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VwGH 22.01.1979, 2168/77

VwGH 22.01.1979, 2168/77

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
In der durch die Mitteilung von Forschungsergebnissen und Entwicklungsergebnissen eines ausländischen Unternehmens gebotenen Möglichkeit, dessen Erfahrungen in Österreich auszuwerten, ist eine Duldung der Auswertung der Erfahrungen des ausländischen Unternehmens in Österreich zu erblicken, die gem § 3 Abs 11 UStG 1972 eine steuerbare und mangels einer besonderen Befreiungsbestimmung auch steuerpflichtige sonstige Leistung im Inland darstellt (Hinweis E , 1186/61 und E , 665/64 und E , 1427/68, VwSlg 3934 F/1969).
Normen
RS 2
Die Überlassung technischer Erfahrungen durch ein ausländisches Unternehmen mit der Wirkung, daß ein inländisches Unternehmen in die Lage versetzt wird, Gegenstände herzustellen, die dem von dem ausländischen Unternehmen entwickelten Stand der Technik entsprechen, ist als Duldung der Auswertung von Erfahrungen im Inland und daher als sonstige Leistung im Inland gem § 3 Abs 12 UStG 1972 anzusehen (E , 1427/68; E , 787/69).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Reichel, Dr. Seiler, Dr. Großmann und Dr. Baumgartner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Gaismayer, über die Beschwerde der International NN Corporation in N, vertreten durch Dr. Kurt Schneider und Dr. Rudolf Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Biberstraße 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 138-3/76, betreffend Umsatzsteuer für 1973 und 1974, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Kurt Schneider, und des Vertreters der belangten Behörde, Finanzrat Dr. AJ, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.712,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei (Beschwerdeführerin), die ihren Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika hat, ist herrschendes Unternehmen eines Konzerns, dem als abhängige Unternehmen u. a. drei österreichischen Firmen angehören.

Nach einem die Beziehungen zwischen den Konzernunternehmen regelnden "General Relations Agreement" ist die Beschwerdeführerin verpflichtet, den Konzernunternehmen folgende Dienste zu leisten:

a) Lieferung geeigneter Pläne für den Bau oder die Umänderung von Fabriksgebäuden sowie für die Art und Anordnung der erforderlichen Maschinen und Zurverfügungstellung von Fachleuten,

b) Information über die Verhältnisse bei der Konkurrenz sowie über die Weltpreise im Telefongeschäft,

c)

Beratung und Beistand auf dem Gebiete der Buchführung,

d)

Mithilfe bei der Lösung von Ingenieurs- und Fabrikationsproblemen durch Forschungs- und Entwicklungsarbeit des von der Beschwerdeführerin aufrechtzuerhaltenden Forscherteams, sowie laufende Information über Verbesserungen, Entdeckungen und Entwicklungen auf dem Gebiete der Telefonie und Telegraphie,

e)

Vorbereitung und Durchführung von Patentanmeldungen,

f)

Hilfeleistung bei der Wahl und Einstellung von Angestellten,

g)

Bekanntgabe aller Informationen bezüglich Verkaufs- und Geschäftsmethoden sowie technische und die Fabrikation betreffende Angelegenheiten. Außerdem erklärte sich die Beschwerdeführerin bereit, ihre Tochtergesellschaften von allen Erfindungen, bezüglich welcher sie Patente besitzt oder kontrolliert, in Kenntnis zu setzen; dies gilt für bestehende wie auch für künftige Patente. Insbesondere gewährt sie folgende Rechte:

a) Die Fabrikation, Verwendung, Vermietung und den Verkauf von Apparaten und Anlagen, die patentrechtlich geschützt sind, sowie die Benützung und Ausübung aller damit zusammenhängenden Verfahren,

b)

Gewährung und Lizenzen darauf,

c)

Aufnahme und Aufrechterhaltung dieser Patente im Namen der Tochtergesellschaften oder deren Delegierten und

d) gerichtliche Verfolgung von Verletzungen der erwähnten Patente.

Für die Dienstleistungen der Beschwerdeführerin haben die Tochtergesellschaften Beiträge (sogenannte Contract Service Charges - CSC) in Höhe von 1 % des um die Inter-Company-Einkäufe verminderten Umsatzes zu entrichten. Außerdem werden von den Tochtergesellschaften Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge in der Höhe von 3 % des bereinigten Umsatzes an einen von der Beschwerdeführerin verwalteten Fonds entrichtet. Diese Beiträge dienen der Finanzierung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, die teils in zentralen Forschungseinrichtungen, teils in einem der Konzernunternehmen durchgeführt werden.

Im Zuge einer das beschwerdeführende Unternehmen betreffenden Umsatzsteuerrevision, die sich auf den Zeitraum vom Jänner 1973 bis einschließlich November 1974 bezog, vertrat der Prüfer des zuständigen Finanzamtes G. die Auffassung, daß auch die bisher nicht versteuerten Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge Entgelte für steuerpflichtige Umsätze darstellten, weil die Verwertung der aus der Forschung gewonnenen Erkenntnisse ebenso wie die Verwertung der Lizenzen im Inland erfolge. Der Prüfer erhöhte aus diesem Titel die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer für das Kalenderjahr 1973 um S 17,141.090,-- und für die Voranmeldungszeiträume Jänner bis November 1974 um S 16,336.582,--.

Gegen die in Übereinstimmung mit den Prüfungsfeststellungen ausgefertigten Bescheide des Finanzamtes G. betreffend die Umsatzsteuer für 1973 und die Festsetzung der Vorauszahlungen für die Monate Jänner bis November 1974 erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie den Antrag stellte, die Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge wiederum aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Sie verneinte in Ansehung dieser Beiträge das Vorliegen eines Leistungsaustausches und machte darüber hinaus geltend, daß ein steuerbarer Umsatz nicht vorliege, weil die Leistung im Ausland erbracht werde.

Dieser Auffassung schloß sich das Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung vom nicht an. Es hielt den Berufungsausführungen entgegen, daß es bei der Beurteilung der Steuerpflicht darauf ankomme, wo die Ausübung der Lizenz geduldet werde. Die Laboratoriumsspesen (3 %) fielen wohl im Ausland an, die Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung stünden jedoch dem Lizenznehmer zur Verfügung und würden von diesem in Inland ausgewertet. Es sei somit die volle 4 %ige Gebühr der Umsatzsteuer zu unterziehen. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , Zl. 1477/64, die Steuerpflicht von Unkostenbeiträgen für im Ausland unterhaltene Laboratorien bejaht.

Die Berufungsvorentscheidung wurde von der Beschwerdeführerin durch Stellung des Antrages auf Vorlage ihres Rechtsmittels an die Abgabenbehörde zweiter Instanz außer Kraft gesetzt.

Nach Bekanntgabe der Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge für den Monat Dezember 1974 (S 2,730.403,--) führte das Finanzamt mit Bescheid vom die Umsatzsteuerveranlagung für das Jahr 1974 durch. In der Begründung wurde festgehalten, daß die gegen den Vorauszahlungsbescheid erhobene Berufung in der Frage der Steuerpflicht der Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge als auch gegen den vorliegenden Bescheid gerichtet gelte.

Die Beschwerdeführerin ergänzte ihr Berufungsvorbringen in den Schriftsätzen vom und vom und führte zunächst in bezug auf die Contract Service Charges (CSC) aus, daß die diesen Zahlungen entsprechenden Leistungen in der Zurverfügungstellung von Patenten und Herstellungsverfahren (know how) bestünden, sie lägen aber auch auf anderen Gebieten wie dem Vertrieb, insbesondere im Ausland, der Organisation und der Finanzierung. Dabei sei ausdrücklich festzustellen, daß wesentliche Teile dieser Leistungen im Ausland erbracht würden und an und für sich keine steuerbaren Leistungen im Inland darstellten. In Erweiterung des Berufungsbegehrens werde daher beantragt, den tatsächlichen Gegebenheiten dadurch Rechnung zu tragen, daß 40 % der Vergütungen für Dienstleistungen (CSC) als auf nicht steuerbare Auslandsleistungen entfallend ausgeschieden werden. Was die Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge betreffe, so handle es sich hiebei um keine Leistungsentgelte. Die damit finanzierte Grundlagenforschung werde unabhängig davon betrieben, ob schließlich ein wirtschaftlich verwertbarer Erfolg erzielt werde oder nicht. Die Verteilung der dem Fonds zufließenden Mittel auf die in den Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen des Konzerns geplanten Entwicklungsvorhaben erfolge durch die Abteilungsleiter der Konzernfirmen in einem gemeinschaftlichen Prüfungs- und Genehmigungsverfahren. Die Forschungs- und Entwicklungsergebnisse stünden allen Konzernunternehmen zur Verwertung unentgeltlich zur Verfügung. Durch die Vermeidung von parallelen Forschungsarbeiten an verschiedenen Stellen des Konzerns werde erreicht, daß mit einem wesentlich geringeren Aufwand die für die Konkurrenzfähigkeit notwendigen Forschungen und Entwicklungen durchgeführt werden können. Vom volkswirtschaftlichen Standpunkt sei als erwiesen anzunehmen, daß dies - insbesondere für die I. Gesellschaft m.b.H. - die wirtschaftlichste Form sei, um in den Besitz von Forschungsergebnissen zu gelangen.

Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin in diesen beiden Belangen nicht Folge. In der Begründung des Bescheides führte sie das Folgende aus:

Auf Grund des General Relations Agreement, das nach Auffassung der belangten Behörde einen "gemischten Patentlizenz- und know-how-Vertrag" darstelle, dessen Bezeichnung aber für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung sei, erbringe die Beschwerdeführerin unter anderem auch an ihre österreichischen Tochtergesellschaften Leistungen, deren Ziel es sei, diesen die Nutznießung der Vorschläge und die Hilfe der Fachleute der Beschwerdeführerin zu ermöglichen, damit sie über die letzten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiete der Telefonie und Telegraphie sowie die modernsten Verfahren in der Fabrikation, Technik und Geschäftsführung auf dem laufenden gehalten werden und ein Recht auf deren Anwendung haben, ohne Zeit und Geld für den Aufbau und die Erhaltung eines kompletten Stabes von Ingenieuren für derlei Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu opfern. Das wirtschaftliche Hauptgewicht dieser Leistungen liege also in der Unterstützung der konzernzugehörigen Gesellschaften in der Fabrikation von Telefonie- und Telegraphiegeräten nach dem neuesten Stand der Technik. Diese Unterstützung erfolge nicht nur durch aktives Tätigwerden in Form von Wissensübermittlung, Zurverfügungstellung von Patenten, Überlassung von technischen Unterlagen und Schulung von Fachkräften, sondern auch - und vor allem - durch eine in einem passiven Verhalten bestehende Leistung, nämlich durch die Duldung der Auswertung der überlassenen Rechte und des übermittelten Wissens. Auf diese Duldung der Verwertung komme es - wirtschaftlich betrachtet - den inländischen Tochtergesellschaften letztlich vor allem an; sie stelle daher auch die umsatzsteuerrechtlich entscheidende Hauptleistung dar.

Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten "im Ausland erbrachten" Leistungen wie:

Unterrichtung über moderne Managementtechniken und Managementverfahren,

Verfahren zur Unternehmensplanung (Investitions-, Personal- und Kapazitätsplanung),

Beratung bei Einrichtung neuer Fertigungen,

Unterrichtung über neue Fertigungsverfahren,

Beratung und Unterstützung bei Auswahlverfahren und Entgeltsystemen für die Mitarbeiter,

Ausbildung und Fortbildung von Arbeitnehmern,

Verfahren zur Fertigung und Qualitätskontrolle, Information über Absatzmöglichkeiten und Kostenrechnung, stellten durchaus nichts anderes dar als die Übermittlung von

Wissen, dessen Auswertung in Österreich durch die Tochtergesellschaften von der Beschwerdeführerin geduldet werde. Sie seien daher - abgesehen von der Tatsache, daß einige dieser Leistungen wie z. B: "Beratung bei Einrichtung neuer Fertigungsverfahren", "Unterrichtung über neue Fertigungsverfahren" und "Verfahren zur Fertigung" letztlich denselben Erfolg herbeiführten, obwohl hiefür verschiedene Bezeichnungen ins Treffen geführt würden - als Nebenleistungen zu der wirtschaftlich allein ins Gewicht fallenden Hauptleistung der Duldung der Verwertung von Rechten sowie von Wissen zu beurteilen und teilten somit auf Grund des im Umsatzsteuerrecht geltenden Grundsatzes der Unteilbarkeit eines wirtschaftlichen Vorganges das rechtliche Schicksal dieser Hauptleistung, soweit sie im Rahmen des "Patentlizenz- und know-how-Vertrages" erbracht und durch die CSC oder durch die Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge vergütet würden.

Bezüglich der Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1427/64, verwiesen, wonach Zahlungen für die Überlassung von laufend gewonnenen Forschungs- und Entwicklungsergebnissen steuerlich als Lizenzgebühren zu werten seien. Im Erkenntnis vom , Zl. 1186/61, habe der Verwaltungsgerichtshof den fundamentalen Rechtsatz aufgestellt, daß die Duldung der Auswertung von Erfahrungen eines ausländischen Unternehmers in Österreich eine steuerbare und mangels einer besonderen Befreiungsbestimmung auch steuerpflichtige sonstige Leistung im Inland darstelle und daß für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung die Rechtsnatur der hiefür geleisteten Zahlungen ohne Belang sei, weil jedes Dulden einer Handlung oder eines Zustandes als eine sonstige Leistung zu beurteilen sei.

Auch im vorliegenden Fall erhalte die Beschwerdeführerin nicht für die Durchführung der Forschungstätigkeiten, die ja gar nicht Gegenstand des Leistungsaustausches sei, die Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge, sondern ausschließlich dafür, daß sie die Ergebnisse dieser Forschungsarbeiten ihren Tochtergesellschaften bekanntgebe und zur Verwertung überlasse. Die von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Unterscheidung zwischen Lizenzgebühren im eigentlichen Sinn und Unkostenbeiträgen bzw. Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträgen sei vom Standpunkt der Umsatzsteuer ohne Bedeutung, weil das Umsatzsteuergesetz weder den einen noch den anderen genannten Begriff kenne, sondern lediglich Lieferungen und sonstige Leistungen der Umsatzsteuer unterwerfe. Daß aber die Duldung der Auswertung eine sonstige Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes darstelle, sei auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden. Daß die Duldung der Auswertung des übermittelten Wissens die wirtschaftlich allein ins Gewicht fallende Hauptleistung darstelle und die mit der Übermittlung verbundenen aktiven Leistungen nur als Nebenleistungen anzusehen seien, sei bereits weiter oben aufgezeigt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung der von der Beschwerdeführerin verlangten Verhandlung erwogen:

Die Beschwerdeführerin erhebt gegen die Besteuerung der Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge, die die österreichischen Tochtergesellschaften in den Streitjahren im Ausmaß von 3 % des bereinigten Umsatzes an einen von ihr verwalteten Fonds zu entrichten hatten, in erster Linie den Einwand, daß es hier an einem Leistungsaustausch fehle, die Zahlungen seien lediglich ein Ersatz der mit der Grundlagenforschung verbundenen Unkosten. Eventualiter wird vorgebracht, daß die Forschungstätigkeit im Ausland durchgeführt werde und daß auch die Mitteilung der Forschungsergebnisse vom Ausland her erfolge. Es liege daher eine nicht steuerbare Auslandsleistung vor. Auch bei den sogenannten "CSC-Vergütungen" handle es sich zum Teil (40 %) um Entgelte für nicht steuerbare Auslandsleistungen, die nicht der inländischen Besteuerung zu unterziehen gewesen wären.

Zur Frage, ob die Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge ein Leistungsentgelt darstellen oder nicht, ist zu sagen, daß an dem für die Annahme eines Leistungsaustausches erforderlichen Zusammenhang zwischen den Zahlungen der österreichischen Tochtergesellschaften und der Teilnahme derselben an den Ergebnissen der Forschung kein Zweifel bestehen kann. Angesichts der Tatsache, daß die Tochtergesellschaften mit den gegenständlichen Beiträgen die Forschung mitfinanzieren, ist die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß die Forschungs- und Entwicklungsergebnisse allen Konzernunternehmen "unentgeltlich" zur Verfügung stünden, eine nicht weiter in Betracht zu ziehende Zweckbehauptung. Aus der Charakterisierung der Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge als Unkostenersatz läßt sich für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung nichts gewinnen; es wird damit nur zum Ausdruck gebracht, daß in diesem Bereich keine Gewinnerzielungsabsicht besteht. Eine solche Absicht ist aber weder Tatbestandsmerkmal des Unternehmensbegriffes noch des Umsatzbegriffes. Außerdem ist der belangten Behörde beizupflichten, wenn sie in der Gegenschrift darauf hinweist, daß das "General Relations Agreement" dem Zweck dient, die konzernzugehörigen Unternehmen ohne Aufrechterhaltung eines eigenen umfangreichen Forscherteams samt den hiefür erforderlichen Einrichtungen an den weltweiten Forschungs- und Entwicklungsergebnissen teil haben zu lassen. Es bildet ein ausdrücklich ausgesprochenes Vertragsziel, den Vertragspartner über die letzten Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der Telefonie und Telegraphie und über die modernsten Verfahren in der Fabrikation, Technik und Geschäftsführung auf dem laufenden zu halten und auf deren Anwendung ein Recht einzuräumen. Die von den Konzernunternehmen zu erbringende Gegenleistung besteht in der Leistung von Zahlungen in der Höhe von 4 % des bereinigten Umsatzes. Die Aufspaltung dieser Zahlung in eine sogenannte CSC-Vergütung (1 %) und Forschungs- und Entwicklungskostenbeiträge (3 %) beruht auf einem konzerninternen Rundschreiben vom und mag konzerninternen Bedürfnissen unter dem Gesichtspunkt der Bestimmung des Verwendungszwecks der Zahlungseingänge entsprechen, aus dem "General Relations Agreement" läßt sich diese Aufspaltung aber nicht ableiten. Die in diesem Vertrag genannten Einzelaufgaben sind so eng miteinander verbunden, daß sie nicht in einzelne selbständige Teilleistungen zerlegt werden können. Der Vertrag ist ein Ganzes, dessen Teile umsatzsteuerrechtlich keine selbständige Bedeutung besitzen. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Leistungen der Beschwerdeführerin kann daher ebenfalls nur eine einheitliche sein (vgl. hiezu auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 787/69, und vom , Slg. Nr. 4534/F).

Die Beantwortung der weiteren Frage, ob der Ort der von der Beschwerdeführerin erbrachten sonstigen Leistung im Inland gelegen ist, bestimmt sich nach § 3 Abs. 11 des Umsatzsteuergesetzes 1972. Nach dieser Vorschrift ist eine sonstige Leistung, die in einem aktiven Verhalten (positiven Tun) des Unternehmers besteht, dem Inland zuzuordnen, wenn der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil im Inland tätig wird. Eine im Inland ausgeführte sonstige Leistung liegt ferner vor, wenn der Unternehmer eine Handlung im Inland oder einen Zustand im Inland duldet oder eine Handlung im Inland unterläßt. Hiebei ist als Ort des Duldens der Ort anzusehen, wo sich der geduldete Vorgang abspielt (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 3934/F).

Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß in der durch die Mitteilung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen eines ausländischen Unternehmens gebotenen Möglichkeit, dessen Erfahrungen in Österreich auszuwerten, eine Duldung der Auswertung der Erfahrungen des ausländischen Unternehmens in Österreich zu erblicken ist, die eine steuerpflichtige sonstige Leistung im Inland darstellt. Daß sich die Übergabe der notwendigen Unterlagen und die Erteilung der Information im Ausland abspielt, vermag daran nichts zu ändern. Ohne Bedeutung ist auch, ob die technischen Erfahrungen, deren Auswertung in Österreich gestattet wird, einen besonderen Rechtschutz genießen oder nicht (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom , Zl. 1186/61, vom , Slg. Nr. 3934/F, und vom , Slg. Nr. 4534/F). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsanschauung abzugehen. Wenn die Beschwerdeführerin dagegen einwendet, daß von einer Duldung nur gesprochen werden könne, wenn auch die Möglichkeit einer "Nichtduldung" bestehe, so ist ihr entgegenzuhalten, daß sie damit eine im Gesetz nicht enthaltene Bedingung statuiert. Da gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 die Steuerpflicht dadurch nicht ausgeschlossen wird, daß der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird, kann nicht zweifelhaft sein, daß die Vergütungen, die ein Erfinder für eine Zwangslizenz (§ 36 des Patentgesetzes 1970) erhält, der Umsatzsteuer unterliegen, sofern sich der geduldete Vorgang im Inland abspielt, obwohl in diesem Fall offensichtlich eine Möglichkeit der "Nichtduldung" nicht besteht. Auch im Falle einer freiwilligen Lizenz ist, sobald die vertragliche Vereinbarung abgeschlossen und durch die allenfalls bedungene Übergabe erforderlicher Unterlagen und Erteilung und Informationen erfüllt ist, eine "Nichtduldung" nicht mehr möglich. Nicht anders verhält es sich aber bei der Bekanntgabe von nicht geschützten gewerblichen Verfahren und Erfahrungen. Entsprechend der oben dargelegten Rechtserkenntnis des Gerichtshofes ist die umsatzsteuerrechtlich maßgebliche Leistung nicht in der vereinbarungsgemäßen Bekanntgabe der geschäftlichen Kenntnisse und Erkenntnisse, sondern in der damit verbundenen Duldung ihrer Auswertung zu erblicken. Da sich im Beschwerdefall der geduldete Vorgang im Inland abgespielt hat, kann die vorgenommene Besteuerung nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde in der Sachverhaltsdarstellung ihres Bescheides auch die österreichischen Firmen "Ö." und "F. AG." als konzernzugehörig angeführt hat. Die belangte Behörde räumt in der erstatteten Gegenschrift ein, daß in dieser Hinsicht ein Versehen vorliegt, sie weist aber völlig zu Recht darauf hin, daß sie auch bei Vermeidung dieses Fehlers zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können. Es handelt sich sohin um einen unwesentlichen Verfahrensmangel, der eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht nach sich zu ziehen vermag.

Da die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sohin nicht vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 316/1976 als unbegründet abgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz in der von der belangten Behörde verzeichneten Höhe stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.

Wien, am

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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1979:1977002168.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-58178