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VwGH 08.06.1964, 2156/63

VwGH 08.06.1964, 2156/63

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
RS 1
Wenn sich der Bestandnehmer bei Abschluß eines Bestandvertrages nicht nur zur Zahlung eines laufenden Mietzinses, sondern darüber hinaus auch zur Tragung von Investitionskosten verpflichtet, so ist auch der vom Bestandnehmer übernommene Investitionsbeitrag als Teil des PREISES iSd § 33 TP 5 Abs 1 GebG anzusehen und in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (Hinweis E , 1974/55, VwSlg 1829 F/1958).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek und die Hofräte Dr. Dorazil und Dr. Mathis als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Finanzkommissärs Dr. Blaschek, über die Beschwerde des B in Wien gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 722/1-IV-1963, betreffend die Gebühr von einem Bestandsvertrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Vertrag vom nahm der beschwerdeführende Verein (Beschwerdeführer) mit Wirkung vom an von der Baugesellschaft H verschiedene in einem Haus in L gelegene Räume in Bestand. Der Mietvertrag wurde gegen Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist auf unbestimmte Zeit geschlossen, die Vermieterin verzichtete jedoch auf die Dauer von zehn Jahren auf das Kündigungsrecht. Der monatliche Mietzins wurde mit S 37.500,-- festgesetzt. Daneben verpflichtete sich der Beschwerdeführer, einen Betriebskostenanteil im Ausmaße von 70 v. H. der auf das ganze Haus entfallenden Betriebskosten zuzüglich einer Gebäudehaftpflicht-Glasversicherung und die Kosten der Rattenvertilgung zu bezahlen. Schließlich verpflichtete er sich noch, im Hause „Investitionen im Ausmaß von S 500.000,-- zu leisten“, die zwischen den Parteien einvernehmlich festgelegt wurden, die nach Beendigung des Bestandsverhältnisses auch nicht vom Beschwerdeführer entfernt werden dürfen. Der Beschwerdeführer sollte nach Beendigung des Mietverhältnisses auch „keinen Anspruch aus dem Titel der Bereicherung“ wegen dieser Investitionen zu stellen berechtigt sein.

Das zuständige Finanzamt forderte für diesen Vertrag unter Hinweis auf § 33 TP 5 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267/1957 (im folgenden kurz mit GebG bezeichnet), vom Beschwerdeführer eine Rechtsgeschäftsgebühr im Betrage von S 50.600,--. Es errechnete die Bemessungsgrundlage aus dem zehnfachen jährlichen Mietzins (einschließlich Nebenleistungen) im Betrage von S 4,560.000,-- zuzüglich der vom Beschwerdeführer versprochenen Investitionszahlung von S 500.000,--, zusammen also mit S 5,060.000,--.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der er ausführte, er habe einen Mietvertrag auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Er bekämpfte ferner die Einbeziehung der Investitionskosten in die Bemessungsgrundlage.

Mit der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom wurde die Berufung abgewiesen. Die belangte Behörde berief sich zur Frage, ob im Streitfall ein Bestandvertrag auf bestimmte oder auf unbestimmte Dauer vorliege, auf die bisherige ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, derzufolge ein selbst nur einseitig abgegebener Kündigungsverzicht gebührenrechtlich einen wenn auch auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Mietvertrag zu einem Mietvertrag auf bestimmte Dauer werden lasse. Sie wies u. a. auf das Erkenntnis dieses Gerichtshofes vom , Zl. 1105/60, hin, in dem der Verwaltungsgerichtshof übrigens auch seine Rechtsanschauung bekräftigt habe, daß Baukostenbeiträge sich ihrem Wesen nach als eine besondere Art der Mietzinsvorauszahlung darstellen.

In der vorliegenden Beschwerde hält der Beschwerdeführer seine Rechtsansicht, daß der streitige Bestandvertrag ein solcher auf unbestimmte Dauer sei und daß die Verpflichtung zur Leistung eines Investitionsbeitrages in Höhe von S 500.000,-- nicht als „Preis für die Überlassung des Gebrauches des Mietgegenstandes“ anzusehen sei, aufrecht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der belangten Behörde ist einzuräumen, daß der Verwaltungsgerichtshof bis in die jüngste Zeit stets die Rechtsauffassung vertreten hat, daß schon mit der Abgabe eines wenn auch nur einseitigen Kündigungsverzichtes gebührenrechtlich die Wirkung verbunden ist, daß ein an sich auf unbestimmte Dauer abgeschlossener Bestandvertrag gebührenrechtlich dann flieht als ein Vertrag auf unbestimmte Dauer anzusehen ist, wenn sich die trotz Kündigungsverzichtes noch verbleibende Möglichkeit der Kündigung auf solche Tatbestände beschränkt, die dem einen oder anderen Teile gestatten, das Vertragsverhältnis wegen Vertragsverletzung ohne Kündigung zu beenden. Auch im Streitfalle wurde ein solcher Vertrag geschlossen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese seine Rechtsauffassung jedoch nicht aufrecht erhalten. Er hat in seinem grundlegenden, auf dem Beschluß eines verstärkten Senates beruhenden Erkenntnisse vom , Zl. 840/62, ausgesprochen, daß dann, wenn auf Grund eines Bestandvertrages nur ein Vertragsteil zeitlich gebunden, der andere Vertragsteil aber berechtigt ist, das Vertragsverhältnis ohne Beschränkung auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Gründe durch Kündigung aufzulösen, ein Bestandverhältnis auf unbestimmte Dauer anzunehmen ist. Der angefochtene Bescheid stand mit dieser Rechtsauffassung in Widerspruch, sodaß er aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 lit a VwGG 1952 aus dem Rechtsbestande zu beseitigen war.

In der Frage allerdings, ob die von einem Mieter eingegangene Verpflichtung zur Leistung eines Investitionsbeitrages Teil des „Preises“ im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG ist, von dem die Gebühr zu berechnen ist, konnte sich der Verwaltungsgerichtshof der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers nicht anschließen. Der Beschwerdeführer hat sich im Vertrage verpflichtet, Investitionen vorzunehmen, die jeweils einvernehmlich zwischen den Vertragsparteien festgelegt werden und der Vermieterin ohne Zahlung einer Entschädigung nach Auflösung des Bestandvertrages zugute kommen sollen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 1829 (F), klar zum Ausdrucke gebracht hat, gehört zum Preis im Sinne der angeführten Tarifstelle alles das, zu dessen Leistung sich der Bestandnehmer gegenüber dem Bestandgeber verpflichtet und was mit der Überlassung des Gebrauches der Bestandsache in wirtschaftlichem Zusammenhange steht. Auch im Streitfalle hat sich der Bestandnehmer (der Beschwerdeführer) nicht nur zur Zahlung eines laufenden Mietzinses, sondern darüber hinaus auch zur Tragung von Investitionskosten bis zum Betrage von S 500.000,-- verpflichtet. Die Vermieterin hat auf diese Leistung einen klagbaren Anspruch erworben und schon deshalb ist auch der bezeichnete Betrag ein Teil des „Preises“ für die Überlassung des Gebrauches des Mietgegenstandes. Dazu kommt, daß auch im Streitfalle der Nutzen der vorzunehmenden Investitionen nach Beendigung des Mietvertrages entschädigungslos der Vermieterin zukommen soll. Auch aus diesem Grund ist es wirtschaftlich gerechtfertigt, die vom Beschwerdeführer übernommenen Aufwendungen als Teil des „Preises“ im Sinne des § 33 TP 5 GebG anzusehen

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1964:1963002156.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-58157