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VwGH 17.01.1966, 2175/64

VwGH 17.01.1966, 2175/64

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
EAG 1874 §2;
EisenbahnG 1957 §10;
RS 1
Ein in das Eisenbahnbuch eingetragenes Grundstück ist nicht demzufolge der Eintragung einer Eisenbahnanlage iSd Eisenbahngesetzes.
Norm
EisenbahnG 1957 §10;
RS 2
Die Begriffe "Abwicklung und Sicherung" im § 10 des Eisenbahngesetzes 1957 weisen unzweideutig auf Einrichtungen hin, die mit dem Eisenbahnbetrieb oder dem Eisenbahnverkehr in einem solchen Zusammenhang stehen, daß ohne diese ein geordneter Eisenbahnbetrieb oder Eisenbahnverkehr nicht möglich ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0754/63 E VwSlg 6123 A/1963 RS 1
Norm
EisenbahnG 1957 §11;
RS 3
Ausführungen darüber, daß § 11 lit d des Eisenbahngesetzes 1957 nicht zur Anwendung kommen muß, wenn das Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft ein Bauvorhaben nach den §§ 38 und 39 des Eisenbahngesetzes 1957 nicht aber nach den §§ 32 ff behandelt hat.
Norm
RS 4
Der Kompetenztatbestand "Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen" schließt nicht schlechthin jede Bauführung auf einem Eisenbahngrundstück ein und eine andere Auslegung des Kompetenztatbestandes würde dem föderalistischen Prinzip der Bundesverfassung widersprechen.
Norm
BauO Wr §5 Abs2;
RS 5
Ausführungen darüber, ob Plandokumenten die Widmung eines bestimmten Grundstückes (Eisenbahngrundstückes) als Verkehrsfläche oder eine sonstige Widmung zu entnehmen sei.
Norm
BauO Wr §4 Abs2;
RS 6
§ 4 Abs 2 der Bauordnung für Wien ist hinsichtlich der Verkehrsbänder so zu verstehen, daß es einen Begriff der Verkehrsbänder im weiteren Sinn gibt, dem ein Begriff des Verkehrsbandes, das nicht Verkehrsfläche ist, gegenübersteht.
Normen
BauO Wr §71;
BauO Wr §8 Abs1;
RS 7
Ausführungen zu der Frage, ob eine Bewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien für eine Servicestation mit dem Hinweis auf die Schwierigkeiten versagt werden kann, die bei Dringlichkeit einer Verbreiterung der Verkehrsfläche durch den Aufschub bewirkt werden, der durch die Beseitigungsarbeiten entsteht.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Borotha und die Hofräte Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Kadecka und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialoberkommissärs Dohnal, über die Beschwerde der Firma A-AG. in W, vertreten durch Dr. Anton Mayer, Rechtsanwalt in Wien IV, Schwarzenbergplatz 13, gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheid der Magistratsdirektion vom , Zl. MDR B III-4/64), betreffend Versagung einer Baubewilligung, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Anton Mayer in Wien, und des Vertreters der belangten Behörde, Magistratsoberkommissärs Dr. HH, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Im August 1959 beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft beim Magistrat der Stadt Wien, M. Abt. 35, die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Tankstellenanlage samt Servicestation auf dem Eisenbahngrundstück Nr. 3242 der KG. Landstraße in Wien X, Arsenalstraße, gegenüber dem Museum für moderne Kunst. Die Zustimmung des Eigentümers war durch ein Schreiben der Generaldirektion der Österreichischen Bundesbahnen nachgewiesen. Das Projekt wurde später abgeändert und erhielt den folgenden Inhalt: drei 10.000 Liter fassende Lagerbehälter für die Lagerung von Treibstoffen der Gefahrenklasse I bis III, sechs elektrisch betriebene Zapfsäulen für die Abgabe von Benzin, Superbenzin, Zweitaktgemisch und Dieselkraftstoff, ein Stationsgebäude und eine Servicestation mit Nebenräumen.

Die Magistratsabteilung 35 forderte die Bauwerberin im Zuge des Verfahrens auf, einen Fluchtlinienbescheid zu erwirken. Dieses Ansuchen wurde der Magistratsabteilung 37 eingereicht. Da darüber nicht fristgerecht entschieden wurde, brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag gemäß § 73 AVG 1950 ein. Daraufhin wies mit Bescheid vom der Magistrat der Stadt Wien auf Grund eines Beschlusses der Bauoberbehörde vom das Ansuchen ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der Gemeinderat der Stadt Wien keinen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan beschlossen habe, der eine Bekanntgabe von Fluchtlinien oder Bebauungsbestimmungen im vorliegenden Fall gestatten würde. Auf Grund eines Gutachtens der Magistratsabteilung 18 stehe einwandfrei fest, daß für das Grundstück 3242 des Eisenbahngutes Katastralgemeinde Landstraße, bisher keine Widmung für Bauzwecke beschlossen worden sei, daß vielmehr die Widmung den Ausbau dieses Grundstückes als Verkehrsfläche, zumindest zum Teil, vorsehe. Daher sei eine Fluchtlinienbekanntgabe unmöglich.

Nach mündlichen Verhandlungen erging sodann der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom , mit welchem gemäß den §§ 70 und 71 der Bauordnung für Wien die erstrebte Bewilligung versagt wurde. In der Begründung kam zum Ausdruck, daß im Hinblick auf die Nähe des Schweizergartens und des Museums für moderne Kunst gemäß § 4 Abs. 3 des Wiener Garagengesetzes die Errichtung einer Tankanlage als unzulässig erscheine und daß nach einem vorliegenden Projekt über die Autobahn - Südeinfahrt entlang der Arsenalstraße - Südbahnhof - Prinz-Eugenstraße auch der in diesem Bereich gelegene Bahnhofsvorplatz an der Arsenalstraße entsprechend umgestaltet werden müsse.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde u.a. geltend gemacht, es sei von der Behörde nicht aufgezeigt worden, inwiefern durch die geplante Anlage Lärm, übler Geruch oder Brandgefahr hervorgerufen werden würden. Auch könne sich die Entscheidung der Baubehörde zwar auf das Gesetz und einen gültigen Bebauungsplan, niemals aber auf ein bloßes Projekt beziehen. Die behauptete Nähe zum Schweizergarten und zum Museum für moderne Kunst sei nicht gegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid, der auf einem Beschluß der Bauoberbehörde vom beruht, wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde traf Feststellungen über die Planung der Servicestation. Diese sollte, so hieß es, in einem ebenerdigen, gemauerten Gebäude mit einer Grundrißfläche von 13,20 m x 9,25 m untergebracht werden, das im wesentlichen aus zwei Serviceboxen, einem Öllagerraume einem Heizraum, einer Garderobe und einem Waschraum mit Abort für das Personal bestehen solle. Im Hinblick auf die Größe und Beschaffenheit dieses Bauwerkes, das nicht als Zugehör zur Tankanlage angesehen werden könne, handle es sich um einen bewilligungspflichtigen Neubau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien. Gemäß § 9 Abs. 4 dieses Gesetzes seien bei jedem Neubau die sich aus dem Bebauungsplan ergebenden Fluchtlinien einzuhalten. Nach dem derzeit geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei das Grundstück Nr. 3242 ein Teil einer öffentlichen Verkehrsfläche. Das Servicestationsgebäude solle also inmitten einer öffentlichen Verkehrsfläche errichtet werden und halte somit die bestehenden Fluchtlinien nicht ein. Die Sonderbestimmungen des § 4 des Wiener Garagengesetzes seien auf die Servicestation nicht anwendbar. Da diese aber, zwar nicht rechtlich, aber nach den von der Beschwerdeführerin eingereichten Unterlagen mit der Tankanlage tatsächlich eine bauliche Einheit bilde, sei jedenfalls die Erteilung einer Baubewilligung nach § 70 der Bauordnung für Wien für das gesamte Vorhaben ausgeschlossen. Auch eine Baubewilligung auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf gemäß § 71 der Bauordnung habe nicht erteilt werden können, weil die im Fall einer Verbreiterung der Fahrbahn der Arsenalstraße notwendige Entfernung der Servicestation wegen der Größe und der massiven Bauweise des Gebäudes voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen würde, sodaß die Fahrbahnverbreiterung, die sich im Hinblick auf das ständige Anwachsen des Verkehrsproblems einmal als besonders dringlich erweisen könne, ungebührlich verzögert werden könnte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof hat über sie und die Gegenschrift erwogen:

Die Beschwerdeführerin machte u.a. geltend, die Baubehörden seien zu der Entscheidung gar nicht zuständig gewesen, da bei richtiger rechtlicher Beurteilung ausschließlich die Eisenbahnbehörde zu einer Entscheidung gemäß §§ 32 ff. des Eisenbahngesetzes 1957 berufen gewesen wäre. Die zitierte Bestimmung besagt zunächst, daß für den Bau von neuen und für Veränderungen bestehender Eisenbahnanlagen ein Bauentwurf aufzustellen sei. Das Verfahren, das zur Genehmigung oder Versagung einer solchen Planung führt, ist im folgenden geregelt. Die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung knüpft also an den Begriff der Eisenbahnanlage an. § 10 des Eisenbahngesetzes 1957 definiert die Eisenbahnanlagen als Bauten, ortsfeste eisenbahntechnische Einrichtungen und Grundstücke einer Eisenbahn, die ganz oder teilweise unmittelbar oder mittelbar der Abwicklung oder Sicherung des Eisenbahnbetriebes oder Eisenbahnverkehrs dienen. Ein räumlicher Zusammenhang mit der Fahrbahn ist nicht erforderlich. Damit ist klargestellt, daß nicht jeder Bau auf einem Grundstück einer Eisenbahn dem Genehmigungsverfahren nach §§ 32 ff. Eisenbahngesetz 1957 zu unterziehen ist. Hier ist zu erwägen, daß die Eintragung von Grundstücken in das Eisenbahnbuch an sich einen Anhaltspunkt für ihre Beziehung zum Eisenbahnbetrieb bietet. Gemäß § 2 des Gesetzes vom 19. Mai 1874, RGBl. Nr. 70, sind in das Eisenbahnbuch alle im Besitz einer Eisenbahnunternehmung stehenden Grundstücke einzutragen, welche zum Betrieb der Eisenbahn zu dienen haben. Es kann aber auch im Eisenbahnbuch eingetragene Grundstücke geben, die de facto nicht oder nicht mehr ganz oder teilweise, unmittelbar oder mittelbar der Abwicklung oder Sicherung des Eisenbahnbetriebes oder Eisenbahnverkehrs dienen. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht der Meinung, daß derartige tatsächliche Gegebenheiten rechtlich wegen der Eintragung in das Eisenbahnbuch bedeutungslos wären. Er schließt dies daraus, daß § 10 des Eisenbahngesetzes 1957 nicht auf den Begriff des Eisenbahngrundstückes im Sinne des § 2 des Gesetzes vom 19. Mai 1874, RGBl. Nr. 70, zurückgreift, sondern eine selbständige Definition jener Grundstücke gibt, die als Eisenbahnanlagen gelten sollen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 754/63, ausgeführt, daß die Begriffe "Abwicklung" und "Sicherung" nur im Zusammenhang miteinander richtig ausgelegt werden können und unzweideutig auf Einrichtungen hinweisen, die mit dem Eisenbahnbetrieb oder dem Eisenbahnverkehr in einem solchen Zusammenhang stehen, daß ohne diese ein geordneter Eisenbahnbetrieb oder Eisenbahnverkehr nicht möglich wäre.

Die Beschwerdeführerin hat selbst angeführt, daß sie eine eisenbahnrechtliche Genehmigung ihres Vorhabens gemäß den §§ 38 und 39 des Eisenbahngesetzes 1957 erwirkt habe. Daraus geht hervor, daß das Vorhaben der Eisenbahnbehörde unterbreitet war und daß diese selbst nicht die Genehmigungszuständigkeit nach §§ 32 ff. des Eisenbahngesetzes in Anspruch nahm, sondern sich auf die Prüfung des Projektes unter anderen Gesichtspunkten beschränkte, daß sie also eine "bahnfremde Anlage" im Bauverbotsbereich und im Gefährdungsbereich ausnahmsweise bewilligt hat, nicht aber über den Bau einer Eisenbahnanlage oder über die Veränderung einer solchen abgesprochen hat. Dieser Bescheid wurde zur Kenntnis auch dem Magistrat der Stadt Wien übermittelt, der gebeten wurde, dem Verkehrsarbeitsinspektorat Gelegenheit zur Äußerung und Antragstellung zu geben und eine Abschrift des Bescheides - dies kann nur der Baubewilligungsbescheid sein - zu übermitteln. Das Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft war also offenbar davon ausgegangen, daß nicht jede Bauführung auf einem Eisenbahngrundstück im Bauverbots- und Gefährdungsbereich einer Bewilligung nach §§ 32 ff. Eisenbahngesetz 1957 bedürfe, dies offenbar deshalb, weil nicht jedes solche Grundstück der Definition des § 10 des Eisenbahngesetzes 1957 für Grundstücke als Eisenbahnanlage entspreche. In Anbetracht dieser Haltung des Bundesministeriums für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft ist der Verwaltungsgerichtshof nicht der Meinung, daß die Baubehörden allenfalls verpflichtet gewesen wären, nach § 11 lit. d des Eisenbahngesetzes 1957 eine Entscheidung des genannten Bundesministeriums einzuholen, zumal auch der Vertreter der österreichischen Bundesbahnen bei der Verhandlung vom auf den eisenbahnrechtlichen Bescheid hinwies, zwar bemerkte, daß er abgelaufen sei und daß um Verlängerung anzusuchen sei, nicht aber eine Veränderung des Standpunktes bekanntgab. In Anbetracht des vorliegenden Bescheides war auch dann, wenn seine Geltungszeit vorläufig abgelaufen war, keine klärungsbedürftige Vorfrage gegeben,

Nun hat die Beschwerdeführerin aber auch geltend gemacht, daß die Auslegung des in Art. 10 Z. 9 B-VG enthaltenen Kompetenztatbestandes ''Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen", die den §§ 10 und 32 ff des Eisenbahngesetzes 1957 zugrunde zu liegen scheine, nicht jene sei, die sich aus dem einfachgesetzlichen Normenbestand ergebe, dee für die Gewinnung des historisch gegebenen Inhaltes dieser Kompetenzbestimmung maßgebend sein müsse. So sei etwa nac § 7 der Verordnung des Bundesministeriums für Handel und Verkehr vom , BGBl. Nr. 54/24, für Bauten Privater auf Bahngrund eine eisenbahnbehördliche Baubewilligung zu erteilen gewesen. Die Beschwerdeführerin hat aber den Verfassungsgerichtshof in der gleichen Sache bereits angerufen und dieser hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. B 284/64, zum Ausdruck gebracht, daß er gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 10 des Eisenbahngesetzes 1957 keine Bedenken habe. Er führte aus, daß nur dann, wenn der Wortlaut des Kompetenztatbestandes über Umfang und Inhalt des verwendeten Begriffes keinen genügenden Aufschluß gebe, davon auszugehen sei, daß das Bundes-Verfassungsgesetz die Begriffe, die es bei Aufstellung des Kompetenzkataloges verwende, in jener Bedeutung gebraucht habe, die ihnen in der einfachen Gesetzgebung nach deren Stand im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kompetenzartikel, das ist am , zukam. Im vorliegenden Fall aber gestatte der Wortlaut des Kompetenztatbestandes selbst die Klärung, dies in einem Sinne, der die einschränkende Regelung der eisenbahnrechtlichen Zuständigkeit in den §§ 10 und 32 ff. des Eisenbahngesetzes 1957 unbedenklich erscheinen lasse. Der Verwaltungsgerichtshof gelangt aber auch in selbstverantwortlicher Prüfung nicht zu einer Antragstellung, weil er der Anschauung ist, daß der Kompetenztatbestand "Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen" nicht schlechthin jede Bauführung auf einem Eisenbahngrundstück umfasse und damit jede Zuständigkeit der Baubehörde nach Art. 15 B-VG ausschließe. Eine Auslegung des Kompetenztatbestandes wie die eben abgelehnte würde auch dem föderalistischen Prinzip der Bundesverfassung widerstreiten.

Die Beschwerdeführerin macht aber auch geltend, daß der angefochtene Bescheid deshalb inhaltlich und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verfehlt sei, weil er auf der irrigen Annahme beruhe, daß das Grundstück, auf dem die Bauführung stattfinden sollte, eine "Verkehrsfläche" sei. Es handle sich hier vielmehr um ein "Verkehrsband".

Gemäß § 4 Abs. 2 der Bauordnung für Wien können in den Flächenwidmungsplänen folgende Widmungen der Gründe ausgewiesen werden: A. Grünland, B. Verkehrsbänder, C. Bauland, D.

Sondergebiete. Zu B führt das Gesetz aus: Zu den Verkehrsbändern gehören die Grundflächen zur Neuanlage und zum Ausbau von Hauptverkehrsstraßen, Schiffahrtsstraßen und Häfen, Eisenbahnen jeder Art, Flughäfen. Sie umfassen auch die an die Verkehrsanlage angrenzenden Grundstreifen, die für die Verkehrsanlage notwendig sind, wie die Grundflächen für Hafen- und Flughafenzufahrtsstraßen, Bahnhofsgebäude, Magazine, Verkehrsbänder, die nicht Verkehrsflächen (Straßen, Gassen, Wege oder Plätze) sind, dürfen erst festgesetzt werden, wenn die Ausführung der Verkehrsanlage grundsätzlich beschlossen ist. Der erste Satz dieser Regelung scheint zunächst darauf hinzudeuten, daß keineswegs alle "Straßen, Gassen, Wege oder Plätze" zu den "Verkehrsbändern" gehören. Der letzte Satz allerdings legt die umgekehrte Auffassung nahe. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Meinung, daß die Bestimmung nur so verstanden werden kann, daß es zunächst einen Begriff der Verkehrsbänder im weiteren Sinn gibt, dem ein Begriff des Verkehrsbandes, das nicht Verkehrsfläche ist, gegenübersteht. Nach dieser Klarstellung ist es nun erforderlich zu prüfen, ob die belangte Behörde rechtmäßig vorgegangen ist, wenn sie aus dem gültigen Plandokument 3586 entnahm, daß die Grundfläche, auf der die Bauführung stattfinden sollte, als "Verkehrsfläche" und nicht als "Verkehrsband, das nicht Verkehrsfläche ist", zu verstehen sei. Im angefochtenen Bescheid selbst ist die Begründung für die den Bescheid tragende Auffassung in dieser Hinsicht nicht gegeben. Wohl aber hat die belangte Behörde in der Gegenschrift ihren Standpunkt klar umrissen. Sie bringt dort vor, daß die Grenze zwischen dem Verkehrsband des Südbahnhofes und dem Bauland entlang des gegenständlichen Grundstückes von Nordwesten nach Südosten verlaufe. Daß es als Verkehrsfläche gewidmet sei, gehe daraus hervor, daß ihm gegenüber eine Baulinie festgesetzt worden sei, die den Baugrund des Museums für moderne Kunst von der Verkehrsfläche der Arsenalstraße trenne, links und rechts davon die schon vorher bestehende Straßenfluchtlinie aufrechterhalten wurde, und sich zwischen dieser Baulinie und der altbestehenden Grenzlinie zum Verkehrsband des Südbahnhofes keine weitere Fluchtlinie befindet. Aus dem Gemeinderatsbeschluß vom , Pr. Z. 386/60, bezüglich des Plandokumentes Nr. 3586, geht hinsichtlich der Grenzlinie, welche die belangte Behörde als "altbestehend" bezeichnet, nichts hervor. "Grenzlinien" sind nach § 5 Abs. 2 lit. d der Bauordnung für Wien die Grenzen zwischen verschiedenen Widmungsgebieten oder zwischen Gebieten, die vom Fluchtlinienplan erfaßt sind, und den übrigen Gebieten, soweit sie nicht als Baulinien, Straßenfluchtlinien, Verkehrsfluchtlinien, Grenzfluchtlinien oder Baufluchtlinien anzusehen sind. Der Begriff "Grenzlinie" wurde durch die Bauordnungsnovelle 1956, LGBl. 28/1956, geschaffen. Bisher namenlose, in der Plandarstellung jedoch notwendige Linien wurden dadurch gesetzlich erfaßt. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Feststellung des Ursprunges der als Grenzlinie bezeichneten Linie bei der belangten Behörde die dem Plandokument 3586 vorangegangene Planung angefordert. Es wurde ihm hierauf ein Beschluß des Gemeinderates Nr. 262/3, Zl. 11884/1903, übermittelt, der die gärtnerische Ausgestaltung der zwischen der Marx-Meidlingerstraße, der Verbindungsbahn und dem Staatsbahnhofe gelegenen Grundflächen unter Zugrundelegung eines vom Generalregulierungsbüro ausgearbeiteten Lageplanes betrifft. Diesem Lageplan kann zwar allenfalls eine Umgrenzung des Staatsbahnhofes entnommen werden, doch handelt es sich hier nach Anschauung des Verwaltungsgerichtshofes um die Wiedergabe des faktischen Bestandes und nicht um eine normativ festgelegte Linie. Der Gegenstand des Beschlusses des Gemeinderates war ausschließlich die gärtnerische Ausgestaltung von Grundflächen, die damals noch im Eigentum der Staatseisenbahngesellschaft standen und der Gemeinde Wien bestandweise überlassen wurden, die ihrerseits die gärtnerische Ausgestaltung übernahm. Bei dieser Lage hält der Verwaltungsgerichtshof die in der Gegenschrift enthaltene Begründung für die Annahme einer Widmung des Grundstückes 3242 als Verkehrsfläche nicht für zutreffend. Der gesamte Raum zwischen der Baulinie für das Museum für moderne Kunst und der als "altbestehende Grenzlinie" bezeichneten Linie kann nicht als "Verkehrsfläche" gelten. Als solche könnte nur die faktische Verkehrsfläche der Arsenalstraße angesehen werden. Es ist aber auch kein Anhaltspunkt dafür vorhanden, daß das Grundstücke auf dem die Bauführung stattfinden sollte, normativ als Grünfläche vorgesehen wäre oder daß sie unter Berücksichtigung der Planung des Bundes als Verkehrsband ausgewiesen sei. Dies spricht dafür, daß - diese Alternative wurde bei der Verhandlung vom Behördenvertreter ins Auge gefaßt - ein vom Bebauungs- und Fluchtlinienplan noch nicht erfaßtes Gebiet vorliegt (§ 8 Abs. 1, 1. Satz der BO für Wien). Die Beschwerdeführerin hat allerdings in der mündlichen Verhandlung den Standpunkt vertreten, eine solche Lösung sei nicht möglich, weil als von der Planung noch nicht erfaßtes Gebiet nur ein solches in Betracht komme, daß von der Planung rechtlich überhaupt erfaßt werden könne. Wie aus den in der Zuständigkeitsfrage angeführten Überlegungen bereits mittelbar erschlossen werden kann, ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht der Meinung, daß der Umstand, daß es sich um ein Eisenbahngrundstück handelt, die Planungshoheit des Landes schlechthin ausschließt. Handelt es sich aber um ein durch die Festsetzung von Bebauungs- und Fluchtlinienplänen noch nicht erfaßtes Gebiet, so besteht bis zur Festsetzung dieser Pläne Bausperre. Mit Zustimmung des Gemeinderates können insbesondere für Bauten, die öffentlichen Zwecken dienen, fallweise Baubewilligungen unter Festsetzung der nach den Bestimmungen der Bauordnung. notwendigen Bedingungen erteilt werden. Sonst können Baubewilligungen nur ausnahmsweise mit dem Vorbehalt des jederzeit möglichen Widerrufes oder auf eine bestimmte Zeit nach den Bestimmungen des § 71 der Bauordnung erteilt werden. Der Widerruf ist aber - unbeschadet des Widerrufsrechtes aus anderen Gründen - aus diesem Titel nur dann geltend zu machen, wenn die Durchführung des Bebauungsplanes die Entfernung der Baulichkeit notwendig macht. Somit wird in Anbetracht der Gegebenheiten, zumal da es sich nicht um einen Bau handelt, der öffentlichen Zwecken dient, nur eine Entscheidung nach § 7 der Bauordnung für Wien in Betracht kommen. Da die Widmung als Verkehrsfläche nicht angenommen werden kann, verliert die von der belangten Behörde in Anbetracht der Bestimmungen des § 4 Abs. 2 des Wiener Garagengesetzes vorgenommene Unterscheidung zwischen den Tankanlagen selbst und der Servicestation ihre Bedeutung. Für die Annahme aber, daß eine Bewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien deshalb ausgeschlossen wäre, weil die im Falle einer Verbreiterung der Fahrbahn der Arsenalstraße notwendige Entfernung der Anlage wegen der Größe und der massiven Bauweise voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen würde und deshalb die Fahrbahnverbreiterung, die sich im Hinblick auf das ständige Anwachsen der Verkehrsprobleme einmal als besonders dringlich erweisen könnte, ungebührlich verzögert würde, vermag nach allgemeinen Erfahrungsgut im Hinblick auf den Stand der technischen Entwicklung nicht zu überzeugen. Bei der mündlichen Verhandlung hat der Behördenvertreter auch die Behinderung durch einen Rechtsstreit in den Vordergrund gestellt. Auch dies vermag nicht zu überzeugen. Die Beschwerdeführerin hatte sich bereit erklärt, die Abtragung im Falle einer Straßenverbreiterung umgehend vorzunehmen. Gerade im Fall eines großen Unternehmens, das immer wieder mit ähnlichen Anliegen an die Behörde herantreten muß - und für das die einzelne Tankanlage kein Existenzerfordernis darstellt - kann die Nichteinhaltung einer solchen Zusage nicht von vornherein angenommen werden. Vor allem aber bietet die Rechtseinrichtung des § 64 Abs. 2 AVG 1950 im Fall einer echten Dringlichkeit ausreichende Abhilfe, da unter den von der belangten Behörde angenommenen Umständen durchaus davon gesprochen werden könnte, daß die vorzeitige Vollstreckung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge dringend geboten sei.

Der Verwaltungsgerichtshof ist somit der Anschauung, daß die Beurteilung der Fläche als Verkehrsfläche rechtlich verfehlt war und daß im übrigen die Begründung der Entscheidung nach § 7 der Bauordnung für Wien sich als nicht tragfähig erweist.

Der angefochtene Bescheid mußte somit gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Wien, am

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Normen
BauO Wr §4 Abs2;
BauO Wr §5 Abs2;
BauO Wr §71;
BauO Wr §8 Abs1;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
EAG 1874 §2;
EisenbahnG 1957 §10;
EisenbahnG 1957 §11;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1966:1964002175.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAF-58189