VwGH 31.10.1979, 2090/79
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Ausführungen darüber, daß die Verwaltungsbehörden den rechtsverbindlichen (normativen) Inhalt ihres Spruches auf die Meldung von Straßenaufsichtsorganen stützen dürfen, insolange dieses Beweismittel ausreichend scheint und nicht etwa besondere Bedenken dagegen geltend gemacht werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Mag. Kobzina, Dr. Salcher, Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gancz, über die Beschwerde des Dr. JP, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MDR-P 7, 9, 10 11/79/Str., betreffend Verwaltungsübertretungen (Parkometergesetz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer mit vier Straferkenntnissen des Magistrates der Stadt Wien vom 16. und für schuldig erkannt, am 4., 25. und sowie am das mehrspurige Kraftfahrzeug W 608.257 in einem bestimmt angegebenen Zeitraum ohne Entrichtung der Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben. Er habe dadurch jeweils eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien, Nr. 47/1974, begangen. Gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. wurde gegen den Beschwerdeführer in jedem Fall eine Geldstrafe in Höhe von S 500,--
verhängt, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von je 18 Stunden zu treten hat.
Den dagegen erhobenen Berufungen vom gab die Wiener Landesregierung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge und bestätigte die bekämpften Straferkenntnisse. In der Begründung des Berufungsbescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, in den vorliegenden Fällen gehe aus Anzeigen von Straßenaufsichtsorganen der Bundespolizeidirektion Wien hervor, daß der am um 15.50 Uhr in Wien I, Hegelgasse 10, am um 12.00 Uhr in Wien I, Himmelpfortgasse gegenüber 31, am um 12.25 Uhr in Wien I, Himmelpfortgasse 33 und am um 12.15 Uhr in Wien I., Fichtegasse 8, jeweils in einer Kurzparkzone abgestellte Pkw W nnn.nnn nicht mit einem nach § 2 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. für Wien Nr. 5, richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet gewesen sei. Der Beschwerdeführer bestreite das ihm zur Last gelegte Verhalten und bringe vor, die Behörde hätte die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens veranlassen müssen. Bei dem Beschwerdeführer handle es sich um den Zulassungsbesitzer des genannten Personenkraftwagens. Der Beschwerdeführer habe gar nicht behauptet, daß er den Pkw zu den angegebenen Zeiten einer anderen Person überlassen habe. Die Behörde habe daher davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer den Pkw jeweils selbst in der Kurzparkzone abgestellt habe. Der Beschwerdeführer habe im ganzen Verfahren keinen Anhaltspunkt aufgezeigt, der auf einen Irrtum der Meldungsleger hinweisen würde. Die Angaben der Meldungsleger seien klar, deutlich und frei von Widersprüchen. Von einem im Straßenaufsichtsdienst geschulten Organ müsse erwartet werden können, daß es den Sachverhalt richtig wiedergebe. Es bestehe auch kein Grund, an der Objektivität der Meldeleger zu zweifeln und seien diese zur Angabe der Wahrheit verpflichtet. Der Beschwerdeführer sei hingegen in seiner Verantwortung völlig frei und habe seine mit den glaubhaften Angaben der Meldungsleger in Widerspruch stehenden Behauptungen durch keinerlei Beweismittel erhärtet. Aus diesen Gründen sehe es die belangte Behörde als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer Parkscheine nicht entwertet und sohin die Parkometerabgabe nicht entrichtet habe. Dadurch habe er die Abgabe zumindest fahrlässig verkürzt, da er den entstandenen Nachteil bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermeiden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in dem Recht verletzt, nicht bestraft zu werden. In Ausführung des so aufzufassenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer im Einklang mit der rechtlichen Argumentation im Administrativverfahren vor, die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften verletzt, da sie im Zuge eines Ermittlungsverfahrens die Meldungsleger hätte vernehmen müssen, um eine hinreichende Tatsachengrundlage für den maßgebenden Sachverhalt zu gewinnen.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen. Gemäß § 1 Abs. 1 des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, kann der Gemeinderat für das Abstellen von mehrspurigen Fahrzeugen in Kurzparkzonen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen die Entrichtung einer Abgabe vorschreiben. Nach der Anordnung des Abs. 3 der zitierten Gesetzesstelle hat jeder Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Anordnung nach Abs. 1 getroffen wurde, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Entrichtung hat in der im § 2 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. für Wien Nr. 5, normierten Form zu erfolgen. Nach § 4 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom , Pr.Z. 491, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom , Heft Nr. 12, ist die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines entrichtet.
Allein darüber, ob die belangte Behörde die sich auf der Grundlage des § 1 Abs. 3 Parkometergesetz stellende Rechtsfrage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe dem Gesetz gemäß beantwortete, geht der vorliegende Rechtsstreit. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe setzt nach der zitierten Gesetzesstelle das Vorliegen des Abstellens eines mehrspurigen Fahrzeuges in einer Kurzparkzone voraus.
Gemäß § 254 FinStrG gilt für den Bereich des landesgesetzlichen Abgabenstrafrechtes das Verwaltungsstrafgesetz 1950. Gemäß § 39 Abs. 2 AVG 1950 hat die Behörde, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, von Amts wegen vorzugehen und unter Beachtung der in diesem Teil des Gesetzes enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen; sie kann insbesondere auch eine mündliche Verhandlung nach den Bestimmungen der §§ 40 bis 44 von Amts wegen oder auf Antrag durchführen, sie hat sich bei allen diesen Verfügungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen. Nach der Anordnung des § 45 Abs. 2 AVG 1950 hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Im Grunde des § 46 AVG 1950 kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Gemäß § 24 VStG 1950 finden die vorgenannten Bestimmungen auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung.
Es ist daher Sache der Behörde, die einzelnen Beweismittel nach ihrer Zweckdienlichkeit für die Erfüllung der Pflicht der Behörde zur Ermittlung der materiellen Wahrheit unter Berücksichtigung der nach Lage des Falles gebotenen Zweckmäßigkeit und Verfahrensökonomie auszuwählen. Dabei ist die Behörde in der Auswahl der Beweismittel nicht beschränkt, da grundsätzlich von der Gleichwertigkeit aller Beweismittel auszugehen ist. Solcherart ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die Verwaltungsbehörden den rechtsverbindlichen (normativen) Inhalt ihres Spruches auf die Meldung von Straßenaufsichtsorganen stützen, insolange dieses Beweismittel ausreichend scheint und nicht etwa besondere Bedenken dagegen geltend gemacht werden. Solche besondere Bedenken wurden jedoch vom Beschwerdeführer nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens - trotz der ihm hiezu nach § 40 VStG 1950 gebotenen Gelegenheit - nicht geltend gemacht. Der Beschwerdeführer hat seine Verantwortung darauf beschränkt, das ihm zur Last gelegte Verhalten jeweils zu bestreiten. Die bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden Organstrafverfügungen betreffen alle das mehrspurige Kraftfahrzeug W nnn.nnn, Marke Saab, Farbe blau. Zu Bedenken gegen die vorliegenden Beweismittel bestand daher kein Anlaß, sodaß die belangte Behörde nicht rechtswidrig handelte, wenn sie ihre Tatsachenfeststellungen auf die Angaben der Straßenaufsichtsorgane stützte, zumal der Beschwerdeführer zu seiner Rechtfertigung in keinem Stadium des Verfahrens konkret darzulegen versuchte, aus welchem Grunde er die Aussagen der Organwalter als zu Unrecht erfolgt ansehen müsse, etwa daß er zur Tatzeit gar nicht Lenker des Kraftfahrzeuges gewesen sei. Solcherart durfte die belangte Behörde daher in den vorliegenden Fällen die Vernehmung der Straßenaufsichtsorgane als Zeugen, weil zur Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht erforderlich, unterlassen.
Den mit der Verwaltung der Parkometerabgabe betrauten Behörden der Stadt Wien obliegt es, die Abgabenfestsetzung den gesetzlichen Vorschriften entsprechend durchzuführen. Diese Pflicht dient nicht nur fiskalischen Belangen, d.h. um dem Abgabengläubiger die Geldmittel zu verschaffen, die er zur Erfüllung seiner in § 5 des Parkometergesetzes normierten Aufgaben benötigt. Sie dient auch der Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, der Steuergerechtigkeit und der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen. Zur Durchführung dieser Aufgabe trifft die Abgabenbehörden der Stadt Wien gemäß § 89 f der Wiener Abgabenordnung - WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, eine grundsätzlich unbeschränkte Ermittlungspflicht, deren Korrelat die Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten der Abgabepflichtigen sind (§ 92 WAO). Im Beschwerdefall brachte der Beschwerdeführer keine konkreten Angaben vor, die Zweifel an den Anzeigen der Meldungsleger begründen könnten, sodaß es der belangten Behörde nicht als Rechtswidrigkeit angelastet zu werden vermag, daraus im Wege der Beweiswürdigung den Schluß gezogen zu haben, es liegen in Wahrheit keine Gründe vor, die eine Tatbestandsverwirklichung durch den Beschwerdeführer ausschließen.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet. Sie war daher gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 316/1976 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Ermittlungsverfahren Allgemein freie Beweiswürdigung Beweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte Zeugenaussagen |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1979:1979002090.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-58029