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VwGH 28.09.1972, 2034/71

VwGH 28.09.1972, 2034/71

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
BewG 1955 §15 Abs1;
RS 1
Es würde dem Zweck des § 15 Abs 1 BewG widersprechen, an Stelle des gesetzlich festgelegten Zinssatzes von vier vH unter Berufung auf Abs 3 dieser Gesetzesstelle einen anderen (höheren oder niedrigeren), dem Abgabepflichtigen üblich scheinenden Zinssatz zu setzen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Kadecka, Dr. Frühwald, Dr. Riedel und Dr. Reichel als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Leitner, über die Beschwerde der prot Firma I, nunmehr NN & Co Kommanditgesellschaft, gegen den Bescheid der FLD für Tirol vom , 30.716-III/71, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (FLD für Tirol) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Baurechtsvertrag vom räumte die Stadtgemeinde I. der beschwerdeführenden Partei auf den zum Gutsbestand der Liegenschaft EZ. 816 II KG P. gehörenden Parzellen 1037/2 und 1037/3 das Baurecht iS d G v RGBl 86 ein. Lt P III der Vertragsurkunde soll das Baurechtsverhältnis am beginnen und nach 50 Jahren - am - enden. Dagegen verpflichtet sich die beschwerdeführende Partei zur Zahlung eines wertgesicherten Bauzinses von jährlich S 32.040,--, der jeweils am 15. 11. eines jeden Jahres im vorhinein zu entrichten ist, zugleich erklärte sie sich mit der Verbücherung dieser Verpflichtung als Reallast einverstanden (P IV der Vertragsurkunde).

Das FA für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck, dem am eine beglaubigte Abschrift der Vertragsurkunde vorgelegt wurde, erblickte in dem Rechtsgeschäft einen der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerbsvorgang und setzte mit Bescheid vom diese Abgabe mit S 57.267,-- fest. Es ging dabei von einer unter Bedachtnahme auf § 15 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes 1955 BGBl. 148 (in der noch bis geltenden Fassung = BewG) ermittelten Bemessungsgrundlage in der Höhe von S 715.838,-- aus.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte sich die beschwerdeführende Partei gegen die Annahme eines Abzinsungsfaktors von 4 vH durch das FA und stellte den Antrag, gem § 15 Abs. 3 BewG einen Abzinsungszinsfuß von 8 vH anzusetzen, wodurch sich eine Abgabenbemessungsgrundlage von nur S 384.480,-- und demnach auch nur eine Steuerschuld von S 30.258,-- (richtig wohl S 30.758,--) ergebe. Zur Begründung ihres Begehrens führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen an, daß eine Abzinsung um 4 vH in keiner Weise mehr den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Gegenwart entspreche; vielmehr beliefen sich die Geldbeschaffungskosten im Durchschnitt auf 8 vH. Schon jedes mittelfristige Darlehen sei in dieser Höhe zu verzinsen, wozu noch Nebengebühren kämen. Für einen Kontokorrentkredit müßten 9,5 vH zuzüglich 1 vH an Gebühren gezahlt werden, und auch die Zinsenzuschußaktionen der öffentlichen Hand gingen von 8 vH aus. Sogar für die Stundung von Abgabenschuldigkeiten von mehr als S 100.000,-- seien Stundungszinsen von 8,4 vH und gegebenenfalls noch ein Säumniszuschlag von 2 vH zu entrichten. Wie sich nun hinreichend aus der durch die Volkswirtschaftslehre analysierten Gesetzmäßigkeit des Wirtschaftsablaufes ergebe, sei der Stichtagsbarwert einer Schuldverpflichtung umso niedriger, je höher das allgemeine durchschnittliche Zinsniveau liege.

Entgegen diesen Ausführungen hat die FLD für Tirol die Berufung mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung der Rechtsmittelentscheidung hat sich die FLD auf den Standpunkt gestellt, aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 BewG folge eindeutig, daß der gemeine Wert der gesamten Leistungen nur ausnahmsweise, nämlich nur dann angesetzt werden dürfe, wenn er niedriger oder höher sei als der nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle ermittelte Wert, und ferner, daß der gemeine Wert, der an Stelle des nach Abs. 1 ermittelten Wertes in Betracht kommen solle, auch nachgewiesen werden müsse. Der Nachweis eines geringeren Wertes der gesamten Leistungen könne nun nicht darauf gestützt werden, daß der gesetzlich angeordnete Zinssatz von 4 vH nach einer allgemeinen Erfahrungstatsache den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht mehr entspreche, während ein Nachweis, daß der gemeine Wert des Bauzinses etwa aus anderen Gründen ausnahmsweise geringer sei als der nach § 15 Abs. 1 BewG ermittelte Kapitalwert, von der beschwerdeführenden Partei nicht erbracht worden sei.

Gegen diesen Bescheid der FLD für Tirol vom richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Der VwGH hat darüber erwogen:

Gem § 1 Abs. 1 BewG gelten die Bestimmungen des ersten Teiles dieses BG (§§ 2 bis 17), soweit sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder dem zweiten Teil dieses Gesetzes etwas anderes ergibt, für die bundesrechtlich geregelten Abgaben, also auch für die Grunderwerbsteuer. In § 15 Abs. 1 BewG wird festgelegt, daß der Gesamtwert von Nutzungen oder Leistungen, die auf bestimmte Zeit beschränkt sind, die Summe der einzelnen Jahreswerte abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen ist. Dabei ist von einem Zinssatz in Höhe von 4 vH auszugehen. Der Gesamtwert darf das 25fache des Jahreswertes nicht übersteigen. Ist der gemeine Wert der gesamten Nutzungen oder Leistungen nachweislich geringer oder höher, so ist nach Abs. 3 der eben erwähnten Gesetzesstelle als Kapitalwert der nachgewiesene gemeine Wert zugrunde zu legen.

Nun hält die beschwerdeführende Partei im Einklang mit ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren daran fest, eine von der Regel des § 15 Abs. 1 BewG abweichende Bewertung iS des Abs. 3 sei stets dann gerechtfertigt, wenn das übliche (Soll)Zinsniveau über und, wie wohl ergänzt werden muß, auch unter dem gesetzlichen Zinsfuß von 4 vH liege. Indes vermag der Gerichtshof diese Meinung nicht zu teilen; er schließt sich in diesem Punkt vielmehr der Rechtsansicht des BFH an, der in seinem U v BStBl III 295 unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des ehemaligen RFH (U v RStBl 1931, 63) ausgesprochen hat, es würde dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung widersprechen, an Stelle des jeweiligen, vom Gesetzgeber festgesetzten Zinssatzes (vgl hiezu auch Art. I Z. 5 und Art. III Abs. 3 der Bewertungsgesetz-Novelle 1971 BGBl. 1972) unter Berufung auf § 15 Abs. 3 BewG einen anderen, dem Abgabepflichtigen üblich scheinenden Zinsfuß zu setzen.

Wenn die beschwerdeführende Partei schließlich noch meint, eine unterschiedliche rechtliche Betrachtung sei geboten, je nachdem, ob anläßlich der Bestellung eines Baurechts wiederkehrende Leistungen (der Bauzins) oder ob anläßlich der Veräußerung ein fester Kaufpreis bedungen würden, so ist nicht zu ersehen, welche Rechtsverletzung sie mit diesem Einwande rügen will. Im letzteren Falle kommt nämlich bei der Bemessung der GrESt eine Abzinsung gem § 14 Abs. 3 BewG überhaupt nicht im Betracht, wie der Gerichtshof in zahlreichen Erk, so v. , Slg. 1824(F), v. 24. 10.1 960, 132/60, v. , 2610/59 u.

v. , 306/65 dargetan hat. Daß im Beschwerdefall aber nicht die Anwendung der zuletzt erwähnten Vorschrift strittig sein kann, sondern vielmehr von § 15 BewG auszugehen ist, wird weder von der beschwerdeführenden Partei selbst noch von der belangten Behörde in Zweifel gezogen.

Somit läßt der angefochtene Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht erkennen, weshalb die vorliegende Beschwerde gem. § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der V d BKA v. , BGBl. 4.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
BewG 1955 §15 Abs1;
Sammlungsnummer
VwSlg 4435 F/1972
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1972:1971002034.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-57924