VwGH 26.05.1966, 2092/64
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | UStG 1959 §2 Abs2 Z2; |
RS 1 | Wird ein fiduziarisches Verhältnis behauptet, ist aber ein entsprechender Nachweis nicht möglich oder wird er nicht erbracht, dann sind die fiduziarischen Umsätze dem Unternehmer zuzurechnen, der sie formell erbringt. (Hinweis auf E vom , Zl. 2135/61) |
Norm | UStG 1959 §2 Abs2 Z2; |
RS 2 | Die Anerkennung einer Organschaft setzt voraus, daß rechtlich und tatsächlich eine vom Willen des herrschenden Unternehmens abweichende Willensbildung beim beherrschten Unternehmen nicht möglich ist. (Hinweis auf Plückebaum-Malitzky, UStG, 8. Auflage, Bd. I, Seite 277) |
Norm | UStG 1959 §2 Abs2 Z2; |
RS 3 | Die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in das herrschende Unternehmen ist dann gegeben, wenn dieses mittelbar oder unmittelbar über alle Anteile an der Organgesellschaft verfügt, sodaß es - entsprechend der Satzung derselben - alle Gesellschaftsbeschlüsse entscheidend beeinflussen kann. (Hinweis auf Frühwald, UstG, Seite 17) |
Norm | UStG 1959 §2 Abs2 Z2; |
RS 4 | Gegen die Annahme der finanziellen Eingliederung einer Gesellschaft m.b.H. in eine Personengesellschaft bestehen keine Bedenken, wenn die Geschäftsanteile der Organgesellschaft der Personengesellschaft selbst oder auch deren Gesellschaftern zustehen. (Hinweis auf Plückebaum-Malitzky, UstG, 8. Auflage, Bd. I, Seite 279) |
Norm | UStG 1959 §2 Abs2 Z2; |
RS 5 | Das Bestehen eines Treuhandverhältnisses - dergestalt, daß einige Gesellschafter einer Personengesellschaft als Treuhänder derselben eine Kapitalgesellschaft gründen - reicht allein noch nicht aus, die Annahme einer Organschaft im Sinne des Umsatzsteuergesetzes zu rechtfertigen. |
Norm | UStG 1934 §2 Abs2; |
RS 6 | Die Anerkennung einer im Wege eines Treuhandverhältnisses bestehenden Organschaft ist davon abhängig, daß das Bestehen des fiduziarischen Verhältnisses so eindeutig nachweisbar ist, daß aus den vorgelegten Beweismitteln denkfolgerichtige Schlüsse gezogen werden können. Das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses reicht allein noch nicht aus, um die Annahme einer Organschaft im Sinne des § 2 Abs2 UStG 1934 zu rechtfertigen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp, Dr. Raschauer und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers, Finanzkommissärs Dr. Blaschek, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Salzburg gegen den Bescheid des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. 11/5-I BK-1964, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1954 bis 1957 der B- GmbH, nach Durchführung einer Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters des Beschwerdeführers, Oberfinanzrates Dr. Kurt Koch, und des Vertreters der mitbeteiligten Partei, Rechtsanwaltes Dr. Wolfgang Aigner, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei wurde am von acht österreichischen Gesellschaftern der Fa. Gebr. L. in G. (bei Salzburg), die unbestrittenermaßen mit 29 v. H. am Vermögen dieser Kommanditgesellschaft beteiligt waren, mit einem Stammkapital von S 20.000,-- als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet. Die mitbeteiligte Partei und die Fa. Gebr. L. schlossen am einen Vertrag, demzufolge die mitbeteiligte Partei gehalten wurde, alle ihre Erzeugnisse an die Fa. Gebr. L. zum Selbstkostenpreis abzugeben, soweit diese Firma die Erzeugnisse für den Eigenbedarf benötigt. Die Mehrerzeugung konnte die mitbeteiligte Partei auf eigene Rechnung verkaufen. Die mitbeteiligte Partei verpflichtete sich hingegen, für den Inlandabsatz in Österreich nur Portlandzement oder sonstigen Spezialzement der Fa. Gebr. L. zu verwenden.
Mit Eingabe an das Finanzamt S. vom beantragte die mitbeteiligte Partei die Anerkennung eines Organschaftsverhältnisses zwischen ihr und der Firma Gebr. L. Sie behauptete, die zuletzt genannte Unternehmung sei die Muttergesellschaft und sie selbst sei die Tochtergesellschaft, weil sie in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht von der Fa. Gebr. L. abhängig sei. Im Zusammenhang mit der Festsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1954, 1955, 1956 und 1957 wurde die Organschaft mit der Begründung verneint daß die Abhängigkeit der Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft in finanzieller Hinsicht nicht gegeben sei. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, daß die Gesellschafter der mitbeteiligten Partei am ihre Anteile an dieser an die Fa. Gebr. L. - es handelt sich um eine Kommanditgesellschaft - abtraten. Seither ist die geltend gemachte Organschaft auch vom Finanzamt anerkannt.
In den Berufungen gegen die für die Jahre 1954 bis 1957 ergangenen Umsatzsteuerbescheide führte die mitbeteiligte Gesellschaft aus, ihre Gründung sei zu dem Zweck erfolgt, einen Teil des Vermögens der Kommanditgesellschaft vor eventuellen Zugriffen einer Besatzungsmacht zu schützen. Die österreichischen Gesellschafter der Kommanditgesellschaft seien nach außen hin als Eigentümer der mitbeteiligten Gesellschaft aufgeschienen, im Innenverhältnis aber nur Treuhänder des Gesamtvermögens der Kommanditgesellschaft gewesen. Was sich hinter der Gründung der mitbeteiligten Gesellschaft tatsächlich verborgen habe, ginge aus dem Abtretungsvertrag vom hervor, durch welchen der Kommanditgesellschaft sämtliche Anteile der mitbeteiligten Gesellschaft übertragen worden seien. In diesem Vertrage sei auch ausgeführt, daß die Gründung durch die österreichischen Gesellschafter nur treuhändig erfolgt und daß sie daher ein Scheingeschäft gewesen sei, das gemäß § 5 des Steueranpassungsgesetzes vom , DRGBl. I S. 925, für die Besteuerung ohne Bedeutung sei. Hinter dem Scheingeschäft, nämlich der Gründung der mitbeteiligten Gesellschaft durch die österreichischen Gesellschafter der Kommanditgesellschaft, habe sich das Rechtsgeschäft der Beteiligung sämtlicher Gesellschafter der Kommanditgesellschaft an der mitbeteiligten Gesellschaft verborgen. Dieses verborgene Geschäft sei der Besteuerung zugrunde zu legen.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Einspruchsbescheid ab und führte begründend aus, daß im Gegensatz zu den Behauptungen der mitbeteiligten Gesellschaft das erforderliche Gründungskapital den Gründern nicht von der Kommanditgesellschaft treuhändig zur Verfügung gestellt, sondern von diesen aus eigenen Mitteln aufgebracht worden sei. Dementsprechend sei auch erst anläßlich der Abtretung der Anteile im Jahre 1958 die Gutschrift für das aufgewendete Gründungskapital auf den Privatkonten der Gründer der mitbeteiligten Gesellschaft bei der Kommanditgesellschaft erfolgt. Da weder durch einen Treuhandvertrag noch durch einen protokollierten Beschluß der Gesellschafter nachgewiesen werden könne, daß die Gründung der mitbeteiligten Gesellschaft im Treuhandverhältnis auf Rechnung und Gefahr der Kommanditgesellschaft erfolgt sei, sehe das Finanzamt den Nachweis des Vorliegens einer finanziellen Abhängigkeit gegenüber der Kommanditgesellschaft erst durch den am geschlossenen Abtretungsvertrag als erbracht und daher erst ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Z. 2 des Umsatzsteuergesetzes vom , DRGBl. I S 942 (UStG 1934), als erfüllt an.
Die Berufungskommission bei der Finanzlandesdirektion für Salzburg, deren Entscheidung von der mitbeteiligten Partei erbeten wurde, gab dem Rechtsmittel am Folge. Die Rechtsmittelinstanz erkannte an, daß die Gründung der mitbeteiligten Partei im Jahre 1947 durch die österreichischen Gesellschafter der Fa. Gebr. L. ein Scheingeschäft gewesen sei. Das verdeckte Geschäft sei die Gründung dieser Gesellschaft durch alle Gesellschafter der genannten Unternehmung gewesen. Nach außenhin seien zwar nur die österreichischen Gesellschafter der Fa. Gebr. L. aufgetreten, im Innenverhältnis seien diese Gesellschafter jedoch nur Treuhänder aller Gesellschafter dieser Firma gewesen. Die durch das Scheingeschäft verdeckte wahre Gestaltung der Rechtsverhältnisse hätte die Grundlage für die Beteuerung zu bilden.
Der Verwaltungsgerichtshof, in der Sache vom Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Salzburg angerufen, hob diesen Bescheid mit seinem Erkenntnis vom , Zl. 2135/61, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf. Er verneinte das Vorliegen eines Scheingeschäftes, da der Vertrag vom wirklich gewollt gewesen sei. Dieser sei vielmehr als Umgehungsgeschäft, dem der Charakter eines Treuhandvertrages zukomme, der Besteuerung zugrunde zu legen. Für die Zurechnung von Treuhandgeschäften bestimme § 11 Z. 2 und 3 des Steueranpassungsgesetzes zwar, daß Wirtschaftsgüter, die zu treuen Händen übereignet oder zu treuen Händen erworben worden seien, soweit nichts anderes bestimmt ist, dem Treugeber zugerechnet werden. Diese Bestimmung gelte aber für den Bereich des Umsatzsteuergesetzes, das Verkehrsvorgänge erfasse, nur im übertragenen Sinne. Der Gerichtshof bejahte in der Folge, daß an sich im Umsatzsteuerrecht auch Umsätze von juristischen Personen für einen anderen erbracht werden könnten. Dem sei jedoch eine Grenze gesetzt, und zwar einerseits im Hinblick auf die §§ 164 und 166 AO, durch die die Erbringung eines Nachweises verlangt worden sei, und anderseits durch § 2 UStG 1934, der bestimmt habe, unter welchen Voraussetzungen natürliche und juristische Personen auf dem Gebiete des Umsatzsteuerrechtes ihre gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig, d. h. für einen anderen Unternehmer ausüben könnten. Der Gerichtshof schloß, daß es Pflicht des Treuhänders sei, seine Aufzeichnungen so einzurichten, daß er der Finanzverwaltung gegenüber den Nachweis des fiduziarischen Rechtsverhältnisses erbringen könne. Sei dies nicht möglich und könne der Nachweis der Treuhandschaft nicht geführt werden, dann müßten die fiduziarischen Umsätze dem Unternehmer zugerechnet werden, der sie formell erbracht habe.
Von der Finanzlandesdirektion Salzburg zur weiteren Ergänzung des Berufungsvorbringens aufgefordert, gab die mitbeteiligte Partei z. T. unter Wiederholung ihres schon bekannten Vorbringens bekannt, daß ihre Gründung zu dem Zweck erfolgt sei, einen Teil der Firma Gebr. L. vor drohenden Zugriffen einer früheren Besatzungsmacht zu schützen. Die gründenden österreichischen Gesellschafter dieser Firma seien im Namen und für Rechnung der anderen Gesellschafter bzw. der Firma selbst aufgetreten. Die Gründung der mitbeteiligten Partei sei daher treuhändig erfolgt. Schon den Berufungen gegen die in Rede stehenden Umsatzsteuerbescheide seien entsprechende Beweismittel beigelegt worden, so z. B. ein Schreiben des Gesellschafters Werner L. (des Vertreters der österreichischen Gesellschafter) ddto. . Darin teilte der Genannte (wie eine in den Verwaltungsakten erliegende Abschrift dieses Schreibens aufzeigt) seinem Vater Otto L. mit, daß wegen einer möglichen Beschlagnahme der Versuchsabteilung der Fa. Gebr. L. erwogen werde, diese Abteilung in eine eigene österreichische Gesellschaft umzuwandeln bzw. eine eigene Gesellschaft mit beschränkter Haftung der österreichischen Kommanditisten der Fa. Gebr. L. zu gründen. Werner L. fügte dem bei, daß es "natürlich" vorgesehen sei, nach Eintritt normaler Verhältnisse diese Gesellschaft wieder aufzulösen oder in das Eigentum aller Kommanditisten zu überführen. Es solle sich bei dieser Lösung keiner der österreichischen Teilnehmer "zugunsten" der anderen bereichern, der Plan solle nur zur Sicherung gegen einen eventuellen Eingriff verwirklicht werden, sei es von Seite der Besatzungsmacht, sei es von Seite des österreichischen Staates. Richtig gesehen seien also die österreichischen Kommanditisten der neu gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nur stellvertretende Sachwalter für ein Vermögen gewesen, das allen Gesellschaftern gehörte. In seiner Antwort (auf die sich die mitbeteiligte Partei ebenfalls berufen hatte) gab Otto L. am bekannt, daß er bei seiner Gruppe und bei so vielen Kommanditisten, als er in Kenntnis setzen habe können, auf keinen Widerstand gegen den Plan der Gründung der mitbeteiligten Partei gestoßen sei. Er erklärte sich mit der Gründung, an denen nur österreichische Gesellschafter der Firma Gebr. L. beteiligt seien, einverstanden. Er erbat einen Durchschlag vom Gründungsprotokoll. Der entsprechende Notariatsakt vom wurde Otto L. sodann mit Schreiben vom übermittelt, das auch die Mitteilung enthielt, daß alle Teilhaber der mitbeteiligten Partei die Erklärung abgegeben hätten, keinen Gewinn aus dieser Gesellschaft für sich zu beanspruchen. Sie betrachteten sich vielmehr nur als Sachwalter des Familienvermögens.
Die mitbeteiligte Partei wies in ihrer Vorhaltsbeantwortung ferner auf ein Schreiben des Otto L. vom hin, inhaltlich dessen der Genannte als Vorsitzender der ausländischen Kommanditistengruppe bestätigt habe, daß er von allen Kommanditisten im Ausland die Zustimmung zur Gründung der mitbeteiligten Partei im aufgezeigten Rahmen erhalten hätte. Daraus ergäbe sich, daß eine Treuhandvereinbarung im Rechtssinne zustandegekommen sei, für die nach österreichischem Recht Formfreiheit bestehe. Der Vertrag sei durch das Anbotschreiben Werner L. vom und durch das Annahmeschreiben Otto L. vom zustandegekommen. In einem Protokoll der Gesellschafter der mitbeteiligten Partei vom , das in "Erwartung der Verlassenschaftsabhandlung nach dem verstorbenen Rudolf Sch."(einem der gründenden Gesellschafter der mitbeteiligten Partei) aufgesetzt worden sei, sei das Treuhandverhältnis ausdrücklich bestätigt worden, in dem es zuerst heißt, daß alle Gesellschafter mit der Übertragung des dem Verstorbenen gehörigen Anteiles an der mitbeteiligten Partei an die Witwe des Genannten Ilse Sch. einverstanden seien. Ferner wird festgehalten, daß alle Gesellschafter der mitbeteiligten Partei dabei verbleiben, hinsichtlich ihrer Anteile an dieser Unternehmung nur Darlehensgeber der Fa. Gebr. L. zu sein. In diesem Protokoll steht im übrigen zu lesen, daß bei der Gründung der mitbeteiligten Partei vereinbart worden sei, daß von den einzelnen Gesellschaftern das Gründungskapital zu gleichen Anteilen aus privaten Mitteln zur Verfügung gestellt worden sei. Durch den Abtretungsvertrag vom sei der Treuhandvertrag sodann ausdrücklich aufgedeckt, die frühere Vereinbarung authentisch ausgelegt und es seien, dem ursprünglichen Parteiwillen entsprechend, die Anteile der mitbeteiligten Partei der Fa. Gebr. L. bzw. den Gesellschaftern derselben abgetreten worden. In diesem Vertrag wird auch behauptet, daß - entsprechend der ursprünglichen Vereinbarung - die Geschäftsführung der mitbeteiligten Partei jeweils nach Weisungen der Geschäftsführung der Firma Gebr. L. erfolgt sei. Dementsprechend sei auch von den abtretenden Gesellschaftern kein Reingewinn bezogen worden. Die Abtretung der Geschäftsanteile sei entsprechend dem Treuhandverhältnis ohne Gegenleistung erfolgt. Die mitbeteiligte Partei führte weiter aus, daß für ihre Gründer weder Verlustgefahr noch Gewinnsthoffnung bestanden habe, diese hätten nur die nachträgliche Verzinsung (6 %) der vorgestreckten Einlagen verlangt und erhalten. Die Aufdeckung des Treuhandverhältnisse hätte erst erfolgen können, als die Rückübertragung der ehemaligen deutschen Vermögenswerte durch die Republik Österreich als gesichert angesehen werden habe können. Das sei frühestens im Jahre 1958 der Fall gewesen, weil früher auch die österreichische Verwaltung in vielerlei Hinsicht durch das Eingreifen ausländischer Kräfte und Mächte gehemmt gewesen sei. Deshalb sei das Treuhandverhältnis auch in den Büchern und Bilanzen der mitbeteiligten Partei nicht zum Ausdruck gekommen. Zwei der Gründer der mitbeteiligten Partei (Adolf Z. und Dr. Ing. Robert O.), die auch seit jeher persönlich haftende Gesellschafter der Fa. Gebr. L. gewesen seien, seien im Jahre 1949 zu öffentlichen Verwaltern der Fa. Gebr. L. bestellt worden, hätten daher auch zu 100 % diese Firma in der Gesellschafterversammlung der mitbeteiligten Partei vertreten.
Mit der Entscheidung des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom ist dem Rechtsmittel neuerlich Folge gegeben worden. Die Rechtsmittelbehörde setzt sich zunächst mit der Frage auseinander, ob der Verwaltungsgerichtshof die Rechtssache mit seinem Erkenntnis vom abschließend erledigt hat. Sie kommt zu dem Schluß, daß dem nicht so ist. Zur Sache selbst führt sie aus, daß die Berufungskommission nach eingehender Würdigung des vorliegenden Beweismaterials, und zwar der Verträge vom , vom und vom , der Schreiben vom , vom und vom , und schließlich des Protokolls vom und der Ergebnisse der mündlichen Berufungsverhandlung es sei nachgewiesen worden, daß das durch die Gesellschafter aus Privatmitteln aufgebrachte Stammkapital (S 20.000,--) ab dem Gründungstag mit 6 % verzinst und die Einzahlungen samt Zinsen anläßlich der Übertragung der Gesellschaftsanteile der mitbeteiligten Partei an die Fa. Gebr. L. im Jahre 1958 den Privatkonten der einzelnen Gesellschafter gutgebracht worden seien, zu der Auffassung gekommen sei, daß die behauptete Treuhandschaft für die strittigen Jahre durch die vorgelegten Aufzeichnungen und Erklärungen der steuerpflichtigen Partei als ausreichend glaubhaft gemacht bzw. als nachgewiesen anzusehen sei. Eine frühere Aufdeckung hätte wegen der Gefahr der Beschlagnahme des Vermögens der mitbeteiligten Partei durch die Besatzungsmacht nicht erfolgen können. Durch die in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung, daß von Anfang an ein Treuhandverhältnis zwischen den gründenden Gesellschaftern der mitbeteiligten Partei und der Fa. Gebr. L. bzw. deren Gesellschaftern als gegeben erachtet werde, sei nachgewiesen, daß die mitbeteiligte Partei dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet gewesen sei, daß sie keinen eigenen Willen gehabt habe (§ 2 Abs. 2 Z. 2 UStG, § 17 UStDB).
Der Präsident der Finanzlandesdirektion für Salzburg hat auch gegen diesen Bescheid des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion Salzburg vom Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhoben, in der er zunächst einwendete, daß der Verwaltungsgerichtshof die Rechtssache mit seinem Erkenntnis vom , Zl. 2135/61, endgültig erledigt habe. Selbst wenn dem aber nicht so sei, dann würde sich der Ersatzbescheid im wesentlichen wieder nur auf bereits im vorangegangenen Verfahren erbrachte Nachweise stützen. Entscheidende neue Beweismittel seien nicht vorgebracht worden. Es hätten auch keine erbracht werden können, weil es die erklärte Absicht der mitbeteiligten Partei gewesen sei, auch der Finanzbehörde gegenüber - anscheinend mangels Vertrauenswürdigkeit - die wahren Verhältnisse zu verheimlichen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Durchführung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Verhandlung erwogen:
Der beschwerdeführende Präsident hat sich - so wie die belangte Behörde - zuerst mit der Frage beschäftigt, ob der Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis vom die Rechtssache abschließend erledigt hat. Er vertritt die Auffassung, daß die Entscheidung endgültigen Charakter trage und macht der belangten Behörde damit eine Verletzung der Vorschrift des § 63 Abs. 1 VwGG 1965 zum Vorwurf, derzufolge die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einen bei ihm angefochtenen Bescheid aufhebt, verpflichtet sind, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Der Beschwerdeführer meint, der Verwaltungsgerichtshof habe im Vorerkenntnis abschließend zum Ausdruck gebracht, daß die mitbeteiligte Partei nicht den Nachweis erbracht habe, daß in den strittigen Jahren ein Organschaftsverhältnis der Fa. Gebr. L. bestanden habe. Er schließt dies einerseits aus dem Umstand, daß der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom nicht wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, sondern wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben hat, und anderseits auch aus dem Aufbau des zitierten Erkenntnisses selbst. Dieser Einwand des Beschwerdeführers ist indessen unberechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Vorerkenntnis in der Hauptsache mit der Annahme der belangten Behörde befaßt, es liege ein Scheingeschäft vor, das gemäß § 5 des Steueranpassungsgesetzes für die Besteuerung ohne Bedeutung sei, sodaß das verborgene Geschäft der Abgabenanforderung zugrunde zu legen sei. Der Gerichtshof hat darin das Vorliegen eines Scheingeschäftes verneint und der Auffassung der belangten Behörde die Rechtsmeinung entgegengehalten, daß sich Scheingeschäft und Treuhandgeschäft gegenseitig ausschlössen. Die Aufhebung des damals angefochtenen Bescheides erfolgte also, weil die belangte Behörde von einer unrichtigen Rechtsmeinung ausgegangen war. Daraus läßt sich aber nicht ableiten, daß der Gerichtshof damals auch schon das Vorliegen einer Organschaft im Sinne des § 2 UStG 1934 bzw. des § 17 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom , DRGBl. I S. 1935 (UStDB 1938), verneint hat, weil er allein schon wegen des von der belangten Behörde eingeschlagenen rechtlich verfehlten Weges zur Kernfrage im Hinblick auf § 41 VwGG 1965 gar nicht vorstoßen konnte. Ob im Streitfall eine Organschaft im Sinne der eben zitierten Rechtsvorschriften anzunehmen war, blieb der weiteren Beweisführung vorbehalten. Der Gerichtshof hat im Erkenntnis vom schließlich nur die - an sich selbstverständliche - Folgerung gezogen, daß dann, wenn die Erbringung des Nachweises eines fiduziarischen Rechtsverhältnisses nicht möglich sei oder ein solcher Nachweis nicht erbracht werde, die fiduziarischen Umsätze dem Unternehmer zugerechnet würden, der sie formell erbracht habe. Diese Folgerung in ihrer allgemeinen Formulierung hat aber keine Aussage darüber enthalten, daß im Streitfall ein solcher Nachweis bereits damals als mißglückt anzusehen gewesen ist. Ein Verstoß gegen § 63 VwGG 1965 kann demnach für den Streitfall darin, daß die belangte Behörde die Frage nach der Organschaft selbständig und ohne Bindung an eine Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes noch einmal in einer nie die mitbeteiligte Partei positiven Art und Weise zu lösen versuchte, nicht erblickt werden.
Allerdings ist die Frage - wie sich aus den folgenden Erwägungen ergeben wird - auch diesmal gesetzlich nicht einwandfrei beantwortet worden. Die belangte Behörde hat nämlich das Vorliegen einer Organschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 2 UStG 1934 auch in finanzieller Hinsicht allein aus der von ihr in freier Beweiswürdigung getroffenen Feststellung abgeleitet, daß von Anfang an eine Treuhandschaft zwischen der Fa. Gebr. L. bzw. deren Gesellschaftern und den gründenden Gesellschaftern der mitbeteiligten Partei anzunehmen sei. Ein solcher rechtlicher Schluß reicht aber zu der Annahme nicht aus, die gewerbliche Tätigkeit der mitbeteiligten Partei in den Jahren 1954 bis 1957 sei nicht selbständig ausgeübt worden, zumal ein Treuhandverhältnis in vielerlei Spielarten und graduellen Abstufungen in Erscheinung treten kann. Eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird zufolge § 2 Abs. 2 Z. 2 UStG 1934 (diese gesetzliche Bestimmung ist für den Streitfall in erster Linie maßgebend) nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, daß sie keinen eigenen Willen hat. Nach § 17 UStDB 1938 ist eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers dann derart untergeordnet, daß sie keinen eigenen Willen hat (Organgesellschaft), wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist. Voraussetzung hiefür ist aber - wie Plückebaum-Malitzky in ihrem Kommentar zum Umsatzsteuergesetz (8. Auflage, Bd. I, S. 277) ausführen -, daß rechtlich und tatsächlich eine vom Willen des herrschenden Unternehmens abweichende Willensbildung bei der Tochtergesellschaft nicht möglich ist. In Streit steht nur die Frage nach der finanziellen Eingliederung der mitbeteiligten Partei in die Fa. Gebr. L. Nach Lehre und Rechtsprechung ist eine solche dann gegeben, wenn der herrschende Unternehmer mittelbar oder unmittelbar über alle Anteile an der Organgesellschaft verfügt, sodaß er - entsprechend der Satzung des Organes - alle Gesellschaftsbeschlüsse entscheidend beeinflussen kann (vgl. Frühwald, Umsatzsteuergesetz (S. 17). In einem solchen Fall stellen die die Geschäfte der Tochtergesellschaft vollziehenden Organe sozusagen nur die verlängerte Hand des herrschenden Unternehmers dar.
Die belangte Behörde ist nun - wie sie sagt - in eingehender Würdigung des vorliegenden Beweismaterials zu der Auffassung gekommen, daß die behauptete Treuhandschaft für die strittigen Jahre durch die vorgelegten Aufzeichnungen und Erklärungen der steuerpflichtigen Partei als ausreichend glaubhaft gemacht bzw. als nachgewiesen anzusehen sei. Es mag nun dahingestellt bleiben, ob die von der belangten Behörde in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Vorliegens des in Rede stehenden Treuhandverhältnisses auf hiefür ausreichenden Beweisunterlagen beruht. Die Annahme eines Treuhandverhältnisses allein im Streitfalle genügt aber - wie oben schon angedeutet wurde - noch nicht zu der weiteren Annahme, daß die mitbeteiligte Partei schon vor 1958 unter dem entscheidenden Einfluß der Fa. Gebr. L.14 gestanden ist. Nun besteht zwar kein Bedenken gegen die Annahme der finanziellen Eingliederung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine Personengesellschaft, wenn die Geschäftsanteile der Tochtergesellschaft nicht der Personengesellschaft, sondern den Gesellschaftern derselben zustehen (vgl. wieder den Kommentar von Plückebaum-Malitzky, Bd.I, S. 279, und das an dieser Stelle zitierte Urteil des Reichsfinanzhofes). Es würde also auch im Streitfall der Annahme einer finanziellen Eingliederung der mitbeteiligten Partei in die Fa. Gebr. L. nicht entgegenstehen, daß die Geschäftsanteile der mitbeteiligten Partei nicht der Fa. Gebr. L., sondern deren Gesellschaftern zustanden. Wie aber unbestritten ist, waren nicht alle Gesellschafter dieser Unternehmung Gesellschafter der mitbeteiligten Partei, sondern ursprünglich nur acht, die insgesamt mit 29 v. H. am Vermögen der Fa. Gebr. L. beteiligt waren. Diese Minderheit schließt zunächst auch bei Annahme des in Rede stehenden Treuhandverhältnisses aus, daß die Fa. Gebr. L. dass herrschende Unternehmen gewesen ist. Denn bei einem Meinungsstreit über die Führung der mitbeteiligten Partei unter den Gesellschaftern der Fa. Gebr. L. hätte sich die Minderheit nicht durchgesetzt. Umgekehrt aber hätte die Mehrheit ihren Willen bei der mitbeteiligten Partei im Fall eines Auseinandergehens der Meinungen doch nur dann durchsetzen können, wenn sie sich auf dem Umweg über den Treuhandvertrag zunächst einmal in rechtlicher Hinsicht einen solchen Einfluß auf die Geschäftsführung der mitbeteiligten Partei gesichert hätte, daß nach der Lage des Falles von einem eigenen Willen der mitbeteiligten Partei nicht mehr die Rede sein hätte können. Daß dies so gewesen wäre, hat die mitbeteiligte Partei allerdings behauptet. So wird z. B. im Abtretungsvertrag vom festgehalten, daß, entsprechend der ursprünglichen Vereinbarung, die Geschäftsführung der mitbeteiligten Partei jeweils nach Weisungen der Geschäftsführung der Fa. Gebr. L. erfolgt sei. Den übrigen Urkunden, vor allem jenen, die aus der Zeit der Gründung der mitbeteiligten Partei stammen, kann das Vorliegen eines solchen Einflusses der Fa. Gebr. L. nicht entnommen werden. Weder aus dem Schreiben des Werner L. vom noch aus der Antwort des Otto L. vom und auch nicht aus dem Protokoll der österreichischen Gesellschafter vom läßt sich für den Inhalt des Treuhandverhältnisses etwas derartiges gewinnen. Auch die Verträge vom und vom decken die gegenseitigen, sich aus dem Treuhandverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten nicht auf. Auf diese kommt es aber im wesentlichen an, denn nur aus der gegenseitigen Abwägung der Rechte und Pflichten zwischen Treugeber und Treuhänder kann festgestellt werden, ob eine juristische Person auf dem Umweg über den Treuhänder vom Treugeber so beherrscht wird, daß sie keinen eigenen Willen hat. Wenn die mitbeteiligte Partei darauf hinweist, daß zwei ihrer Gesellschafter im Jahre 1949 zu öffentlichen Verwaltern der Fa. Gebr. L. bestellt worden seien, und daß daher die Fa. Gebr. L. die mitbeteiligte Partei zu 100 % beherrscht habe, so kann auch daraus für den Rechtsstandpunkt der beschwerdeführenden Partei nichts entscheidendes gewonnen werden. Denn es hätte dazu bewiesen werden müssen, daß diese beiden Gesellschafter hinwiederum einen beherrschenden Einfluß bei der mitbeteiligten Partei besessen haben, sodaß auch bei dieser Unternehmung der Wille des öffentlichen Verwalters entschieden hätte. Darüber und überhaupt über die Art und den rechtlichen Inhalt der Treuhandvereinbarung hat die mitbeteiligte Partei keine näheren Hinweise gegeben, geschweige denn Beweisanträge gestellt.
Aus all dem ergibt sich, daß die mitbeteiligte Partei ein Organschaftsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 2 UStG 1934 nicht bewiesen hat. Es wäre Sache dieser Partei gewesen, ein solches nachzuweisen oder zumindest Beweise darüber anzubieten. Die mitbeteiligte Partei hat nach dem Gesagten also der Abgabenbehörde nicht dargetan, daß sie ihre gewerbliche Tätigkeit in den Jahren 1954 bis 1957 nicht selbständig ausgeübt hat. Im Sinne des bereits zitierten Vorerkenntnisses der Verwaltungsgerichtshofes vom sind daher die von ihr getätigten als fiduziarisch hingestellten Umsätze ihr selbst zuzurechnen. Der angefochtene Bescheid, der von einer unrichtigen Rechtsansicht getragen ist, war demnach im Grunde des § 42 Abs. 2 lite a VwGG 1965 aus dem Rechtsbestande zu beseitigen.
Wien, am
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 3467 F/1966 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1966:1964002092.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-58035