VwGH 28.09.1965, 2171/64
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Ein gerichtlich bestellter Abwesenheitskurator wird durch die Wahrnehmung der ihm aus dieser Stellung erwachsenden Agenden nicht zum Unternehmer. |
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RS 2 | Die Tätigkeit eines nebenberuflichen Abwesenheitskurator kann regelmäßig nicht als Ausfluss der Haupttätigkeit (hier eines Gebäudeverwalters) angesehen werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Ondraczek, und die Hofräte Dr. Eichler, Dr. Raschauer, Dr. Frühwald und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers, Finanzkommissärs Dr. Blaschek, über die Beschwerde des Dr. WC in W, vertreten durch Dr. Wilfried Lefford, Rechtsanwalt in Wien I, Plankengasse 2, gegen den Bescheid des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. VI-2491/64, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1962, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Bundesbeamter im Ruhestand, ist als Gebäudeverwalter tätig. Aus dieser Tätigkeit hat er 1962 Einnahmen von S 2.147,-- und Reineinkünfte von S 284,-- erzielt und in der Steuererklärung ausgewiesen. Weiter hat er darin einen Betrag von S 8.000,-- ausgewiesen, der ihm durch Gerichtsbeschluß als Entschädigung dafür zuerkannt worden war, daß er in der Zeit von 1951 bis 1961 für zwei Ausländer als Abwesenheitskurator tätig gewesen war. Das Finanzamt unterwarf diese Entschädigung der Umsatzsteuer. Der Beschwerdeführer berief. Seine Tätigkeit als Abwesenheitskurator habe sich nicht im Rahmen seiner Tätigkeit als Hausverwalter abgespielt. Sie sei an kein Entgelt gebunden gewesen. Vielmehr sei ihm im nachhinein für seine zehnjährige Tätigkeit eine Entschädigung zugesprochen worden. Das Finanzamt wies das Rechtsmittel mit Berufungsvorentscheidung ab. Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung der belangten Behörde. Er wies neuerlich darauf hin, daß zwischen seiner Hausverwaltertätigkeit und seiner Tätigkeit als Abwesenheitskurator kein ursächlicher Zusammenhang bestanden habe.
Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Der Beschwerdeführer sei zwar nur in einem einzigen Fall als Abwesenheitskurator tätig geworden, habe aber diese Tätigkeit durch zehn Jahre ausgeübt und innerhalb dieses Zeitraumes eine umfangreiche, verschiedene Agenden betreffende Tätigkeit ausgeübt, wie sie im allgemeinen von Rechtsanwälten ausgeübt werde. Seine Tätigkeit sei daher als eine nachhaltige anzusehen. Sie sei auch zur Erzielung von Einnahmen unternommen worden, weil der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf Dauer und Umfang seiner Tätigkeit mit der Zuerkennung einer Entschädigung habe rechnen können. Es könne nicht angenommen werden, daß er für dritte Personen eine zehnjährige umfangreiche Tätigkeit unentgeltlich habe erbringen wollen. Dazu komme noch, daß der Beschwerdeführer vom Gericht in der Folge mit der Verwaltung der Liegenschaft betraut worden sei, die den Kuranden gehöre, und daß er daher auch eine Hausverwaltertätigkeit, somit eine in den Rahmen seiner hauptberuflichen Tätigkeit fallende Tätigkeit ausgeübt habe. Der Beschwerdeführer habe mit einer Entschädigung rechnen können, aber auch eine „caritative“ Tätigkeit werde als berufliche Tätigkeit angesehen.
In der gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird der Standpunkt der belangten Behörde als rechtswidrig bekämpft.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 1 des Umsatzsteuergesetzes 1959 (UStG) unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt im Inland ausführt, der Umsatzsteuer. Unternehmer ist nach § 2 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.
Die belangte Behörde ist bei ihrer Entscheidung von der Annahme ausgegangen, daß der Beschwerdeführer durch seine Tätigkeit als Abwesenheitskurator zum Unternehmer geworden sei. Die vorliegende Beschwerde bestreitet dies.
Die belangte Behörde hat nun zwar bei ihrer in Streit gezogenen Annahme nicht zum Ausdruck gebracht, daß durch die mit der Bestellung zum Abwesenheitskurator verbundene Tätigkeit an sich und in jedem Fall eine Unternehmereigenschaft begründet werde. Entscheidend für die Annahme der Unternehmereigenschaft ist nach ihrer Meinung vielmehr, daß der Beschwerdeführer durch die lange Dauer seiner Tätigkeit als Abwesenheitskurator eine umfangreiche, verschiedene Agenden betreffende Tätigkeit entfaltet habe und aus diesem Grund als nachhaltig tätig geworden anzusehen sei. Die Behörde übersieht dabei, daß ein gerichtlich bestellter Abwesenheitskurator dadurch, daß er die aus dieser Stellung erwachsenden Agenden wahrnimmt, ebensowenig wie dies bei einem Treuhänder der Fall ist, zu einem Unternehmer wird (vgl. Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz, 8. Auflage, Band 1, S. 446). Er kann daher auch nicht zum Unternehmer werden, wenn er, wie im vorliegenden Falle, bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben genötigt ist, längere Zeit hindurch und in verschiedenen Agenden eine umfangreiche Tätigkeit zu entfalten.
Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung weiter auf die Erwägung gestützt, daß der Beschwerdeführer vom Gericht in der Folge mit der Verwaltung einer Liegenschaft, die den Kuranden gehört, betraut worden lind die ausgeübte Verwaltertätigkeit somit in den Rahmen seiner hauptberuflichen Verwaltertätigkeit gefallen sei. In der Gegenschrift stellt die Behörde zur Rechtfertigung ihrer Entscheidung diesen Standpunkt besonders heraus. Sie führt dazu aus, der Beschwerdeführer habe selbst angegeben, daß er die Liegenschaft der Kuranden auf Grund einer Subvollmacht seit 1950 verwaltet und die Verwaltung dann auf Grund der Bestellung zum Abwesenheitskurator weitergeführt habe. Es habe sich bei der Tätigkeit als Kurator daher um eine Nebentätigkeit im Rahmen seiner Tätigkeit als Gebäudeverwalter gehandelt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch dieser Meinung der belangten Behörde nicht zu folgen. Daß die Tätigkeit eines Abwesenheitskurators regelmäßig nicht eine solche ist, daß sie als Ausfluß der Haupttätigkeit eines Gebäudeverwalters angesehen werden kann, bedarf keiner näheren Begründung. Sie wird es aber auch dadurch nicht, daß im vorliegenden Falle die Tätigkeit als Abwesenheitskurator neben den anderen Tätigkeiten, die der Beschwerdeführer dabei entfaltete (Durchführung einer Rückstellungssache, Vertretungen in Prozessen und verschiedenen Verfahren), auch die Verwaltung einer Liegenschaft mitumfaßte. Mit Recht wendet der Beschwerdeführer ein, daß seine Tätigkeit bei der Führung zweier Prozesse, der Durchführung einer Verlassenschaftsabhandlung und der Betreuung anderen Vermögens Agenden umfaßte, zu deren Wahrnehmung er auf Grund der Vollmacht als Gebäudeverwalter gar nicht befugt gewesen wäre und daß demnach die Tätigkeit als Abwesenheitskurator nicht in den Rahmen seines Unternehmens (der Gebäudeverwaltung) gefallen sei.
Die Beschwerde erweist sich somit als berechtigt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 3327 F/1965 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1965:1964002171.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
LAAAF-58182