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VwGH 25.03.1966, 2031/65

VwGH 25.03.1966, 2031/65

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
EStG 1953 §15 Abs1 Z1;
EStG 1953 §36 Abs3;
UStG 1959 §2 Abs1;
RS 1
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist das für eine Unternehmertätigkeit iSd Umsatzsteuerrechtes, Einkommensteuerrechtes und Gewerberechtes erforderliche Merkmal der Selbständigkeit (hier: Vertreter) gegeben, wenn die Ausübung der Tätigkeit mit einem Unternehmerwagnis verbunden ist.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2032/65

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Eichler und Dr. Kaupp als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter über die Beschwerden des HB in G, vertreten durch Dr. Raimund Mittag, Rechtsanwalt in Wien XII, Theresienbadgasse 1, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat, vom , Zl. VI-1805/8/64, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1958, 1959 und 1960 und Feststellung von Einkünften, Umsatz- und Gewerbesteuer 1961, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Im Anschluß an eine bei der Firma K vorgenommenen Lohnsteuerprüfung wurde auch beim Beschwerdeführer eine Betriebsprüfung vorgenommen. Hiebei wurde festgestellt, daß er in den Jahren 1958 bis 1961 als Vertreter der genannten Firma mit dem Verkauf von Waschmaschinen betraut war. Lohnsteuer wurde von der Firma K. für die Zeit bis Oktober 1960, in welcher der Beschwerdeführer von dem Auftraggeber Provisionen erhielt, aus denen er sämtliche mit seiner Tätigkeit verbunden Spesen zu decken hatte, nicht einbehalten. Vielmehr behauptete die auftraggebende Firma daß der Beschwerdeführer bei ihr erst ab November 1960 in einem Dienstverhältnis gestanden sei. Einer Eingabe des Beschwerdeführers an das Finanzamt Wien VII war ebenfalls zu entnehmen, daß erst am ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, der aber nur zwei Monate in Kraft geblieben ist. Das Finanzamt sah die Tätigkeit des Beschwerdeführers in den vorgenannten Jahren als selbständig an und veranlagte die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer - der Beschwerdeführer hatte keine Aufzeichnungen geführt und keine Steuererklärungen abgegeben - auf Grund geschätzter Umsätze und Gewinne. Im Hinblick auf die Steuerbefreiungsbestimmung des § 4 Z. 13 UStG wurde jedoch für das Jahr 1958 eine Umsatzsteuer nicht vorgeschrieben. Für das Jahr 1960 wurden zum Teil Einkünfte aus Gewerbebetrieb, zum Teil Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zur Einkommensteuer herangezogen.

Auf Grund einer Kontrollmitteilung des Finanzamtes Salzburg wurde der Beschwerdeführer auch für das Jahr 1961 als selbständiger Gewerbetreibender zur Gewerbesteuer veranlagt, es wurden einkommensteuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb für dieses Jahr festgestellt; eine Vorschreibung von Umsatzsteuer unterblieb jedoch im Hinblick auf § 4 Z. 13 UStG.

Der Beschwerdeführer erhob gegen die erwähnten Bescheide des Finanzamtes Berufung. Er behauptete sowohl bei der Firma K. als auch bei der Firma A. (Salzburg) als Angestellter tätig gewesen zu sein. Er sei grundsätzlich an Weisungen seiner Dienstgeber gebunden gewesen, habe die Arbeitsleistungen persönlich und regelmäßig erbringen müssen, das Propagandamaterial und die Auftragsbücher von den beiden Firmen erhalten und sei verpflichtet gewesen, über seine Tätigkeit regelmäßig Bericht zu erstatten. Im Jahre 1961 sei er auch bei der Krankenkasse als nichtselbständiger Vertreter gemeldet gewesen und habe auch keinen Gewerbeschein für eine Handelsagentur, vielmehr nur eine Legitimation für Handelsreisende besessen. Überdies verwies der Beschwerdeführer auf einen von ihm gegen K. vor dem Arbeitsgericht geführten Rechtsstreit.

Der Berufungssenat wies die Berufung nach Einholung der Akten des Arbeitsgerichtes und Einholung der Akten über die Krankenversicherungspflicht des Beschwerdeführers sowie nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer habe in der Zeit bis Oktober 1960 die Tätigkeit als Vertreter der Firma K. selbständig ausgeübt. Er habe als Entgelt nur Provisionen erhalten, aus denen er seine Auslagen habe decken müssen. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die beim Arbeitsgericht geführten Prozesse sei hinfällig, weil der erste Rechtsstreit mit einem Vergleich geendet habe, ohne daß zu der Frage des "Arbeitsverhältnisses" etwas Konkretes gesagt worden sei; im zweiten Rechtsstreit (Feststellungsprozeß) sei Ruhen des Verfahrens eingetreten. Die Frage der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse sei aber letzten Endes vom Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis Zl. 2274/63 zu Ungunsten des Beschwerdeführers entschieden worden. Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge seien überdies von der Firma K. unbestrittenermaßen erst ab November 1960 einbehalten worden.

Auch die Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer für das Jahr 1961 hatte keinen Erfolg. Der Beschwerdeführer habe auch von der Firma A. für seine Tätigkeit nur Provisionen erhalten und habe von diesen seine Spesen bestreiten müssen. Die Provisionen seien nicht der Lohnsteuer unterworfen worden, weiters sei aus den Aufzeichnungen der Firma A. zu ersehen, daß der Beschwerdeführer als selbständiger Vertreter geführt worden sei. Im übrigen wurden in diesem Bescheide dieselben Gründe wiederholt, die für die Abweisung der Berufung gegen die Steuervorschreibungen für die Jahre 1958/1960 maßgebend waren.

Über die gegen diese beiden Bescheide gerichteten Beschwerden wurde erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das für eine Unternehmertätigkeit im Sinne des Umsatzsteuer-, Einkommensteuer- und Gewerbesteuerrechtes erforderliche Merkmale der Selbständigkeit gegeben, wenn die Ausübung der Tätigkeit mit einem Unternehmerwagnis verbunden ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 212/F, vom , Zl. 60/52, vom , Zl. 12/56, und vom , Zl. 2278/59, u.a.m.). In dieser Hinsicht ist im vorliegenden Falle unbestritten, daß der Beschwerdeführer sowohl von der Firma K. als auch von der Firma A. als Entgelt für seine Tätigkeit ausschließlich Provisionen erhalten hat, deren Höhe nach der Angabe der Beschwerde von der Art und der Anzahl der Geräte abhängig war, für die der Beschwerdeführer Verkaufsabschlüsse vermittelt hat. Die mit dieser Tätigkeit verbundenen Spesen wurden ihm vom Auftraggeber nicht ersetzt, sondern von ihm aus eigenem getragen. Der Erfolg seiner Tätigkeit und daher auch die Höhe der erzielten Einnahmen war weitgehend von seiner persönlichen Tüchtigkeit, also seinem Fleiß, seiner Ausdauer und persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des wirtschaftlichen Verkehrs abhängig. Auch die Höhe der Spesen seiner Reisetätigkeit richtete sich wesentlich nach seinen persönlichen Dispositionen. An diesen für eine selbständige Unternehmertätigkeit entscheidenden Merkmalen vermochte die Tatsache, daß der Beschwerdeführer nach seinen Ausführungen einem "Kolonnenführer zugeteilt" war, der die abzuhaltenden Werbevorträge "organisatorisch" und "reklamemäßig" vorbereitete und die Vortragssäle mietete, nichts zu ändern. Durch die Übernahme der Verpflichtung, die Werbevorträge in bestimmten Lokalen abzuhalten und die mit dem Kolonnenführer vereinbarte Reiseroute zu beachten, hat der Beschwerdeführer nur gewisse Bedingungen bei der Ausübung seiner Tätigkeit auf sich genommen, blieb aber darüber hinaus von Weisungen seines Auftraggebers frei, sodaß er seine Tätigkeit nach eigenem Gutdünken einrichten konnte. Eine Weisungsgebundenheit im Sinne eines Dienstverhältnisses war nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht gegeben (vgl. die hg. Erkenntnisse Slg. Nr. 750, 876, 1007, 1024, 1794/F). Die allgemeine Weisung, möglichst viele Vorträge zu halten und einen möglichst hohen Umsatz der Geräte zu erzielen, konnte eine Weisungsgebundenheit nicht begründen, zumal die Erzielung möglichst vieler Geschäftsabschlüsse nicht bloß im Interesse des Geschäftsherrn, sondern vor allem im Interesse des Beschwerdeführers gelegen war, der die Provisionen ohnedies nur nach der Anzahl und der Art der Geräte erhielt, deren Verkauf er vermittelte. Der Mangel einer Gewerbeberechtigung für Handelsvertreter vermag höchstens zu einer Bestrafung nach gewerberechtlichen Vorschriften zu führen. (Dies ist übrigens im vorliegenden Fall mit Erkenntnis des Magistratischen Bezirksamtes für den 12. Bezirk vom , Zl. XII B 15/62, geschehen.) Der Mangel einer Gewerbeberechtigung ist also kein Nachweis dafür, daß der Beschwerdeführer in einem Dienstverhältnis gestanden sei. Ebensowenig kann aus der Tatsache, daß dem Beschwerdeführer eine Legitimation für Handelsreisende ausgestellt wurde, zwingend darauf geschlossen werden, daß er seine Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt hat. Auch ein Konkurrenzverbot schließt die Selbständigkeit nicht aus, sondern ist gerade bei selbständigen Vertretern üblich, spricht also eher gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1263/62), Die Beschwerde gibt zu, daß eine Sozialversicherungspflicht hinsichtlich der Tätigkeit des Beschwerdeführers im Instanzenzug verneint wurde, weist aber darauf hin, daß dies für die steuerrechtliche Beurteilung nicht bindend sei. Insoweit ist die Beschwerde im Rechts bei dem gegebenen Sachverhalt bedurfte es aber überhaupt nicht der Heranziehung der sozialversicherungsrechtlichen Entscheidungen, um ein Dienstverhältnis des Beschwerdeführers auszuschließen. Welche Meinung der Beschwerdeführer und welche Ansicht sein Auftraggeber hinsichtlich der Pflicht, Lohnsteuer einzubehalten, vertreten haben und ob etwa in dieser Hinsicht zwischen ihnen ein Streit bestanden hat, war für die steuerrechtliche Beurteilung die allein der Finanzbehörde zusteht, völlig belanglos. Jedenfalls hat sich der angefochtene Bescheid entgegen dem Vorbringen der Beschwerde keineswegs entscheidend auf einen vom Auftraggeber des Beschwerdeführers vertretenen Standpunkt gestützt. Vielmehr wurde nur unter anderem darauf verwiesen, daß die vom Beschwerdeführer gegen seinen Auftraggeber geführten Prozesse keinen tauglichen Nachweis im Sinne des Berufungsvorbringens abgeben konnten, weil in keinem der beiden Streitfälle das Bestehen eines Dienstverhältnisses gerichtlich festgestellt wurde. Daß der Beschwerdeführer Propagandamaterial und Auftragsbücher von den Auftraggebern erhalten hat, ist eine Gepflogenheit, die auch bei selbständigen Vertretern durchaus üblich ist und daher kein nur für eine nichtselbständige Beschäftigung eigentümliches Merkmal darstellt. Schließlich konnte der Beschwerdeführer auch die Feststellung der belangten Behörde, er sei bei der Firma A. als selbständiger Vertreter geführt worden, nicht entkräften. Aus dem von ihm im Verwaltungsverfahren bezogenen Schreiben der genannten Firma vom geht nur hervor, daß der Beschwerdeführer um Bekanntgabe seiner Personalien ersucht wurde, jedoch nicht, welcher Zweck hiefür entscheidend war. Mithin mußten die beiden Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abgewiesen werden.

Der Kostenausspruch beruht auf § 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 und Art. I A Z. 4 und 5 der Verordnung Nr. 4/1965.

Das weitergehende Begehren der belangten Behörde auf Kostenersatz mußte als unbegründet abgewiesen werden, weil vor dem Verwaltungsgerichtshof nur zwei Bescheide angefochten waren.

Wien, am

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Normen
EStG 1953 §15 Abs1 Z1;
EStG 1953 §36 Abs3;
UStG 1959 §2 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1966:1965002031.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-57918