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VwGH 13.07.1978, 2077/77

VwGH 13.07.1978, 2077/77

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
WRG 1959 §39 Abs1;
WRG 1959 §9 Abs2;
RS 1
Unter den im § 39 Abs1 WRG1959 genannten sich ansammelnden oder darüber fließenden Gewässern sind Tagwässer im Sinne des § 9 Abs 2 WRG1959, nicht aber das Grundwasser zu verstehen.
Normen
VStG §44a litb;
VStG §44a Z2 impl;
WRG 1959 §39 Abs1;
RS 2
Wurde der Beschuldigte der konsenslosen Entnahme von Sand und Schotter "im Grundwasserschwankungsbereich" für schuldig befunden, so hat die Strafbehörde dadurch, daß sie dieses Verhalten unter § 39 Abs1 WRG 1959 subsumiert hat, gegen § 44 a lit b VStG 1950 verstoßen und den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Normen
WRG 1959 §38 Abs1;
WRG 1959 §38 Abs3;
RS 3
Ausführungen zum Begriff des Hochwasserabflußbereiches nach § 38 Abs 1 und Abs 3 WRG 1959. (Hinweis auf E vom , 0754/64, VwSlg 6486 A/1964.)
Norm
WRG 1959 §38 Abs1;
RS 4
Werden im Hochwasserabflußbereich Schotterschüttungen durchgeführt, so fallen derartige Ausschüttungen unter dem Begriff "andere Anlagen" des § 38 Abs 1 WRG.
Normen
WRG 1959 §137 Abs1;
WRG 1959 §38 Abs1;
WRG 1959 §38 Abs3;
WRG 1959 §39 Abs1;
RS 5
Bei einer Bestrafung nach dem WRG ist nicht nur § 39 Abs 1 bzw. § 38 Abs1 WRG sondern auch § 137 Abs 1 WRG anzuführen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Schima, Dr. Salcher, Dr. Hoffmann und DDr. Hauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Weitzer, über die Beschwerde des AL in B, vertreten durch Dr. Christoph Haffner, Rechtsanwalt in Amstetten, Burgfriedstraße 17, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. III/1-18.003-1977, betreffend Bestrafung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes insoweit aufgehoben, als der Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 39 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 bestraft worden ist. Im übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.320,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren an Aufwandersatz wird teils zurückgewiesen, teils abgewiesen.

Begründung

Am fand in Gegenwart des Beschwerdeführers eine von der Bezirkshauptmannschaft Melk anberaumte mündliche Verhandlung statt. Als Verhandlungsgegenstand war die Errichtung von Anlagen im Hochwasserabflussbereich eines fließenden Gewässers sowie die Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse angeführt. Im "Sachverhalt" wurde festgehalten, es sei bei der Überprüfung festgestellt worden, dass auf den Grundstücken Nr. 161/1, 162/1 und 1176/24 der Katastralgemeinde X, Gerichtsbezirk Ybbs, Schotteraufschüttungen durchgeführt worden seien. Diese Schüttungen hätten Mächtigkeiten von einigen Dezimetern bis maximal etwa 1 1/2 m erreicht. Außerdem sei zum Zwecke dieser Schotterschüttungen Kies und Schotter auf einer der obangeführten Parzellen entnommen worden, wobei das Grundwasser freigelegt worden sei. Laut Aussage eines Gemeindevertreters befänden sich die gegenständlichen Parzellen im Hochwasserabflussbereich der Ybbs. Die Schotteraufschüttungen seien wahrscheinlich zum Zweck der Errichtung einer Straße durchgeführt worden. Da es sich bei diesen um Bauten im Hochwasserabflussbereich der Ybbs handle und außerdem die natürlichen Abflussverhältnisse verändert worden seien, wären diese Maßnahmen gemäß dem Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215 (WRG), bewilligungspflichtig. Dies gelte auch für die Entnahme von Sand und Schotter, wenn die Entnahme im Grundwasserschwankungsbereich erfolge.

Unter anderem wurde der Verhandlung ein Amtssachverständiger vom niederösterreichischen Gebietsbauamt St. Pölten beigezogen.

Der Beschwerdeführer verantwortete sich dahingehend, dass seine Straßenarbeiten nur geringfügige Veränderungen im ursprünglichen Gelände verursachen würden. Die Grundstücke lägen nicht im Abflussbereich des Ybbsflusses, sondern würden nur vom Rückstau des Hochwassers eventuell beeinträchtigt. Außerdem sei das Laabengerinne in keiner Weise verkleinert worden, sodass die Hochwasserentlastung vom Mühlbach nicht beeinträchtigt worden sein könne. Die geringfügigen Aufschüttungsarbeiten stellten einen Hochwasserschutz für den Ausee III dar. Eine Gefahr für dieses Gebiet bezüglich eines Hochwasserrückstaues sei nach wie vor die Herstellung der neuen Ybbsbrücke samt den dazugehörigen Straßenanlagen in Günzing. Falls durch den Beschwerdeführer eine Beeinträchtigung des Rückstaugebietes stattfinden sollte, könnte dies nur in Bruchteilen von Promille ausgedrückt werden, bezogen auf das Überschwemmungsgebiet des Ybbsflusses.

Die meisten übrigen Verhandlungsteilnehmer teilten den Standpunkt des Beschwerdeführers nicht. Der Amtssachverständige vertrat die Ansicht, dass die bestehenden Anlagen gemäß §§ 38 und 39 WRG 1959 bewilligungspflichtig seien, weshalb vom Beschwerdeführer als Grundeigentümer entsprechende Einreichunterlagen der Wasserrechtsbehörde vorzulegen seien. Diese Unterlagen hätten außer den übrigen Einreichungsunterlagen einen hydraulischen Nachweis in Form einer Wasserspiegellagenberechnung zu enthalten, woraus eindeutig hervorgehe, dass eine Gefährdung der umliegenden Grundstücke nicht stattfinde. Außerdem wären hydraulische Berechnungen über die sicherlich notwendigen Rohrdurchlässe in der etwa senkrecht zur Ybbs verlaufenden Straße zu erbringen.

Am erließ die Bezirkshauptmannschaft Melk an den Beschwerdeführer die Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter. Ihm wurde zur Last gelegt, bis ohne Bewilligung der Wasserrechtsbehörde Sand und Schotter im Grundwasserschwankungsbereich entnommen und weiters Schotterschüttungen von Dezimeterhöhe bis etwa maximal 1,5 m im Hochwasserabflussbereich der Ybbs durchgeführt zu haben.

Nach Erhebung der Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers erließ die Bezirkshauptmannschaft Melk mit Datum ein Straferkenntnis. Der Beschwerdeführer wurde für schuldig erkannt, bis auf den Grundstücken Nr. 161/1, Nr. 162/1 und Nr. 1176/24 der Katastralgemeinde X ohne Bewilligung der Wasserrechtsbehörde a) Sand und Schotter im Grundwasserschwankungsbereich entnommen, b) weitere Schotterschüttungen von einigen Dezimetern bis maximal etwa 1,5 m im Hochwasserabflussbereich der Ybbs durchgeführt und dadurch je eine Verwaltungsübertretung gemäß § 39 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 WRG 1959 begangen zu haben.

Gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Melk gegen den Beschwerdeführer zu a) und

b) je eine Geldstrafe von S 20.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit je 10 Tage Arrest.

Die Verwaltungsbehörde erster Instanz begründete ihren Bescheid damit, dass die fraglichen Bauten im Hochwasserabflussbereich der Ybbs vorgenommen worden seien und dadurch auch eine Änderung in den natürlichen Abflussverhältnissen des Wassers eingetreten sei. Daher wären die Bauten gemäß den Vorschriften des Wasserrechtsgesetzes 1959 bewilligungspflichtig gewesen. Eine wasserrechtliche Bewilligung besitze aber der Beschwerdeführer hiefür nicht. Das gegenständliche Verfahren sei ohne Anhörung des Beschwerdeführers durchgeführt worden, weil er von der ihm gebotenen Möglichkeit, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht habe.

Gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. Er brachte vor, dass sich seine Grundstücke nicht im "Hochwasserabflussgebiet der Ybbs im Sinne des § 38 Abs. 3" WRG 1959 befänden, "da diese Grundflächen nur im Inundationsgebiet der Ybbs liegen und nur bei extremen Hochwasser wie im Jahre 1975 geringfügig und nur teilweise überflutet werden". Auch eine Übertretung des § 39 WRG 1959 könne dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt werden. Eine Gefährdung anderer Grundstücke sei nicht zu befürchten und auch durch das Gelände bedingt gar nicht möglich. Bezüglich der Entnahme von Kies aus dem Grundwasserschwankungsbereich bemerkte der Beschwerdeführer, dass dieses Kiesmaterial nur für den Eigenbedarf zur Anlage eines Wirtschaftsweges verwendet worden sei. Die Entnahmestelle sei wieder mit entsprechenden Aushubmaterialien von Baustellen usw. gefüllt worden. Geringfügige Veränderungen im Inundationsgebiet weit ab vom Hochwasserstrom könnten keine wie immer gearteten Auswirkungen haben. Das Verfahren sei gegen ihn, den Beschwerdeführer, auch mangelhaft geführt worden, er habe nicht an Ort und Stelle die nötigen Aufklärungen geben können. In anderen analogen Fällen seien ohne wasserrechtliche Bewilligung ähnliche Veränderungen vorgenommen worden. Diese Tatsachen hätten den Beschwerdeführer zur Annahme veranlasst, dass die Veränderungen im Gelände behördlich bekannt seien und keiner wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Landeshauptmann von Niederösterreich der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 und § 51 VStG 195 nicht Folge gegeben.

Diesen Berufungsbescheid hat die Verwaltungsbehörde zweiter Instanz im wesentlichen wie folgt begründet:

Auf Grund der Ergebnisse der örtlichen Verhandlung vom sei das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Melk zu Recht ergangen. Unter Hinweis auf § 38 Abs. 1 WRG 1959 hielt die Berufungsbehörde dem Beschwerdeführer entgegen, es sei auf Grund einer Ermittlung bei der Abteilung B/3-A des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung festgestellt worden, dass sich die genannten Grundstücke im Abflussbereich eines 17-jährigen Hochwassers befänden. Die Tatsache, dass sich diese Grundstücke im Hochwasserabflussbereich der Ybbs befänden, sei bereits seinerzeit durch den Vertreter der betreffenden Abteilung anlässlich der zitierten Lokalverhandlung festgestellt worden. Diese Ermittlung sei nunmehr präzisiert worden. Daher unterlägen die vom Beschwerdeführer getroffenen Maßnahmen eindeutig einer Bewilligungspflicht nach § 38 Abs. 1 WRG 1959. Der Hinweis, dass auch andere Personen um keine derartigen Bewilligungen eingekommen seien, besäße keinen rechtlichen Einfluss, da es nicht angehe, durch Maßnahmen anderer die eigene Gesetzesübertretung zu entschuldigen. Bei der Verhandlung vom sei festgestellt worden, dass durch die Anschüttung die natürlichen Abflussverhältnisse beeinträchtigt würden. Der Vertreter der Marktgemeinde Ferschnitz habe die Ansicht vertreten, dass auch Grundstücke dieser Gemeinde gefährdet seien. Gerade er, der Beschwerdeführer, als Bauoberinspektor der Niederösterreichischen Landesstraßenverwaltung habe über die Notwendigkeit der wasserrechtlichen Bewilligung informiert sein müssen. Nach § 39 Abs. 1 WRG 1959 dürfe der Eigentümer eines Grundstückes die natürlichen Abflussverhältnisse des Wassers zum Nachteil des unteren Grundstückes nicht willkürlich ändern. Für diese Maßnahmen sei zweifellos eine wasserrechtliche Bewilligung notwendig gewesen. Das gelte auch für die Entnahme von Kies aus dem Grundwasserschwankungsbereich. Erschwerend müsse in diesem Zusammenhang angesehen werden, dass die Arbeiten auch im Zuge des Rechtsmittelverfahrens weitergeführt worden seien. Das Strafausmaß erscheine in Bezug auf den Tatbestand und unter Berücksichtigung des § 19 VStG 1950 als durchaus angemessen. Die Berufungsbehörde hielt in diesem Zusammenhang dem Beschwerdeführer das Erhebungsergebnis bezüglich seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse zur Begründung des Strafausmaßes vor.

Gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die beiden gegen ihn verhängten Schuld- und Strafaussprüche für beschwert.

Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Die belangte Behörde hat die gegen den Beschwerdeführer im Instanzenzug verhängten Schuldsprüche einerseits auf § 39 Abs. 1 und andererseits auf § 38 Abs. 1 WRG 1959 gestützt.

Gemäß § 39 Abs. 1 WRG 1959 darf der Eigentümer eines Grundstückes den natürlichen Abfluss der darauf sich ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteile des unteren Grundstückes nicht willkürlich ändern. Dagegen ist nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen auch der Eigentümer des unteren Grundstückes nicht befugt, den natürlichen Ablauf solcher Gewässer zum Nachteile des oberen Grundstückes zu hindern.

Gemäß § 39 Abs. 3 WRG 1959 gelten die Absätze 1 und 2 nicht für eine Änderung der Ablaufsverhältnisse, die durch die ordnungsmäßige Bearbeitung eines landwirtschaftlichen Grundstückes notwendigerweise bewirkt wird.

In der Beschwerde wird hiezu ausgeführt, dass sich nach dem Akteninhalt kein Anhaltspunkt dafür ergebe, dass die Maßnahmen einen Nachteil für die anrainenden Grundstücke zur Folge gehabt haben könnten. Der natürliche Ablauf des Wassers sei auch in keiner Weise geändert worden. Im Zusammenhalt mit § 39 Abs. 1 WRG 1959 sei die wasserrechtliche Bewilligungspflicht überhaupt unerheblich, weil die Wasserrechtsbehörde eine Änderung des natürlichen Abflusses des Wassers zum Nachteil des darunter liegenden Grundstückes überhaupt nicht bewilligen könne; sie könne nur die zuwiderhandelnde Person zu einer bestimmten Leistung verhalten.

Schon in diesem Punkt kommt der Beschwerde insofern Berechtigung zu, als der Beschwerdeführer laut Spruch des Bescheides für schuldig erkannt wurde, Sand und Schotter im Grundwasserschwankungsbereich entnommen und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 39 Abs. 1 WRG 1959 begangen zu haben.

Gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 sind Beschädigungen von Wasseranlagen sowie von gewässerkundlichen Einrichtungen (§ 57 WRG 1959) ferner Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz oder die zu seiner Ausführung erlassenen Verordnungen, schließlich die Nichteinhaltung der in Bescheiden der Wasserrechtsbehörden getroffenen Anordnungen unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen Ahndung von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis zu S 20.000,-- zu bestrafen.

Die dem Beschwerdeführer im Bescheidspruch angelastete Tätigkeit, Sand und Schotter im Grundwasserschwankungsbereich entnommen zu haben, stellt den Tatbestand des § 39 Abs. 1 WRG 1959 nicht her; selbst wenn sich die Behörde im Ausdruck vergriffen haben sollte, lässt der Akteninhalt nicht erkennen, inwiefern durch das dem Beschwerdeführer angelastete Vorgehen der natürliche Abfluss der sich auf dem Grundstück des Eigentümers ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer - hier sind Tagwässer im Sinne des § 9 Abs. 2 WRG 1959, nicht aber das Grundwasser gemeint - zum Nachteil des unteren Grundstückes willkürlich geändert worden sein könnte.

Gemäß § 44 a VStG 1950 hat der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

a)

die als erwiesen angenommene Tat;

b)

die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

c) die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung ...

Stellt die als erwiesen angenommene Tat ihrer Art nach gar nicht den Tatbestand der Verletzung einer bestimmten im Bescheidspruch genannten Verwaltungsvorschrift dar, dann hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid wegen einer unzutreffenden Subsumtion des dem Beschwerdeführer angelasteten Verhaltens unter einen nicht in Betracht kommenden Tatbestand, - hier unter § 39 Abs. 1 WRG 1959 - mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet; insofern war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

Dem Beschwerdeführer ist aber auch eine Übertretung des § 38 Abs. 1 WRG 1959 angelastet worden.

Zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 WRG 1959 fallen, ist nach jener Gesetzesstelle nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich beschränkt oder gegen Widerruf erteilt werden.

Dem Beschwerdeführer wurde nun angelastet, im Hochwasserabflussbereich Schotterschüttungen durchgeführt zu haben, welche wahrscheinlich zu dem Zweck der Errichtung einer Straße vorgenommen seien.

Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde fallen derartige Anschüttungen unter den Begriff der "anderen Anlagen" im Sinne des § 38 Abs. 1 WRG 1959. Allerdings hält der Beschwerdeführer auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren daran fest, diese Anschüttungen nicht im Hochwasserabflussbereich vorgenommen zu haben.

Dem Beschwerdevorbringen ist insoweit beizupflichten, als die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens für die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe ohne wasserrechtliche Bewilligung Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer errichtet, nicht hinreichen.

Im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde hat der Beschwerdeführer eingewendet, sein Grundstück werde nur im Falle extremer Hochwässer der Ybbs durch Rückstau überflutet.

Im Berufungsverfahren holte die belangte Behörde eine Stellungnahme der zuständigen Fachabteilung ein, derzufolge die genannten Grundstücke im Bereich "des 17-jährigen Hochwassers" lägen. Entgegen der Vorschrift des § 45 Abs. 3 AVG 1956 wurde dem Beschwerdeführer nicht Gelegenheit gegeben, zu dieser sachverständigen Äußerung Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde hat vielmehr erst nach Erlassung des angefochtenen Berufungsbescheides mit dem Beschwerdeführer ein ergänzendes Ermittlungsverfahren in dieser Richtung durchgeführt, wobei der Beschwerdeführer weiterhin bestimmte Vorhalte der belangten Behörde bekämpft und überdies der Vorhalt mit der Meinung des Sachverständigen, es handle sich um 17-jährige Hochwässer, offensichtlich nicht im Einklang steht.

Hinsichtlich des gegen den Beschwerdeführer verhängten Schuldspruches nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 bedarf somit der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung; überdies wurden Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der Bescheid ist somit in diesem Belang mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich noch zu dem Hinweis genötigt, dass im fortzusetzenden Ermittlungsverfahren auch auf § 38 Abs. 3 WRG 1959 Bedacht zu nehmen sein wird.

Soweit bei den Gemeinden Abdrucke der Katastralmappen erliegen, die mit der Katastralmappe beim zuständigen Vermessungsamt übereinstimmen, sind nach dieser gesetzlichen Bestimmung auf Anordnung des Landeshauptmannes vom Amte der Landesregierung die Grenzen der Hochwasserabflussgebiete (§ 38 Abs. 1 WRG 1959) für zwanzig- bis dreißigjährige Hochwässer ersichtlich zu machen. Bis dahin sind als Hochwasserabflussgebiete jene Flächen anzusehen, die erfahrungsgemäß häufig überflutet werden (zum Begriff der "häufigen Überflutung" vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 6486/A).

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich ferner zu dem weiteren Hinweis veranlasst, dass - ausgehend vom Rechtsstandpunkt der belangten Behörde -, beide gegen den Beschwerdeführer verhängten Schuldsprüche gemäß § 44 a lit. b VStG 1950 als Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, nicht nur § 39 Abs. 1 bzw. § 38 Abs. 1 WRG 1959, sondern auch § 137 Abs. 1 WRG 1959 anzuführen gehabt hätten.

Der angefochtene Bescheid wusste somit aus den obangeführten Erwägungen, soweit er den Schuldspruch nach § 39 Abs. 1 WRG 1959 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 lit. a und in Ansehung des Schuldspruches nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 aufgehoben werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz an den Beschwerdeführer gründet sich auf § 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 und auf Art. I A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.

Das Mehrbegehren an Aufwandersatz im Schriftsatz vom , eingelangt beim Verwaltungsgerichtshof am , war zurückzuweisen. Der Antrag auf Ersatz der dabei angefallenen Stempelgebühren war abzuweisen. Ebenso wenig ist ein gesonderter Zuspruch von Aufwandersatz für Umsatzsteuer vorgesehen. Auch das diesbezügliche Mehrbegehren an Aufwandersatz war abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
VStG §44a litb;
VStG §44a Z2 impl;
WRG 1959 §137 Abs1;
WRG 1959 §38 Abs1;
WRG 1959 §38 Abs3;
WRG 1959 §39 Abs1;
WRG 1959 §9 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1978:1977002077.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAF-57999