbringen kann die Beschwerdeführerin die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dartun. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 3874/A) ausgesprochen hat, steht einer neuen Entscheidung die Rechtskraft einer früheren Entscheidung nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Die seinerzeitige Abweisung des Ansuchens um Widmungsänderung erfolgte, wie im Sachverhalt dargestellt, wegen der zu geringen Breite des Hofes vor den in Betracht kommenden Fenstern, wodurch der gesetzlich geforderte Lichteinfall nicht gewährleistet ist. Daß in dieser Hinsicht eine Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist, hat die Beschwerdeführern nicht behauptet. Zu ihrem Ansuchen vom hat sie vielmehr lediglich darauf hingewiesen, daß die vorhandenen Fensterflächen um 1 1/2 m2 die nach § 10 der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung erforderliche Fensterfläche überschreiten. Damit hat aber die Beschwerdeführerin nur bewiesen, daß die fraglichen Räume von der Gewerbehörde nach den gewerberechtlichen Vorschriften und den Vorschriften über den Dienstnehmerschutz als Arbeitsräume geeignet sind. Dies ist aber, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, für die Beurteilung der Eignung dieser Raume als Aufenthaltsräume nach den Bestimmungen der Bauordnung ohne rechtliche Bedeutung. Auf das weitere Vorbringen, insbesondere darauf, ob später der Lichteinfall durch Vergrößerung der Fensterflächen verbessert wurde, konnte die belangte Behörde nicht eingehen, weil Thema des Berufungsverfahrens nur mehr die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des in erster Instanz gestellten Antrages sein konnte, nicht aber die Frage, ob spätere - im übrigen ohne baubehördliche Bewilligung vorgenommene Vergrößerungen der Fensteröffnungen die Annahme einer Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes bewirken könnten (siehe hiezu das von den gleichen Grundgedanken getragene hg. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 5652/A). Insbesondere darf aber nicht übersehen werden, daß die Abweisung des ersten Antrages der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom ausschließlich im Grunde des § 83 der Bauordnung für Wien erfolgte, während eine mit § 10 der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung korrespondierende Vorschrift im Bereiche der Baupolizei höchstens im § 82 der Bauordnung für Wien erblickt werden könnte. Daraus erhellt, daß das Verhältnis der Größe der Fenster zur Fläche der Räume, welches die Beschwerdeführerin als ein für den Bescheid vom  maßgebendes Element angesehen hat, dessen positive Beurteilung durch die Gewerbebehörde sie zur neuerlichen Stellung eines Umwidmungsantrages berechtige, für den Bescheid des Magistrates, der sich auf § 83 der Bauordnung gestützt hatte, gar nicht ein Entscheidungselement gebildet hat. Offen hatte im vorliegenden Verfahren auch die Frage zu bleiben, inwieweit nach dem Antrag der Beschwerdeführerin, dessen Zurückweisung mit dem angefochtenen Bescheid bestätigt worden ist, vorgenommene bauliche Änderungen, die sich auf den Lichteinfall auswirken können, der Beschwerdeführerin die Möglichkeit eröffnen könnten unter diesem Gesichtspunkt einen neuen Antrag auf Umwidmung der Räume zu stellen. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher der belangen Behörde nicht entgegentreten, wenn sie bei diesem Sachverhalt davon ausgegangen ist, daß eine Änderung in den für die Entscheidung maßgeblichen Umständen im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht eingetreten war.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abgewiesen werden mußte.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
AVG §68 Abs1;
Schlagworte
Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Berufungsverfahren
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der
Behörde
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1965:1964002181.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAF-58205