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VwGH 21.11.1963, 2126/62

VwGH 21.11.1963, 2126/62

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
WRG 1959 §9;
RS 1
Die Vornahme von Baggerarbeiten an einem öffentlichen Gewässer zum Zwecke der Kiesgewinnung und Sandgewinnung bedarf der wasserrechtlichen Bewilligung nach § 9 WRG 1959.
Norm
WRG 1959 §101 Abs3;
RS 2
Wird gegen ein Vorhaben bei der mündlichen Verhandlung die Unzulässigkeit seiner Ausführung in der geplanten Art, verbunden mit einem Entschädigungsbegehren, eingewendet, dann kann von einem "im wesentlichen anstandslosen Ergebnis" im Sinne des § 101 Abs 3 des Wasserrechtsgesetzes 1959 nicht die Rede sein.

Entscheidungstext

Beachte

Fortgesetztes Verfahren:

1427/66 E ;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Guggenbichler, sowie die Hofräte Dr. Vejborny, Dr. Krzizek, Penzinger und Knoll als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Landesregierungskommissärs Dr. Roth, über die Beschwerde des MB in B gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land und Forstwirtschaft vom , Zl. 93.410-I/1/1962, betreffend wasserrechtliche Bewilligung zur Vertiefung des Bodenseegrundes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Stadtgemeinde Bregenz, die mitbeteiligte Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, stellte am bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz unter Beischluß von Planunterlagen den Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Entnahme von Kies aus dem Bodensee im Gebiete des städtischen Strandbades. Die im Weg einer Ausbaggerung vorzunehmenden Arbeiten seien notwendig, um eine einwandfreie Abgrenzung des Schwimmer- und Nichtschwimmerbereiches zu erreichen. Die Menge des zu gewinnenden Kies- und Sandmateriales betrage ca. 100.000 m3, welches Material für städtische Bauvorhaben herangezogen und auch an die Bauindustrie abgegeben werden solle. Einem Amtsvermerk der angerufenen Behörde vom ist zu entnehmen, daß diese durch das Amt der Vorarlberger Landesregierung gemäß § 101 Abs. 3 des Wasserrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 215/1959 (WRG 1959), zur Durchführung des wasserrechtlichen Verfahrens und zur Bescheidfällung ermächtigt wurde.

Bei der mündlichen Verhandlung vom wurde festgestellt, daß es sich bei dem Vorhaben um die Ausbaggerung des Vorgeländes des städtischen Strandbades in einem Ausmaß von 220 m Breite (parallel zum Ufer gemessen) und einer Länge von 200 m bis auf die Höhenquote 391'30 m ü. A. handle. In diesem Bereiche sei der Beschwerdeführer fischereiberechtigt. Der Beschwerdeführer erhob im wesentlichen deshalb Einspruch gegen das Projekt, weil in dem Baggerungsgebiet eine Schlamm- und Schmutzablagerung entstehen und dieses Gebiet für den Laich gänzlich und für den Fang mit Netzen fast vollständig entfallen werde. Eine Vereinbarung über die ihm zukommende Entschädigung sei nicht getroffen worden. Eine Entschädigung für den Einsatz von Jungfischen würde nicht zweckmäßig sein.

Mit Bescheid vom erteilte die Bezirkshauptmannschaft Bregenz gemäß § 38 WRG 1959 die beantragte wasserrechtliche Bewilligung unter Erteilung von hier nicht näher interessierenden Auflagen. Die Einwendungen des Beschwerdeführers und sein Entschädigungsbegehren wurden mangels Parteistellung zurückgewiesen. Die aufschiebende Wirkung einer anfälligen Berufung wurde gemäß § 64 AVG 1950 aberkannt. In der Begründung wurde ausgeführt, daß es sich hier lediglich um Erhaltungsarbeiten innerhalb des bereits wasserrechtlich bewilligten Strandbades handle, die ebenso wie die Errichtung der Badeanstalt nur einer Bewilligung nach § 38 WRG 1959 bedürften, da eine solche nach den §§ 9 oder 41 dieses Gesetzes nicht erforderlich sei. § 41 komme nicht in Betracht, weil kein Schutz- oder Regulierungsbau vorliege. § 9 sei nicht anzuwenden, weil das Baden keine den Gemeingebrauch überschreitende Wasserbenutzung darstelle. Da bei einer Bewilligung nach § 38 WRG 1959 anderseits das Recht zur Erhebung von Einwendungen nur den Inhabern bestehender Rechte im Sinne des § 12 dieses Gesetzes zukomme und Fischereiberechtigungen nicht zu diesen Rechten zählten, mangle dem Beschwerdeführer die Parteistellung und damit das Recht zur Erhebung von Einwendungen oder zur Stellung eines Entschädigungsanspruches.

Gegen diesen Bescheid richtete sich eine Berufung des Beschwerdeführers, in der er sich dagegen wandte, daß die Baggerung auf eine tiefere Kote als 393'50 m bewilligt worden und die aufschiebende Wirkung einer Berufung auch für diesen Teil der Bewilligung aberkannt worden sei, weiters, daß ihm für die Beseitigung von Laichplätzen und Fischfangmöglichkeiten sowie die Verursachung von Schlammbecken keine angemessene Entschädigung zuerkannt worden sei.

Mit dem Bescheide vom gab das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft - die nunmehr belangte Behörde - der Berufung nicht statt, es ergänzte jedoch den erstinstanzlichen Bescheid dahin, daß im Spruch die Worte "gemäß § 38 WRG 1959" durch die Worte "gemäß §§ 38 und 101 Abs. 3 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a WRG 1959 im Namen des Landeshauptmannes von Vorarlberg" ersetzt wurden. In der Begründung folgte die belangte Behörde im wesentlichen jener des erstinstanzlichen Bescheides und verwies auch auf die ihrer Ansicht nach einschlägigen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses vom , Zl. 1891/60. Es handle sich bei der umstrittenen Vertiefung weder um ein Wasserbenutzungsrecht noch um einen Schutz- oder Regulierungswasserbau. Der Beschwerdeführer könne seine Ansprüche nur im Zivilrechtswege geltend machen. Diesem Berufungsbescheide wird mit der vorliegenden Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Last gelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof fand diese Beschwerde aus folgenden Erwägungen begründet:

Gemäß § 15 Abs. 1 WRG 1959 können Fischereiberechtigte gegen die Bewilligung von Wasserbenützungsrechten solche Einwendungen erheben, die den Schutz gegen der Fischerei schädliche Verunreinigungen der Gewässer, die Anlegung von Fischwegen (Fischpässen, Fischstegen) und Fischrechen sowie die Regelung der Trockenlegung (Abkehr) von Gerinnen in einer der Fischerei tunlichst unschädlichen Weise bezwecken. Diesen Einwendungen ist Rechnung zu tragen, wenn hiedurch der anderweitigen Wasserbenutzung kein unverhältnismäßiges Erschwernis verursacht wird. Andernfalls gebührt dem Fischereiberechtigten bloß eine angemessene Entschädigung (§ 117) für die nach fachmännischer Voraussicht entstehenden vermögensrechtlichen Nachteile.

Die belangte Behörde hat in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Bescheid dem Beschwerdeführer die Parteistellung im Sinne dieser Gesetzesstelle deshalb abgesprochen; weil es sich hier nicht um ein Wasserbenutzungsrecht, sondern nur um eine nach § 38 WRG 1959 bewilligungspflichtige Anlage handle. Darin vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen.

Von einer Anlage im Sinne des § 38 WRG 1959 - wie dies Gegenstand des in der Begründung des angefochtenen Bescheides zitierten hg. Erkenntnisses gewesen war - konnte hier schon deshalb nicht die Rede sein, weil die mitbeteiligte Partei keineswegs einen "Einbau in ein stehendes öffentliches Gewässer" im Sinne dieser Gesetzesstelle vornehmen, sondern lediglich Kies und Schotter aus dem Seegrunde gewinnen will, um diesen dergestalt zu vertiefen. Daß seinerzeit die Badeanstalt - offenkundig für ihre Einbauten auf Seegrund - als Einbau in diesem Sinne wasserrechtlich bewilligt worden ist, vermag keine rechtliche Verbindung zu dem jetzt beabsichtigten Vorhaben herzustellen, das wohl in Verbindung mit den Zwecken der Badeanlage ausgeführt werden soll, nicht aber auch für sich als Einbau gewertet werden kann, weil eben nichts in den See eingebaut werden soll. Die Beurteilung des Vorhabens nach § 38 WRG 1959 war daher durch nichts gerechtfertigt. Wohl aber bedurfte die mitbeteiligte Partei einer Bewilligung nach § 9 WRG 1959. Denn bewilligungsfrei war die Entnahme von Kies und Sand aus dem Seegrunde nach § 8 dieses Gesetzes jedenfalls nur dann, wenn sie ohne besondere Vorrichtungen vorgenommen werden sollte. Da aber die Entnahme mit Hilfe von Baggergeräten ausgeführt werden soll, war von vornherein klargestellt, daß es sich um einen Gebrauch des Bodensees mit besonderen Vorrichtungen handle, daß damit der Gemeingebrauch überschritten werde und daher eine Benutzung eines öffentlichen Gewässers vorliege, die gemäß § 9 WRG 1959 einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedürfe.

In diesem Fall aber stand dem Beschwerdeführer gemäß § 15 Abs. 1 WRG 1959 das Recht zu, gegen die Bewilligung dieses Wasserbenutzungsrechtes Einwendungen zu erheben und für den Fall, daß die Einwendungen wegen einer durch sie bedingten unverhältnismäßigen Erschwerung des zur Bewilligung beantragten Vorhabens nicht berücksichtigt werden könnten, angemessen entschädigt zu werden. Die belangte Behörde hat diese Rechtslage nicht erkannt und hiedurch ihre Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch bereits aus einem anderen Grund als rechtswidrig. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a im Zusammenhalt mit Z. 8 lit. a des Anhanges A zum Wasserrechtsgesetz 1959 war für eine Bewilligung der angestrebten Art der Landeshauptmann von Vorarlberg in erster Instanz zuständig. Diese Behörde konnte wohl nach § 101 Abs. 3 WRG 1959 mit der Durchführung des Verfahrens ganz oder teilweise die nachgeordnete Bezirkshauptmannschaft Bregenz betrauen und diese auch ermächtigen, in ihrem Namen zu entscheiden, dies aber nur unter der Voraussetzung eines "im wesentlichen anstandslosen Ergebnisses". Eine solche Betrauung ist nach dem Amtsvermerk der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom bei ausdrücklicher Berufung auf § 101 Abs. 3 WRG 1959 erfolgt und konnte daher - mangels sonstiger gegebener Hinweise - keinen anderen Rechtsgehalt haben, als die angeführte Gesetzesstelle ausweist. Der Beschwerdeführer hat nun bei der mündlichen Verhandlung gegen das Projekt Einspruch erhoben, die Berechtigung zu seiner Ausführung in der geplanten Art unter Hinweis auf sein Fischereirecht in Streit gezogen und einen Anspruch auf Entschädigung geltend gemacht. Ein solches Vorbringen mußte augenfällig dartun, daß von einem "im wesentlichen" anstandslosen Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht die Rede sein könne und daher die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Bregenz, im Namen des Landeshauptmannes zu entscheiden, nicht gegeben sei. Die belangte Behörde hätte daher den namens des Landeshauptmannes ergangenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft beheben und die Angelegenheit dem Landeshauptmann zur zuständigen Entscheidung zuleiten müssen.

Der angefochtene Bescheid mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
WRG 1959 §101 Abs3;
WRG 1959 §9;
Sammlungsnummer
VwSlg 6163 A/1963
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1963:1962002126.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAF-58102