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VwGH 06.05.1963, 2169/61

VwGH 06.05.1963, 2169/61

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §45 Abs2
AVG §45 Abs3
FinStrG §98 Abs1
VStG §25 Abs1
RS 1
Auch im Abgabenstrafverfahren - soweit sich dieses nach den Vorschriften des Verwaltungsstrafgesetzes richtet - gilt die amtswegige Ermittlungspflicht der Behörde. Der Beschuldigte kann daher einen Sachverhalt, der einem rechtskräftigen ABGABENBESCHEID zugrunde gelegt worden ist, im AbgabenSTRAFverfahren als unrichtig bekämpfen. Dafür trifft ihn allerdings die Beweislast.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH Erkenntnis 1957/10/23 2510/55 1
Norm
GetränkeabgabeG Stmk 1950 §1
RS 2
Für die Qualifikation von Schwarzverkäufen verfälschter Weine als entgeltliche Abgabe von Getränken iSd § 1 Stmk GetränkeabgabeG kommt es auf den Grad der Verwässerung des Weines durch Verschnitt mit gesetzwidrig hergestelltem Hefewein nicht an.
Normen
GetränkeabgabeG Stmk 1950 §9
VStG §6
VStG §7
RS 3
Ausführungen, wonach der Bf; der als Angestellter der Steirischen Weinkellerei GmbH die Anregung zu Schwarzverkäufen verfälschten Weines unter gleichzeitiger Getränkesteuerhinterziehung gegeben hatte, sich nicht auf einen Notstand iSd § 6 VStG 1950 berufen konnte, mit der Begründung, er habe mit finanziellen Nachteilen, wenn nicht mit Kündigung zu rechnen gehabt, wenn er die (nachmalig als deliktisch qualifizierten) Weisungen seines Chefs nicht befolgt hätte.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2249/61

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Porias, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Kadecka, Dr. Klecatsky und Dr. Knoll als Richter, im Beisein des Schriftführers Bezirksrichters Dr. Gottlich, über die Beschwerde des Ing. FK in E und des FH in G, gegen die Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 7-48 Ko/14/3-1961, und Zl. 7-48 Ko 14/4-1961, betreffend Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung des Steiermärkischen Getränkeabgabegesetzes, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen der Vertretender der Beschwerden, Rechtsanwaltes Dr. Leo Kaltenbäck, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem wurde im Handelsregister beim Landesgerichte für Zivilrechtssachen Graz die X-Kellerei GmbH eingetragen. Zu Geschäftsführern wurden der Erstbeschwerdeführer Ing. FK und Dr. HS bestellt. Dr. HS schied laut Eintragung vom als Geschäftsführer aus, sodaß der Erstbeschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt alleiniger Geschäftsführer war. Er blieb dies bis zum (Tag der Löschung im Handelsregister). Gleichzeitig wurde mit die Bestellung des Ing. RR als neuer Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen. Dem Beschwerdeführer standen in der X-Kellerei GmbH als Angestellte zur Verfügung. Der geschäftsführende kaufmännische Direktor FH (Zweitbeschwerdeführer), der Kellermeister Ing. T, der Buchhalter KS und der Angestellte OP. Am wurde auf Grund verschiedener Zeitungsmeldungen bei der X-Kellerei GmbH in Graz, K Gasse 8, eine Getränkeabgabekontrolle durchgeführt, bei der auf Grund der freiwillig zur Verfügung gestellten Unterlagen (Aufstellung des Erstbeschwerdeführers) festgestellt wurde, daß die X-Kellerei in der Zeit vom bis (d.i. der Zeitpunkt der Einstellung der Weinlieferungen ohne Rechnung) eine Menge von 156.000 l Wein um einen Betrag von S 890.000,-- ohne Rechnung verkauft hat. Die X-Kellerei anerkannte hiebei durch ihren Geschäftsführer Ing. RR und dem Zweitbeschwerdeführer freiwillig ihre Verpflichtung, für einen allfälligen Verlust der Stadtgemeinde Graz an Getränkeabgabe einen Betrag von S 100.000,-- zu bezahlen. Dieser Verlust wurde einvernehmlich auf folgender Grundlage berechnet:

Erlös der verkauften Weinmengen ............................ S 890.000,--

plus eines allfälligen Unsicherheitszuschlages .......... S 110.000,--

S 1,000.000,--

Hievon 10 % Getränkeabgabe .................................. S 100.000,--

Auf Grund der Ergebnisse dieser Überprüfung wurde sodann gegen die Beschwerdeführer sowie gegen den für die Erstattung der Getränkeabgabeerklärung verantwortlichen Angestellten OP das Strafverfahren wegen Verkürzung der Getränkeabgabe eingeleitet. Der Erstbeschwerdeführer gab hiezu in der Strafverhandlung vom vernommen an, die im Berichte vom über die Getränkeabgabeprüfung angeführten Tatsachen dem Wesen nach nicht zu bestreiten, diese Schwarzverkäufe würden in den Büchern nicht aufscheinen, der Erlös sei zum Einkauf von Zucker verwendet worden. Dieser Vorgang sei eingehalten worden, weil eine andere Möglichkeit, zu einem Zucker zu kommen, nicht bestanden habe. Dieser Vorgang sei ihm bekannt gewesen. In der Strafverhandlung vom gab der Erstbeschwerdeführer an, daß die Anregung, Schwarzverkäufe zu tätigen, von den Außenvertretern, vom Zweitbeschwerdeführer und den mit dem Verkauf betrauten Angestellten ausgegangen sei. Er habe sich anfänglich gegen eine solche Maßnahme gewehrt, habe aber später doch nachgegeben. Der Zweitbeschwerdeführer sei an sich berechtigt gewesen, eine Weisung, Schwarzverkäufe nicht mehr zu verbuchen, zu geben. Er habe ihm solche Geschäftsvorfälle nachträglich zur Kenntnis gebracht. Die ersten Schwarzverkäufe seien 1957 ohne sein Wissen durchgeführt worden, sie seien ihm aber berichtet worden und er habe sie zur Kenntnis genommen. OP gab in der Strafverhandlung vom an, daß die regelmäßigen Barverkäufe, die abgabepflichtige Getränke betroffen haben, durch Barverkaufsnoten täglich in Sammellisten zusammengestellt und in den Kassenbericht eingetragen worden seien. Aus diesem Kassenberichten sei das Abgabenbuch erstellt worden. Der Auftrag, Wein ohne Rechnung abzugeben, sei vom Zweitbeschwerdeführer mit Wissen des Erstbeschwerdeführers gegeben worden. Dieses im Schwarzverkauf erzielte Geld sei nicht in das Kassabuch eingetragen worden, sondern sei dem Zweitbeschwerdeführer persönlich zur weiteren Verrechnung mit dem Erstbeschwerdeführer übergeben worden. Solche Schwarzverkäufe seien auch vom Zweitbeschwerdeführer selbst getätigt worden. Der Zweitbeschwerdeführer gab durch seinen Vertreter Dr. Muhry in der Strafverhandlung vom zu seiner Rechtfertigung an, daß die Darstellungen des Erstbeschwerdeführers und des OP richtig seien. Der Auftrag zu Schwarzverkäufen sei an OP auf Grund einer generellen Weisung des Erstbeschwerdeführers weitergegeben worden.

Wegen dieser Verfehlungen wurde auch beim Bezirksgericht für Strafsachen Graz ein Finanzstrafverfahren durchgeführt und wurden die Ergebnisse dieses Verfahrens vom Magistrate Graz in einem Aktenvermerk vom wie folgt festgehalten:

„Auszug aus dem Erhebungsbericht des Finanzstrafamtes vom , S 40 - AB - 181/59.

Punkt 4) Im Zuge der Überprüfung wurde insgesamt eine außerbuchmäßig verkaufte Weinmenge von 260.000 l (festgestellt), die im Prüfungszeitraum einen Gesamterlös von S 2,087.048,-- ergeben.

Punkt 5) Diese Beträge wurden vom Unternehmen anerkannt. Die Aufschlüsselung der Zahl befindet sich im Betriebsprüfungsbericht vom .

1957 Umsatzzurechnung S 279.280,--

1958 Umsatzzurechnung S 513.850,--

1959 Umsatzzurechnung S 1,293.918,--

Die X-Kellerei GmbH hat in der Selbstanzeige 156.000 l angegeben.

Die oben angeführten Zahlen wurden im Schätzungswege ermittelt.

Die Beschuldigten behaupteten bei der Strafverhandlung vom auch, daß die Getränkeabgabenverkürzung nicht S 100.000,--, sondern wesentlich weniger betrage. Sie ersuchten, das Verzeichnis von der X-Kellerei anzufordern, weil dieses ihnen nicht bekanntgegeben worden sei. Die hierauf am als Zeugen vernommenen Ing. RR (Geschäftsführer) und KS (Buchhalter) sowie die beiden Kontrollbeamten des Magistrates Graz A und P bestätigten, daß in der X-Kellerei GmbH keinerlei Aufzeichnungen über die Abgabe von nicht versteuerten Weinen an Wiederverkäufer existieren. Es sei ihnen jedoch bekannt, daß bei wiederholten Einvernahmen der Zweitbeschwerdeführer mitgeteilt habe, daß er über die Abgabe von unversteuerten Weinen Aufzeichnungen geführt und dieselben an den Erstbeschwerdeführer weitergegeben habe. Der Erstbeschwerdeführer habe angegeben, daß er diese Aufzeichnungen vernichtet habe. Diese Angaben der genannten Herren seien bei Sitzungen der Gesellschafter gemacht worden. Es sei ihnen unverständlich, wieso die beiden Herren bei der Strafverhandlung beim Magistrat Graz hätten bekanntgeben können, daß bei der X-Kellerei solche Aufzeichnungen vorhandenen sein sollen. Anläßlich der durchgeführten Betriebsprüfung hätten von der X-Kellerei keinerlei buchhalterische Aufzeichnungen vorgelegt werden können. Das Finanzamt Graz-Stadt bzw. die Steuerfahndung habe in diesem Fall eine Schätzung vorgenommen.

Auf Grund dieser Ergebnisse des Strafverfahrens wurde vom Magistrate der Landeshauptstadt Graz mit Straferkenntnis vom der Erstbeschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Vorstand, persönlich haftender Gesellschafter, Geschäftsführer und Abwickler der X-Kellerei GmbH in der Zeit vom bis in Graz den Verkauf von mindestens 156.000 l Wein bzw. den Verkauf von Wein um den Betrag von mindestens S 1,000.000,-- ohne Eintragung in die Geschäftsbücher (Schwarzverkauf) angeordnet bzw. diesem Schwarzverkauf unter Nichteinrichtung der Getränkeabgabe zugestimmt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 des Getränkeabgabegesetzes vom , LGBl. für das Land Steiermark Nr. 23 (§ 7 VStG) begangen. Er werde gemäß § 9 des Getränkeabgabegesetzes (§§ 7 und 9 VStG) zu einer Geldstrafe von S 100.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzarreststrafe in der Dauer von vier Wochen und zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens von S 10.000,-- verhalten.

Der Zweitbeschwerdeführer wurde mit Straferkenntnis vom schuldig erkannt, er habe in der Zeit vom bis als kaufmännischer Leiter der X-Kellerei GmbH in Graz vorsätzlich den Schwarzverkauf von mindestens 156.000 l Wein bzw. den Schwarzverkauf von Wein im Betrag von mindestens S 1,000.000,-- ohne Eintragung in die Geschäftsbücher angeordnet bzw. dem Geschäftsführer der Firma dem Erstbeschwerdeführer, diese Schwarzverkäufe vorgeschlagen und in der Folge auch durchführen lassen und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 des Getränkeabgabegesetzes (§ 7 VStG) begangen. Gemäß § 9 des Getränkeabgabegesetze (§§ 7, 9 VStG) wurde gegen den Zweitbeschwerdeführer eine Geldstrafe von S 50,000,--, im Falle der Nichteinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von zwei Wochen verhängt. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde ein Betrag von S 5.000,-- festgesetzt.

Die beiden Erkenntnisse stützen sich auf die Geständnisse und führen weiter aus, es könne der Verantwortung der beiden Beschwerdeführer, daß das Ausmaß der Hinterziehung weniger als S 100.000,-- gewesen sei, nicht gefolgt werden, weil ein Nachweis für diese Behauptung trotz Aufforderung nicht erbracht worden sei. Es sei somit das Ergebnis des rechtskräftig abgeschlossenen Bemessungsverfahrens auch für das Strafverfahren im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1295/56, maßgeblich gewesen. Bei der Strafbemessung wurde beim Zweitbeschwerdeführer als wesentlicher Milderungsgrund berücksichtigt, daß er die Tat mit ausdrücklicher Bewilligung der Firmenleitung bzw. nach genereller Weisung des Geschäftsführers begangen habe. Über Berufungen der beiden Beschwerdeführer wurden diese Straferkenntnisse mit den angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde vom bestätigt. Das Straferkenntnis des Magistrates Graz gegen den Erstbeschwerdeführer wurde gemäß § 51 VStG 1950 und §§ 9 und 10 des Getränkeabgabegesetzes vom bestätigt und gemäß § 64 VStG 1950 als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens der Betrag von S 10.000,-- vorgeschrieben. Das Straferkenntnis gegen den Zweitbeschwerdeführer wurde gemäß § 51 VStG 1950 und §§ 9 und 10 des Getränkeabgabegesetzes sowie § 7 VStG 1950 bestätigt und gemäß § 64 VStG 1950 als Beitrag zu den Kosten zu dem Berufungsverfahren der Betrag von S 5.000,-- vorgeschrieben. In der Begründung dieser Berufungsbescheide bezieht sich die belangte Behörde auf die zutreffenden Gründe des erstinstanzlichen Erkenntnisse und führt hiezu zusätzlich aus, daß der Umstand, daß der Erstbeschwerdeführer entgegen der Annahme der ersten Instanz nur die Stellung eines Geschäftsführers gehabt habe, keinen Einfluß auf seine volle Verantwortung für die steuerrechtlichen Verpflichtungen des Unternehmens habe. Die strafbaren Handlungen seien durch einen Zeitraum von über 3 1/2 Jahren begangen worden. Wie aus dem Berichte des Magistrates Graz vom hervorgehe, sei anläßlich einer Kontrolle des Stadtsteueramtes für die Monate November und Dezember 1959 wieder ein Getränkesteuernachtrag von über S 8.000,-- hervorgekommen und vorgeschrieben worden. Lege man dies auf den Zeitraum von über 3 1/2 Jahren um, so könne angenommen werden, daß, die von der X-Kellerei freiwillig entrichtete Pauschalsumme von S 100,000,-- angemessen gewesen sei. Zur Berufung des Zweitbeschwerdeführers wurde ausgeführt, selbst wenn die nicht verbuchten Verkäufe nur an Wiederverkäufer stattgefunden hätten, wie dies in der Berufung glaubhaft zu machen versucht werde, so sei dadurch allfälligen Übertretungen des § 9 des Getränkeabgabegesetzes Vorschub geleistet bzw. diese erleichtert worden. Denn bekanntlich würden Schwarzverkäufe nur deshalb getätigt, um sich steuerlichen Vorgängen zu entziehen. Dadurch aber sei die Getränkeabgabe für alle diese Getränke der Verkürzung ausgesetzt worden. Die Anregung, Schwarzverkäufe zu tätigen, sei vom Zweitbeschwerdeführer ausgegangen. Hierin treffe ihn aber ein besonderes Verschulden, weil er als kaufmännischer Leiter der Firma gerade für diese Vorgänge in großem Maße verantwortlich gewesen sei und auf Grund seiner übernommenen Stellung habe wissen müßen, daß solche Vorgänge den Getränkeabgabevorschriften widersprächen. Er könne sich in dieser seiner Funktion nicht mit Erfolg auf seine dem Geschäftsführer untergebene Position berufen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Beide Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof wegen ihres inhaltlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Verhandlung und Erledigung verbunden und über sie erwogen:

1. Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers Zl. 2169/61:

Der Beschwerdeführer vermeinte daß ihm die schuldhafte Verkürzung der Getränkeabgabe nachgewiesen werden müsse und daß ihn nicht, wie das angefochtene Erkenntnis zu glauben scheine, eine Erfolgshaftung treffe. Er sei zwar eingetragener Geschäftsführer gewesen, hätte aber die Erstattung unrichtiger Erklärungen nicht zu verantworten, weil er für diese Tätigkeit einen Buchhalter und einen kaufmännischen Direktor beschäftigt habe.

Diese Behauptung widerspricht nicht den Ergebnissen des Strafverfahrens, wonach der Beschwerdeführer selbst eine generelle Weisung zu Schwarzverkäufen erteilt habe, sondern auch den hier gemäß § 9 des Getränkeabgabegesetzes anzuwendenden Bestimmungen des § 9 VStG 1950, nach der Strafbestimmungen grundsätzlich auf die satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenen Organe anzuwenden sind, wenn eine Handlungs- oder Unterlassungspflicht, deren Nichterfüllung mit Verwaltungsstrafe bedroht ist, eine Gesellschaft trifft. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie gegenständlich ein strafbares Verschulden des Beschwerdeführers angenommen hat.

Hinsichtlich des objektiven Tatbestandes wird m Beschwerdeführer ausgeführt, daß der Magistrat Graz die Getränkesteuer auch für jene Weinmengen in Anspruch nehmen könne, die in Graz an Letztverbraucher abgegeben worden seien. Wenn nun bei den über die Bücher geführten Erlösen feststehe, daß nur 5 % dieser Waren an Letztverbraucher abgegeben worden seien, so sei klar, daß auch von den nicht über die Bücher geführten Erlösen höchstens nur dieser Prozentsatz im Kleinverkauf abgegeben worden sein könne.

Nach § 9 des Getränkeabgabegesetzes, Landesgesetz Steiermark Nr. 23/1950, wird eine Handlung oder Unterlassung des Abgabepflichtigen und des für die Einhebung und Abführung haftenden Unternehmers oder seines beauftragten Stellvertreters (Beauftragten), durch die eine Abgabe verkürzt oder der Verkürzung ausgesetzt wurde, als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zum Zehnfachen des Betrages bestraft, um den die Abgabe verkürzt oder der Verkürzung ausgesetzt wurde. Die belangte Behörde ist hinsichtlich der verkürzten Abgabebeträge von der im Einvernehmen mit den jetzigen Geschäftsführern Ing. RR und dem Zweitbeschwerdeführer im Abgabeverfahren vorgenommenen Schätzung ausgegangen. Wie der Verwaltungsgerichtshof gerade im Abgabenstrafverfahren bereits ausgesprochen hat (vgl. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1717/F; vom , Zl. 1295/56), kann es einem Beschuldigten nicht verwehrt werden, im Strafverfahren den einem rechtskräftigen Bescheid im Abgabeverfahren zugrunde gelegten Sachverhalt zu bekämpfen, nur obliegt dann ihm die Beweislast bezüglich der Behauptungen, mit denen er den im Verwaltungsverfahren festgestellten Tatbestand bekämpft. Dies wurde gerade aus der amtswegigen Ermittlungspflicht im Abgabenstrafverfahren, soweit sich dieses nach den Vorschriften des Verwaltungsstrafgesetzes richtet, abgeleitet und widerspricht entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht dem Grundsatze, daß dem Beschuldigten die strafbare Handlung nachzuweisen ist. Nach dieser Rechtslage war die belangte Behörde aber nicht verpflichtet, dem Beschwerdeführer einzelne Kunden (Letztverbraucher) namentlich vorzuhalten und nachzuweisen, wie es der Beschwerdeführer vermeint. So konnte, solange keine gewichtigen Gründe gegen die Richtigkeit der unter Mitwirkung der X-Kellerei, vertreten durch den Geschäftsführer Ing. RR und den Zweitbeschwerdeführer, aufgestellten Berechnung vorgebracht und erwiesen wurden, mangels jeglicher sonstiger bücherlicher Belege und Aufzeichnungen nur von dieser Berechnung ausgehen. Dies umso mehr, als der Erhebungsbericht des Finanzstrafamtes vom sogar eine vom Unternehmen anerkannte außerbuchmäßig verkaufte Weinmenge von 260.000 l mit einem Gesamterlös von S 2,087.048,-- für die Jahre 1957 bis 1959 ausweise.

Aus der Behauptung, daß der Kleinhandelsumsatz der X-Kellerei nur 5 % des verbücherten Gesamtumsatzes erreicht habe, folgt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht zwingend, daß dies auch bei den Schwarzverkäufen in gleichem Ausmaße der Fall sein mußte. Ebensowenig kann sich aus der behaupteten angeblich aus dem Akte 4 U 272/60 des Bezirksgerichtes für Strafsachen in Graz ergebende Tatsache, daß 270.000 l Wein beschlagnahmt und insgesamt nur 120.000 l Hefewein hergestellt wurden, ein zwingender Schluß auf die getränkesteuerpflichtige Menge gezogen werden. Ein Beweis schließlich, daß von der zur Getränkeabgabe herangezogene Menge von 156.000 l Wein ein Großteil an Wiederverkäufe außerhalb Graz verkauft wurde, konnte ebenfalls nicht erbracht werden.

Bei diesem Sachverhalt kommt weder dem Umstande, daß das Straferkenntnis erster Instanz den Beschwerdeführer auch als Vorstand, persönlich haftender Gesellschafter und Abwickler bezeichnete nach der Tatsache, daß eine Bucheinsicht in die sonstigen Bücher der X-Kellerei nicht vorgenommen und der Akt 4 U 272/60 des Strafbezirksgerichtes Graz nicht beigeschafft wurde, entscheidende Bedeutung zu. Eine Gegenüberstellung des in erster Instanz nur über das Vorhandensein von Aufzeichnungen als Zeugen geführten Dip. Ing. RR mit dem Beschwerdeführer sowie Vernehmung des Kellermeisters Ing. T und die neuerliche Vernehmung des Zweitbeschwerdeführers sowie des Buchhalters KS hätte bei dieser Sachlage auch zu keinem weiteren Ergebnisse führen können. Die als Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemachten Mängel liegen nicht vor.

Der Einwand, die Gemeinde Graz besteuere Wasser als getränkeabgabepflichtiges Getränk, schlägt deshalb nicht durch, weil es sich um eine entgeltliche Abgabe von Getränken (verfälschter Wein) im Sinne des § 1 des Getränkeabgabegesetze gehandelt hat und es dabei auf den Grad der Verwässerung des Weines durch Verschnitt mit gesetzwidrig hergestellten Hefewein nicht ankommt.

Schließlich kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausführt, daß Schwarzverkäufe deshalb vorgenommen werden, um sich gegebenenfalls der Besteuerung zu entziehen. Erfolgte ein solcher Schwarzverkauf an einen Wiederverkäufer in Graz, so wurde die Getränkeabgabe im Sinne des § 9 des Getränkeabgabegesetzes der Verkürzung ausgesetzt.

2. Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers Zl. 2249/61:

Der Zweitbeschwerdeführer verweist in seiner Beschwerde selbst auf die vom Erstbeschwerdeführer erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde und vermeint, daß der Ausgang des Verfahrens gegen den Erstbeschwerdeführer teilweise auch für die gegenständliche Beschwerde präjudiziell sein werde. Er führt im wesentlichen auch dieselben Beschwerdegründe wie der Erstbeschwerdeführer aus. Zur Widerlegung dieser Beschwerdegründe konnte daher im allgemeinen auf die Ausführungen zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers verwiesen werden. Zusätzlich ist zu bemerken, daß auch durch den Nachweis, daß nicht verbucht Verkäufe nur an Großabnehmer und Wiederverkäufer vorgenommen wurden, die Strafbarkeit nach § 9 des Getränkeabgabegesetzes nicht ausgeschlossen werden könnte, weil auch in diesem Falle die Getränkeabgabe durch den eingehaltenen Vorgang der Verkürzung ausgesetzt wurde. Ein wesentlicher Mangel liegt daher in der Nichtvernehmung der über diese Umstände geführten Zeugen OP, AS und AK nicht vor, weshalb der belangten Behörde eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht angelastet werden kann.

Der Beschwerdeführer vermeint weiters, man könne ihm nicht die Verantwortung für Handlungen oder Unterlassungen aufbürden, die über Auftrag des Geschäftsführers erfolgten. Es sei dies auch keine strafbare Beihilfe, weil er sich in einem Notstande nach § 6 VStG befunden habe. Er hätte mit finanziellen Nachteilen, sicherlich mit der Kündigung zu rechnen gehabt, wenn er eine solche Weisung nicht befolgt hätte.

Dem ist zu entgegnen, daß bereits nach dem Wortlaute des § 9 des Getränkeabgabegesetzes Handlungen und Unterlassungen der Beauftragten strafbar sind und daß der Notstand als Rechtfertigungsgrund nur dann vorliegt, wenn sich jemand aus einer gegenwärtigen Gefahr nur dadurch retten kann, daß er in die rechtlich geschützten Interessen eines anderen eingreift, ohne daß er von dort aus bedroht wird. Dabei handelt nur der nicht rechtswidrig, wer ein im Rechtssinne zweifellos höherwertiges Gut auf Kosten eines geringwertigen rettet. Nach den Ergebnissen des Strafverfahrens ist die Anregung zu Schwarzverkäufen vom Beschwerdeführer selbst ausgegangen. Er kann sich schon aus diesem Grund auf die von ihm selbst herbeigeführte Notlage nicht berufen. Weiters steht keineswegs fest, daß er im Falle seiner Weigerung zur Befolgung dieser erst später erfolgten Weisung des Erstbeschwerdeführers tatsächlich finanzielle Einbußen erlitten hätte.

Die Beschwerdeführer konnten daher keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür aufzeigen, daß die Auslegung der Bestimmungen des Steiermärkischen Getränkeabgabegesetzes durch die belangte Behörde der Absicht des Gesetzgebers widerspricht und demnach eine Rechtswidrigkeit der Bescheide vorliegt, die zu ihrer Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof hätten führen können.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Normen
AVG §45 Abs2
AVG §45 Abs3
FinStrG §98 Abs1
GetränkeabgabeG Stmk 1950 §1
GetränkeabgabeG Stmk 1950 §9
VStG §25 Abs1
VStG §6
VStG §7
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1963:1961002169.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-58179