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VwGH 05.07.1960, 2179/56

VwGH 05.07.1960, 2179/56

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
GrEStG 1955 §1 Abs2;
GrEStG 1955 §2 Abs2 Z1 impl;
RS 1
Die Bestellung eines Baurechtes ist ein Erwerbsvorgang, der der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Normen
BauRG 1912 §6;
GebG 1957 §19 Abs2;
GrEStG 1955 §2 Abs2 Z1;
RS 2
Wird in einem Baurechtsvertrage zur Sicherstellung der Bauzinsschuld gegenüber dem Besteller des Baurechtes die Baurechtseinlage verpfändet, dann ist von dieser Verpfändung keine Gebühr zu entrichten.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2279/63

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Porias, Dr. Dorazil, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde der Gemeinnützigen Wohn- und Siedlungsgenossenschaft L reg. GenmbH in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VIII - 1060-1956, betreffend Rechtsgebühr, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. FR, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberfinanzrat Dr. RZ, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Baurechtsvertrag vom hatte die Stadt Wien als Grundeigentümerin der beschwerdeführenden Genossenschaft auf dem Grundstück 1106/1, Baufläche, der Liegenschaft E.Z. 1354 Grundbuch L. ein Baurecht im Sinne des Gesetzes vom , RGBl. Nr. 86, eingeräumt. Zur Sicherstellung des auf Grund des Vertrages zuzahlenden Bauzinses wurde der Stadt Wien ein Pfandrecht auf der zu eröffnenden Baurechtseinlage bestellt. Darüber hinaus war im Vertrag eine Konventionalstrafe vereinbart, die ebenfalls durch Pfandrecht gesichert wurde. Für diese Pfandbestellungen schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin eine Gebühren nach § 33 TP. 18 des Gebührengesetzes (BGBl. Nr. 184/1946, GebG) in Höhe von S 57.164,-- vor. Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung. Sie verwies auf § 2 Z. 2 GebG und vertrat die Ansicht, daß die Bestellung des Baurechtes in den öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis der Stadt Wien falle. In einer Ergänzung machte sie noch geltend, daß gemäß § 19 Abs. 2 GebG Nebengeschäfte und Nebenverabredungen gebührenfrei seien. Wohl unterliege das Hauptgeschäft weder einer Gebühr noch einer Verkehrsteuer, dies jedoch nur deshalb, weil ein besonderer Befreiungsgrund, nämlich die Befreiung gemeinnütziger Wohnungsunternehmungen von der Grunderwerbsteuer, zum Zuge komme. Sie machte ferner geltend, die Bestellung des Baurechtes bilde einen nach § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (vom , DRGBl. I S. 585, GrEStG) steuerbaren Rechtsvorgang, durch den dem Bauberechtigten rechtlich und wirtschaftlich ermöglicht werde, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Daß der Erwerbsvorgang gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a GrEStG von der Besteuerung ausgenommen sei, ändere nichts an der Grundsätzlichkeit der Steuerpflicht. Sei aber in einer und derselben Urkunde ein nicht abgabenpflichtiges Hauptgeschäft abgeschlossen und außerdem zwischen den einzelnen Parteien ein Sicherungs- und Erfüllungsgeschäft, dann sei gemäß § 19 Abs. 2 GebG das Sicherungsgeschäft gebührenfrei.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit folgender Begründung ab: Der Grunderwerbsteuer unterliege die Übertragung eines schon bestehenden Baurechtes, nicht aber dessen Begründung. Auch die Vereinbarung, daß das Baurecht weiter übertragen werden könnte und die Einräumung des Verkaufsrechtes falle nicht unter die steuerpflichtigen Tatbestände des § 1 GrEStG. Die Pfandbestellung diene im übrigen nicht zur Erfüllung und Sicherung dieser Vereinbarungen, sondern der Entrichtung des Entgeltes für die Bestellung des Baurechtes. Diese Pfandbestellung könne daher nicht nach § 19 Abs. 2 GebG gebührenfrei sein. § 2 Z. 2 GebG begründe nur eine persönliche Gebührenfreiheit. Auch wenn die Gemeinde Wien von der Gebührenentrichtung befreit sein würde, bleibe die Pfandbestellung gebührenpflichtig. Der Gemeinde Wien komme aber im vorliegenden Falle die Befreiung gar nicht zu, weil sie nicht im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises tätig geworden sei. Sei aber die Gemeinde Wien Gebührenschuldnerin, dann habe zufolge § 30 Abs. 1 GebG und § 7 des Steueranpassungsgesetzes die Gebühr auch der Beschwerdeführerin vorgeschrieben werden können, zumal diese sich auch vertraglich zur Entrichtung der Gebühr verpflichtet habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. In ihr werden die im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einwendungen wiederholt und wird namentlich noch ausgeführt, bei Bestellung des Baurechtes habe die Gemeinde im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises gehandelt, weil durch den abgeschlossenen Baurechtsvertrag ausschließlich der Kleinwohnungsbau und damit das Gemeinwohl gefördert werde. Auch vom rechtspolitischen Standpunkt aus erscheine die Gebührenvorschreibung nicht vertretbar. Sämtliche Normen, welche für die gemeinnützigen Unternehmungen einerseits und für die Bestellung von Baurechten andererseits anzuwenden sind, hätten die Förderung dieser Rechtseinrichtungen zum Ziele. Dem gerade entgegengesetzt sei die Vorschreibung einer derart hohen Gebühr, die um rund S 25.000,-- höher sei als an Grunderwerbsteuer für eine etwaige steuerpflichtige Übertragung des mit dem Baurechte belasteten Grundstückes zu zahlen gewesen wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin stützt ihre Einwendungen gegen die von der Behörde angenommene Gebührenpflicht in erster Linie auf § 19 Abs. 2 GebG, wonach eine Gebühr für die in einer Urkunde abgeschlossenen Nebengeschäfte und Nebenverabredungen nicht zu entrichten ist, wenn das in derselben Urkunde und zwischen denselben Vertragsteilen abgeschlossene Hauptgeschäft einer Gebühr oder Verkehrsteuer unterliegt und die Nebengeschäfte oder Nebenverabredungen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes dienen.

Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer, also einer Verkehrsteuer, auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Nach § 2 Abs. 2 Z. 1 desselben Gesetzes in der für Österreich geltenden Fassung nach § 21 dieses Gesetzes stehen den Grundstücken die Baurechte gleich. Was ein Baurecht ist, ergibt sich aus dem Gesetz vom , RGBl. Nr. 86, (Baurechtsgesetz). Nach § 6 dieses Gesetzes gilt das Baurecht als unbewegliche Sache, das auf Grund des Baurechtes erworbene oder hergestellte Bauwerk als Zugehör des Baurechtes. Dem Bauberechtigten stehen am Bauwerke die Rechte des Eigentümers und an dem Grundstücke, soweit im Baurechtsvertrage nichts anderes bestimmt ist, die Rechte des Nutznießers zu. Die für Gebäude geltenden Vorschriften finden auf das Baurecht entsprechend Anwendung.

Auf Grund des zwischen der Beschwerdeführerin und der Stadt Wien am abgeschlossenen Baurechtsvertrages steht der Beschwerdeführerin das Recht zu, nach §§ 1 und 11 des Vertrages die Eintragung des Baurechtes im Grundbuche zu ihren Gunsten vornehmen zu lassen und nach § 2 kraft dieses Vertrages ein 11- geschossiges Hochhaus zu errichten. An diesem Bauwerke, das rechtlich Zugehör des Baurechtes ist, stehen der Beschwerdeführerin die Rechte des Eigentümers und am Grundstück, auf dem das Baurecht als Last ruht, die Rechte des Nutznießers zu. Der Baurechtsvertrag ermöglicht es also der Beschwerdeführerin rechtlich und wirtschaftlich, ein inländisches Grundstück (§ 1 Abs. 2 GrEStG), hier das Baurecht (§ 2 Abs. 2 Z. 1 GrEStG), durch Errichtung eines Hauses, das ihr Eigentum wird, zu verwerten. Aus dem Vertrage geht nicht hervor, daß die Genossenschaft nicht einerseits alle Baukosten zu tragen hat, anderseits alle Einnahmen aus den Mieten oder Nutzungsentgelten ihr zufließen. Aus dem Vertrage muß also geschlossen werden, daß die Verwertung des Grundstückes (des Baurechtes) auch auf eigene Rechnung der Genossenschaft geht. Damit sind aber entgegen der Ansicht der belangten Behörde alle Voraussetzungen gegeben, die die grundsätzliche Steuerpflicht des Rechtsvorganges (des Baurechtsvertrages) gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG begründen. Unterliegt das Hauptgeschäft, das ist im vorliegenden Fall zweifellos die Bestellung des Baurechtes gegen Leistung eines entsprechenden Bauzinses, der Grunderwerbsteuer, dann sind nach § 19 Abs. 2 GebG die in derselben Urkunde und zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte, hier die Pfandrechtsbestellung, gebührenfrei.

Es trifft auch nicht zu, daß, wie die belangte Behörde meint, die Pfandrechtsbestellung nicht zur Sicherstellung des Hauptgeschäftes abgeschlossen sei. Das Hauptgeschäft ist ein zweiseitiger entgeltlicher Vertrag, in dem auf der einen Seite die Einräumung des Baurechtes, auf der anderen Seite die Leistung eines jährlichen Bauzinses vereinbart wurde. Läßt sich nun der eine Vertragspartner (die Stadt Wien) zur Sicherstellung der ihm nach § 6 des Vertrages zustehenden Forderungen auf die künftigen Bauzinse und auf andere im § 8 des Vertrages vom Bauberechtigten (hier: der Beschwerdeführerin) übernommene Verpflichtungen Pfandrechte einräumen, so dient dies sehr wohl der Sicherung des Hauptgeschäftes. Die von der Behörde auf § 33 TP. 18 GebG gestützte Gebührenvorschreibung erweist sich somit auf Grund des § 19 Abs. 2 GebG als unrichtig, weil diese Bestimmung bei grundsätzlicher Steuerpflicht des Hauptgeschäftes auch dann anzuwenden ist, wenn die Erhebung einer Abgabe infolge besonderer Ausnahmen von der Besteuerung - es wurde hier die Steuerbefreiung nach § 4 Abs.1 Z. 1 lit. a GrEStG geltend gemacht - zu entfallen hat.

Bei dieser Rechts- und Sachlage erübrigt es sich, auf die Erörterung der Fragen, betreffend die Gebührenbefreiung nach § 2 Z 2 GebG im Zusammenhange mit § 28 Abs. 5 desselben Gesetzes einzugehen. Der angefochtene Bescheid war vielmehr allein schon wegen der unrichtigen Anwendung des § 19 Abs. 2 GebG gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauRG 1912 §6;
GebG 1957 §19 Abs2;
GrEStG 1955 §1 Abs2;
GrEStG 1955 §2 Abs2 Z1 impl;
GrEStG 1955 §2 Abs2 Z1;
Sammlungsnummer
VwSlg 2269 F/1960
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1960:1956002179.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-58201