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VwGH 09.02.1961, 2066/59

VwGH 09.02.1961, 2066/59

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
WRG 1959 §10 Abs1;
RS 1
Unter dem "notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf" ist der Bedarf für eine in sich geschlossene Wirtschaftseinheit zu verstehen.
Norm
GdwasserversorgungsG Krnt 1958 §8 Abs1 lita;
RS 2
Im Prüfungsverfahren nach § 8 Abs. 1 lit. a des Kärntner Gemeindewasserversorgungsgesetzes ist auf die im § 7 Abs. 2 dieses Gesetzes enthaltene Legalvermutung, wonach eine Gefährdung der Gesundheit schon dann anzunehmen ist, wenn durch einen Sachverständigen die Wahrscheinlichkeit zeitweiser Wasserverunreinigung festgestellt wird, nicht Bedacht zu nehmen.

Entscheidungstext

Beachte

Siehe:

1087/59 E VwSlg 5404 A/1960

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Guggenbichler und die Räte Dr. Vejborny, Dr. Krzizek, Penzinger und Dr. Kadecka als Richter, im Beisein des Richters Dr. Kirschner als Schrittführer, über die Beschwerde der Ortsgemeinde B gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 98.401/1 - 47.347/59, betreffend Anschlusspflicht an die Gemeindewasserversorgungsanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem Bescheides vom hatte der Landeshauptmann von Kärnten der D-AG. in W, der im gegenwärtigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei, unter Bezugnahme auf die §§ 10, 31, 82 Abs. 1 lit. c und 93 des Wasserrechtsgesetzes 1934, Fassung nach BGBl. Nr. 144/1947, (kurz: WRG) die wasserrechtliche Bewilligung zur Erschließung und Benützung von Grundwasser aus einem auf Barzelle Nr. 544/1, KG. St. J, projektsgemäß zu errichtenden Brunnen zur Versorgung der auf diesem Grundstück befindlichen Werksiedlung mit Trink-, Nutz- und Feuerlöschwasser erteilt. Die in diesem Bescheide der Wasserrechtsinhaberin erteilten Auflagen enthalten in P. 4) die Vorschrift, den den Brunnenraum abschließenden Riffeldeckel so zu gestalten, dass durch die Öffnungslöcher kein Schmutz ua. dgl. in den Brunnen gelangen kann. P. 5) legt ein engeres und weiteres Schutzgebiet fest. Das engere Schutzgebiet ist dauerhaft einzufrieden und darf nur als Kunstwiese bei Kunstdünger- oder Kompostaufbringung bewirtschaftet werden. Das weitere Schutzgebiet darf wie bisher landwirtschaftlich und gärtnerisch, allerdings ohne Aufbringung von Fäkalien, genutzt werden. In beiden Schutzbereichen dürfen Sickergruben nicht errichtet werden. Die für das westlichste Siedlungshaus notwendige Sickergrube hat zum östlichen anschließenden Haus zu kommen.

Mit Bescheid derselben Behörde vom war gemäß § 102 WRG die Übereinstimmung der fertig gestellten Anlage mit der erteilten Bewilligung festgestellt und lediglich ergänzend verfügt worden, dass an sämtlichen Eisenteilen der Rost zu entfernen, und ein Rostschutzmittel aufzubringen sei, dass weiters der Windkessel, die Pumpe und die Rohre vom Mörtel freizumachen und vor Rost zu sichern seien.

Am erließ der Bürgermeister der beschwerdeführenden Ortsgemeinde an die mitbeteiligte Partei einen auf § 9 des Gemeindewasserversorgungsgesetzes, LGBl. für Kärnten Nr. 12/1958, (kurz "GWG") gestützten Bescheid, mit welchem er hinsichtlich der Parzelle Nr. 544/1 KG. B (Häuser 88 - 92) die Anschlusspflicht an die zu errichtende und im Bau befindliche öffentliche Wasserversorgungsanlage der Gemeinde und die Verpflichtung der mit beteiligten Partei feststellte, dieses Grundstück an die bezeichnete Anlage anzuschließen. Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass das Grundstück im Versorgungs- und Pflichtbereiche der Gemeindewasserversorgungsanlage im Sinne des § 2 Abs. 1 (und § 3) GWG liege und ein Ausnahmefall im Sinne des § 8 GWG nicht gegeben sei. Nach der erteilten Rechtsmittelbelehrung sollte eine allfällige Berufung keine aufschiebende Wirkung haben.

In der gegen diesen Bescheid ergriffenen Berufung wandte die mitbeteiligte Partei ein, dass sie im Besitze einer wasserrechtlich bewilligten und allen gesundheitlichen Anforderungen entsprechenden Wasserversorgungsanlage sei und somit laut § 8 Abs. 1 lit. a GWG eine Ausnahme vom Anschluss- und Benützungszwange bestehe. Die aufschiebende Wirkung der Berufung sei zu Unrecht ausgeschlossen worden.

Zur Klärung des Sachverhaltes ordnete die Bezirkshauptmannschaft St. Veit a.d. Glan als Berufungsbehörde eine mündliche Verhandlung für den an. Bei dieser Verhandlung gaben die beiden zugezogenen amtsärztlichen Sachverständigen übereinstimmend an, bei der Besichtigung der Brunnenanlage folgende Mängel festgestellt zu haben:

Im engeren Schutzgebiet befänden sich eine Kinderschaukel, ferner Vorrichtungen zum Wäschetrocknen sowie Jungobstbäume. Daraus sei zu schließen, dass das engere Schutzgebiet nicht seinem Zweck entsprechend geschont und versperrt gehalten werde. Außerdem befänden sich unmittelbar anschließend an das engere Schutzgebiet eine Gemüsegartenanlage und ein Mistbeet. Ob hier animalisch gedüngt werde, sei nicht kontrollierbar, doch nach dem Stande der Kulturen wahrscheinlich. Das Abwasser des im Osten des Brunnens befindlichen Hauses werde zwischen Brunnen und Wohnhaus versickert. Es sei derzeit nicht feststellbar, ob die Entfernung vom Brunnen 25 m betrage. Die im Bescheid (vom ) angeordnete Verlegung der Sickergrube von West nach Ost sei nicht durchgeführt. Durch die geplante weitere Verbauung im Einzugsgebiet des Grundwassers einerseits, andererseits durch den beabsichtigten Anschluss der bestehenden Siedlungshäuser an die zentrale Wasserversorgungsanlage und den dadurch erhöhten Abwasseranfall bestehe die Gefahr einer Anreicherung der Bodenfilterschichte und damit eine Verseuchungsgefahr des Grundwassers. Es seien demnach die Bedingungen des Genehmigungsbescheides zum Teil nicht eingehalten worden. Die Obstbäume seien im Spätherbst zu entfernen, die Klär- und Sickergrube des westlichsten Hauses nach Osten umzulegen. Da eine wirksame Kontrolle der Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen nach dem vorgefundenen Zustand offenbar nicht durchgeführt werden könne, sei vom hygienischen Standpunkt aus der Anschluss an eine öffentliche Wasserleitung zu fordern.

Der technische Amtssachverständige bemängelte eine unzureichende Abdichtung des Brunnendeckels und eine mangelhafte Abdichtung der Öffnung, die den Brunnen mit dem Vorschacht verbindet, und charakterisierte dies als Nichteinhaltung der einschlägigen Auflagen des Bewilligungsbescheides.

Die mitbeteiligte Partei erklärte hiezu, die Kinderschaukel und die Wäscheaufhängevorrichtung binnen 24 Stunden entfernen lassen zu wollen. Der Gemüsegarten mit Mistbeet sei bereits bei der Anlagenkollaudierung vorhanden gewesen und es sei lediglich die animalische Düngung untersagt worden. Das Beet sei beim gegenwärtigen Lokalaugenschein aufgegraben und es sei dabei kein Mist vorgefunden worden. Die im Bewilligungsbescheid enthaltene Anordnung, dass die für das westlichste Siedlungshaus notwendige Sickergrube zum östlich anschließenden Haus zu kommen habe, habe sich nicht auf die damals bestehenden und in einer Flucht nach Norden gelegenen, sondern auf die geplanten weiteren 5 Siedlungshäuser bezogen. Aus dem Plan ergebe sich auch, dass die Sickergrube des derzeit bestehenden und am weitesten nördlich gelegenen Hauses 28 m von der Wasserversorgungsanlage entfernt sei. Bei dem derzeitigen Zustand der Anlage bestehe keinerlei Wahrscheinlichkeit für eine Gefährdung der Gesundheit durch die Verwendung von Wasser aus dieser Anlage. Die mitbeteiligte Partei sei bereit, die vom technischen Amtssachverständigen beanstandeten Mängel innerhalb kurzer Zeit zu beseitigen.

Mit dem Bescheide vom gab die Bezirkshauptmannschaft St. Veit a.d. Glan der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters nicht Folge. Sie gelangte zu diesem Ergebnis im wesentlichen unter der Annahme, dass trotz der guten bakteriologischen Wasserbefunde die Wahrscheinlichkeit einer künftigen Verunreinigung des Brunnens nach den Verhandlungsergebnissen nicht auszuschließen und darum der Ausnahmetatbestand nach § 8 Abs. 1 lit. a GWG nicht gegeben sei.

Die gegen diese Entscheidung eingebrachte Berufung der mitbeteiligten Partei setzte sich hauptsächlich mit dem Inhalte der Gutachten der Amtssachverständigen auseinander und bemängelte, dass die Berufungsbehörde auf das diesbezügliche Parteivorbringen anlässlich der mündlichen Verhandlung nicht näher eingegangen sein. Der hierüber ergangene Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom gab der Berufung nur insoweit Folge, als der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels nicht aufrecht erhalten wurde. Im übrigen aber gelangte diese Behörde zu denselben Folgerungen wie die Vorinstanz. Die belangte Behörde schließlich gab der von der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid des Landeshauptmannes eingelegten weiteren Berufung Folge und behob mit ihrem Bescheide vom die Entscheidungen der Vorinstanzen.

Über die gegen diesen letztinstanzlichen Bescheid seitens der Ortsgemeinde B wegen "Gesetzwidrigkeit" erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Mit dem Bescheide des Landeshauptmannes von Kärnten vom ist der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und Benützung ihrer Brunnenanlage unter bestimmten Bedingungen und Auflagen erteilt und weiters mit dem Kollaudierungsbescheide vom die Übereinstimmung der fertig gestellten Anlage mit dem Bewilligungsbescheid festgestellt worden.

Dem Anschluss- und Benützungszwang im Sinne des § 7 Abs. 1 GWG konnte die mitbeteiligte Partei für ihre auf dem Grundstück, Parzelle Nr. 544/1 der KG. B errichteten Wohnbauten nur dann unterliegen, wenn ihre Brunnenanlage keine allen gesundheitlichen Anforderungen entsprechende Wasserversorgungsanlage im Sinne des § 8 Abs. 1 lit. a GWG darstellte. In einem solchen Falle hätte der Bürgermeister auch unter Anwendung des § 7 Abs. 2 GWG die Auflassung dieser Brunnenanlage verfügen können, wenn und soweit ihre Weiterbenutzung die Gesundheit gefährden könnte.

Die Frage des Bestehens eines Ausnahmetatbestandes im Sinne des § 8 Abs. a 1 lit. a GWG konnte allerdings nicht von der Beantwortung der Frage abhängig sein, ob die Voraussetzungen den § 7 Abs. 2 für die Auflassung einer Wasserversorgungsanlage (Gesundheitsgefährdung) gegeben waren. Hiefür hat die erstangeführte Gesetzesstelle eine besondere und umfassendere Regelung getroffen. Sie hat nämlich nicht die Frage einer Gesundheitsgefährdung in den Vordergrund gestellt, sondern die Frage nach dem Bestande einer allen gesundheitlichen Anforderungen entsprechenden Wasserversorgungsanlage, durch welche Trinkwasser in einer zum menschlichen Genusse geeigneten Beschaffenheit und in hinreichender Menge und Nutzwasser in hinreichender Menge zur Verfügung steht.

Die in § 8 Abs. 1 lit. a GWG für eine Ausnahme vom Anschluss- und Benützungszwange geforderten Voraussetzungen sind daher ganz offensichtlich weiter gehend als die in § 7 Abs. 2 für die Verfügung der Auflassung einer Eigenanlage festgelegten Bedingungen. Damit entfällt aber auch im Prüfungsverfahren nach § 8 Abs. 1 lit. a GWG eine Bedachtnahme auf die in § 7 Abs. 2 GWG enthaltene Legalvermutung, wonach eine Gefährdung der Gesundheit schon dann anzunehmen ist, wenn durch einen Sachverständigen die Wahrscheinlichkeit zeitweiser Wasserverunreinigung festgestellt wird.

Es ist im Ermittlungsverfahren keineswegs hervorgekommen, dass die Brunnenanlage der mitbeteiligten Partei nicht allen gesundheitlichen Anforderungen entspricht. Die Feststellungen der Amtsachverständigen hinsichtlich einer unzulässigen Benützung des engeren Schutzgebietes und eines unzureichenden Brunnenverschlusses konnten nur dazu angetan sein, auf eine von Amts wegen zu verfolgende Nichteinhaltung einzelner Vorschriften des Bewilligungsbescheides hinzuweisen, nicht aber auf grundsätzliche Mängel in der Anlage selbst. Die Zulässigkeit der Beibehaltung einer Kompostanlage und Kompostdüngung im engeren Schutzgebiet sowie der landwirtschaftlichen Nutzung des weiteren Schutzgebietes bei künstlicher Düngung war im Bewilligungsbescheid ausdrücklich ausgesprochen worden. Es kann auch keinem Zweifel unterliegen, dass die Kollaudierung nicht zu Stande gekommen wäre, wenn die Verlegung einer bestehenden Sickergrube angeordnet und nicht durchgeführt worden wäre, sodass die diesbezügliche Vorschreibung in P. 5 b letzter Satz im Spruche des Bewilligungsbescheides offensichtlich der planmäßig vorgesehenen künftigen Errichtung des "westlichsten" Siedlungshauses gegolten hat, was sich übrigens auch aus dem Wortlaut des Sachverständigengutachtens vom (S 5 der Niederschrift) ergibt.

Erwies sich aber die Wasserdarbietung als in jeder Hinsicht einwandfrei - gegenteilige Feststellungen fehlen völlig - und entsprach die Brunnenanlage mit Ausnahme einiger im Aufsichtsweg ohne weiteres abzustellender kleinerer Mängel dem Bewilligungsbescheid, dann konnte kein Anlass gegeben sein, die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 lit. a GWG als nicht bestehend festzustellen.

Davon, dass es sich bei der Anlage um einen Hausbrunnen im Sinne des § 8 Abs. 1 lit. a letzter Satz GWG handle, wie dies die Beschwerde vertritt, kann übrigens nicht die Rede sein. Unter einem solchen Brunnen kann nichts anderes als eine Anlage zur Erschließung und Benutzung des Grundwassers in dem zur Deckung ''des Haus- und Wirtschaftsbedarfes durch den Grundeigentümer erforderlichen Ausmaß" im Sinne des § 10 Abs. 1 WRG, also für eine in sich geschlossene Wirtschaftseinheit, verstanden werden. Dass es sich im gegenständlichen Falle nicht um eine solche zulässigerweise ohne wasserrechtliche Bewilligung zu betreibende Anlage handelt, hat der Landeshauptmann von Kärnten durch die Bejahung seiner Zuständigkeit für die Erlassung seines Bewilligungsbescheides vom bereits dargetan.

Die Beschwerde erwies sich damit in allen Punkten als unbegründet, weshalb ihr gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 ein Erfolg zu versagen war.

Wien, am

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Normen
GdwasserversorgungsG Krnt 1958 §8 Abs1 lita;
WRG 1959 §10 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1961:1959002066.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-57976