VwGH 22.03.1963, 2052/62
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Lebt der Angehörige eines freien Berufes mit seinem Ehegatten in einer allgemeinen Gütergemeinschaft unter Lebenden, dann wird nur das erworbene Vermögen Gemeinschaftsgut, es werden dadurch aber nicht die von ihm in seiner beruflichen Tätigkeit erzielten Einkünfte zur Hälfte Einkünfte des anderen Ehegatten aus selbständiger Arbeit. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp und Dr. Raschauer als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialkommissärs Dr. Svoboda, über die Beschwerde des Dr. A und der MP in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom , Zl. VI- 2521/1/62, betreffend Einkommensteuer 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer ist Arzt, seine Gattin, die Zweitbeschwerdeführerin, bei ihm als Ordinationshilfe tätig. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1960 wies er auf Grund einer Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben einen Gewinn von S 84.845,-- aus. Er verwies aber darauf, daß die Hälfte des Gewinnes auf Grund der bestehenden Ehepakte über eine Gütergemeinschaft auf die Gattin entfalle. Er beantrage daher, das steuerpflichtige Einkommen gemäß § 32 a EStG um den Betrag von S 11,862,-- (S 10.000,-- + 15 % von S 12.422,--) vor Anwendung des Einkommensteuertarifes zu kürzen. Das Finanzamt billigte zwar den gemäß § 4 Abs. 4 Z. 4 EStG vorgesehenen Absetzungsbetrag für die im Betrieb vollbeschäftigt mittätige Ehegattin zu, wies aber den Antrag auf Kürzung der Steuerbemessungsgrundlage nach § 32 a EStG ab. Die Beschwerdeführer erhoben gegen den Einkommensteuerbescheid Berufung. Die zwischen ihnen laut Notariatsakt vom bestehende uneingeschränkte Gütergemeinschaft unter Lebenden habe auch steuerrechtlich die Wirkung, daß der Zweitbeschwerdeführerin die Hälfte des Gewinnes des Erstbeschwerdeführers aus selbständiger Arbeit zufließe, sodaß die Vorschrift des § 32 a EStG anzuwenden sei. Da das Finanzamt dieser Ansicht in einer Berufungsvorentscheidung nicht folgte, beantragten die Beschwerdeführer die Entscheidung des Berufungssenates. Daß in dem Notariatsakt über die Gütergemeinschaft von "Vermögen" die Rede sei, stehe der Rechtsansicht der Beschwerdeführer nicht im Wege. Auch § 4 Abs. 1 EStG stelle bei der Gewinnermittlung auf den Stand des Vermögens am Ende des Wirtschaftsjahres und den Stand des Vermögens am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ab. Dem Umstand, daß nur der Erstbeschwerdeführer zur Ausübung der ärztlichen Praxis berechtigt sei, komme keine steuerrechtliche Bedeutung zu.
Der Berufungssenat wies die Berufung nach Einholung des erwähnten Notariatsaktes als unbegründet ab. Entscheidend sei, daß Einkünfte aus selbständiger Arbeit ausschließlich aus einer auf der eigenen Arbeitskraft des Steuerpflichtigen beruhenden Tätigkeit erzielt werden. Es könne aber nicht mit Grund behauptet werden, daß die Gattin des Beschwerdeführers die ärztliche Praxis unter eigener Verantwortung ausübe. Ihrer Mithilfe in der Ordination komme vielmehr nur die Bedeutung von Hilfsdiensten zu. Mithin sei es begrifflich ausgeschlossen, daß sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit erziele. Daran vermöge auch die zwischen den Beschwerdeführern bestehende Gütergemeinschaft nichts zu ändern. Durch diese werde zwar die Verfügungsmacht der beiden Ehegatten über die Einkünfte eingeschränkt, doch sei dies steuerrechtlich ohne Bedeutung. Wollte man dem Standpunkt der Beschwerdeführer folgen, müßten z. B. auch die Einkünfte eines Ehegatten aus nichtselbständiger Arbeit für den Fall einer Gütergemeinschaft unter Lebenden zur Hälfte dem anderen Ehegatten zugerechnet werden. Dies sei aber sinnlos und beweise die Haltlosigkeit der von den Beschwerdeführern vertretenen Rechtsansicht. Mithin könnten vielleicht Ehepakte bei der Besteuerung von Einkunftsarten, bei denen der Einsatz von Vermögen von Bedeutung sei, Beachtung finden, nicht aber bei den Einkünften, bei denen es entscheidend auf die persönliche Arbeitsleistung ankomme.
Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Sie wiederholen den im Verwaltungsverfahren vertretenen Standpunkt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Von den für die Anwendung der Kürzungsbestimmung des § 32 a EStG 1953 in der Fassung der Einkommensteuernovelle 1960, BGBl. Nr. 284, erforderlichen Voraussetzungen ist im vorliegenden Falle nur strittig, ob die Zweitbeschwerdeführerin Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezieht. Die Beschwerde leitet dies aus dem von den Beschwerdeführern am abgeschlossenen Notariatsakt ab. Mit diesem wird über das gesamte, gegenwärtige und künftige, wie immer, einzeln oder von den Ehegatten zusammen erworbene Vermögen eine uneingeschränkte, bereits unter Lebenden wirksame Gütergemeinschaft vereinbart. Im weiteren sind Bestimmungen über eine Schenkung von Liegenschaften durch die Eltern der Zweitbeschwerdeführerin an diese und an ihren Gatten, den Erstbeschwerdeführer, enthalten. Es ergibt sich also schon aus dem Wortlaut der Vereinbarung über die Art der vorliegenden Gütergemeinschaft, daß erst vorhandenes Vermögen, nicht jedoch die Einnahmen aus einer zur Vermögensbildung führenden Tätigkeit unter die Bestimmung der Ehepakte fallen. Vielmehr kann erst der durch die Tätigkeit erzielte Vermögenszuwachs als der Vermögenswert angesehen werden, auf den die Vereinbarung über die Gütergemeinschaft wirksam wird. Es kann daher nicht die Rede davon sein, daß Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart (im Sinne des Einkommensteuergesetzes) auf Grund der hier vereinbarten Gütergemeinschaft von vornherein beiden Ehegatten zufließen. Vielmehr wird durch Vereinbarung einer Gütergemeinschaft über das gegenwärtige und künftig zu erwerbende Vermögen nur eine Verwendung steuerrechtlich bereits zugeflossener Einkünfte vorgenommen. Dies ist umso augenscheinlicher bei Einkünften aus einer persönlichen Tätigkeit. Auch die Ausführungen im Kommentar von Blümich, 5. Aufl., S. 714, vermögen den Standpunkt der Beschwerde nicht zu stützen. Ist doch auch dort nur von den Nutzungen bereits vorhandenen Vermögens die Rede.
Mithin erwies sich die Beschwerde als unbegründet, sodaß ihr gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 der Erfolg versagt werden mußte.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 2833 F/1963 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1963:1962002052.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-57948